Lieber Klaus Allofs,
vor 4 Jahren sind Sie zu uns gestoßen und haben einen wirklich zerrütteten VfL Wolfsburg vorgefunden. Gefühlte 45 Spieler standen im Kader, viele davon bis aufs Tiefste verunsichert durch Magath 2.0. Ich erinnere mich an diese Zeit noch recht genau. Der VfL war damals stark verunsichert und meilenweit davon entfernt, mal wieder ein Bundesligaspiel gewinnen zu können. Taumelte von Platz 15 ausgehend dem Abgrund entgegen.
Sie installierten in der Winterpause mit Dieter Hecking einen besonnenen Trainer, der nicht für fußballerische Innovation, durchaus aber für Akribie und Erfahrung steht. Sie schafften es, Spieler wie Ivan Perisic oder Luiz Gustavo für den VfL zu gewinnen - zur damaligen Zeit alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Infolge dessen stabilisierte sich der VfL und entwickelte sich zu einem Team, welches schwer zu besiegen war. Die Achse um Benaglio, Naldo, Luiz Gustavo und (als nächstes Puzzlestück) Kevin de Bruyne machte den VfL Wolfsburg schließlich zu einem Gegner, gegen den es nunmehr schwer war, nicht zu verlieren. Nebenbei fassten zahlreiche Eigengewächse wie Robin Knoche oder Maxi Arnold mehr und mehr Fuß. Etwas, was in dieser Dimension beim VfL ebenfalls nie stattgefunden hat.
Zur Komplettierung dieser Entwicklung fehlte lediglich ein Top-Stürmer. Doch die Welt drehte sich weiter. Und inzwischen waren englische Zweitligisten ebenso zahlungswillig wie der VfL Wolfsburg. Auch deshalb gelangen Transfers wie Lukaku oder Morata (knapp) nicht. Auch deshalb ließ man De Bruyne für eine unvorstellbare Summe Richtung Man City ziehen.
Und so schaffte auch der VfL Wolfsburg nicht, was schon zahlreiche andere Bundesligisten nach erfolgreichen Spielzeiten nicht schafften: Oben zu bleiben.
Allerdings: Dass der VfL Wolfsburg aktuell wieder auf Platz 15 steht und wieder einen zerrütteten Eindruck macht, ist weder die Schuld englischer Zweitligisten noch ist es Gesetz der Serie. Sie haben Fehler gemacht und das wissen Sie auch. Entscheidende Transfers wie Kruse oder Draxler entpuppten sich als Flops, haben dem Verein mehr geschadet als sie genützt haben. Generell bestand das Erfolgsteam aus 2015 zu einem großen Teil aus Spielern (RiRo, Vierinha, Dost, Naldo), die schon vor Ihrer Amtszeit zum VfL kamen. Mit ausbleibendem Erfolg wurde der VfL erst kürzlich in der Öffentlichkeit zum ich-will-weg-Verein. Antworten darauf haben Sie nicht gefunden.
Lieber Herr Allofs, in einigen Stunden werden Sie unseren VfL deshalb verlassen müssen. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass SIE die Chance zur Korrektur erhalten. Ich hätte es Ihnen ehrlich gesagt sogar zugetraut. Aber in Deutschland, in der Bundesliga gibt es eben eine andere Kultur. Ein anderer Umgang mit dem Scheitern. Es gibt selten einen langen Atem und ebenso selten zweite Chancen.
Dass selbst Tim Wiese und Lothar Matthäus zuletzt Zeigefinger auf Sie richteten, wird Ihnen nicht gerecht. Der DFB-Pokal, der Sieg gegen Real Madrid (auch ohne de Bruyne) im Championsleague-Viertelfinale (!) ist ebenso auch Ihr Vermächtnis wie der große Nike-Sponsoren-Deal oder die bereits oben erwähnte Integration von eigenen Jugendspielern.
Auch wenn es scheint, als wären wir wieder am Anfang, war es mit Ihnen eine tolle Reise. In welche Richtung der VfL nun ohne Sie steuert, weiß bislang niemand.
In jedem Fall vielen Dank an Sie, Herr Allofs.