27.02.2013 um 17:52 Uhr
Geschrieben von r44
Eleganz und Fußballtaktik
Was ist Eleganz im Fußball?
Eigentlich steht nur eines fest: Ein Begriff, der inflationär und meistens falsch verwendet wird, ohne dass sich jemand darüber beschwert. Die meisten würden Eleganz als Ausdruck einer gewissen Kultiviertheit, Geschmeidigkeit und Situationsgewandtheit ausweisen. Im Sport wäre ein eleganter Fußballer also ein körperloser Akteur, der sich ungern dreckig macht. Ein Schönwetterfußballer. Mit Ball am Fuß jedoch verwandelt sich die Primaballerina zum Ein-Mann-Zirkus - ohne viel Trara. Zweikämpfen widersteht er nicht, sondern er vermeidet sie.
Ein wahrhaft eleganter Fußballer kann partout nicht in einen Zweikampf verwickelt werden. Grazil gleitet er über die Füße des Gegners in einen freien Raum. Die Eleganz rührt meistens von einer Antizipation her - im Moment der gegnerischen Entscheidung bleibt der zu begrätschende Spieler schlicht stehen. Und mit ihm bleibt das Spiel stehen. Anmutig und selbstlos wird der elegante Fußballer zum Fixpunkt des Spiels; für Gegner, Mitspieler und die Fernsehkameras. Aus seiner Selbstlosigkeit wird Egozentrismus. Mit reverser Psychologie erschleicht sich der elegante Selbstlose die Aufmerksamkeit, die seine Einfachheit nie vermuten lassen würde.
Doch ist das elegant? Ist nicht dieser verlogen ruhige, vermeintlich abgeklärte und betont anmutige Fußballer das Gegenteil eines eleganten Fußballers?
In der Lyrik des alten Roms war „Eleganz" die Durchsichtigkeit der Wörter; ein Aussage, die in ihrer Präzision nicht missverständlich sein kann, aber zugleich treffend und dem Ohre wohlgefällig ist. In der Mathematik bezeichnet Eleganz eine bestimmte Art der Lösungsfindung: Einfach, richtig, ohne unnötige Komplikationen.
Auch im Fußball sollte der Effektivität bei der Bewertung vermeintlich eleganter Spieler Rechnung getragen werden, insbesondere bei der Spielerbewertung und der taktischen Beurteilung von Spielweisen.
Ein Verwirrspiel mit dem Gegenspieler ist auch eines mit dem Mitspieler. Eleganz jedoch ist die ultimative Verbindung aus Anmut und Effektivität; es ist jener Spagat, den Mesut Özil und Andrés Iniesta vollführen, den aber viele Brasilianer oder auch Akteure wie Zinediné Zidane nicht (immer) schafften.
Doch viele lassen sich blenden; die Übersteiger eines Neymar oder die vielen Drehbewegungen eines Zidane werden unterschiedlich bewertet, obwohl sie den gleichen Zweck nicht erfüllen: Raumgewinn, Offensivspielkontrolle, Spielanlagenstabilität, Angriffsvortragsgeschwindigkeitsbeibehaltung.
Stattdessen sind jene Akteure, die den Spagat schaffen, unterbewertet. Iniestas Genialität wird erst erkannt, seitdem er aus unterschiedlichen Gründen seine Scorerpunkte angehoben hat; obwohl seine Stärken nicht mehr so zu tragen kommen. Zumindest die Fußballtaktik sollte die Eleganz fortan richtig bewerten.
Ein Spieler der Sorte Busquets, Xavi, Iniesta sollte höher bewertet werden. Es ist kein Zufall, dass diese drei Akteure die fundamentale Achse der erfolgreichsten Fußballmannschaft der Moderne stellen. Die Zeit der Zidanes ist vorbei, das Aussterben der klassischen Zehn und das langsame Scheitern Fabregas‘ beim FC Barcelona sind kein Zufall. Nicht immer ist der tödliche Pass die richtige Lösung, nicht immer ist der Beweis von Technik auch der Beweis von Talent und Intelligenz.
Das Umdenken muss starten; Deutschland scheint mit Akteuren wie Mario Götze, Marco Reus, Thomas Müller und Mesut Özil sogar Vorreiter zu sein. Zwar sind sie nicht alle anmutig, doch bringen sie erhöhte Effektivität (Reus) oder gar etwas Un(be)greifbares ins Spiel (Müller).
Prognose: Deutschlands nächster WM-Sieg wird der Sieg der Eleganz; und niemand außer den Taktikern wird es begreifen.
Eigentlich steht nur eines fest: Ein Begriff, der inflationär und meistens falsch verwendet wird, ohne dass sich jemand darüber beschwert. Die meisten würden Eleganz als Ausdruck einer gewissen Kultiviertheit, Geschmeidigkeit und Situationsgewandtheit ausweisen. Im Sport wäre ein eleganter Fußballer also ein körperloser Akteur, der sich ungern dreckig macht. Ein Schönwetterfußballer. Mit Ball am Fuß jedoch verwandelt sich die Primaballerina zum Ein-Mann-Zirkus - ohne viel Trara. Zweikämpfen widersteht er nicht, sondern er vermeidet sie.
Ein wahrhaft eleganter Fußballer kann partout nicht in einen Zweikampf verwickelt werden. Grazil gleitet er über die Füße des Gegners in einen freien Raum. Die Eleganz rührt meistens von einer Antizipation her - im Moment der gegnerischen Entscheidung bleibt der zu begrätschende Spieler schlicht stehen. Und mit ihm bleibt das Spiel stehen. Anmutig und selbstlos wird der elegante Fußballer zum Fixpunkt des Spiels; für Gegner, Mitspieler und die Fernsehkameras. Aus seiner Selbstlosigkeit wird Egozentrismus. Mit reverser Psychologie erschleicht sich der elegante Selbstlose die Aufmerksamkeit, die seine Einfachheit nie vermuten lassen würde.
Doch ist das elegant? Ist nicht dieser verlogen ruhige, vermeintlich abgeklärte und betont anmutige Fußballer das Gegenteil eines eleganten Fußballers?
In der Lyrik des alten Roms war „Eleganz" die Durchsichtigkeit der Wörter; ein Aussage, die in ihrer Präzision nicht missverständlich sein kann, aber zugleich treffend und dem Ohre wohlgefällig ist. In der Mathematik bezeichnet Eleganz eine bestimmte Art der Lösungsfindung: Einfach, richtig, ohne unnötige Komplikationen.
Auch im Fußball sollte der Effektivität bei der Bewertung vermeintlich eleganter Spieler Rechnung getragen werden, insbesondere bei der Spielerbewertung und der taktischen Beurteilung von Spielweisen.
Ein Verwirrspiel mit dem Gegenspieler ist auch eines mit dem Mitspieler. Eleganz jedoch ist die ultimative Verbindung aus Anmut und Effektivität; es ist jener Spagat, den Mesut Özil und Andrés Iniesta vollführen, den aber viele Brasilianer oder auch Akteure wie Zinediné Zidane nicht (immer) schafften.
Doch viele lassen sich blenden; die Übersteiger eines Neymar oder die vielen Drehbewegungen eines Zidane werden unterschiedlich bewertet, obwohl sie den gleichen Zweck nicht erfüllen: Raumgewinn, Offensivspielkontrolle, Spielanlagenstabilität, Angriffsvortragsgeschwindigkeitsbeibehaltung.
Stattdessen sind jene Akteure, die den Spagat schaffen, unterbewertet. Iniestas Genialität wird erst erkannt, seitdem er aus unterschiedlichen Gründen seine Scorerpunkte angehoben hat; obwohl seine Stärken nicht mehr so zu tragen kommen. Zumindest die Fußballtaktik sollte die Eleganz fortan richtig bewerten.
Ein Spieler der Sorte Busquets, Xavi, Iniesta sollte höher bewertet werden. Es ist kein Zufall, dass diese drei Akteure die fundamentale Achse der erfolgreichsten Fußballmannschaft der Moderne stellen. Die Zeit der Zidanes ist vorbei, das Aussterben der klassischen Zehn und das langsame Scheitern Fabregas‘ beim FC Barcelona sind kein Zufall. Nicht immer ist der tödliche Pass die richtige Lösung, nicht immer ist der Beweis von Technik auch der Beweis von Talent und Intelligenz.
Das Umdenken muss starten; Deutschland scheint mit Akteuren wie Mario Götze, Marco Reus, Thomas Müller und Mesut Özil sogar Vorreiter zu sein. Zwar sind sie nicht alle anmutig, doch bringen sie erhöhte Effektivität (Reus) oder gar etwas Un(be)greifbares ins Spiel (Müller).
Prognose: Deutschlands nächster WM-Sieg wird der Sieg der Eleganz; und niemand außer den Taktikern wird es begreifen.
Aufrufe: 2660 | Kommentare: 2 | Bewertungen: 4 | Erstellt:27.02.2013
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KOMMENTARE
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03.03.2013 | 11:53 Uhr
-2
Ganibudambi :
Natürlich hast du Recht, wenn du forderst, dass Spieler wie Iniesta, Busquets in der öffentlichen Meinung höher stehen müssten - aber Zidane? Da hast du irgendwas gegen diesen ehemaligen und langjährigen Weltklassemittelfeldspieler. Ich denke nicht, das Zidane die klassiche 10 darstelle... er war durchweg ein Stratege, wie Ihn heute Xavi darstellt - nur mit einem Tick mehr Torgefahr!
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02.03.2013 | 23:29 Uhr
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