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Werder Bremen


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Von: rudeloy
31.10.2014 | 1707 Aufrufe | 0 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 10.0
ein rudeblog
Bochum - eine Warnung
Bloß keine Angst

Bochum, den 25.10.09

Dieser Hebst war kalt. Erbarmungslos frostig hüllte er seinen Mantel um die Szenerie des Schicksals an der Castroper Straße. Eine Schicksalssaison für den VFL. In diesem so ungemütlichen Oktober wussten alle, dass der nächste Frühling ein trister werden würde. In diesem bis dato letzten Bundesligaheimspiel gegen den SV Werder Bremen glich der Weg zum Stadion einem Laternenlauf einer Selbsthilfegruppe depressiv verstimmter Mitvierziger.

Als ich das Haus Richtung Hauptbahnhof verließ, schnürte mir die Kälte ein eisernes Band um die Brust. Die Dämmerung als Stimmungsmacher, Leitlinie für diesen frusterfüllten Sonntagnachmittag. Durch jeden Schritt weiter hinaus ins Freie befreite ich mich von meinen Fesseln, machte Platz für die Statistiken und Aufstellungen vor Spielbeginn. Würde Wiese seinen Gegentorrekord aufstellen? 38 Sekunden. Sestak. Danke. Nicht.

Am Hauptbahnhof angekommen und froh direkt die erste Straßenbahn bekommen zu haben, war ich umzingelt von Bochumern. Eingeschlossen in eine blau weiße Gedankenwelt, die sich aufgrund meiner Anwesenheit lauthals verbal entblößte. Heute verlieren wir sowieso, is nur ne Frage wie hoch. [...] Wir haben ja noch nich mal ne richtige Abwehr. Der Maltritz ist doch ne Pflaume. Wenn ich den schon sehe. Das is noch nich ma zweite Liga hömma. [...] Die brauchen das Spiel überhaupt gar nich anpfeifen. Dann ist es wenigstens schneller vorbei.

Während ich in der Suppe aus Selbstmitleid und hoffnungsloser Verzweiflung badete und mich über diese angstverbreitende Reputation meines Klubs freute, bekam ich dennoch nach und nach eine riesen Portion Mitleid. Ich konnte nicht begreifen, warum in aller Welt diese erwachsenen Männer an einem freien Tag ins Stadion fuhren, wenn sie schon gut eine Stunde vor Spielbeginn wussten und fest davon überzeugt waren, dass es heute alles geben wird, außer einen Dreier für das eigene Team. Und das im Oktober. 11. Spieltag. Sollte jemals Hoffnung in ihnen geschlummert haben, sie ist wohl nicht von langer Halbwertzeit gewesen.

Das Spiel selbst erzählt eine kurze und aus Bochumer Sicht schmerzvolle Geschichte. Trotz der frühen Führung konnten Pizarro, Marin, Borwoski und Boenisch genug dagegen setzen, um für klare Verhältnisse zu sorgen. Wir in grün waren froh und träumten mit DFB Pokal Triumph im Rücken wieder von der Championsleague. Nur Tim Wiese nicht. Der hatte mit diesem Tag die einzige Chance verloren, den von Oliver Reck aufgestellten Rekord (1987/88; 641 Minuten ohne Gegentor) zu egalisieren. Wahrscheinlich hat der gute Tim schon damals geahnt, dass es von hier an nur noch abwärts gehen kann.

Dass der Fall Werder dann so kritisch und tief gehen würde, war damals noch nicht abzusehen. Was aber zu sehen war und das vor allem in den Augen der Bochumer, war die Angst. Diese lähmende, versteinernde Angst. Und das war genau das, was sich von den Rängen auf den Rasen übertragen hat. Wie Bodennebel im Hochmoor. Alles verschlingend und in grau blaue Schatten färbend, übernimmt sie die Kontrolle und sorgt so für die Unmöglichkeit des Erfolges. Die größten Sportler werden zu Schuljungen, wenn sie mit Angst im Rücken und Kopf Leistungen erzwingen sollen.

Ich habe aus diesem Erlebnis gelernt. Mir geschworen, es niemals zuzulassen, egal wo mein Verein mal irgendwann unterwegs sein wird, die Hoffnung auf Erfolg nieder zu legen. Aus Prinzip. Meinem Prinzip. Egal was die Akteure auf und neben dem Rasen veranstalten, wenn der Schiedsrichter die Partie eröffnet gehört meine Zuversicht und Energie allein den Mannen auf dem Rasen. Es fällt schwer es auch in diesen schweren Zeiten umzusetzen. Vielleicht werden wir diese Saison die rote Laterne nicht mehr abgeben. Und genau darin liegt die Aufgabe. Nicht aufzugeben. Immer hoffend auf die überraschende Wende. Erfolge feiern ist die Kür. Abstiegskampf zu durchleben ist das schwere Alltagsgeschäft, ohne das alles andere nicht möglich wäre. Wer Fußball erleben will, muss ihn lieben. Und das eben auch an Tagen wie diesen.

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