Zwei Titelkämpfe bei einem PPV-Event sind selten und wenn es sich dann nicht nur um eine Kombination zwischen einem der renommierteren höheren Gewichtsklassen mit einer der weniger im Rampenlicht stehenden unteren Divisions handelt, muss man schon nach vergleichbaren Fällen suchen. Auch die übrige Fight Card kann sich sehen lassen. Das kommende PPV wird eines der Höhepunkte des MMA-Jahres sein.

Den alten Titelträger im LHW Jon Jones werden wir auf absichtbare Zeit wohl nicht mehr im Octagon sehen. Es ist nicht gerade erfreulich für einen Sport, wenn einer der Poster boys für derartig schlechte Nachrichten sorgt, zumal er ohnehin Probleme hat, sich im Mainstream zu etablieren. Die gute Nachricht ist: Sein Nachfolger wird sicherlich ein würdigerer Champion sein. Cormier gegen Johnson ist sicher ein großartiges Matchup für einen Titelkampf. Vermutlich wird es auch sportlich ein wenig spannender zugehen, als das eigentlich geplante Event zwischen Jones und Johnson. Ich will nicht lange drum rumreden. Wer wird sich den Titel holen und wie?

inspektor_voss

Die UFC hatte keine andere Wahl, als Jones Jones den Titel zu entziehen. Er hat sich einfach zu viele Eskapaden geleistet und wenn es schlimm kommt, dann wird er diesmal sogar im Gefängnis landen. Schade nur, dass es sich bei Jones Jones um den größten Superstar der MMA-Welt und dem besten P4P-Kämpfer handelt. Bei aller Freude darüber, dass wir jetzt endlich einen richtig spannenden Titelkampf im LHW und dann einen neuen Champion sehen werden, darf man nicht außer Acht lassen, dass sich der neue Titelträger immer im Schatten von Jones befinden wird. Nur wer den wahren Champion, also Jones, besiegt, kann sich auch als legitimer Champion bezeichnen.

Das unangenehmste Szenario für die UFC würde eintreten, falls Cormier den Titel erringen sollte, weil er erst vor kurzem von Jones deklassiert wurde. Für Johnson ist es der erste Titelkampf und ich sehe ihn etwas favorisiert. Er besitzt eine Schlaghärte wie kaum ein anderer, ein besseres Striking als Cormier, wie ich finde und ein gutes Wrestling. Wenn er die Takedowns von DC stoppen kann, dann wird er den Kampf gewinnen.

paeddingtonbaer

Für mich war die Frage, ob es fair war, Jones den Titel zu entziehen, keine. Die UFC tat das einzig Richtige, schließlich hat sie von den Medien nach Jones Kokainskandal schon eins auf den Deckel bekommen. Dies bringt nun fast alle Parteien in eine blöde Ausgangslage. Die UFC promotet hier einen Titelkampf, den man, so gut dieser Kampf auf dem Papier auch sein mag, einfach nicht als wahren Titelkampf akzeptieren kann. Während man Cruz vor einem Jahr dessen Titel aberkannte und Barao als legitimen Nachfolger anerkannte, wird man den nun kommenden Champion wohl kaum als Champion wahrnehmen können. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn sich Cormier durchsetzt, der sich ja schon zu Beginn des Jahres Jones geschlagen geben musste.

Die Buchmacher haben Cormier vorne, so sicher wäre ich mir da nicht. Für mich ist es fast ein coin flip. Johnson hat furchterregende Schlagkraft, seine Takedown-Verteidigung hat mich gegen Davis überrascht. Es gibt noch einige Variablen, wie die Weight-Cuts beider Männer und die Kardio von AJ in den späteren Runden, ich tendiere leicht zu Cormier, weil er mehr Möglichkeiten hat, aber ein Schlag oder Head Kick von Johnson kann den Kampf entscheiden.

bunsen

Ich will euch widersprechen. Jon Jones ist für mich erst einmal Geschichte. Für mich ist es ein echter Neustart, der viele interessante Ansetzungen ermöglicht. Ich habe keine Probleme damit, Jones auszublenden. Die aktiven Kämpfer verdienen das Scheinwerferlicht, es darf keinen Platz für einen Schatten aus der Vergangenheit geben. Für beide Lager ist der aktuelle Gegner sicherlich leichter einzuschätzen als Jones. Wir alle wissen, was beide Seiten für Stärken und Schwächen haben. Cormier wird einen Teufel tun und versuchen mit Johnson zu boxen, sondern am Käfigrand sein Ringen einsetzen. Johnson wird den Faustkampf bevorzugen. Ihr habt das Augenmerk schon auf Johnson und dessen Takedown-Verteidigung gelegt. Wie gut ist die Stand 2015?

Blickt man zurück in die Kampfvita von Johnson findet man immer wieder Schwächen in der Takedown-Verteidigung. Ich gebe dir Recht, paeddingtonbear, gegen Davis sah er besser aus. Aber dessen Takedownversuche finde ich immer etwas unausgegohren und halbherzig. Er kämpft immer etwas ängstlich und ohne Selbstvertrauen. Ich habe aber auch keinen Grund an dem Bild eines neuen verbesserten Johnson zu rütteln. In engen Kämpfen tippe ich immer auf den (besseren) Ringer. Daher sehe ich Cormier über die Runden vorne. Mich würde besonders interessieren, wie sich Johnson macht, wenn er Runde für Runde gegrindet wird. Ob er mehr ist als ein Belfort, der eher Sprinter denn Langstreckenspezialist ist. Ob nach einem Blitz in den ersten Runden mehr kommt. Wir wissen es nicht.

Zweimal musste Chris Weidman wegen Verletzungen ein Duell mit Vitor Belfort absagen, und das obwohl er nicht in einem der Steinzeit-Gyms trainiert, die der große Glatzkopf zuletzt wegen ihres primitiven harten Trainings kritisierte. Weidman ist klarer Favorit, da Belfort nicht mehr den Hulk machen darf. Ich glaube persönlich nicht, dass dieser Kampf sportlich Sinn macht, lasse mich natürlich aber gerne eines Besseren belehren. Was denkt ihr, hat Vitor überhaupt eine Chance und wenn, mit welcher Strategie?

inspektor_voss

Für Belfort wird es ganz schwer, denn ohne TRT und andere PEDs ist er einfach nicht mehr derselbe Kämpfer. Chris Weidman ist ein würdiger Champion und wird spätestens nach seinem Sieg gegen Lyoto Machida auch als solcher von der breiten Öffentlichkeit gesehen. Er hat gezeigt, dass die Siege gegen Anderson Silva kein Zufall waren und dass er sich in einem 5-Runden-Krieg gegen einen weiteren Top-Kämpfer durchsetzen kann.

Was viele vergessen: Er hat vorher schon Demian Maia geschlagen, obwohl er nur 10 Tage Vorbereitungszeit auf den Kampf hatte. Seine Bilanz gegen Brasilianer ist also exzellent und wenn alles wie erwartet läuft, wird sich auch am Samstagabend nichts daran ändern. Vitor Belfort ist zwar immer für eine Überraschung gut wir erinnern uns an den Spinning-Back-Kick gegen Luke Rockhold -, aber Chris Weidman hat sich bravourös gegen Silva geschlagen, der wiederum Belfort mit einem Frontkick ins Gesicht besiegt hat. Wir können uns auf einen Spitzenkampf freuen, der meiner Meinung nach das wahre Main Event dieser Veranstaltung ist.

paeddingtonbaer

Man muss schon richtig kreativ werden, um Belfort realistische Chancen einzuräumen. Natürlich kann ein Schlag oder (Spinning) Head Kick den Kampf entscheiden, aber wirklich realitätsnah ist es nicht. Weidman geht für sein doch recht standardmäßiges Strikingrepertoire sehr offensiv ans Werk, das wäre vielleicht eine Möglichkeit für Belfort. Gegen Machida hat er sich so auch einige Dinger eingefangen. Aber Belfort anno 2015 minus TRT? Ich halte es für kaum möglich. Falls es doch einmal eng werden sollte, hat Weidman mit seinem erstklassigen Ringen noch eine Trumpfkarte in der Hinterhand, die er jederzeit ausspielen kann. Ich tendiere klar zu Weidman, vermutlich ein Finish via Sub.

bunsen

Aus dem Vitor-Camp wurden einige Videos veröffentlich, die ihn in guter Verfassung zeigen. Alles ist da, wo es sein sollte, sieht man ab von dem scheußlichen Mopp auf seinem Schädel. Was für eine Frisur das ist. Niemand wird an einen grunderneuerten Belfort glauben. Fairerweise muss man ihm einige Verbesserungen zugestehen. Er hat sich von einem puren Boxer weiterentwickelt. Mittlerweile schickt er seine Gegner lieber mit Drehkicks ins Lala-Land. Das System Belfort an sich wurde aber nicht rebootet. Er ist nach wie vor der Typ Sprinter, der nur gewinnt, wenn er in den ersten Runden Wirkungstreffer setzen kann. Belfort hat wahrscheinlich auch gar keine Lust, sich grundzuerneuern.

Gegen Weidman würde ihm nicht einmal ein Reboot helfen. Der ist eine Konditionsmaschine. Weidman kann locker über die Runden gewinnen. Einen müden und frustrierten Belfort kann er sicherlich auch vorzeitig besiegen. Ich tendiere auch zu einer Aufgabe spät im Kampf. Vermutlich ein Würger, da Hebelgriffe in den schwereren Gewichtsklassen grundsätzlich seltener sind. Das bedeutet allerdings auch, nur die erste Runde, vielleicht auch Runde zwei, werden interessant sein. Nicht so tolle Aussichten.