In den vergangenen Offseasons sind die Texans meist punktuell tätig geworden ohne massiv Geld in die Hand zu nehmen, zum Beispiel durch die Verpflichtungen von Vince Wilfork und Rahim Moore im letzten Jahr. Erste Priorität waren stets die eigenen Free Agents. Von dieser Strategie ist man in diesem Jahr völlig abgegangen. Nach dem Motto der Überschrift wurde ordentlich geklotzt, statt gekleckert. Alles begann mit...

Brock Osweiler QB, vorher Denver Broncos; 72 Mio. Dollar (37 Mio. garantiert)

Houston got a Quarterback. Kaum ein Move der Offseason sorgte für mehr Kopfkratzen wie der Mega-Vertrag der Texans für Brock Osweiler. Natürlich: Houston brauchte einen QB. Und ja: Osweiler war der aus Texans' Sicht beste Free Agent auf dieser Position. Aber ernsthaft 18 Mio. pro Jahr? Für einen Quarterback, der in seiner Karriere 7 Spiele als Starter hatte? Junge, junge.

Auch die Experten sind sich überhaupt nicht einig, wie sie den Deal bewerten sollen. Bucky Brooks hat vor einigen Tagen einen Artikel geschrieben, in dem er Osweiler als Franchise Quarterback und die Texans als Frontrunner auf den Superbowl beschreibt. Viele andere Stimmen sind natürlich komplett anderer Ansicht.

Meine Meinung zur Verpflichtung: Natürlich ist der Vertrag viel zu teuer. Aber so ist leider der Markt. Ich gebe Bill O'Brien dort einen Vertrauensvorschuss, der schon bei seinem Amtsantritt Osweiler verpflichten wollte. Vor dem Vertragsabschluss wurde auf Twitter darüber philosophiert, dass Osweiler vermutlich besser in O'Briens System als in Kubiaks Offense passen würde. Zudem muss er auch nicht mehr machen als in Denver. Wie bei den Broncos hat Osweiler in Houston eine sehr dominante Defense hinter sich, die schon vergangene Saison Spiele für die Offense gewonnen hat. Mit einer stabileren O-Line und einem besseren Rungame als in Denver sollte er sein Potential noch besser zeigen können. Wo wir beim nächsten Spieler sind...

Lamar Miller RB, vorher Miami Dolphins; 26 Mio. Dollar (14 Mio. garantiert)

Den Wunsch-Runningback ließen sich die Texans einiges kosten. Was das Fan-Herz natürlich begeistert: Miller hatte angeblich ein besser dotiertes Angebot vorliegen, entschied sich aber bewusst für Houston. O'Brien hat ihm die tragende Rolle in der Offense versprochen, die Miller in Miami verwehrt wurde. Das Running-Game wird sich definitiv verändern, denn Miller ist ein anderer Typ als der langjährige Fanliebling Arian Foster.

Doch auch hier bleiben Fragen offen: Kann Miller die Offense tragen? Ist er dem erhöhten Workload gewachsen, den man ihm in Miami scheinbar nicht zugetraut hat? Wie gut ist er in Short-Yardage Situationen? Ein großes Fragezeichen bei der Konstanz: Miller hat knapp ein Fünftel seiner Rushing Yards und ein Sechstel seiner Receiving Yards in der letzten Saison allein gegen die Texans gemacht. Die Statistiken lesen sich zwar nett, aber auch mächtig inkonstant, neben guten Spielen waren auch einige wirklich schlechte Spiele dabei. Kann man diese Statistiken auf Miamis Offense bzw. O-Line schieben oder liegt es an Miller selbst?

Ich selbst bin sehr begeistert von der Miller-Verpflichtung. Man hat auch auf der zweiten Skill-Position genau den Wunschspieler des Trainers verpflichtet, leider erneut zu einem hohen Preis. Wieder leidet man unter den Marktgegebenheiten. Das war's allerdings noch nicht mit Veränderungen, die die Offense betreffen. Das Schlagwort stabile Offensive Line fiel ja bereits...

Wechsel in der Offensive Line

Weg: Ben Jones C Tennessee Titans, Brandon Brooks G Philadelphia Eagles
Neu: Jeff Allen G, vorher Kansas City Chiefs; 28 Mio. Dollar (12 Mio. garantiert), Tony Bergstrom C/G, vorher Oakland Raiders; 5,75 Mio. Dollar (1,5 Mio. garantiert)

Schon vor Beginn der FA kam heraus, dass Houston seinen Center Ben Jones ziehen lässt. Quasi im Schatten der Verpflichtungen von Osweiler und Miller wurde bekannt, dass man auch RG Brandon Brooks nicht halten konnte. Während Jones eher Durchschnitt ist, war Brooks nach Osemele der vielleicht beste Guard auf dem Markt. Ich hab meinen Twitter-Account angebrüllt, als ich das gelesen hatte.

Einen Moment später wurde vermeldet, dass Jeff Allen und Tony Bergstrom als Ersatz verpflichtet wurden. Allen wird direkt Brooks' Startplatz einnehmen, Bergstrom wird als Rotationsspieler eingeplant sein. Bei dem Blick auf die Verträge von Allen und Brooks wurde ich skeptisch: Allen bekommt (als schlechtere Alternative) nur etwa 1 Mio. weniger pro Jahr als Brooks. Warum hat man dann Brooks ziehen lassen? Capspace war da und Brooks war nach eigener Aussage oberste Priorität.

Ich habe eine Theorie dazu: O'Brien möchte dauerhaft weg von dem Zone Blocking Scheme seines Vorgängers. Auch die Wahl des Running Backs spricht dafür. Doch diese Theorie täuscht über eine deutliche Tatsache nicht hinweg: Die O-Line, seit längerem eine Stärke der Texans, ist schlechter geworden. Das kann nicht im Sinne des Rungames und schon gar nicht im Sinne von Brock Osweiler sein. Zumal der Depth schon letztes Jahr mies war. Hier muss im Draft auf jeden Fall etwas passieren.

Was passierte noch?
Signings: Antonio Allen S, vorher New York Jets
Re-Signs: Jonathan Grimes RB, Jeff Adams OL, Chris Clark OT, Charles James CB, Shane Lechler P, Nick Novak K, Eddie Pleasant S, A.J. Bouye CB, Quinten Demps S
Bisherige Abgänge: Garrett Graham TE, Rahim Moore S, Arian Foster RB, Darryl Morris CB zu den New York Jets, Nate Washington WR zu den New England Patriots, Justin Tuggle LB zu den Cleveland Browns, Jared Crick DE zu den Broncos

Was bleibt zu tun?
Die Defense war letztes Jahr schon bärenstark, hat aber trotzdem 2 Needs, 5-Technique und Safety. Die Verträge der beiden bisherigen Starter, Jared Crick und Quintin Demps, laufen aus und sollen verlängert werden. Crick und Demps sind jedoch maximal Durchschnitt und eher als Back Ups eingeplant. Auf der Safety-Position liegen große Hoffnungen auf dem sehr talentierten Lonnie Ballentine, Mister Irrelevant 2014, doch leider haben ihn Verletzungen immer wieder zurückgeworfen. Als Alternative wurde Antonio Allen verpflichtet.

Edit: Mit Demps wurde verlängert, Crick geht zu den Broncos. Damit dürfte im Draft ein früher Pick in die D-Line gehen.

Die zwei größten Löcher der Offense wurden angegangen, ein neues Loch wurde aufgerissen. Was zusätzlich verbessert werden muss, sind die Möglichkeiten, die Osweiler im Passing Game geboten werden.

Eine Riesenbaustelle sind die Special Teams. K Nick Novak und P Shane Lechler wurden zwar resigned, aber eher aus Mangel an Alternativen als aus voller Überzeugung. Der wichtigste Neuzugang hier ist der neue ST-Coach Larry Izzo, der hoffentlich Ordnung in die Bude bringt.

Im Draft wird also wohl mindestens ein Receiver, ein Center, ein Defensive End sowie ein TE kommen, der sowohl blocken als auch Pässe fangen kann. Bei Kicker und Punter sollten zumindest der ein oder andere UDFA kommen. Da es an einigen Stellen auch an Tiefe im Kader fehlt, kann ich mir auch gut einen LB oder O-Line vorstellen, auch Veränderungen bei den Back-Up-QBs sind realistisch.

Fazit:
Everything's bigger in Texas - zumindest die Verträge für Osweiler, Miller und Allen machen diesem Spruch alle Ehre. Haben die Moves der Free Agency die Texans aber auch besser gemacht? Diese Frage wird man vielleicht erst nach der Saison wirklich beantworten können.

Im schlimmsten Fall hat man jetzt einen Back-Up-QB hinter einer verschlechterten Offensive Line neben einem Running Back, der dem Workload einer lauflastigen Offense nicht gewachsen ist. Im besten Fall dagegen trägt Miller die Offense, ruft Osweiler sein Potential ab und der Wandel in der O-Line klappt.

Für eine genauere Prognose ist es mir noch zu früh. Mit der starken Defense ist es allerdings unwahrscheinlich, dass Houston komplett versagt, gerade da auch die Division-Gegner noch in der Findungsphase sind und ähnlich große Fragezeichen haben. Das wird also mächtig spannend. Next Stop Chicago, Ende April: NFL-Draft.