Völlig überzogene Kritik am FC Bayern

Ok, der FC Bayern hat in dieser Saison keinen Titel gewonnen und hat zum 2. Mal in 3 Jahren das CL-Finale verloren (immerhin war kein anderes Team in diesem Zeitraum so oft im Finale), daher ist die Enttäuschung der Fans, der Spieler und der Verantwortlichen absolut nachzuvollziehen. Aber wie jetzt einige "Fans" und "Experten" alles in Frage stellen und quasi einen kompletten Austausch der Mannschaft und des Trainerteams fordern, ist doch arg übertrieben. Die Bayern haben in der CL eine tolle Saison gespielt und können sich in diesem Jahr nicht mal Losglück vorwerfen lassen (City=englischer Meister, Madrid=spanischer Meister, außerdem die schwerste Gruppe). Auch die BL-Saison war nicht so schlecht, Dortmund war halt einfach besser und sogar historisch gut. Auch die Kritik an der Abwehr der Bayern kann ich nur bedingt nachvollziehen. Ein van Buyten reicht sicher nicht mehr für die CL, aber Boateng und vor allem Badstuber haben eine gute Saison gespielt und werden sich weiter einspielen und noch stabiler werden. Zudem wurde mit Dante bereits eine solide Alternative verpflichtet, ein wirklicher Weltklasse-IV ist halt schwer zu bekommen und dementsprechend richtig teuer.
Auch die anderen bisher getätigten Transfers finde ich super, da sie den Kader in der Breite verstärken und vor allem mit Shaqiri ein vielversprechendes Talent mit CL-Erfahrung geholt wurde. Da die Bayern sicher noch etwas am Kader verändern werden, kann ich auch hier die überzogene Kritik nicht verstehen.
Eine absolute Frechheit waren auf jeden Fall die Pfiffe gegen Arjen Robben. Man darf als Fan sicher enttäuscht sein, das er erneut in einem Finale versagt hat (WM, Spiel in Dortmund, CL), doch bei aller (teils berechtigten) Kritik am holländischen Flügelflitzer geht es einfach gar nicht, den eigenen Spieler im eigenen Stadion so kurz nach einer so bitteren Niederlage auszupfeifen. Auch wenn es nur ein kleiner Teil der "Fans" war.

Aber: der Kader ist einfach zu klein

Die fehlende Breite im Kader war in dieser Saison allerdings eines der Hauptprobleme, hier ist (sachliche) Kritik auf jeden Fall angebracht. Für Ribery und Robben gibt es keine Alternativen, auch sieht es hinter Schweinsteiger eher mau aus. Kroos und Alaba haben ihre Sache auf der Sechs teilweise zwar sehr ordentlich gelöst, muss aber einer der beiden im DM spielen, fehlen auf anderen Positionen (LV, LM oder OM) die Alternativen. Ob es für Gomez eine gleichwertige Alternative gab, lässt sich nicht wirklich beurteilen, da meiner Meinung nach Olic und Petersen einfach zu wenig Spielzeit bekommen haben, um sich zu empfehlen oder zu disqualifizieren. Was kontinuirliche Spielzeit ausmachen kann sieht man ja an Luiz Gustavo, der nach der Hinrunde immer stärker wurde (Pokalfinale mal ausgenommen...). Da hat sich Heynckes in der Hinrunde mit seinem ständigen Wechselspiel zwischen Tymo und Luiz selbst ein Eigentor geschossen, da konnte sich keiner richtig einspielen.

Ich werde jetzt hier keine Namen spekulieren, aber ich hoffe auf einen starken Neuzugang im Mittelfeld, der sofort eine Alternative zu den Stammspielern darstellt, außerdem eine Alternative zu Mario Gomez. Ansonsten hängt es natürlich von den Abgängen ab, gehen Contento und/oder Rafinha MUSS noch etwas auf den AV-Positionen gemacht werden, da Pranjic den Verein ja auch verlässt. Wenn dann noch 1-2 Spieler als Back-Ups kommen (so wie Pizarro), dann ist der Kader schon ganz in Ordnung. Gespannt sein darf man auf Emre Can, der ja einen Profivertrag bekommt.

Kritik an Heynckes nur bedingt berechtigt

Jupp Heynckes ist sicher kein junger Konzepttrainer (Unwort der letzten Jahre, kein Trainer arbeitet ohne Konzept) für die nächsten 5 Jahre, aber auch hier ist die Kritik oft übertrieben. Die Bayern haben teils berauschenden Fußball mit vielen Toren gezeigt und sind längst nicht mehr so statisch in der offensiven Dreierreihe, wie noch unter van Gaal. Ständige Positionswechsel von Ribery, Robben und Kroos/Müller gab es unter dem Niederländer auf jeden Fall nicht.
Berechtigt ist die Kritik an Heynckes meiner Meinung nach in 3 Punkten:

1. Heynckes lässt stur sein 4-2-3-1 spielen, dabei wäre ein System mit 2 Stürmer gegen viele Gegner durchaus wirkungsvoll.

2. Zu wenig Rotation über die gesamte Saison gesehen. Warum beim Stand von 3-0 nicht mal in der 50. Minute Petersen für Gomez bringen? Seine einzigen Wechselspiele gab es zwischen Tymo und Gustavo und zwischen Boateng und vB auf 2 Positionen, wo die personelle Konstanz am wichtigsten ist. Ein Usami hat nie eine wirkliche Chance gehabt, ebenso wie Petersen.

3. 5 der 6 Partien gegen die Borussias verloren. Nur im Pokal gegen Gladbach im Elferschießen gewonnen. In diesen Partien haben Klopp und Favre gezeigt, was sie taktisch drauf haben und haben Don Jupp klassisch ausgecoacht, ohne das der eine Antwort parat hatte. Vielleicht in der nächsten Saison Robben gegen Dortmund auf die Bank und Shaqiri beginnen lassen oder mit 2 Stürmern spielen. Mourinho hat mit Madrid auch mehrere Systeme gegen Barca versucht....

Ob übrigens Jürgen Klopp/Mirko Slomka/Lucien Favre mit den ganzen Stars in München klargekommen wären und dem FCB 2 Meisterschaften und den CL-Sieg gebracht hätten ist auch nicht sicher. Die Bayern sollten mit Heynckes in die neue Saison gehen und frühzeitig einen Nachfolger für 2013/14 klarmachen, Zeit genug haben die Verantwortlichen ja jetzt.

Noch kurz zum Wechsel Müller/van Buyten. Verstehe auch hier die Kritik nur in einem Punkt. Bei der Ecke hätte der Belgier und nicht Boateng gegen Drogba verteidigen sollen. Aber sonst... Müller war angeschlagen, ein Wechsel bringt Zeit und es war zu erwarten, das Chelsea nur über Standards oder lange Bälle noch eine Chance hat, für beide Situationen ist vB besser geeignet als Müller. Auch ist Bayern nach diesem Wechsel defensiv keineswegs auseinandergebrochen.