Was war das für ein Spieltag: Lewandowski schiess im Alleingang Wolfsburg ab, Sandro Wagner (sic!) seinen Ex-Klub Werder, Vedad Ibisevic (sic!) macht mal wieder einen Doppelpack (Glückwunsch von meiner Seite an Vedo - nicht an die Hertha), Gladbach schiesst sich den Frust von der Seele, Martin Winterkorn tritt als VW-Vorstand zurück und der Papst spricht einen umstrittenen Missionar heilig.

Das wichtigste Ereignis jedoch war der gestrige Sieg des VfB in Hannover! 3:1 - Tore von Gentner, Maxim - und (endlich mal wieder) Timo Werner. Diese drei Punkte waren - da wird mir jeder VfB-Fan zustimmen - mehr als überfällig!!!

Gute Leistungen - aber keine Punkte!

Auch "neutrale" Beobachter haben ja unserer Mannschaft in den letzten Wochen immer wieder gute Leistungen attestiert, leider gab es - vorsichtig ausgedrückt - kleinere Nachlässigkeiten beim Torabchluß, die dazu geführt hatten, dass der Gegner dann doch das ein oder andere Tor mehr als unser VfB geschossen hat.

Der (ergebnistechnisch) schlechteste Saisonstart aller Zeiten ist somit erstmal kein Thema mehr, den Spielern, den Fans - und vor allem auch Alexander Zorniger ist gestern mehr als ein Stein vom Herzen gefallen! Wer gesehen hat, wie Alex Zorniger nach dem Schlußpfiff erstmal durchgeschnauft hat, der kann nur erahnen, wie gross seine Erleichterung über den Sieg gestern war.

Zur "Experten"-Kritik

In den letzten Tagen und Wochen wurde ja wiederholt Zornigers Spielsystem hinterfragt und etliche Medien haben Pseudo-Experten wie Hobbygolfer Buffy Ettmaier oder Fünftliga-Sportdirektor Maurizio Gaudino zu Wort kommen lassen, die Zornigers laufintensives Spielsystem kritisiert haben und meinten, es passe nicht zum VfB. Dass von Laufwundern und Spitzensprintern wie den beiden solche Kommentare kommen, erstaunt mich wenig, das ist in etwa so,als wenn ich Mario Basler eine Buchkritik über "Wie werde ich Nichtraucher?" schreiben lasse...

Ich sage: Zorniger und Dutt passen zum VfB

Ob Zorniger und sein Spielsystem zum VfB passen, soll jeder für sich selber beurteilen, ich für meinen Teil sage: JA! Ich erwarte keine Meistertitel, die wirst Du denke ich mich diesem Harakiri-Fußball auch nicht gewinnen, aber ich will im Stadion keinen Angsthasenfußball wie unter Labbadia sehen und auch keine Defensivschlachten ohne Spielkonzept nach vorne.

Bei VfB-Spielen geht jetzt wieder die Post ab. Zorniger hat vor der Saison gesagt, es werde wild werden - und es ist wild! So wild, dass in der Abwehr gerne mal etwas Tohuwabohu herrscht, was dann zu brenzligen Situationen und Gegentoren führt. Aber das hohe Anlaufen verursacht auch Fehler beim Gegner und führt zu Ballgewinnen und Torchancen.

Das zweite und das dritte Tor gestern sind die besten Belege dafür: beim 2:1 gewinnt Insua im Mittelfeld den Zweikampf, Paß zu Gentner, der fast direkt auf Ginczek - der eigentlich das Ding versenken muss, Direktabnahme, Zieler kann nur abklatschen, Timo Werner hält den Fuß hin - drin ist das Ding.

Beim 3:1 stört Ginczek ca. 30 m vor dem Tor, erobert den Ball, Zieler verliert das Laufduell und Maxim klaut Ginczek Ball und Tor. Auch in der 90. Minute wird hier nochmal agressiv draufgegangen. Zu Labbadias Zeiten wäre man hinten drin gestanden, hätte Hannover kommen lassen und hätte womöglich noch das 2:2 kassiert (und dann in der letzten Aktion womöglich das 2:3...)

Angesichts des laufintensiven Spiels ist es auch richtig, dass man sich von Moa Adellaoue und Vedad Ibisevic getrennt hat - beide sind zwar passable bis gute Stürmer, aber in einem statischeren Spielsystem - ich weiss nicht, ob die beiden in der aktuellen Spielweise zum einen das richtige Tempo und ob sie so lange duchhalten würden. Wo Ginczek nach 90 min noch draufgeht und rennt, wären die beiden wahrscheinlich schon längst mit Krämpfen ausgewechselt worden...

Auch wenn die Ergebnisse aktuell noch nicht so ganz passen, ich sehe den VfB auf keinem schlechten Weg, durch Robin Dutt ist doch etwas Ruhe in den Verein gekommen, seit er da ist, dringen sehr viel weniger Interna an die Öffentlichkeit. Seit Hansi Müller weg ist, eigentlich fast gar nichts mehr. Somit fehlen etlichen Journalisten die guten Informationsquellen, weswegen ich grosse Teile der Berichtserstattung in der Stuttgarter Presse und auch in anderen "Fachmedien" nicht vollständig ernst nehme, weil vieles als Spekulation erscheint. Etliche Transfers (z.B. Sunjic, Kruse, Langerak, Rupp) drangen vorab gar nicht oder direkt vor dem Vollzug an die Öffentlichkeit, dafür Daumen hoch. Auch die Ruhe und das Vorbehaltlose Festhalten als Alexander Zorniger werte ich nicht - wie es viele Dutt-hater tun - als Schwäche oder Verzweiflung, sondern als Stärke und Überzeugung. Ich weiss, dass das da draussen etliche anders sehen und mich vielleicht für bescheuert halten, aber: Dutt finde ich gut!

Das gleiche gilt für Alexander Zorniger - ein sympatischer Kerl, der schwätzt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist: schwäbisch und halt auch mal geradeaus. Ein guter Freund von mir kennt ihn auch privat - und da sagt er, ist Alexander Zorniger genauso - er wirkt aus meiner Sicht zu 100% authentisch und zu 100% von dem überzeugt, was er tut, und lässt sch da auch nicht reinreden.

Wenn er die Zeit bekommt, sein Spielsystem beim VfB zu etablieren (wovon ich aktuell ausgehe), dann hat er die Chance, dem VfB ein neues Image zu verpassen. Das Image von einem Verein, der attraktiven Fußball spielt, der 90 Minuten lang alles gibt und in jedem Moment gel drauf ist, ein Tor zu erzielen.

Der VfB hat die Chance, ein Profil zu entwickeln

Der VfB ist in den letzten Jahren von einem Dauergast in den europäischen Wettbewerben zu einem Dauergast in den Abstiegsregionen geworden - aber auch zu einer Mannschaft, die kein Profil, kein Gesicht hatte - mal von Labbadias Leidensmiene seit Ende 2010 abgesehen.

Auch wenn der Saisonstart nicht ergebnismäßig nicht gut war: im Unterschied zu anderen Teams wie z.B. Hannover und großenteils auch Gladbach hat der VfB doch schon etliche gute Spiele bestritten und spielt auf einem recht hohen Niveau. Wenn dieses hohe Niveau wieder regelmäßiger in Toren mündet, dann wird der VfB unterm Strich eine anständige Saison abliefern - und, da lege ich mich fest, schlussendlich auch keine Abstiegssorgen haben.

Wir werden in dieser Saison noch das ein oder andere Fußballfest sehen, wir werden die ein oder andere bittere Niederlage erleben, aber wir werden auf jeden Fall einen VfB erleben, der einen attraktiven Fußball spielt, der einen authentischen, schwäbischen Trainer hat, der diesen Fußall spielen lässt - und einen viel kritisierten und in vielen Kreisen unbeliebten Sportdirektor hat, dem Unfähigkeit bescheinigt wird, der dafür aber aus meiner Sicht gar keinen so schlechten Job macht.

Ich hoffe am Samstag auf ein schöne Spiel gegen die Borussen aus Mönchengladbach, dass die Fohlen Ihr Pulver gestern in den ersten 20 min verschossen haben und dass aber beide Mannschaften im Laufe der Saison sich noch um ein paar Plätze verbessern werden und beide nicht mit dem Abstieg zu tun haben werden.

In diesem Sinne noch eine frohe Woche - viel Spaß beim Kommentieren und Kritisieren (z.B. für mein Lob an Dutt) - und auf ein schönes Spiel und ein erfolgreiche Saison für den VfB!