Nach dem Seuchenmonat Februar, der erneut von vielen Verletzungen geprägt wurde, tischt die UFC mit UFC 185 wieder ganz groß auf und ist bislang frei von größeren Ausfällen, was keine Selbstverständlichkeit ist. Angeführt wird die Karte von zwei Titelkämpfen: im Leichtgewicht trifft Titelträger Anthony Pettis auf Rafael dos Anjos und im Frauen-Strohgewicht muss der frisch gekürte Champion Carla Esparza gegen die Polin Joanna Jedrzejczyk ran. Aufgewertet wird das Programm zusätzlich durch wichtige Kämpfe im Welter- und Schwergewicht.

Die Karte anführen wird Leichtgewicht-Champion Anthony Pettis im Kampf gegen den brasilianischen Herausforderer Rafael dos Anjos. Obwohl dos Anjos 8 seiner letzten 9 Kämpfe gewann, dabei auch Größen wie Diaz, Henderson und Cerrone souverän aus dem Weg räumte, rechnen ihm viele Experten kaum Chancen aus. Vermutlich weil seine Stärken primär im Stand liegen und in Pettis auf den wohl besten Standkämpfer im gesamten UFC-Roster trifft. Die Medien positionieren ihn auch nicht gerade als Bedrohung, sondern viel mehr als Ersatzmann für den Russen Khabib Nurmagomedov, gegen den er seine letzte Niederlage einstecken musste. Wird der Kampf also wirklich eine lockere Angelegenheit für Pettis oder kann RDA erneut den Kritikern die lange Nase zeigen?

bunsen

Immerhin hat Dos Anjos die Knockout-Power, die in seiner Gewichtsklasse nur wenige haben. Das ist schon etwas, worauf Pettis achten muss. Möglich, dass Dos Anjos versuchen wird, seine physischen Vorteile im Stand auszuspielen. Er ist sicher der Kräftigere von den beiden. Natürlich ist es gefährlich. Melendez war zuletzt komplett überfordert mit der Schnelligkeit und der Unberechenbarkeit der Angriffe. Theoretisch funktioniert Boxen vs. bewegliches Kickboxen. Auf dem Boden, respektive im Clinch, hat es für Melendez und Co. ja auch nicht geklappt. Die hat Pettis ebenda submittet. Bin aber gespannt.

inspektor_voss

Ich kann mir schwer vorstellen, dass wir am Samstag einen neuen LW-Champion erleben werden. RDA hat ohne Frage diesen Titelkampf verdient, mir bleibt noch der beeindruckende K.O.-Sieg gegen Benson Henderson in Erinnerung. Gegen Anthony Pettis kann er allerdings nur bestehen, wenn er eine ähnliche Taktik wie Gilbert Melendez im letzten Titelkampf wählt, mit dem einzigen Unterschied, dass er die Schnelligkeit und Wendigkeit von Pettis nicht unterschätzen sollte, um sich im Handumdrehen in einer Submission wiederzufinden, wie bunsen auch schon angemerkt hat. Normalerweise sollte Pettis aber den Kampf dominieren. Er ist wirklich ein Phänomen und hätte viel früher schon Champion sein können, wenn er nicht ständig mit Verletzungen zu kämpfen hätte.

DerDugen

Ich schließe mich der Meinung an und sehe Pettis als Favoriten. Ich habe irgendwie immer noch die Niederlage von Pettis gegen Guida im Kopf, der Pettis mehrmals zu Boden brachte. Vermutlich ist diese Erinnerung trügerisch, weil sie Pettis seitdem nochmals stark verbessert hat, aber hier sehe ich eine kleine Chance für RDA.

Im zweiten Hauptkampf wird der Frauen-Strohgewicht-Champion Carla Esparza ihren kürzlich gewonnenen Titel gegen die Polin Joanna Jedrzejczyk aufs Spiel setzen. Hier haben wir wieder das klassische Duell von Wrestler vs. Striker. Die Buchmacher haben die Titelträgerin nur leicht vorne, seht ihr es ähnlich? Und wie sieht die Zukunft für die Strohgewicht-Damen aus? Bleibt ihnen immer nur ein Platz in einem Co-Main Event oder können sie vom Hype um Ronda Rousey profitieren und in absehbarer Zeit eine eigenen PPV headlinen?

bunsen

Das geringere Interesse an den Kämpfen der leichtergewichtigen Klassen sollte theoretisch auch geschlechterübergreifend für die Damen gelten. Insofern könnte es für sie schwierig werden mit Maineventstatus, geschweige denn bei einem PPV. Eine Persönlichkeit à la Rousey würde enorm helfen. Allerdings ist bei den Damen da noch der Faktor des Sexappeals. Der hat Gina Carano zum Star gemacht. Wen wundert's, wenn die durchschnittlichen MMA-Zuschauer männlich, weiß und 30 aufwärts sind. Ob Carla von dieser Dynamik profitieren kann, das lasse ich mal dahingestellt. Vielleicht kommt ja das Karate Hottie zur UFC, dann könnte auch diese Gewichtsklasse einschlagen. Übrigens vom match-up keine Probleme für Carla gegen Joanna, wird eher leichter als gegen Rose.

inspektor_voss

Carla Esparza hat exzellentes Wrestling, man wird sehen, ob es Joanna gelingen wird, die Takedowns zu verhindern. Wenn alles nach Plan läuft, erwarte ich auch in diesem Kampf eine erfolgreiche Titelverteidigung. In absehbarer Zeit wird es vielleicht keinen SW-Headliner einer PPV-Card geben, aber sollte es irgendwann eine charismatische, dominante und erfolgreich zu vermarktende Titelträgerin wie Ronda Rousey geben, dann ist es nicht mehr unrealistisch.

DerDugen

Ich fürchte wie bunsen, dass sich die Strawweights was Promoting angeht, mit weniger werden begnügen müssen als die höheren Gewichtsklassen. Bei Invicta waren sie spätestens nach dem Abgang der meisten BWs die Königsklasse. Jetzt werden sie wohl kaum einen Main Event füllen dürfen. Natürlich wäre ein pin-up-girl wie Rousey hilfreich. Eigentlich schade, denn es ist eine sehr interessante Gewichtsklasse. Ich tippe hier auf einen Sieg für Carla via dec.

Im drittletzten Kampf des Abends wird Johny Hendricks in seinem Wohnzimmer auf Matt Brown treffen. Eigentlich eine recht enttäuschende Ansetzung aus Hendricks Sicht, schließlich sollte er einen Rückkampf um den Titel bekommen, den er nicht ohne Kontroverse an Lawler verlor. Matt Brown auf der anderen Seite dürfte mit dieser Ansetzung äußerst zufrieden sein. Wurde er im Februar für einen Kampf gegen Saffiedine angesetzt, findet er sich nun in einem Herausforderer-Kampf wieder. Während Brown durch seinen aggressiven Kampfstil in kurzer Zeit einen Kultstatus erreichte, könnte dies Hendricks glatt in die Karten spielen. Seine Mischung aus Wrestling und einfach gehaltenen Kombinationen im Stand hat sich als effektiv erwiesen, zudem ist dieser Kampf auf 3 Runden angesetzt, was ihm angesichts seiner Kardioproblemen in den Runden 4 und 5 entgegenkommen dürfte. Wen habt ihr in diesem Kampf vorne?

bunsen

Hendricks könnte etwas Mojo verloren haben, mysteriöserweise aber in jedem Fall an Schlaghärte. Früher hat er Gegner einfach mit der rechten reihenweise auf die Bretter geschickt. Erinnert sich jemand noch daran? Woran das wohl liegen mag? Die Vernichtungspower hat Hendricks jedenfalls nicht mehr, ebensowenig Lawler im Übrigen. Ich tippe darauf, dass Hendricks dennoch durch seine Ringerqualitäten Vorteile hat.

inspektor_voss

Genauso sehe ich das auch. Die TDD von Matt Brown ist nicht auf dem Level, um Hendricks dauerhaft abzuwehren. Dieser Kampf wird ein richtiger Grind, in dem der Sieger meiner Meinung nach nur Johny Hendricks heißen kann. Die Frage wird nur sein, wie er den Verlust des Titels mental verarbeitet hat. Ich war jedenfalls geschockt, als am Ende Robbie Lawlers Arm gehoben wurde, ein sehr kontroverser Ausgang.

DerDugen

Ich schließe mich an. Entweder gewinnt Brown vorzeitig, was gegen Hendricks schwierig sein dürfte, oder Hendricks via decision.

Ich denke, ich muss nicht wieder die Geschichte aufrollen, dass Alistair Overeem sein nachgesagtes Potenzial in der UFC bislang nicht ausgeschöpft hat. Dabei sahen seine Auftritte zu Beginn jeder seiner Kämpfe vielversprechend aus, teilweise dominierte er sie glasklar, aber dann fängt er sich immer einen Schlag ein und sinkt dann zu Boden. Da ist es aus seiner Sicht eigentlich wenig erfreulich, dass er auf Roy Nelson treffen wird. Die KO-Maschine musste in seinem letzten Kampf seine erste KO-Niederlage in der UFC einstecken, eine Tatsache, die viele Leute für unmöglich hielten, angesichts seiner Nehmerfertigkeiten in Kämpfen gegen Werdum, dos Santos oder Miocic. Nun will er sich also mit einem Sieg über Overeem rehabilitieren, am liebsten mit seiner patentierten rechten Overhand. Wen seht ihr in diesem Kampf vorne und inwiefern wird der Sieger des Kampfes das Titelrennen aufmischen können?

bunsen

Overeem fehlt ohne Roid jegliche Durchsetzungskraft. Vor seinen Schlägen hat keiner mehr Angst. Ohne diese Superman-Aura ist er nichts mehr wert. Wie du sagst, ausgerechnet jemand mit Kinn. Overeem kann eigentlich aufhören. Kein Kinn, keine Aura, keine Technik. Er hat ja nichts.

inspektor_voss

Für mich ist dieser Kampf ziemlich offen, obwohl Roy Nelson etwas bevorteilt sein sollte, denn er ist am Boden deutlich besser und kann gut Schläge einstecken. Alistair Overeem ist einfach unberechenbar, man hat bei ihm in der UFC das ganze Spektrum von Kreisklasse bis Weltklasse bereits gesehen. Klar, ohne PEDs ist es schwer für ihn und vom Contenderstatus ist er meilenweit entfernt, aber der Kampf könnte trotzdem spannend werden. Für Big Country wird es leider auch nicht leichter, einen Titelkampf zu ergattern. Er verlor die letzten 3 seiner 4 Kämpfe und könnte mit 1-2 weiteren Niederlagen aus der UFC geworfen werden.

DerDugen

Overeem mag nach wie vor die härtesten Knie im Geschäft haben, aber der Rest ist ohne Mittelchen nicht UFC-tauglich. Mir tut er fast leid. Er sollte aufhören.