HOFFNUNG, OHNMACHT UND FLUCH
Finale der WM 1950



..."Ich hörte auf an Gott zu glauben, als ich sah das Brasilien die Weltmeisterschaft verlor im Maracanã"...von Carlos Heitor Cony -Journalist

Nach mehr als einem Jahrzehnt der Militärdiktatur, nahm 1946 die Demokratie Einzug in Brasilien. Ein Aufschwung war überall spürbar, man hoffte und glaubte endlich seinen Platz in der Welt einnehmen zu können. Einen Platz der diesem Land zusteht. In dieses Gefühl fiel auch die WM von 1950. Man wollte sich der Welt präsentieren und alles stand unter diesem Zeichen. Um diesem Ereignis die richtige Ehre zu teil werden zu lassen und seine Ambitionen zu demonstrieren, entschied die Führung das größte Stadion der Welt zu bauen - das Maracanã!
Diese riesige Ellipse aus Beton sollte 183.000 Zuschauer fassen können.

Mit Begeisterung wurde sich auf dieses Ereignis vorbereitet und der Karneval stand ganz unter diesem Motto.

Brasilien bestand auf einen Austragungsmodus, der einmalig bleiben sollte. Es gab keine Viertel- od. Halbfinalspiele. Es gab vier Gruppen aus denen der jeweilige Erste weiter kam. Die vier Mannschaften spielten dann jeweils gegeneinander und der Titel sollte an jene gehen mit den besten Punktestand.
Am 24.06.1950 begann die WM in Rio de Janeiro mit dem Spiel Brasilien vs. Mexico - Brasilien siegte 4:0. Im zweiten Spiel traf man auf die Schweiz, das Spiel endete 2:2. Ein Ergebnis das man als Ausrutscher abtat. Das letzte Spiel in der Gruppe war gegen Jugoslawien - 2:0 für Brasilien.
Per Los wurde entschieden in welcher Reihenfolge, die jeweiligen Gruppenersten: Spanien, Uruguay und Schweden, auf Brasilien treffen sollten.

Am 9.01 war Schweden der Erste der Drei und wurde mit 7:1 besiegt. Langsam begann sich eine Aura der Unbesiegbarkeit um die Mannschaft zu weben und als man dann Spanien auch noch mit 6:1 nach Hause schickte, stand fest es gibt nur einen Favoriten auf diesen Titel -Brasilien!

..."Alles war vorgesehen, außer ein Sieg von Uruguay"...von Jules Rimet, damalige Fifa-Präsident


Am 16.07 sollte das Finale im Maracanã gegen Uruguay stattfinden. Die Ausgangslage entsprach dem das Brasilien ein Remis reichen sollte um Weltmeister zu werden, was sollte also schief gehen können? Zumal man zur Vorbereitung zur WM bereits dreimal gegen Uruguay spielte, eine Niederlage und zwei Siege sprachen doch für Brasilien...
Die Presse nahm die positive Stimmung auf und stachelte noch weiter an, in dem z.B. Die Gazeta Esportiva einen Tag vor dem Finale titelte "Morgen schlagen wir Uruguay!" Die O Mundo ging sogar noch weiter und brachte ein Bild mit dem bras. Team heraus wo in der Unterzeile zu lesen stand "Das sind die Weltmeister".

Es wurden 173850 Karten verkauft (Journalisten, Funktionäre und Gäste nicht mit eingerechnet) -man geht davon aus das zum Schluss 200. 000 Menschen im Stadion saßen und den Sieg ihrer Mannschaft erwarteten.
Kurz vor Beginn des Spieles heizte Rios Bürgermeister Ângelo Mendes de Moraes die Stimmung weiter auf in dem er ins Mikro sprach: "Ihr Fußballer, in wenigen Stunden werdet ihr von Millionen Landsleuten als Weltmeister bejubelt! Ihr, die ihr in der ganzen Hemisphäre keine Rivalen habt! Die ihr jeden Gegner bezwingt! Ich begrüße euch schon jetzt als Sieger!"

Das Spiel begann! Die erste Halbzeit verlief Torlos. Jedoch sollte sich dies in der zweiten Halbzeit bald ändern. Kurz nach Wiederanpfiff schoss Friaça das 1:0 für Brasilien. Das Stadion kochte, die Menge jubelte, aus einzelen Reihen knallte es. Es war eine reinste Party, durch nichts zu zerstören…
In der 66. Minute glich Uruguay durch Schiaffino aus, durch eine Flanke von Ghigga. Es stand 1:1 - das Publikum wurde leicht nerveus aber Brasilien war immer noch Weltmeister!
Auch der damalige FIFA-Präsident Jules Rimet, machte sich langsam von seinen Ehrenplatz auf den Weg zum Spielfeldrand, in den Katakomben vernimmt er es "das tosendste Schweigen in der Geschichte des Fußballs " (Eduardo Galeano) Niemand antwortet ihm auf seine Frage, was passiert sei "Es war tödlich still, da blickte ich zum Spielfeld und sah Brasiliens Torwart Barbosa am Boden liegen. Der Ball aber lag im Netz."
Doch was war geschehen? Ghiggia dribbelte auf Barbosa zu, dieser erwartete wie beim 1:1 eine Flanke, doch diesmal schoss Ghiggia selbst ab und traf in die rechte Ecke. Barbosa war geschlagen, jedoch nicht nur er. Eine Totenstille legte sich übers Stadion.
"Als die Spieler das Maracanã am meisten brauchten, blieb es stumm.(...)", bemerkte der Liedermacher Chico Buarque.

"Ab diesem Moment waren wir hilflos, egal wie wir uns auch gegenseitig antrieben." berichtete Zizinho (Bras.)
Ghiggia gab später zu Protokoll "Es war eine Stille im Stadion, das man einen Moskito hätten fliegen hören können" auch Uruguays Torwart Máspoli beschrieb dieses Szenarium: "Die Stille nach unserem Tor war etwas schreckliches. Das Stadion war tot und ich dachte, Brasilien wird nicht gewinnen".
Máspoli sollte Recht behalten, Brasilien verlor. Brasilien verlor alles, wie ein Radiosprecher ins Mikro hauchte. Mitten ins Herz traf das Tor von Ghiggia, nichts konnte man der Welt vorweisen, alles war plötzlich weg, fort. Alle Hoffnungen begraben. Die Uruguayer weinten vor Freude, die Brasilianer aus Schmerz. Und niemand wollte diese Ohnmacht stören oder konnte es. Es gab keine Hymne und keine Rede, fast unauffällig wurde durch Jules Rimet, Uruguay der Pokal überreicht, er selber hatte nur paar portugiesische Sätze sich parat gelegt aber diese brauchte er nun nicht.
"Es war eine Tragödie, eine Beerdigung, ein grausames Schauspiel", sagte Schiaffino (Uru) über das Schauspiel das sich ihm bot.
Zehntausende blieben im Stadion sitzen, nicht begreifend können, was sie gerade erlebt hatten. Einzig allein die Statue des Bürgermeister von Rio musste dran glauben, jene wurde im Wasser ertränkt. Die Ohnmacht ließ sich jedoch nicht ertränken.

Zu Teil 2