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FC Bayern München


Gründer: Tobi | Mitglieder: 965 | Beiträge: 253
24.08.2011 um 13:10 Uhr
Geschrieben von possessionplay
FCB-Augenblicke XI


Es ist ja für viele so, dass der erste Stadionbesuch ein ganz besonderer ist und mitunter als Statussymbol gilt. Besonders bei Bayern-Fans ist es scheinbar besonders wichtig, dass das erste Mal im heimischen Stadion stattfand (und manchmal ist es schon grotesk, wie einige Leute meinen, Bayern-Fans seien nur Erfolgsfans oder keine richtigen Fans, wenn sie nicht regelmäßig im roten Fröttmaninger Schlauchboot aufkreuzen würden, aber das nur am Rande).

Doch für viele Anhänger ist dies nicht unbedingt zu meistern – zu weit sind sie über die gesamte Republik verstreut. So auch bei mir – als ich das erste Mal in einem Fußball-Stadion ein Fußball-Spiel verfolgte, war dies kein Heimspiel des FC Bayern, aber immerhin eines mit bajuwarischer Beteiligung.

Würde es um die tollsten oder spektakulärsten Stadionbesuche gehen, wäre dieser mein Augenblick sicherlich ein aussichtsreicher Kandidat für den letzten Platz, denn wen interessiert schon ein unbedeutendes Freundschaftsspiel an einem kalten Januar-Abend? Eigentlich niemanden. Aber wenn man die Möglichkeit hat, seinen FC Bayern live zu sehen, besonders wenn es eine persönliche Premiere wäre, dann ist das egal.

Ich war zu diesem Zeitpunkt noch ein kleiner Dötz und etwa in dem Alter, in dem halt man eben so zum ersten Mal die Erfahrung Fußball live macht. Gut einen Monat vorher hatte ich von meinen Großeltern zum Geburtstag die Karten für das Spiel geschenkt bekommen – zusammen mit ihnen und meiner Mutter fuhren wir dann also zum Spiel.

Zu so später Stunde mit dem Auto abgeholt zu werden, um dann zu einem Event zu fahren, ist in dem Alter ziemlich ungewöhnlich. Obwohl ich nervös wie gespannt war, dachte ich an meinen jüngeren Bruder, der unter Tränen zuhause bleiben musste. Obwohl ich alle Fragen meiner fürsorglichen Oma, ob ich mich denn auch freute, artig bejahte, konnte ich mir nicht vorstellen, was mich erwarten würde.

Am Stadion angekommen änderte sich dies schlagartig. Eine derartige Atmosphäre hatte ich noch nie gespürt. Man muss dazu sagen, dass die alt ehrwürdige Bielefelder Alm in dieser kalten Nacht selbst zu einem Testspiel mit über 25 000 Zuschauern ausverkauft (glaube ich zumindest, jedenfalls war es ziemlich voll) und auch sehr stimmungsvoll war (jaja, die Bielefelder sind zumindest in dieser Hinsicht erstligareif).

Ich weiß noch, dass dieser Stadionbesuch ein ziemlich besonderes Gefühl war, aber ich könnte nicht beschreiben, wie es sich anfühlte: Das Gefühl war einfach in dir – und ich war während der 90 Minuten sowohl paralysiert als auch ein wenig eingeschüchtert von der Szenerie (das Stadion kam mir riesig vor). Um mich herum überall brüllende Fans, die einem bisweilen die Sicht versperrten und dazwischen ein Zweitklässler.

Von diesem Gefühlsmix ließ ich mich jedenfalls auch vom eigentlichen Spielgeschehen ablenken. Das merke ich heute noch: Wenn ich mich auf das Spiel konzentriere, blende ich das Drumherum aus, aber dann lasse ich mich von dieser Atmosphäre ablenken und verliere das Spiel ein wenig aus den Augen.

Ich weiß also nicht mehr viel: Wenn ich an dieses Spiel denke, schießen mir sofort einige Bilder in den Kopf, aber das war es – nur einige verschwommene Gedankenfetzen: Dunkel sehe ich vor meinem geistigen Auge, wie mein Opa mir etwas erklärt, ich sehe einen meckernden Bielefeld-Supporter, den in typischer Manier jubelnden Carsten Jancker.

Zwei Mal traf unser Kultkicker – von meinem Vater oft als Chancentod verschrien, aber insgeheim bewundert – an diesem Abend, Giovane Elber steuerte einen weiteren Treffer bei, erst in der Nachspielzeit konnte die Arminen-Truppe um den aufstrebenden Arne Friedrich durch den mit den Fans in einer Hassliebe lebenden Torjäger Artur Wichniarek den Ehrentreffer erzielen.

Beim ersten Tor traute ich mich vor lauter Angst vor einem Abseitspfiff (und das in einem Freundschaftsspiel) nicht zu jubeln und war danach so perplex und überwältigt, dass ich es auch bei den weiteren Toren schlichtweg vergaß.

Zu den komplexen und übermannenden Eindrücken, welche sich nach dem Endstand mit einer Zufriedenheit vermischte, gesellte sich besonders das, was nach dem Spiel passierte. Daran erinnere ich mich noch ganz genau.

Schon während der Partie hatte Schneetreiben eingesetzt. Als wir dann nach längerer Fahrt in meinem Heimatdorf ankamen, hatten wir aufgrund nicht geräumter Straßen einige Probleme. Die größte Herausforderung lag aber noch vor uns: der Berg. Ich habe noch nie eine steilere Straße gesehen als meine. Doch trotz Schnee und Eis wollte mein Opa unbedingt hochfahren und uns nach Hause bringen – anstatt dass ich mit meiner Mutter gelaufen wäre.

Der Versuch scheiterte kläglich – nach nicht mal einem Viertel der Strecke drehten die Räder komplett durch, es ging nicht weiter – und endete beinahe in einem Desaster. Wir ließen uns also langsam wieder rückwärts herunterrutschen, dabei entgingen wir nur knapp einer Kollision mit Gartenzäunen oder ähnlichem, weshalb meine Oma beinahe einen Herzinfarkt erlitten hätte.

Dann mussten wir den ganzen Berg hochstiefeln – doch hier hatte mein Opa mit seinem lädierten Knöchel und Fuß Schwierigkeiten. Er wollte aber nicht unten beim Auto warten, sondern uns unbedingt begleiten. Es kam, was kommen musste: Er verlor auf etwas mehr als halber Strecke den Halt, landete in einem Schneeberg und konnte nicht mehr aufstehen.

Irgendwie hievten wir ihn den restlichen Weg zu unserem Haus. Nachdem er sich etwas ausgeruht hatte und in dieser Zeit mit meinem Vater geredet hatte (mein Bruder war übrigens eingeschlafen), schaffte er es mit Unterstützung meiner Oma, den Berg wieder herunterzukommen und noch heim zu fahren.

Für diesen Einsatz bin ich ihm heute noch dankbar – wir haben ein besonderes Verhältnis, häufig (letzte Saison an 21 von 34 Spieltagen) fahre ich am Wochenende zu ihm und wir schauen uns zusammen Bundesliga an und reden über alle möglichen fußballbezogenen Themen. Dieses Erlebnis hat dazu einiges beigetragen.

Zwar habe ich nicht mehr viele Erinnerungen an das Spiel, doch einige Prisen Gedanken kommen mir dennoch in den Kopf und erinnern mich an dieses ungreifbare Gefühl von damals.

Es war eine unspektakuläre Partie, aber eine sehr ungewöhnliche, mit vielen verschiedenen Gefühlen. Es war eben kein Spiel wie jedes andere – es hatte einen besonderen Reiz und einen besonderen Charme. Unterbewusst fühle ich, dass in diesen komplexen, vielschichtigen Augenblicken die komplexe und vielschichtige Identität des FC Bayern lebt.
Aufrufe: 7034 | Kommentare: 8 | Bewertungen: 11 | Erstellt:24.08.2011
ø 6.5
KOMMENTARE
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Gorilla
29.08.2011 | 07:04 Uhr
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Gorilla : 
29.08.2011 | 07:04 Uhr
-2
Gorilla : 
Bielefeld existiert genauso wenig wie echte Bayern-Fans... o.O
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mckayser
28.08.2011 | 20:22 Uhr
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mckayser : mein erstes Spiel...
28.08.2011 | 20:22 Uhr
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mckayser : mein erstes Spiel...
...auf der Bielefelder Alm war 1987 gegen den VfL Osnabrück. War auch sehr gute Stimmung, damals war ich sieben Jahre alt. Den ersten Sieg gabs ein paar Wochen später gegen die Spvgg. Bayreuth :-O
Ähnlich wie heute war das kurz vorm Abschied in die dritte Spielklasse. Damals noch "Oberliga Westfalen".
3
skrtel37
28.08.2011 | 20:07 Uhr
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skrtel37 : 
28.08.2011 | 20:07 Uhr
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skrtel37 : 
Hach ja, dass erste Bayern-Spiel

http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/spieltag/1-bundesliga/1998-99/33/102838/spielanalyse_bayern-muenchen-14_vfl-bochum-8.html

das war meins, super Erfahrung
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Gnanag
28.08.2011 | 15:12 Uhr
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Gnanag : 
28.08.2011 | 15:12 Uhr
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Gnanag : 
Hervorragender Blog.

Ich habe mein erstes Bayern-Spiel auch mit meinen Großeltern zusammen gesehen. Zwar nicht im Stadion sondern im Fernseher, war trotzdem ein tolles Erlebnis.
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Skim
24.08.2011 | 15:19 Uhr
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Skim : 
24.08.2011 | 15:19 Uhr
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Skim : 
Genau dafür gibts die Rubrik Danke !
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addy_88
24.08.2011 | 14:02 Uhr
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addy_88 : 
24.08.2011 | 14:02 Uhr
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addy_88 : 
Oh man, das erste Bayern-Spiel, wer erinnert sich nicht gerne daran? :)

Bei mir ist es erst sieben Jahre her, DFB-Pokal gegen den VFB Stuttgart, noch im alten ehrwürdigem Olympiastadion. Nachdem ich ein wenig gegoogelt habe war es das Achtelfinale damals.

Ich war dort damals mit meinem Vater und kann mich noch immer an das Gefühl erinnern das ich damals verspürt habe, einfach unbeschreiblich!

Genug in Erinnerungen geschwelgt^^
Ein sehr schöner Blog der einen anregt selbst an das erste Spiel zu denken!

MfG
Adrian
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possessionplay
24.08.2011 | 13:31 Uhr
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24.08.2011 | 13:31 Uhr
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Danke, Voegi!

Wenn ich mich richtig erinnere, dann wurde das damals nicht übertragen.

Datum war der 18. Januar 2002 - eine einzige Seite im Netze erwähnt diese Partie: Diese private Ultra-Südkurven-Seite
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Voegi
MODERATOR
24.08.2011 | 13:28 Uhr
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Voegi : 
24.08.2011 | 13:28 Uhr
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Voegi : 
stark! gefällt mir richtig gut!
sehr persönlich, sehr authentisch.
und ja, das erste mal ist immer etwas besonderes, selbst wenn es nur ein freundschaftsspiel in bielefeld ist.

kann mich an das spiel übrigens nicht erinnern. weißt du, ob dsf das damals übertragen hat? erinnere mich an ein freundschaftsspiel in bielefeld im januar 1995. aber das kann's ja nicht gewesen sein...
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