Die Saison 2016/2017 läuft erst seit einigen Tagen, doch in Köln hat sich Euphorie breit gemacht. Der FC steht mit 10 Punkten aus 4 Spielen auf Tabellenplatz 2, nur der übermächtige FC Bayern ist besser in die Saison gestartet. Und so hallen wohl auch am Sonntag im Topspiel gegen die mit 50 Millionen aufgerüsteten Bullen aus Leipzig wieder Fangesänge durch das Stadion, die lange Zeit lediglich als Ausdruck der Sehnsucht nach besseren und erfolgreicheren Zeiten verstanden werden konnten.

"Eines Tages, eines Tages, eines Tages wirds geschehn, und dann fahren wir nach Mailand, um den FC Köln zu sehen!". Dieser Fangesang wird bereits seit mehreren Jahren von zahlreichen Kölner Kehlen gesungen. Dass dieser Schlachtruf bereits etwas betagt ist kann man wohl auch daran festmachen, dass weder der AC, noch Inter Mailand momentan zur absoluten Spitze des europäischen Fußballs zählen. Zu Entstehungszeiten des Gesangs waren beide Vereine jedoch auf einer Stufe mit Real Madrid, dem FC Barcelona und Bayern München. Der gemeine FC Fan allerdings verbindet viel mehr mit diesem Gesang, als es für Außenstehende auf den ersten Blick den Anschein haben mag. Zwar bringt man hiermit auch die typische Kölsche Mentalität zum Ausdruck, dass nach ein paar guten Resultaten direkt von mehr geträumt wird. Ich persönlich jedoch habe diesen Fangesang das erste Mal im Jahre 2007 gehört. An dem für den Kölner heiligen Karnevalswochenende spielten die Geißböcke in Liga 2 gegen Rot-Weiß Essen. Kurz zuvor hatte der Messias Christoph Daum den FC zum zweiten Mal als Cheftrainer übernommen, um das einstige Real Madrid des Westens wieder in himmlische Gefilde zu führen und an die Erfolge seiner ersten Amtszeit anzuknüpfen. Während der Saison 89/90 war man unter Daum lange Zeit im Titelrennen und musste sich letzten Endes nur dem FC Bayern geschlagen geben (legendär der damalige Sportstudio Zwist zwischen Hoeneß, Heynckes und Daum). Im Nachhinein betrachtet weiß man, dass Christoph Daum allenfalls durchschnittliche irdische Trainerfähigkeiten im neuen Jahrtausend besaß. So ging auch das Spiel gegen den heutige Regionalligisten Essen mit 5:0 verloren. Die Fans sangen trotzdem das Lied vom Europapokal in Mailand. Zum einen hat die Kölner Fangemeinschaft sich an diesem Tage selbst gefeiert und mit einer Portion Ironie auf die damalige triste sportliche Situation reagiert. Zum anderen schwingt seit jeher die Sehnsucht nach sportlichen Erfolgen in diesem Fangesang mit.

Die Generation meines Vaters kannte den 1.FC Köln lange Zeit nur als Spitzenmannschaft im deutschen und europäischen Fußball. Als Anfang der 90er Jahre der FC unter dem damaligen Präsidenten Atzinger-Bolten aufgrund von Misswirtschaft und eklatanten sportlichen Entscheidungen nach und nach zu einer Fahrstuhlmannschaft verkam, gerade zu der Zeit, in der die Schere zwischen den oberen und unteren Clubs der Tabelle aufgrund der Einführung der Champions League auseinander ging, wurde ich FC Fan. Als ein Kind der späten 80er habe ich während meines Fanlebens alle 5 Abstiege miterleben müssen. Sportlicher Erfolg in Verbindung mit dem FC Fehlanzeige. Und so treffen diese 2 Generationen momentan im Stadion aufeinander. Die Generation meines Vaters, die Meisterschaften mit dem FC feiern durfte, Europapokalspiele wie beim legendären Münzwurf von Rotterdam erlebt hat, und meine Generation, die solche Geschichten nur erzählt bekommen haben. Beide eint das Verlangen, ihren FC eines Tages in Europa, vielleicht sogar in Mailand, unterstützen zu dürfen, wie es die Frankfurter vor kurzem durften oder auch der große Rivale vom Niederrhein.

Der Saisonstart lässt die Kölner Fanlandschaft nun träumen, dass "eines Tages" vielleicht gar nicht mehr in weiter Zukunft liegt. Das erste Mal erscheint es, als ob dieser Fangesang nicht ausschließlich kölsche Folklore ist. Und sollte es realistischer Weise im weiteren Verlauf der Saison doch nur um das Saisonziel "40+x Punkte" und Platz 9 gehen, so wird auch dann sicherlich von Zeit zu Zeit das Lied vom Europapokal und Mailand durch die Weiten des Müngersdorfer Stadions zu hören sein.