Lieber Josh,

du weißt, ich mag die Hertha und wünsche mir, dass sie nicht absteigt. Drum habe ich meine Effzehler darauf eingeschworen, Euch zur Hilfe zu eilen. Das vergangene Wochenende war erst der Anfang. Das war Teil eines übergeordneten Hertha-Rettungsplans oder was meinst Du, was sich Mondragon sonst gedacht hat, beim 0:2?

Schließlich ist Euer Verein gebeutelt genug. Hat nun zwanzig Jahre lang als Hauptstadtclub auf seinen schmalen Schultern die Symbolkraft der vergeigten Wiedervereinigung austragen müssen. Hat mal am goldenen Honigtopf genascht und muss sich nun mit Knäckebrot zufrieden geben. Hat vor gefühlten 100 Atemzügen noch nach der Türklinke der Meisterschaft gegriffen und nun droht der Fahrstuhl. In den Keller. In dem es nach Paderborn, Fürth und von früher noch nach Meppen riecht.

Dein Club hatte mal einen Manager, der unter dem bunten Weihnachtsbaum hockend, neidisch auf die Geschenke des großen Bruders blickte und sich dann zu seiner Mutter umdrehte, um ihr zu sagen, dass sie auch auf ihn stolz sein könne und solle. Jedes Jahr ging und geht das so.
Und nun? Nun sitzt eben dieser Ex-Manager, eben noch vom Hofe gejagt, in einer Autostadt und sieht deprimiert (oder gar feixend?) dabei zu, wie sein Lebenswerk auseinander bricht. In Staub zerfällt. Hat er es nicht immer schon gewusst? Ohne ihn würde das alles nicht funktionieren und nun sitzt da also sein Erbe (nach dessen Augenbrauen zu urteilen, der uneheliche Sohn von Theo Waigel) und walzt Deinen Traditionsverein nieder. Meint er vielleicht, Euer Ex-Manager.

Dennoch: Eine meiner Lieblingsbands, die Smashing Pumpkins, hatte da mal ein Lied, das sich Deine Hertha zu Herzen nehmen sollte. Dieses heißt "The End is the Beginning is the End". Jetzt, wo bereits die gesamte Saison die Zweite Liga droht und Ihr gefühlte 12x abgestiegen seid, muss man sich immer wieder neu erfinden. Ihr müsst nun ganz unbelastet und befreit aufspielen und ein zärtliches, wohl sentimentales, aber dennoch beinahe fröhliches Gesicht zeigen, um Euch entweder würdig zu verabschieden oder aber, um es doch noch zu schaffen, das große Wunder.

Dem FC sei es gedankt, dass dies noch machbar ist. Dass das rettende Ufer erschwimmbar ist. Und ich bin mir fast sicher, dass Ihr es packen werdet. Frei nach dem Wowereitschen Motto, der einmal verkündete, Berlin sei zwar arm, aber sexy. So wird es laufen. So wird Hertha nach dem bahnbrechenden Sieg bei den hochmotivierten Kölner Nichtfußballern gegen den VfB 2:1 gewinnen, bei Lehmanns letzter Rückkehr an die Stätte seines Zettelspickens.

"Gekas tanzt mit Opa Lehmann Sirtaki" wird der Boulevard daher tags darauf zu Recht schreiben und es wird der Beginn einer großen Aufholjagd sein, endlich.

Um das mal zu untermauern, rein statistisch, habe ich mir die Mühe gemacht und den Rest der Saison durchgerechnet. Es wird nämlich so laufen:

30. Spieltag: Hertha schlägt den VfB wie gesagt mit 2:1, Hannover geht gegen Schalke mit 0:7 unter, Freiburg in Bremen ebenfalls und Bochum gegen den HSV bzw. Nürnberg gegen Wolfsburg sowieso. Alle 0:7. Soweit, so gut.

Am 31. Spieltag, da gehts dann richtig ab. Da bekommt Bochum erst einmal von meinem FC eine 0:3-Klatsche, weil die Kölner das Fußballspielen ja erfunden haben. Freiburg und Nürnberg trennen sich währenddessen 0:0, Hannover wird in München 0:7 zernagelt (ich muss mich hier ja ein bisschen einschleimen) und die Hertha gewinnt in Frankfurt 2:1. Jetzt brennt der Boulevard: die BZ titelt am nächsten Tag: " Hertha siegt mit Favre-Taktik". Die Liga-Lehren bringen zeitgleich ihr lang ersehntes fiktives Interview mit Sexy Lucy.

32. Spieltag: Nachdem Lehmann Herrlich gebissen hat, drehen die Schwaben richtig auf: Bochum hat gegen Stuttgart letztlich keine Chance (0:6). Nürnberg bekommt von Dortmund auf den Sack (0:4), während Hannover in Leverkusen mit 1:2 und Freiburg gegen Wolfsburg mit 1:5 verliert. Und die Hertha? Die holen das nächste 2:1 heraus, gegen die Schalker. Magath schimpft anschließend über den Zustand des Rasens und stellt bei der DFL einen Antrag auf Spielwiederholung. Zwanziger zuckt daraufhin mit den Schultern und verweist auf Jogi Löw. Der war allerdings beim Spiel des VfB und beteuert, er habe Kuranyi auf keinschte Weise anzügliche SMSe zukommen lassen.

33. Spieltag, es geht Schlag auf Schlag weiter: Bochum wird bei den Bayern mit 0:8 auseinander genommen (muss ja hier ein bisschen schleimen), Hannover landet seinen letzten Bundesligasieg gegen Gladbach (1:0), Freiburg verliert zeitgleich bei meinem FC mit 0:3 und der HSV fegt Nürnberg mit 6:1 vom Platz (3x Ruud), woraufhin der rehabilitierte Guerrero mit einer Wasserflasche auf Thomas Broich zielt – dieser hatte zuvor Grass zitiert ("Ihr müsst Grass fressen"). Die Hertha wiederum gewinnt 2:1 in Leverkusen. Heynckes stammelt anschließend in die Mikrophone, er könne keinen Absturz seiner Mannschaft erkennen und Toni Kroos würde zu 100% in der kommenden Saison das Werkself-Trikot tragen. Völler bestellt ein Weißbier.

34. Spieltag: Hertha verliert gegen Bayern 1:2 (muss ja hier ein bisschen schleimen), Freiburg schmiert gegen Dortmund 0:3 ab, Bochum und Hannover trennen sich 0:0 und Nürnberg verliert gegen den FC mit 0:3. Zum dritten Mal nach dem direkten Aufeinandertreffen ist es also mein FC, der Euch in die Karten spielt. Der FC ist ja eh ziemlich konstant. So reckt Poldi anschließend den Daumen in den Himmel und verkündet seinen Wechsel zu den Berlinern. Die Herthafans stürmen wieder den Rasen - dieses Mal kommen sie im Frieden. Während sämtliche Spieler (bis auf van Bommel) bei diesem Anblick das Feld räumen, rufen Tausende im Olympiastadion: "Sol-Do! Sol-Do!", schließlich wissen sie, wem sie den Klassenerhalt zu verdanken haben: Meinem FC. Dieser hat Deine Berliner wieder wachgeküsst und anschließend der Konkurrenz durch konstante Leistungen neun Punkte entrissen. Slomka weint.


Bleibt also festzuhalten: Die Hertha holt noch 12 Punkte, Hannover fünf und Freiburg, Bochum und Nürnberg je einen Zähler, vor allem wegen der Brillanz meines FC.
Hertha bleibt easy drin, selbst ohne Relegation und alles wird gut.

Soldo wird daraufhin beim FC entlassen (da er als gesprächiger Maulwurf gegenüber dem Kölner Boulevard identifiziert wurde) und heuert anschließend als Herthinho bei Euch an. Er wird in der Folgezeit nach der Anzahl seiner gesprochenen Worte bezahlt, so dass Ihr Euch diese prominente Besetzung trotz mauer Kassen locker leisten könnt. Preetz wird von Marcelinho abgelöst, der bei seinem Friseur (man erinnere sich an die schwarz-gelb-rote Matte) einen BWL-Kurs absolviert hat. Die Bahn verlängert das Sponsoring und das Dach am Berliner Hbf.

Josh, so wird es kommen. Also, lehn Dich zurück und lass die Feierwochen beginnen. Dem FC sei Dank.

HA-HO-HE!

Dein Don