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Werder Bremen


Gründer: RedBull74 | Mitglieder: 145 | Beiträge: 29
Von: rudeloy
31.01.2015 | 3802 Aufrufe | 1 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 10.0
Moderne Märchen: heute
Invisible Pete
From zero to whatever

Unscheinbar, das war er schon immer. Auf und neben dem Platz. Höflich, zurückhaltend, pflichtbewusst und bodenständig wie kaum ein Bundesligaspieler der Generation Instagram. In Bremen wurde und wird er gerade dafür geschätzt. Wäre Werder ein Spieler, er würde Petersen heißen. Das man einen solchen Spieler, der jedes Identifikations-Barometer zerbersten ließ, abgibt und das ausgerechnet an einen direkten Konkurrenten, lässt wenig Weitsichtsicht erahnen.

Doch so weit muss man gar nicht schauen, um zu verstehen was im fernen wie malerischen Breisgau geschehen ist. Eigentlich ist es doch wie immer: ganz einfach. Freiburg und Petersen, das mutet an wie ein Dating Format aus den 90er Jahren. Gesucht, gefunden. Die Probleme des einen, die Stärken des anderen. Romantik wie es sie sonst nur noch in südamerikanischen Seifenopern gibt.

Der SC Freiburg hat, neben der Stadionproblematik, eine weitere Baustelle. Die Mannschaft von Christian Streich schafft es in fast jedem Spiel dem Gegner auf Augenhöhe zu begegnen. Das soll ein Problem sein? Im Ansatz selbstredend nicht. Nur wird es problematisch, wenn man aus diesen Möglichkeiten zu selten etwas macht. Im Falle eines Bundesligisten: Tore.

Und die hat in der Vergangenheit keiner so richtig schießen wollen. Getroffen haben sie schon. Nur nicht genug um die individuellen Defizite in der Abwehrreihe zu überflügeln. Freiburgs Spielstil, der eben auch für genügend Offensivaktionen steht, funktioniert allein übers Kollektiv. Die Mannschaft hängt nicht unmittelbar an dem Wohlergehen eines einzelnen Spielers ab.

Das bringt ohne Frage Vorteile mit. Hat aber auch seine Limitationen. Denn wie in jedem anderem System, muss an beiden Enden der Ereigniskette fehlerfrei gearbeitet werden. Und hier hat Freiburg so seine Probleme. Durch die fehlende individuelle Qualität in der Abwehrreihe hat man einige Gegentore hinnehmen müssen, gerade in den letzten Minuten, die so nie fallen müssen. Vorne wiederum arbeiten Mehmedi und Darida effektiv, sind aber keine reinen Knipser und brauchen eine Anspielstation im Zentrum.

Die war in der Hinrunde alle und niemand. Die Stürmer die der SC dort aufboten konnte, haben das leere Tor nicht getroffen und waren in ihren Bewegungen zu einfach auszurechnen. Die darauf ersatzweise ins Zentrum gestellten Spieler (z.B. Frantz) haben zwar getroffen, sind aber keine Stürmer und mittelfristig nicht effektiv genug. So konnte der Sportclub seine Überlegenheit nicht in Tore ummünzen und durch die Fehleranfälligkeit in der hintersten Linie, die im Verhältnis zu knapp gestalteten Führungen, nicht übers Ziel bringen. Gerade dann, wenn der Druck zu groß wurde.

Jetzt kommen Nils Petersen und seine Qualitäten ins Spiel. Freiburgs laufintensives Pressing benötigt konditionell starke Spieler. Als Stürmer bedeutet das immer wieder anlaufen, durchlaufen und ununterbrochen stören. Das kann er. Bei Ballgewinn so schnell wie möglich auf die außen spielen, weg vom Ball und hinein in den Sechzehner. So in etwa geschehen beim 1:3 und 1:4. Hier schlägt nun Petersens zweite Partypiece mit voller Härte zu. Er ist unscheinbar. Nicht besonders breit, nicht besonders groß. Er bewegt sich weg vom Ball, vor ins Abseits. Während die gegnerischen Verteidiger sich am ballführenden Spieler orientieren und versuchen die Abseitslinie zu halten, tut Petersen so als wäre er nicht da. Und dann ist er es doch.

So in etwa hat es Gott gewollt, als er den Fußballer Petersen in die ostdeutschen Niederungen entsandte. So hat er es in Bremen auch zunächst bekommen. Nur warum knipst Pistole (invisible) Pete jetzt für Freiburg? Die Antwort kann man recht kurz und simpel halten, muss dafür aber trotzdem ins Detail gehen. Seinen erster Treffer zum Beispiel hätte er in Bremen so nicht gemacht. Der Ball wäre an den Pfosten geflogen, hätte genau den Torhüter getroffen oder wäre direkten an seinen Schuhen zerplatzt. Vermutlich hätte der Ball dabei ein lautes "ha ha" von sich gegeben. Petersens Situation in Bremen, erlernte Hilflosigkeit in Reinform. Zunächst bekam er Chancen, hätte für Werder Matchwinner seien können (1:1 gegen Hoffenheim). Doch der Ball wollte Partout nicht rein. Werder in der Folge spielerisch unter Dutt immer schlechter, teilweise ohne eigenen Abschluss (gegen Bayern München) oder Idee (Heimspiel gegen Köln). Für einen Stürmer auf der Suche nach Erfolgsmomenten nicht zwingend ideal.

Dann kam Skripnik. Und mit ihm Di Santos große Stunde gegen Mainz. Im weiteren Verlauf verletzte sich der Argentinier zwar, in der Zwischenzeit waren aber jungen Spiele wie Selke und Lorenzen voller Selbstvertrauen an ihm vorbeigezogen. Andere kamen wie Bartels immer besser in Schwung. Doch nicht jeder Stürmer ohne Torerfolg bleibt schlussendlich nur noch der Platz auf der Tribüne. Petersens größte Stärke wird ihm hier zum Verhängnis: Die Unscheinbarkeit. Während er in Freiburg im letzten Drittel seine Ballkontakte haben soll, muss ein Stürmer in Bremen schon viel früher ins Spiel eingreifen oder in der Lage sein den Ball vorne lange zu behaupten. Das Spiel mit dem Rücken zum Tor ist eine große Herausforderung und bedarf einer gewissen Robustheit wie sie Selke oder Di Santo mitbringen. Als einen spielenden Stürmer, der Chancen einleitet und das Angriffsspiel ordnet, kann man Petersen auch nicht verbuchen. Als jemanden, der wie Lorenzen mit Ball auf Fuß schnelle Meter macht, auch nicht.

Für all das ist er nicht präsent genug oder es fehlt ihm die Technik und Athletik. So traurig es auch klingt: für Petersen war tatsächlich kein Platz. Sollte uns das ärgern? Sollte man nun frustriert Sportschau gucken und auf die sportliche Leitung schimpfen? Ich möchte vehement dazwischen grätschen. Petersen ist ein Top-Stürmer der Tore garantiert. Er ist menschlich das, was wir heutzutage zu oft vermissen. Aber er braucht sportliche Rahmenbedingungen, die Werder 2015 nicht bieten kann. Unser Umschaltspiel ist zu oft eine unorganisierte Aneinanderreihung von Kurzpässen. Spätestens der zweite oder dritte Ball ist wieder weg. Wir haben kaum Ballbesitz, können viel zu selten dem Ball am gegnerischen Sechzehner zirkulieren lassen und auf die Lücke warten. In Bremen gibt es von allem ein bisschen. Keine guten Voraussetzungen um die Kehrtwende zu schaffen.

Ich wünsche an dieser Stelle unserem Pistole Pete alles Gute. Möge er so viele Tore schießen und Frauenherzen brechen wie es ihm beliebt. Werder muss seine eigenen Punkte holen und kann sich nicht auf das Versagen anderer Vereine verlassen. Ich möchte die Klasse halten weil wir gut genug für die Bundesliga sind und nicht weil drei andere Mannschaften noch schlechter waren. Vielleicht bieten wir Nils nächste Saison die Rahmenbedingung die er braucht. Vielleicht wird unter Skripnik den positiven Trend fortsetzen und irgendwann wieder 90 Minuten Fußball spielen. Aber dann wird er sie wahrscheinlich woanders gefunden haben.

P.S: Das war ein 4:1 gegen eine von Thomas Schaaf trainierte Mannschaft. Hohe Abwehrlinie, schlechte Zuordnung in der Rückwärtsbewegung. Alles schon mitgemacht. Spektakel oder Untergang. Nicht jede Mannschaft wird Freiburg im eigenen Stadion so zum Kontern einladen. Vielleicht waren das Petersens letzten Tore. Only Dime will dell. Ihr Lodda.

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