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20.10.2016 | 2520 Aufrufe | 1 Kommentare | 0 Bewertungen Ø 0.0
Real gg. Bilbao - ein ungleiches Duell
Zwei Welten
Wenn am Wochenende Real Athletic Bilbao empfängt, dann könnte dieses Duell gegensätzlicher kaum sein.

Wenn am Wochenende Real auf Athletic Bilbao trifft, dann könnte dieses Duell gegensätzlicher kaum sein.

Real, nach acht Spielen auf Tabellenplatz zwei, ist wie immer Favorit in dieser Begegnung. Für die Hauptstädter mag es ein gewöhnliches Liga-Spiel sein. Athletic Bilbao aber ist alles andere als ein gewöhnlicher Klub. Er repräsentiert in der spanischen Liga das Baskenland und dessen separatistischen Bestrebungen.

Das Baskenland liegt in der Grenzregion zwischen Frankreich und Spanien. Es steht im Spannungsfeld von baskischem, französischem und spanischem Nationalismus. Knapp drei Millionen Menschen leben im Baskenland, ein Großteil davon in der im Norden Spaniens liegenden Autonomen Gemeinschaft Baskenland. Ein Drittel von ihnen spricht baskisch. Und nicht wenige fordern die Loslösung von Spanien. Die Basken wollen eigenständig sein. Aufgrund ihrer Sprache, ihrer Kultur, ihrer Mentalität fühlen viele von ihnen sich nicht zugehörig zu Spanien. Deswegen ist das Spiel zwischen Bilbao und Real Madrid kein gewöhnliches Liga-Spiel, sondern es ist auch die medienwirksame Bühne für ein politisches und gesellschaftliches Streitthema. Denn der Rekordmeister aus der Hauptstadt verkörpert in den Augen der leidenschaftlichen Bilbao-Fans die ungeliebte spanische Zentralregierung.

Die Basken gelten als eigenwillig. Unabhängigkeitspläne gibt es seit vielen Jahren. Damit stehen sie nicht alleine da. Auch Katalonien, die Region um Barcelona, möchte sich gerne von Spanien abspalten. Die separatistischen Bestrebungen der Basken aber sind hierzulande in den Medien kaum präsent. Bereits 2008 beschloss das baskische Parlament eine unverbindliche Volksbefragung, in der sich die baskische Bevölkerung zur Konfliktlösung äußern sollte. Die Regierung in Madrid erklärte das Referendum aber für verfassungswidrig.

Der Kampf für die Unabhängigkeit - nicht immer erfolgt er friedlich. Die linksradikale Terrorgruppe ETA (Euskadi Ta Askatasuna) verübte seit Ende der 1960er Jahre immer wieder blutige Anschläge. So wollten die Terroristen die baskische Unabhängigkeit erzwingen. Über 800 Menschen verloren dabei schon ihr Leben. Und die Basken erhebliche Sympathien.
In den vergangenen Jahren ist es zum Glück ruhig geworden um die Terroristen. 'Die Welt' berichtete aber erst kürzlich über Arnaldo Otegi, einen baskischen Politiker der Partei Batasuna. Die Partei war 2003 in Spanien verboten worden, weil sie der ETA nahe stand. Otegi, mehrmals wegen seiner Verbindungen zur ETA verhaftet und verurteilt, ist seit einiger Zeit zurück auf der politischen Bühne und hat nur ein Ziel: die Unabhängigkeit. "Wir Basken müssen dem katalanischen Beispiel folgen und eine zweite separatistische Front gegen den Zentralstaat bilden", predigt Otegi immer wieder.Die Unabhängigkeitsbewegung soll eine neue Dynamik gewinnen.

Die Ablehnung der Bilbao-Anhänger gegen Spanien kommt beim Fußball immer wieder zum Ausdruck. Im Mai 2015 traf Athletic Bilbao im Pokalfinale auf Barcelona. Aus Angst vor Demonstrationen der beiden Fanlager gegen die Regierung, wurde die Partie von Madrid nach Barcelona verlegt. Als vor dem Spiel die spanische Nationalhymne gespielt wurde, gab es ein hasserfülltes Pfeifkonzert im ganzen Stadion.

Die Besonderheit von Athletic Bilbao ist aber nicht nur, dass Teile der Fans die spanische Regierung ablehnen, sondern auch, dass der Club den baskischen Nationalstolz tatsächlich vorlebt.
Seit vielen Jahren schon verfolgt der Verein die Politik, dass nur Spieler aus den baskischen Provinzen auflaufen dürfen. Das steht im krassen Gegensatz zu Real Madrid, das seinem erfolgsverwöhntem Publikum für gewöhnlich jedes Jahr mindestens einen neuen internationalen Superstar präsentiert.
Das baskische Konzept, es wirkt aus der Zeit gefallen. Man stelle sich vor, für Eintracht Frankfurt dürften nur Spieler aus Hessen auflaufen. Und trotz dieser konservativen Transferpolitik kann Bilbao immer wieder Achtungserfolge erzielen. Zwar sind die glorreichen Zeiten aus den 1930er Jahren, in denen Bilbao vier Meisterschaften gewinnen konnte, längst vorbei (1943 gewann der Verein nochmals ein Double), aber der spanische Pokal konnte insgesamt 24 Mal gewonnen werden. Eine Bestmarke, die erst 2009 vom FC Barcelona übertroffen wurde. Und seit 2010 ist der Club wieder regelmäßig in den internationalen Pokalwettbewerben vertreten. Zuletzt beendete Atletic Bilbao, das stets in rot-weiß-gestreiften Trikots aufläuft, die Saison auf Platz 5. Nach acht Spieltagen in LaLiga steht Bilbao derzeit auf Rang sechs.

Ein Großteil der Mannschaft kommt aus der eigenen Jugend, der centera, dem Steinbruch. Entsprechend groß ist die Identifikation der Spieler mit dem Club. Seine großen Talente kann der der Verein dennoch nicht immer halten. Etwa Bixente Lizarazu, der einst zum FC Bayern München ging, oder Andoni Zubizarreta, der in den 1980er Jahren zu Barca wechselte und später dort sogar Sportdirektor war. Der jüngste prominente Fall: Javier Martinez, den die Bayern für 40 Millionen Euro aus Bilbao in die bayerische Landeshauptstadt lockten.

Am Sonntag gastiert Bilbao im Estadio Santiago Bernabeau. Viele Bezeichnungen verbindet man mit Real Madrid: Die Galaktischen, das weiße Ballett, die Königlichen. Bilbao wirkt dagegen wie ein Zwerg. Die Rollen sind klar verteilt. Die Gäste sind in Madrid nur Außenseiter. Doch sie können mehr gewinnen als Real. Es geht nicht nur um drei Punkte im Liga-Alltag. Für die Spieler von Athletic Bilbao geht es auch um die die stolze baskische Ehre. Das macht ein eigentlich gewöhnliches Liga-Spiel zu einem Besonderen.

KOMMENTARE
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ardinho2799
22.10.2016 | 12:49 Uhr
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ardinho2799 : Top
22.10.2016 | 12:49 Uhr
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ardinho2799 : Top
Ich finde deinen Artikel super. Da das Baskenland und Athletic in den hiesigen Medien eher unterrepräsentiert sind, beschränkte sich mein Wissen über die Bedeutung des Spiels für die Region auf die Basis. Durch deinen Artikel ist mir Bilbao sogar noch sympathischer geworden Weiter so!
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