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FC St. Pauli


Gründer: lostfounder | Mitglieder: 35 | Beiträge: 1
05.02.2011 um 10:56 Uhr
Geschrieben von DieZecke
Mein Verein ist noch ein Verein
Viele werden einen solchen Blog als Gefühlsduselei abtun! Trotzdem werde ich einmal schreiben, was ich unter einem Fußballverein verstehe und warum ich die englische Premiere League unsympathisch finde. Und ich versuche klar zu machen, wieso auch andere als die finanziellen Faktoren unabdingbar für den sportlichen Erfolg sind.

Zunächst sollte ein Verein auch ein solcher sein. Das versteht der Präsident von Hannover 96 nicht, will er doch die sogenannte 50 1-Regel abschaffen, nach der ein Verein mehr als 50% seiner Anteile halten muss und damit nicht zum Spielzeug amerikanischer oder russischer Multimillionäre oder Scheichs werden kann. Diese Regel verhindert das Konvertieren eines Vereins zu einem reinen Wirtschaftsunternehmen. Wegen meiner geographischen Nähe zu Hamburg kenne ich mich beim FC St. Pauli und auch beim HSV am besten aus und nehme vermehrt Bezug auf diese Vereine. Die Wahl zum Aufsichtsrat beim HSV hat gezeigt, dass hier die Fans noch gewaltigen Einfluss nehmen können. Präsident Hoffmann muss um seine Vertragsverlängerung fürchten. Beim FC St. Pauli untersagten die Fans dem Vorstand als ein Beispiel schlicht den Verkauf des Stadionnamens. Und das ist auch gut so. Bei Schalke 04 kommen die Fans auch so langsam auf die Barrikaden, auch hier eine nachvollziehbare und gesunde Entwicklung.

Als nächstes sollte ein Verein bei der Zusammenstellung des Kaders nicht ausschließlich wie ein 15-Jähriger agieren, der den neusten Fußball-Manager spielt. Meiner Meinung nach ist es sinnvoll, wenn zwei Kriterien unbedingt erfüllt sein: Erstens sollte jede Mannschaft ein gewachsenes Gerüst haben. Dieses Gerüst ist bei Schalke 04 gerade praktisch zusammengebrochen. Wer 40 Spieler in zwei Jahren holt, etabliert das Söldnertum und Egoismus als Hauptmaxime in der Mannschaft. Sicherlich hat Schalke mit Neuer, Höwedes und Pander noch einige "Altgediente", aber von einem Gerüst des Kaders kann man da nicht mehr sprechen. Beim HSV gibt es ein festes Gerippe um Kapitän Jarolim, Torhüter Rost und Spieler wie Aogo sowie Ersatzspieler Benjamin, die schon sehr lange dabei sind. Dem HSV gelingt momentan das Aufrechterhalten des Gerippes noch mühevoll. Bei Underdogs wie St. Pauli oder dem SC Freiburg sind wesentlich mehr Spieler schon seit mindestens 4 Jahren im Team. Meiner Überzeugung nach ist dies ebenso ein Grund für den (im Vergleich zu dem Finanzrahmen) großen sportlichen Erfolg beider Teams ebenso wie für die langfristige Konzeption in der sportlichen Leitung, wo nicht nach drei Niederlagen am Stück gleich der Trainer gefeuert wird. Aber auch eine sportliche Klasse höher greift diese Strategie, wenn man mal nach Dortmund schaut.

Der zweite Punkt bei der Kaderzusammenstellung hängt mit dem ersten Punkt zusammen. Im optimalen Fall hat man einige Spieler aus der Region im Kader. Das hat sicherlich auch Bayern München erkannt und auch deshalb Lahm, Schweinsteiger, Müller, Badstuber oder Kraft gefördert und an sich gebunden. Bei St. Pauli sind mit Boll, Hennings, Kruse, Bartels sowie den Ergänzungsspielern Kalla und Pliquett Spieler aus dem Hamburger Einzugsbereich dabei, die zur Identifikation der Fans mit dem Verein und einem gesunden Stamm innerhalb des Teams beitragen. Schaut man sich dagegen das Wolfsburger Team an, dann findet man pure Beliebigkeit, könnte ebenso Saarbrücken oder Greifswald heißen (wobei das schönere Städte sind). Nicht einmal mehr deutsche Spieler findet man mehrheitlich im Kader dieser Teams, die dann auch oft von Rest Fußballdeutschlands als graue Maus wahrgenommen werden.

Ein weiterer Punkt in einem echten Verein sollte die soziale Verträglichkeit sein. Ich will mich hier nicht gegen VIP-Sitze oder Logen aussprechen, aber jeder Verein sollte genügend Stehplätze und Sitzplätze zu vernünftigen Preisen vorrätig halten. Ich hätte für das Derby morgen zwischen dem HSV und St. Pauli eine Sitzplatzkarte für 80 Euro bekommen können (und zur Not auch leisten können). Da stimmt für mich aber die Relation nicht mehr. Dies könnte auf Dauer für die Vereine gefährlich werden. Wenn man dem Nachwuchs den Zugang zum Stadion praktisch unmöglich macht, wenn man selbst Besserverdienende mit unangemessenen Preisen abschreckt, nur damit ein Profi statt 2 Millionen im Jahr 2,5 Millionen bekommt, dann wird man auf Dauer verlieren. Wer mal einen Blick nach Italien riskiert und sich die Zuschauerzahlen des letzten Spieltags ansieht, stellt fest: In Parma (gegen Lecce) kamen 16.000 Zuschauer, in Verona (gegen Neapel) 11.000, in Udinese (gegen Bologna) 14.000 und in Florenz (gegen Genua) 20.000. Minusrekord der Bundesliga war bei St. Pauli gegen Köln mit gut 24.000 Zuschauern im ausverkauften Millerntor, wobei sicherlich mehr Karten hätten verkauft werden können. Der Grund für die italienischen Probleme sind doch klar: Hohe Eintrittspreise und spielnahe TV-Zusammenfassungen nur noch für Besserverdienende. Dahin führt früher oder später auch der Weg der englischen Premier League, man muss nicht fragen "ob?", sondern nur "wann?".

Der Bundesliga tut daher auch die zunehmende Zahl sogenannter "Werkclubs" nicht gut. Leverkusen und Wolfsburg sind keine freien Vereine, sondern an Bayer bzw. VW gebunden. Hoffenheim hängt weiterhin am Tropf von Gönner Hopp und früher oder später kommt sicher noch Leipzig dazu, wo schon jetzt Spieler von Leipzig nach Österreich und umgekehrt geschoben werden wie in der Wirtschaft Abteilungsleiter. Oft wird angeführt, dass zum Beispiel Bayern München auch von einem Großsponsor mit Geld versorgt wird. Das stimmt zwar, aber prinzipiell könnten sich die Bayern auch ein anderes Unternehmen suchen (und würden es wohl auch finden). Der Verein hat also die Handlungsvollmacht über sich und seine Geschäftsbeziehungen und vermutlich keinen Grund, eine langjährige erfolgreiche Partnerschaft zu beenden.

Leider geht auch die Bundesliga immer mehr den Weg in Richtung reines Wirtschaftsunternehmen, wo in erster Linie ein geschniegeltes Fernsehprodukt erstellt werden muss. Ich selbst genieße mein Sky-Abo, aber noch viel geiler ist ein Stadionbesuch. Brechen aber besonders bei Durchschnittsspielen die Zuschauerzahlen ein, sind diese Spiele nicht mehr interessant. Auch heute hat man in der Bundesliga Spiele wie Wolfsburg-Hoffenheim, die alleine vom Namen grauer nicht sein könnten. Aber solange die meisten Vereine noch solche sind, hat die Bundesliga auf Dauer gute Karten.
Aufrufe: 1593 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 7 | Erstellt:05.02.2011
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KOMMENTARE
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Resettozero
07.02.2011 | 20:52 Uhr
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07.02.2011 | 20:52 Uhr
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Ich bin mit dir in einigen Dingen durchaus einig - aber in einigen Sachen auch nicht. Deshalb gibt's von mir nur einen 6er.
Denn für die Mitbestimmung der Fans innerhalb des Vereins gibt's Grenzen. Schon allein deshalb, weil Fussballfan sein nicht gleichbedeutend ist mit Fussballexperte sein, und auch nicht mit "von Vereinsführung was verstehen". Und schon gar nicht ist es gleichbedeutend mit "ich habe in erster Linie die Interessen meines Vereins im Sinne". Zugegeben: gerade das Beispiel des HSV-Aufsichtsrates zeigt, dass grade der letzte Punkt dort auch nicht mmer gleichbedeutend ist, aber als Fan muss ich bereit sein, einem anderen dieses Motiv zuzugestehen und als wählendes Vereinsmitglied (was ich jetzt nicht bin), habe ich die Wahl, den mir geeignet erscheinenden Stellvertreter zu wählen, oder aber ich stelle mich selbst der Wahl. Wenn ich die gewinne, kann ich was tun. Aber ich halte nix davon, mir über de Billigschiene "ich bin Fan, also muss ich mitbestimmen können" mir eine Einflussnahme herbeizusehnen, die ich anders nicht erhalten kann und auch noch zu glauben, das stünde mir grundsätzlich zu.
Tut es nicht. Nie.
Ich bin alt genug, um mich noch an Vereinezu erinnern, die grundsätzlich regional verwurzelt waren, wo man den Spielern auch sonst in der Stadt mal begegnen konnte, und es einem leicht fiel, die Namen der Spieler auszusprechen, ganz einfach weil es Namen waren wie man sie aus der eigenen Umgebung eben auch kannte. Für mich ist das auch ein Sehnsuchtsort, und ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass du die von xxlhonk inkriminierte Stelle so gemeint und bloss unglücklich formuliert hast (denn das hast du - man kann es in der Tat anders lesen). Aber dieser Sehnsuchtsort ist Vergangenheit. Seitdem hat sich die Welt verändert, und zwar in bedeutendem Ausmass - und der Fussball tat es mit ihr. Das ist der Preis der vergehenden Zeit.
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DieZecke
05.02.2011 | 19:07 Uhr
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DieZecke : 
05.02.2011 | 19:07 Uhr
-1
DieZecke : 
Ich habe nur geschrieben, dass es meiner Meinung nach günstig ist, auch im Kader einen Bezug zum Ort zu haben. Rassismus wäre eine Aussage wie "Ich will keine Ausländer" oder ähnlicher Unsinn. Das will ich nicht, wollte ich nie und das geht (fast) allen Fußball-Fans so. Ich nehme bei der Kritk ja auch ausdrücklich die Müllwerker aus.

Und uns unterscheidet eine Menge von Hoffenheim. natürlich hat auch der FC St. Pauli Geldgeber, aber mit einer Fanbasis wie Hoffenheim wäre St. Pauli jetzt da wo ich Hoffenheim hinwünsche.
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xxlhonk
05.02.2011 | 18:14 Uhr
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xxlhonk : 
05.02.2011 | 18:14 Uhr
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xxlhonk : 
Gelesen habe ich ihn.
Und ergeht auch über Pauli.
Denn auch ihr habt jahrelang nur Dank eurer Gönner Profifussball gesehen.
Woist/war da der Unterschied zu Hopp?
Versteh mich nicht falsch, ich würde auch lieber Düsseldorf oder sonstige Traditionsvereineals vw
Aber das ist das System.
Und wenn die Traditionsvereine einfach schlecht geführt wurden/werden, kann man das den anderen nicht vorwerfen.
Und Leverkusen ist seit über 30 Jahren dabei. Was hat also mehr Tradition?
Pauli oder die Pillen in Liga 1?
Die ich auch nicht mag.
Genauso wenig mag ich aber diese Aussagen zum Ausländeranteil das ist einfach nur dämlich.
Und im übrigen auch gegen eureVereinssatzung, wenn ich mich nicht irre!
Und da verstehe ich null Spass und habe null Toleranz.Null!
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DieZecke
05.02.2011 | 18:03 Uhr
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DieZecke : ???
05.02.2011 | 18:03 Uhr
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DieZecke : ???
Gelesen hast du den ganzen Blog aber nicht, sonst hättest du begriffen, dass es nicht um St. Pauli geht. Und was hat das Thema "Identifikation mit der Region" mit "Nazimist" zu tun? Solche schwachsinnigen Totschlagargumente bringt man nur, wenn man keine echten hat. Ich habe mich doch gar nicht gegen Ausländer ausgesprochen. Nur wenn z.B. Wolfsburg nur noch den Namen trägt, weil das Stadion zufällig da steht, dann stellt sich doch die Sinnfrage, die mit "Nazi" eigentlich nichts zu tun hat. Natürlich will ich auch Robben, Ribery oder Subotic in der Bundesliga, zur Not ertrag ich sogar Heulsusen wie RvN.
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xxlhonk
05.02.2011 | 17:55 Uhr
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xxlhonk : 
05.02.2011 | 17:55 Uhr
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xxlhonk : 
Sehr plakativ.
Ich habe jetzt nicht viel Zeit.
Aber das ihr Merchandising-Weltmeister gegen den Kommerz meckert ist stark!
Und da beim HSV die Mitglieder das Sagen haben, führt den Verein gerade an den Rand der Lächerlichkeit und Voralpen Unführbarkeit.
Und das ihr Imme wieder diesen Nazimist mit den "Zuviele Ausländer im Kader" ist der allerletzte Mist. Da gehen mir echt alle Nackenaare durch. Unfassbar dieses Mistargument
Das ist aber typisch Pauli und die vermeidliche "Herrlichkeit" die hier abfeiern willst.
Von mir gibt es dafür einen Punkt!
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DieZecke
05.02.2011 | 12:25 Uhr
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-2
DieZecke : @ uh1963
05.02.2011 | 12:25 Uhr
-2
DieZecke : @ uh1963
Dieser Blog ist prinzipiell grundsätzlich und traditionell unabhängig vom Derby
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uh1963
05.02.2011 | 11:50 Uhr
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uh1963 : 
05.02.2011 | 11:50 Uhr
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uh1963 : 
Liebste Zecke,
Du reisst hier sicherlich einige heisse Themen an, über die wir sehr sehr lange diskutieren könnten. Was mich ein wenig erstaunt, ist dass das Wort Tradition gar nicht drin vor kommt, sei's drum. Aber was diese Punkte mit der Überschrift zu tun haben....?

Am meisten erstaunt es mich aber, dass du gerade HEUTE, einen Tag vor dem Stadtderby, einen Grundsatz-Blog veröffentlichst.
Die Pauli-Gruppe bringt ja grundsätzlich oder traditionell? quantitativ wenig hier online
aber diese Strategie entzieht sich mir völlig ...
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