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NFL @ SPOX


Gründer: Master_Of_Disaster | Mitglieder: 818 | Beiträge: 210
07.01.2015 | 3048 Aufrufe | 15 Kommentare | 8 Bewertungen Ø 9.9
Chris Harris Jr. & Aqib Talib
Ein ungleiches Paar
Das beste Cornerback-Duo der NFL?

Die Denver Broncos stellen dieses Jahr eine der stärksten Abwehrreihen in der National Football League. Neben der starken Defensive gegen den Lauf ist vor allem die herausragende Pass Abwehr ein Grund hierfür. Über die reguläre Saison 2014/15 gesehen erlaubt Denver gegnerischen Teams lediglich 5,3 Yards pro Versuch über die Luft. Ein famoser Wert - den kein anderes Team in dieser Spielzeit unterbieten kann. Neben dem starken Pass Rush um Von Miller und DeMarcus Ware, der den gegnerischen Quarterbacks weniger Zeit für die Entscheidungsfindung offeriert, ist dafür in erster Linie das (zumindest diskutierbar) beste Cornerback-Duo der Liga: Chris Harris Jr. und Aqib Talib.

Harris & Talib: Welcome to the Dangerzone

Dabei könnten die beiden Spieler kaum unterschiedlicher sein. Aqib Talib ist schon immer der Star gewesen, der auf und abseits des Feldes auffällt. Er wird 2008 in der ersten Runde (an 20. Stelle von den Tampa Bay Buccaneers) gedraftet. Er ist auf und abseits des Feldes ein Heißsporn. Chris Harris dagegen gehört zu den ruhigen Zeitgenossen, die gerne übersehen werden. Vor dem Draft 2011 wird Harris nicht einmal zu den Combines eingeladen. Er ist außerdem eher der Typ Streber, der viel Zeit in die Vor- und Nachbereitung investiert und keinen Ärger macht. Trotz (oder gerade wegen?) dieser Differenzen verbindet beide Spieler eine langjährige Beziehung und Freundschaft, die sich auf dem Feld positiv bemerkbar macht.

Dieser Blog wirft einen Blick auf das ungewöhnliche Cornerback-Tandem der Denver Broncos, schildert den Werdegang beider Spieler und erklärt ihren Wert für die Mannschaft.

Brother from another Mother

Als die Denver Broncos den ehemaligen New England Patriot Aqib Talib verpflichten, schließt sich für Chris Harris ein Kreis: Aqib Talib ist nämlich Familie. Beide kennen sich bereits aus ihren Zeiten bei den Kansas Jayhawks am College. Zum Zeitpunkt ihres ersten Treffens könnte die Situation der beiden Spieler dabei unterschiedlicher nicht sein. Als Chris Harris im Jahr 2007 sich den Jayhawks anschließt, ist Aqib Talib "the man" (Zitat Harris) an diesem College. Er ist der Star und das Aushängeschild der Mannschaft. Seine Ausnahmestellung basiert auf seinen herausragenden Fähigkeiten auf dem Platz. Im Jahr zuvor wird er als Sophomore in das All-Big 12 First Team gewählt, nachdem er landesweit die meisten Pässe (28) abwehrt und Interceptions (6) fängt. Chris Harris auf der anderen Seite ist bei der Ankunft ein 17-jähriger unscheinbarer Junge, von dem kaum einer Notiz nimmt. Die Jayhawks sind das einzige Team, das Harris ein Stipendium anbieten. Trotz der unterschiedlichen Hierarchiestellungen innerhalb des Teams nimmt sich Aqib dem jungen Chris an, nach dem der designierte Nummer 2-Cornerback, Kendrick Harper, bereits vor Saisonbeginn mit einer Verletzung ausfällt. Er hilft ihm beim Lernen des Defensive Schemes und sorgt dafür, dass Chris jeden in der Abwehr kennenlernt.

"Chris musste den Platz einnehmen und ich hab gefühlt, dass es mein Job ist, sicherzugehen, dass ihm das auch gut gelingt", erinnert sich Talib in einem Interview, "Er war wie mein kleiner Bruder."

Diese Unterstützung verhilft Chris Harris zu einem leichteren Einstieg in das Team und zu Selbstbewusstsein, was wiederum zu Spielzeit führt. Im ersten und einzigen Jahr, in welchem die beiden in Kansas Seite an Seite spielen, entwickelt sich so eine kleiner Bruder/großer Bruder-Beziehung, die auch nach dem College Bestand haben wird. In diesem Jahr beenden die Jayhawks die Saison mit einer Bilanz von 12-1 und besiegen im Rose Bowl die höher eingestuften Virginia Tech Hokies mit 24:21. Obwohl Chris Harris eine Interception und 4 Tackles gelingen, nimmt die Rolle des Stars wieder Aqib Talib ein. Dieser trägt nämlich eine Interception in die gegnerische Endzone zurück und wird am Ende dieser Partie als MVP ausgezeichnet.

Harris (#16) und Talib (#3) bei den Kansas Jayhawks 2007

Talib legt in seiner letzten College Spielzeit eine weitere überragende Saison hin und brilliert mit 4 TD Catches sogar als Wide Receiver. Er beendet das Jahr als erster einstimmiger All-American für die Jayhawks seit 1964. Als Folge dessen meldet er sich zum Draft an und fängt in seinen ersten drei Jahren in der NFL als Spieler der Buccaneers 15 Pässe ab. Chris Harris dagegen zerreibt sich in seinen vier Jahren am College. Er spielt Cornerback und - wenn benötigt - Safety. Trotz der zweitmeisten Tackles in der Jayhawks-Historie fliegt er unter dem Radar der NFL-Scouts. Daher wird ihm der Einstieg in die stärkste Football Liga der Welt nicht einfach gemacht...

From Undrafted to Unstoppable

33 Cornerbacks werden im Draft 2011 gezogen - Chris Harris ist keiner davon. Er ist den Teams einfach zu schmächtig und nicht gut genug. Kaum einer traut ihm das Verteidigen von NFL-Receivern zu. Genauer gesagt: Keinen interessiert es, ob er überhaupt das Potenzial dazu hat. Er findet sich vor dem Draft in den einschlägigen Rankings sowohl bei den Cornerbacks als auch bei den Free Safetys nicht unter den ersten 30 wieder und wird daher nahezu komplett ignoriert. Selbst NFL Draft Guru Mike Mayock gibt im Nachhinein zu, dass er sich kein Videomaterial dieses Spielers angeguckt oder Informationen über ihn gesammelt hat, weil er einfach nicht relevant genug erscheint. Diesen Lapsus bemerken die Teams erst, als Chris Harris sich bereits in seiner ersten Spielzeit auf dem Feld bemerkbar macht. Die Denver Broncos sichern sich die Rechte an Harris und zahlen ihm dafür einen Unterschriftsbonus von läppischen 2.000 Dollar. Nachdem er sich im Trainings Camp sofort freiwillig bereit erklärt Denvers damalige Nummer 1, Brandon Lloyd, im Training zu decken und seine Sache dabei ordentlich macht, schindet der Spieler bei Trainern wie Mitspielern erste Eindrücke.

"Einfach sein Wille - etwas, dass die Spieler unterscheidet, ist die Einstellung. Eine Menge von Spielern, die in die NFL wollen, lassen diese Einstellung vermissen. Sie haben das Talent und alles was dazugehört, aber nicht den Willen. Chris hat das Talent und die richtige Einstellung." - Champ Bailey nach dem ersten Trainingscamp von Chris Harris auf die Frage, was ihm bei CH als erstes auffiel.

Dieser Ehrgeiz und harte Arbeit verhelfen ihm zu einem Platz in dem finalen 53-Mann Kader der Broncos. Wie jeder Neuling muss auch Chris Harris in seiner ersten Saison Lehrgeld zahlen. Seine größte Lehrstunde erteilt er ihm Matthew Stafford. Der Lions QB nimmt beim 45-10 Sieg über die Broncos immer wieder Anpassungen vor dem Snap vor, um Calvin Johnson innen gegen Harris zu stellen. Harris lässt in dem Spiel insgesamt 8 Catches zu und wird öfter verbrannt. Damit das nicht noch einmal passiert, studiert Chris das Videomaterial wie ein Besessener. Diese Arbeitsethik trägt Früchte, denn CH spielt insgesamt eine sehr starke Rookie-Saison. Ein Auszug von Pro Football Focus zur Bewertung der Rookie-Saison unterstützt diese These:

"Outside of Richard Sherman, no cornerback from 2011 draft class can make an argument for having been more productive on defense thus far than Harris and, in my opinion, Harris is the all-around more valuable player. While Sherman's 48.5% completion percentage against looks far more impressive than Harris' 73.2%, their coverage numbers aren't so different when you look a little deeper. Sherman's 32 catches allowed have yielded 403 yards to Harris' 340 on 30 catches. So, while Harris allows a far greater percentage of balls to be completed, many of those catches can be considered wins for the defense. He is also an asset in run support with 16 defensive stops in 331 snaps, a rate exceeding that of any other cornerback this season besides Antoine Winfield."

Im Jahr darauf wächst seine Rolle im Team sukzessive weiter. Er deckt sowohl kleine, schnelle als auch große, kraftvolle Kontrahenten. Bis zur Mitte der Saison erarbeitet er sich so einen Platz auf der rechten Cornerback Position in der Base und den Slot Posten in der Nickel Defense. Gegnerische Teams testen ihn weiterhin - und sie bezahlen dafür: Ihm gelingen 2 Pick Sixes, u.a. ein 98-Yarder Teamrekord gegen Baltimore. Der Spieler, den keiner wollte, beendet die Saison auf Platz 64 aller (!) NFL Spieler bei Pro Football Focus. Er ist zwar abseits des Feldes einer von der ruhigen Zunft, auf dem Platz fungiert Harris jedoch mehr und mehr als Anführer. Auch 2013 spielt Chris Harris eine sehr gute Saison. Er wird diese Spielzeit im Rückspiegel trotzdem nicht gut in Erinnerung behalten, weil er sich im ersten Playoff-Spiel (beim Sieg gegen die San Diego Chargers) das Kreuzband reißt. Denvers Super Bowl-Run verpasst Harris und er kann dem Team auch bei der Klatsche gegen die Seattle Seahawks - wie auch andere wichtige Rekonvaleszenten - nicht helfen. Auch die Vorbereitung mit dem Team zur Saison 2014 fällt aufgrund der Verletzung aus. Wieder sieht sich Chris Harris Zweifeln ausgesetzt. Keiner traut ihm zu, bis zum Saisonbeginn fit und bei vollem Leistungsvermögen zu sein. Das Risiko mit dem anfälligen Talib und dem nicht genesenen Harris wird John Elway vorgehalten. Es wird auch generell in Frage gestellt, ob er nach seiner Verletzung zu alter Hochform zurückkehren kann. Und was macht Chris Harris, wenn die Leute an ihm zweifeln? Er arbeitet einfach noch härter. Er kämpft sich zum Saisonbeginn zurück und lügt die Kritiker auf dem Feld Strafen. Er untermauert seine Stellung als einer der besten seines Fachs und unterschreibt folgerichtig im Laufe der Saison eine 5-Jahres Verlängerung, die einen Gesamtwert von 42,5 Millionen (24 Mio. garantiert) Dollar aufweist - eine Belohnung für seine Leistungen. Kein schlechter Preis für einen der besten CBs der Liga oder? Der Vater einer drei Monate alten Tochter bedankt sich so für die Chance, die ihm die Broncos damals gaben und erklärt, dass er sich in Denver sehr wohl fühlt und zusammen mit seiner kleinen Familie langfristig in Denver bleiben will.

"Ich bin einfach erleichtert und glücklich, dass ich jetzt Gewissheit habe. Es war ein langer Prozess. Es fühlt sich so an, als wäre der große Affe auf meinen Schulter weg und ich nun einen klaren Kopf habe. Ich kann mich nun vollständig auf den Sport und das Jagen des Super Bowls fokussieren." Chris Harris nach der Vertragsunterzeichnung.

Dieses Understatement ist unter anderem ein Grund für seine immense Beliebtheit unter den Mile High Fans. Vielleicht will er aber auch einfach mit seinem "Bruder" Aqib spielen. Apropos Aqib Talib...

The likable Troublemaker

Der "große Bruder" ist wie bereits erwähnt bereits am College ein Star. Dort entwickelt sich Talib, der zuvor an der High-School auch ein sehr guter Basketball-Spieler und Leichtathlet war, schnell zu einem der besten Verteidiger des Landes. Seine Athletik und körperlichen Attribute machen ihn zu einem ungemütlichen Gegner für die Receiver auf der anderen Seite des Balles. In seinem Jahr vor dem Draft wird er folgerichtig als einziger aller Defensive Backs einstimmig in das All America Team gewählt.

Aquib Talib - das größte Problem steckte zwischen den Ohren

Im Draft 2008 wird er als dritter Cornerback (Fun Fact: Talibs Vorgänger bei den Bronocs Dominique Rodgers-Cromartie geht vier Plätze vor ihm zu den Arizona Cardinals) gezogen. Er startet zwar nur zwei Spiele, kommt jedoch auf 15 Einsätze und wird der erste Neuling in der NFL, dem in einer Saison vier Interceptions gelingen. Immer wenn der physische Talib auf dem Feld steht, gehört er zu den besseren Cornerbacks in der Liga. Die Verletzungsanfälligkeit und seine Hitzköpfigkeit werfen "den Letzten" (Das ist die arabische Bedeutung des Namens Aqib; er wurde so benannt, weil er das letzte von 4 Kindern ist) immer wieder Steine in den Weg. Bereits beim NFL Rookie Symposium liefert sich Heißsporn Talib einen Faustkampf mit einem anderen Neuling - kein guter Einstieg in die Liga. Auch vor seiner zweiten Spielzeit gerät Talib in Schwierigkeiten. Bei einer Auseinandersetzung im Training trifft er einen Mitspieler, der den Streit schlichten will, mit dem Helm am Kopf. Kurz vor Saison greift er auch noch einen Taxifahrer an, widersetzt sich der Verhaftung und wird deshalb für das erste Spiel 2010 von der Liga gesperrt. Sein immenses Potenzial als Spieler hält ihn jedoch in der Liga und in der Mannschaft. Trotz dieser Vorfälle erkämpft er sich einen Startplatz im Team und startet 2009 15 Spiele von Beginn an - ein Wert, den er aufgrund von Sperren und Verletzungen, erst wieder bei den Denver Broncos erzielen wird.

In seinem zweiten Jahr bringt Talib sehr gute Leistungen, im Spiel gegen das Washington Football Team gelingen ihm etwa 3 Interceptions. Er macht sich in der Liga einen Namen als Shutdown Cornerback. Im darauffolgenden Jahr gelingt ihm endgültig der Durchbruch als einer der besten Defensive Backs der Liga. Obwohl er aufgrund einer Hüftverletzung nur 11 Spiele bestreitet, gelingen ihm 6 INTs, 11 abgewehrte Pässe und 50 Tackles. Er wird des Weiteren einmal zum besten NFL Verteidiger der Woche gekürt. Neben einer Auseinandersetzung mit einem Offiziellen auf dem Platz bleibt es ruhig um Talib. Es stellt sich als die Ruhe vor dem Sturm heraus. Im Frühjahr 2011 greifen Talib und seine Mutter (!) den Lebensgefährten seiner Schwester mit einer Waffe an. Aqib wird gar beschuldigt, Schüsse auf offener Strafe abgegeben zu haben. Die Klage wird zwar aus Mangel an Beweisen fallen gelassen, bei den Buccaneers wächst jedoch die Erkenntnis, dass die Probleme abseits des Feldes das Potenzial Talibs auf dem Feld überschreiten.

Er wird daher 2012 zu den New England Patriots getradet. Tampa Bay hat keine Lust mehr auf die Scharmützel von Talib und Bill Belichick ist auf der Suche nach einem Shutdown Corner. Das Debüt muss für die Patriots jedoch noch warten. Der Grund: Talib wird wegen der Einnahme leistungssteigender Substanzen von der NFL für vier Spiele gesperrt und muss noch das letzte Spiel Sperre absitzen. Bei den Patriots entwickelt sich Talib dann endgültig zu einem der stärksten Pass Verteidigern der Liga. Als Belohnung dafür wird er zum ersten Mal in seiner Karriere in den Pro Bowl und das (second) All Pro Team gewählt. In dieser Spielzeit hinterlässt er dabei vor allem bei den Broncos-Verantwortlichen einen bleibenden Eindruck. Neben seiner starken ersten Halbzeit (er musste danach verletzt raus) gegen Jimmy Graham, bei dem er ihn bei Null Yards hält, glänzt er insbesondere gegen Denver. Während des 34:31-Sieges der Pats nimmt Talib Denvers Top Wide Receiver Demaryius Thomas bis auf einen TD-Fang komplett aus dem Spiel. Auch im AFC Championship Spiel kann Peyton Manning die NE-Secondary erst nach Talibs verletzungsbedingtem Ausfall sezieren.

Die New England Patriots gelten als Wendepunkt für Aqibs Talibs Karriere. Unter den Fittichen von Belichick ist Talib nicht mehr negativ abseits des Feldes aufgefallen. Er weiß genau, dass BB solche Undiszipliniertheiten nicht duldet und ihn sofort aus dem Team nehmen würde. In der Umkleidekabine wird im von seinen Mitspielern gar eine Führungsrolle bescheinigt. Er scheint verstanden zu haben, dass weitere Probleme mit dem Gesetz seine Karriere beenden können. Trotzdem stockt den Verantwortlichen der Denver Broncos der Atem, als im Sommer 2014 von der Verhaftung Talibs berichtet wird. Zum Glück erweist sich dies als eine Falschmeldung der hiesigen Polizei, zeigt aber auch die voreingenommene Einstellung der Medien gegenüber dem Menschen Aqib Talib. Das Tandem Harris-Talib kann trotzdem ungestört in die Saison gehen.

No Fly Zone

So verschieden die beiden Spieler in ihrer Herkunft und ihren Charaktereigenschaften sind, so verschieden sind sie auch auf dem Platz. Talib ist ein 1,85 Meter/93 Kilo-Hüne, der als Press Man Coverage-Spezialist auch die ganz großen Receiver der Liga, wie etwa Julio Jones oder A.J. Green, verteidigen kann und es bereits sehr gut gemacht hat. Gegen quirlige und schnelle Spieler zeigt Talib hingegen ab und zu Schwächen. Seine immer noch gute Athletik und Geschwindigkeit minimieren diese Schwierigkeiten jedoch. Seine langen Arme und gute Antizipationsfähigkeit münden in vielen gelungen Pass Abbrüchen und Interceptions. Wenn die Quarterbacks in seine Richtung werfen, erlaubt er ihnen 2014 ein QB Rating von 72,2 (nur sechs Spieler erlauben einen noch niedrigeren Wert). Aufgrund seiner bulligen Statur ist Talib auch im Spiel gegen den Lauf ein wichtiger Mann. Man muss trotzdem konstatieren, dass von den drei Blockbuster Free Agents (Talib, Ward, Ware), die im Frühjahr akquiriert werden, Aqib die größte Skepsis hervorruft. Seine Verletzungssorgen und Probleme abseits des Feldes lassen die Alarmglocken bei einem hochdotierten Vertrag bis 2019 läuten. Die flexible Gestaltung des Vertrages einerseits und die starke Leistung Talibs andererseits beruhigen Fans wie Experten jedoch recht zügig. Mitte Dezember wird Aqib Talib sogar zum Abwehrspieler der Woche in der NFL gewählt, nachdem er gegen die San Diego Chargers 8 Tackles, eine Interception und drei Pässe abwehrt. PFF wählt ihn über die Saison gesehen auf Rang 12 aller Cornerbacks. Ein Grund für die starke Leistung ist seine Gesundheit. Bis auf ein Spiel kann Talib seit längerer Zeit mal wieder 15 Spiele absolvieren. Mit dieser Leistung wäre er in vielen Teams der unangefochtene Star im defensiven Rückraum - in Denver muss er dieses Jahr jedoch seinem "kleinen Bruder" den Vortritt lassen.

Chris Harris ist mit 1,75 Meter und 86 Kilogramm deutlich kleiner und leichter. Seine Maße würden ihn eigentlich als reinen Slot Corner brandmarken, Harris ist jedoch variabel einsetzbar. Im Gegensatz zu Talib arbeitet er weniger mit Kraft und mehr mit guter Technik, Energie und Geschwindigkeit. Diese Fähigkeiten erlauben Harris stets genau an seinem Gegenspieler zu bleiben. Seine gute Fußarbeit und Wendigkeit erlaubt es ihm auch im Rückwärtslaufen nah am Gegner zu bleiben. Aufgrund dessen ist CH Jr. polyvalent einsetzbar. Sowohl im Slot als auch auf der rechten oder linken Cornerback Position kann er ohne Leistungsabfall eingesetzt werden.

Statistiken der von CH gedeckten Spieler in der RS 2014

Egal auf welcher Position oder welchen Gegner er gespielt hat, Chris Harris hat in der ganzen (!) Saison keinen einzigen (!!!) Touchdown zugelassen. Gegnerischen Nummer 1-Receivern gelingen im Schnitt nur 2,9 Yards pro Wurfversuch in seiner Deckung. Ebenso beeindruckend sind die insgesamt knapp 350 zugelassenen Yards seiner Gegenspieler in allen Spielen. Bei Würfen in seiner Richtung erlaubt Harris diese Saison ein wahnwitziges QB Rating von 47,8 (nur Vontae Davis erzielt einen niedrigeren Wert). Aufgrund dieser Fabelwerte ist es nicht überraschend, dass Pro Football Fokus CH Jr. diese Saison als eindeutig stärksten Cornerback der gesamten Liga ansieht. Mit einer Gesamtbewertung von 28,4 liegt er unangefochten vor V. Davis (21,8) und R. Sherman (18,2) auf Rang 1. Nach einem Kreuzbandriss, der gerade mal ein Jahr zurückliegt, ist die aktuelle Leistung von Chris Harris nicht hoch genug zu bewerten. Insbesondere in der Coverage ist Harris das Non-Plus Ultra in der Liga. Seine Beweglichkeit und sein gutes Lesen der Defense und ad-hoc Reagieren macht den Receivern das Leben schwer. Im Spiel gegen den Lauf kann Harris sein Team aufgrund seiner schmächtigen Statur nicht optimal unterstützen, ist aufgrund seiner guten Tackling-Fundamentals jedoch in der Lage gegnerische Spieler zu Boden zu bringen. Ein Run Stopper wird er in seinem Leben aber nicht mehr werden.

Sowohl Harris (3 INT) als auch Talib (4) zeichnet eine gute Antizipation und das richtige Gespür, wann man das Risiko auf den Ball zu gehen ausnutzt. aus. Mit Harris auf Platz 1 und Talib auf 12 stellt Denver nach PFF das beste CB-Duo der Liga. Natürlich ist die Bewertung durch Pro Football Focus nicht der Weisheit letzter Schluss. Dass das Duo diese Saison zu den besten in der Liga gehört, können aber wohl auch Kritiker von PFF nicht bestreiten. Zusammen mit den Ergänzungsspielern um Rookie B. Roby, K. Webster und T. Carter ist Denver so in der Lage gegnerische Wide Receiver-Konstellationen je nach Bedarf zu verteidigen. Gegen die Chargers nahm sich Talib etwa den oft tief geschickten M. Floyd an, während Harris bei K. Allen blieb und B. Roby sich um die Bewachung von E. Royal kümmerte. Das gegnerische Trio wurde bei 6 von 19 Pässen und 79 Yards gehalten. Es ist ein großer Vorteil, dass sowohl Harris als auch Talib innen als auch außen spielen können. In der Regel widmet sich Talib jedoch den größeren Kalibern, während Harris die kleineren und flinkeren Receiver übernimmt.

Chris Harris und Aqib Talib haben ihre Stärken vor allem in der Man Coverage, unter Defensive Coordinator Jack Del Rio werden beide jedoch immer wieder in der Zone eingesetzt, weil vor allem in der ersten Hälfte der Saison Del Rio das Cover 3-System der Seahawks zu kopieren versucht. Weil ein Safety a la Earl Thomas im Team nicht zu finden ist, lässt sich die erfolgreiche Defense der Hawks jedoch nicht einfach adaptieren. Obwohl man dieses Experiment abgebrochen hat, spielt Del Rio (nach Meinung des Blog-Schreibers) immer noch zu vorsichtig. Er lässt die beiden Cornerbacks immer noch relativ oft in der Zone spielen. Das Vorhandensein von zwei guten Manndeckungs-Spezialisten sollte aber öfter für ein aggressiveres Agieren der Defense genutzt werden. Man Coverage und Blitz-Packages wären zum Beispiel eine Alternative, um den gegnerischen Quarterback noch mehr unter Druck zu setzen. Solche aggressiveren Stilmittel lässt Denver bisher jedoch vermissen. Andererseits sprechen die statistischen Werte für Jack Del Rio und sein System.

Harris und Talib haben beide Verträge bis 2019 - eine Seltenheit in der Liga. Abseits von Rookie Verträgen haben sonst nämlich nur noch die Cowboys (Carr, Scandrick) und Packers (Williams, Shields) solch langfristig gebundene CB-Duos. Bedenkt man noch die Tatsache, dass Bradley Roby im ersten Jahr seines Rookie-Vertrages steht, dann muss man sich um die Zukunft der Denver Broncos auf dieser Position in naher Zukunft keine Sorgen machen. Fragezeichen stehen lediglich hinter der Gesundheit der beiden Protagonisten. Chris Harris hat nun einen Kreuzbandriss hinter sich, Talib hat in der Vergangenheit immer wieder mit Verletzungssorgen zu kämpfen. Es wird sich daher zeigen müssen, ob die gesundheitlichen Probleme wirklich der Vergangenheit angehören. Diese Saison gab es in diesen Bezug aber keine Probleme.

Obwohl Harris nun ein gestandener und anerkannter NFL Profi ist und vom Leistungsvermögen zu Talib aufgeschlossen hat, bleibt das kleiner Bruder/großer Bruder-Verhältnis der beiden bestehen. Harris gibt immer noch zu, dass er auch weiterhin zu Talib aufsieht.

"Er ist nun ein Veteran in dieser Liga", sagt Aqib Talib, "aber ich glaube, dass es immer noch die gleiche Beziehung ist. Er redet immer noch so zu mir, als wäre ich sein großer Bruder. Und ich rede zu ihm, als wäre er mein kleiner Bruder Es ist immer noch die alte Beziehung zwischen uns."

Und Chris Harris fügt mit einem Nicken hinzu:

"Wir sind die Zukunft dieser Secondary und wir werden hier für eine lange Zeit bleiben. Ich denke, dass wir eine der besten fünf Abwehrreihen haben, also wollen wir diesen Zustand so lange wie möglich Aufrecht erhalten."

Scheinbar gibt es in Denver auch in naher Zukunft eine Flugverbotszone für gegnerische Bälle...

ø 9.9
KOMMENTARE
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SoEinSatansbraten
09.01.2015 | 20:49 Uhr
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09.01.2015 | 20:49 Uhr
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@Big Luck

Absolut. Bin auch großer Fan von Luck. Er spielt halt ab und zu etwas wild, aber insgesamt trotzdem sehr stark. Ein große Karriere wird schwer zu verhindern sein. Von Peyton zu Luck? Da kann man den Colts nur gratulieren. Alles absolut richtig gemacht. Er muss nur gesund bleiben.

Ich drück euch im Conference Finale dann beide Daumen gegen die Ravens.
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BigLuck
09.01.2015 | 18:30 Uhr
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BigLuck : 
09.01.2015 | 18:30 Uhr
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BigLuck : 
Ich fand den Artikel auch recht witzig. Vor allem die Begründung: Er MUSS gewinnen, weil die anderen alle sagen, dass er der Beste aller Zeiten werden kann

Naja, wenn er am Ende mit Peyton in einem Atemzug genannt wird, ist das sicher nichts, wofür er sich schämen muss Ansonsten gilt: Er spielt seit Beginn seiner Karriere relativ konstant auf einem unglaublich hohen Level und trägt die Colts mehr oder weniger allein. Er gehört zu den besten QBs der Liga momentan. Aber gerade die TO/INT unterscheiden in dann doch noch von der absoluten Elite. Das kann man mMn aber auch nicht von einem QB im 3. Jahr so erwarten.

Er wird sich hoffentlich konstant so weiter entwickeln und dann kann man in 10 Jahren berechtigterweise die GOAT-Diskussion führen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das einfach ungerecht sowohl ihm als auch den Peytons/Bradys/Marinos/Favres/Youngs... gegenüber (abgesehen davon, dass es sowieso immer müßig ist, unterschiedliche Epochen zu vergleichen)

Also würde ich vorschlagen, wir vergessen diese Diskussion und lehnen uns entspannt zurückt, um den souveränen Colts-Sieg am WE zu genießen
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SoEinSatansbraten
09.01.2015 | 14:53 Uhr
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09.01.2015 | 14:53 Uhr
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Wenn Luck am Ende seiner (hoffentlich) langen Karriere in einer Liga mit "Playoff"-Versager endet, dann gehört er zu den besten Quarterbacks aller Zeiten. Noch darf Andrew von sowas nur träumen.

Bleacher Report ist eh eine Seite, die durch geringe Qualität (in der Regel) besticht. Andrew Luck MUSS also in Denver bei einer der besten und heimstärksten Mannschaften der Liga gewinnen, sonst ist er ein Versager? Ähm....ja, genau.

Nur so zum Spaß:
Peyton 11-12
Brett Favre 13-11
Dan Marino 8-10
Steve Young 8-6
Aaron Rodgers 5-4

Sind jetzt auch keine Sahnerecords - und bei denen wird keiner als "Versager" betitelt.
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BigLuck
09.01.2015 | 10:44 Uhr
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BigLuck : 
09.01.2015 | 10:44 Uhr
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BigLuck : 
Das stimmt. Wenn ich "bester RB aller Zeiten" denke, poppt immer ein Bild von T-Rich in meinem Kopf auf

Aber abgesehen von Boom Herrons 150y, 2 TD-Game muss Andreas jetzt liefern, sonst endet er noch als Playoff-Versager wie Peyton

--> http://bleacherreport.com/articles/2323549-colts-broncos-is-a-must-win-for-andrew-luck?utm_source=facebook.com&utm_medium=referral&utm_campaign=programming-national
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SoEinSatansbraten
09.01.2015 | 00:06 Uhr
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09.01.2015 | 00:06 Uhr
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Deswegen habe ich mich auch beeilt, BigLuck.

Rechne aber eher, dass Trent Richardson uns (nachdem er seine Krankheit überwunden hat) überrennen wird.
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BigLuck
08.01.2015 | 23:46 Uhr
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BigLuck : 
08.01.2015 | 23:46 Uhr
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BigLuck : 
Ein toller Blog, angenehm und gut zu lesen. Schön, auch mal ausführlicher über Defense-Spieler zu lesen, die (abgesehen von JJ und Luuuuuuuuuuuke) oftmals nicht so im Vordergrund stehen.

Ich muss dich auch loben, der Blog ist gerade noch rechtzeitig fertig geworden. Nach diesem Wochenende wird eine Lobeshymne nicht mehr so gut wirken
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SoEinSatansbraten
08.01.2015 | 22:21 Uhr
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08.01.2015 | 22:21 Uhr
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Danke, Raylan.

Der Kreuzbandriss war am 12. Januar 2014. Da ist es a) Wahnsinn, dass er zum Saisonstart in der Verfassung ist, ein NFL Spiel zu bestreiten und b) sein Vorniveau quasi ohne Probleme überflügelt.

Da ist es wirklich schwer, die schnelle Genesung nur an der guten Luft in Colorado oder guten Genen festzumachen. Aber das ist wohl wie du sagst Gang und Gäbe in der NFL - solange man es in der spielfreien Zeit macht.
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RaylanGivens
08.01.2015 | 19:32 Uhr
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08.01.2015 | 19:32 Uhr
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Großartig! Auch mal klasse, einen richtigen Artikel zu lesen, der auch echt mal Tiefgang und Länge hat.

Ich wusste überhaupt nichts von deren gemeinsamer Vergangenheit in Kansas, sehr tolle Informationen.

Und da es nicht nur ein "Portrait" ist, was zu langweilig wäre, arbeitest du auch mit Stats, PFF-Noten etc. Wirklich hervorragende Arbeit.


Also eigentlich finde ich es unglaublich, wie gut Harris nach so einer schweren Verletzung wieder spielt. Chapeau!

Er ist da aber in der Geschichte der Liga nicht der einzige. Ich würde ja fast schon sagen, dass das ganze signifikant auffällig ist. Ich verwette meinen Arsch darauf, dass dort massiv mit Wachstumshormonen gearbeitet wird.
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SoEinSatansbraten
08.01.2015 | 14:06 Uhr
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08.01.2015 | 14:06 Uhr
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Danke, Jungs.

Ob sie wirklich das beste Duo sind? Schwierig. Fand die Überschrift (etwas provokant) aber gut und zumindest nach PFF sind sie es. "Beste" ist eh immer schwierig zu definieren. Gibt einige andere klasse CB-Duos in der NFL.

Dass Harris nach seiner Verletzung auf dieses Leistungsvermögen kommt und Talib quasi ohne Verletzungen durchkommt, ist für Denver einfach ein Glücksfall. Hoffentlich bleiben beide fit.

@brady
Schön wär's. Musste mir die PFF Daten bei Google, Twitter und anderen Artikeln zusammensuchen. Für die nächste Saison ist der Account aber Pflicht.

Edit: Dass Champ Bailey kein Teil dieser Secondary ist wirklich sehr traurig, sportlich aber nachzuvollziehen. Trotzdem ist Champ der beste DB der Broncos Historie.
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brady12
08.01.2015 | 13:47 Uhr
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brady12 : 
08.01.2015 | 13:47 Uhr
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brady12 : 
Klasse!
10 Punkte!

In dem Blog habe ich noch einige Sachen erfahren, die ich nicht über die beiden gewusst habe, z.B. das sehr "innige" Verhältnis zwischen den beiden.

Definitiv eins der besten Duo´s der Liga heuer, zu den schon genannten anderen würde ich noch die Texans, mit Jackson und JJ, zählen.


PS: Hast du dir endlich einen PFF-Acc geholt?
PS2: Perfektes Profil-Bild ist zurück.
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