Es beginnt wieder. Dieses leise Kribbeln. Diese Vorfreude. Diese Anspannung. Seit Tagen spüre ich es schon. Meine Gedanken schweifen ab, kreisen nur noch um diesen Abend. Beim Einkaufen, beim Frühstücken, beim Autofahren. Mit jeder vergehenden Minute werde ich angespannter, aufgeregter, heißer.

Ich kann es kaum noch erwarten. Es rückt näher und näher.

Ich spüre es kommen. Das Spiel, auf das wir alle gewartet haben. Das Duell der Giganten. Der deutsche gegen den spanischen Rekordmeister.

So viel Geschichte, so viel Emotion, so viel Fußball.

80.000 Madridistas werden da sein, singend, schreiend, euphorisiert. Sie werden alles geben, in jeder einzelnen Sekunde.

Ich sehe es vor mir. Das Bernabeu, dieser Tempel der Fußballkunst, die Ränge gefüllt bis zum letzten Platz. Wie oft habe ich mir das Einlaufen, die ersten Minuten von 2012 angesehen. Jedes Mal Gänsehaut. Schauer über den Rücken bei der Hymne.

Sie mögen an manchen Tagen ein Operettenpublikum sein, aber heute nicht. Heute sind sie da. Heute, das wissen sie, geht es um alles. Heute werden sie gebraucht wie nie zuvor.

Heute brennen sie, heute brüllen sie, als ginge es um ihr Leben.

Alle wollen es. Die ganze Stadt, das ganze Land, jeder einzelne Real Fan.

Seit Jahren, über ein Jahrzehnt nun warten sie schon auf La Decima, den ersehnten zehnten Titel. Man spürt es in jeder Sekunde, in jedem Blick, in jedem Moment. Sie brennen. Sie schreien sich die Seele aus dem Leib, die Luft vibriert, pure Gänsehaut.

Das ganze Stadion singt Hala Madrid, was für eine Hymne, es kommen einem beinahe die Tränen. Das ist Fußball. Das ist pure Emotion.

Unten auf dem Rasen stehen die Spieler Real Madrids.

Elf unfassbar gute Fußballer. Elf Kicker, die nichts so sehr wollen, wie in dieses Finale zu kommen. Liga, Pokal, es spielt keine Rolle heute. Es ist dieses Finale, das sie wollen. Sie wollen es, sie wollen es so sehr.

Weltfußballer Ronaldo, die Maschine, das Tier. Er wird heute alles geben, fighten, kämpfen, beißen, nichts ersehnt er so, wie der Welt zu beweisen, dass er, der Überragende, der Einzigartige, diesen größten aller Titel endlich für Real gewinnen kann.

Bale die Rakete, di Maria das Genie in überragender Verfassung, Alonso der Organisator, so erfahren, Modric in der Form seines Lebens, der Strippenzieher, Benzema der französische Künstler. Pepe, Ramos, sie brennen alle. Keinen Meter werden sie freiwillig aufgeben, keinen Zweikampf verloren geben, ihre Angriffe werden anbranden auf unseren Strafraum.

Das Stadion bebt, Millionen sitzen an den Fernsehern.

Meine Nervosität, meine Aufregung kennt keine Grenzen mehr. Der Siedepunkt ist erreicht.

Der Moment ist da.

Das Spiel, auf das wir das ganze Jahr gewartet haben, steht kurz bevor.

Dafür wurde Fußball erfunden, dafür lebt man als Fan. Diese Momente, diese Abende, diese wahnsinnigen neunzig Minuten.

Willkommen in der Hölle von Madrid.

Sie werden jeden Zentimeter Raumgewinn feiern wie einen WM-Titel, jeden Einwurf wie den Sieg. Sie werden bei jeder unserer Ballberührungen ohrenbetäubend pfeifen, dass das ganze Stadion bebt.

Doch zwischen ihnen und dem lang ersehnten Finale steht ein einziges, ein klitzekleines Hindernis.

Der FC Bayern München.

Unsere Jungs.

Nicht wir, die Fans, nicht die Betreuer, nicht die Trainer sind es, die durch diese Hölle werden gehen müssen, nein sie sind es, die Spieler, diese elf Männer, sie werden es sein, die zusammenstehen, die fighten müssen. Sie werden es sein, die zusammen triumphieren, oder zusammen untergehen werden.

Im Tor, Manuel Neuer. Der neue Titan, Eier wie Stahl und seit einem gewissen Tag im Mai 2012 für mich eine Legende. Wer die Eier hat, als Torwart so einen Elfer zu versenken, den wirft nichts mehr um. Der muss niemanden mehr etwas beweisen. Und an ihm müssen sie vorbei. Und das ist hart. Er wird der Turm in der Schlacht sein und ich bin verdammt froh, dass er bei uns im Tor steht.

Unsere Abwehr, Dante und Boateng. Auf sie wird es ankommen. Sie werden die Konter, die rasend schnellen Madrilenen auf sich zukommen sehen. Bale, Ronaldo, diese Könner. Mit ihnen wird alles stehen, oder fallen. Sie sind meine größte Sorge und ich bete, dass sie in dieser Hölle einen kühlen Kopf bewahren.

Außen Alaba, unser Liebling, die coolste Socke Europas. Er wird wieder spielen, als sei es nichts, im Bernabeu einen Elfmeter zu versenken. Was bin ich dankbar, dass er dabei ist.

Lahm, unser Kapitän. So viel Erfahrung, so viel Souveränität. An ihm muss Ronaldo vorbei und ich beneide ihn nicht darum.

Im Mittelfeld unser Fußballgott. Er kennt diese Spiele, er ist in diesen Duellen immer da. Er wird dirigieren, grätschen, fighten. Wenn die Nummer 31 einen guten Tag hat, wird es hart für die Königlichen.

Vorne die Hoffnung. Arjen Robben. Der Mann, der wie es scheint, nur für diese Spiele geschaffen wurde. Der an diesen Abenden aufblüht, als wäre er nochmal Achtzehn.

Er lebt für diese Momente, für diese magischen 90 Minuten. Er wird so heiß sein, dass er brennt. Pures Adrenalin, pure Geilheit bei jedem Ballkontakt, ich kenne keinen Spieler, der an solchen Spielen mehr wächst. Er wird alles geben und wieder und wieder anrennen. Gott bin ich froh, dass er bei uns und nicht auf der anderen Seite steht.

Neben ihm Franck, die beiden Marios, Thomas und Toni. Auf sie wird es ankommen, sie müssen den Plan Guardiolas umsetzen, dem Ansturm standhalten, das Spiel kontrollieren, die Lücke finden.

Mit jedem Tag, jeder Stunde werde ich heißer auf dieses Spiel. Auf dieses Aufeinandertreffen der Giganten des europäischen Fußballs. Darauf haben wir so lange gewartet, so lange hingefiebert.

Am Mittwoch werde ich kaum mehr ansprechbar sein, aber ich werde es genießen. Jeden Moment, vom Aufwärmen, übers Einlaufen bis zu jedem Moment dieser Schlacht.

Wir werden fluchen, schreien, beten, flehen. Aber egal was auch passieren mag, wir werden 90 Minuten hinter unseren Jungs stehen.

Das Bernabeu wird brennen, Madrid wird brennen, Real wird brennen.

Sie wollen es so sehr.

Doch im Weg stehen 11 Mann.

Im Weg steht der FC Bayern München.

Und ja, 90 Minuten im Bernabeu können sehr lang sein.

Nur, und das wird die große Frage am Mittwoch sein, für wen?