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08.03.2010 um 16:53 Uhr
Zurück in die Zugluft
Wie ein D-Zug rauschen gewisse Aussagen durch die Medien und reißen Löcher in die Medienlanschaft Deutschland. Der Zugführer ist dabei immer dem Gegenwind der gegenwärtigen Meinung ausgesetzt.

Gerade jetzt kann man doch endlich mal, knapp hinter van Gaals Wagon, über seine Visionen philosophieren.
Wo sonst jede Neuerung als "undenkbar" und "hirnrissig" abgestempelt wird, "das Spiel sich weiterentwickelt" habe, aber die Regeln "perfekt" seien, haben FIFA-"Tradition" und holländische Arroganz ein Schlupfloch geschaffen, dessen Windschatten immernoch zu spüren ist.

Es gibt nur zwei Standpunkte, die man beziehen kann: Das Spiel hat sich geändert, also müssen sich die Regeln auch ändern - oder eben nicht.
Ist ein 4-4-2 so bedeutend anders als ein 3-2-5? Können statische Zahlen überhaupt ein dynamisches Spielsystem widergeben? Entspricht der Fahrplan wirklich der Realität oder streiken bald die Zugführer?

Für mich steht fest: Die Betrachtungsweise hat sich geändert, 4-4-2-Dogma, Taktikfetisch und Erfolgsgier änderten das Spiel und nein - Fußball ist heute nicht schneller als in den 80ern; Fußball ist anders als damals.
Professioneller, monetärer. Wenn man, wie gestern perfekt von Balotelli gezeigt, sieht, wie viele Schwalben begangen werden, um sich einen Vorteil zu verschaffen, müssen auch die Regelwächter "abgezockter", sprich besser ausgebildet und ausgerüstet, sein. Die moderne Technik hilft dabei.

Natürlich ist die Vorstellung von Elektronik im Ball, immerhin im Winter ein Feuchtraum, irgendwie ekelhaft und beängstigend. Aber wenn die Staaten wirklich so überlegen sind, wie man es uns weißmachen will, sollten wir den Videobeweis und viele Spielunterbrechungen in Kauf nehmen, um das von allen Verbänden gewollte sterile Unterhaltungsereignis mit Vorgruppe Fußball, auf den höchsten Level zu bringen.
Nein, ich will Fußball. Im Akkord. Expresstempo. Aber bessere Kontrolleure.

Es gibt dabei eben auch Schritte, die ohne jediähnliche Technik möglich sind, das Spiel zu säubern. Denken wir an Kloses Abseitstor gegen Florenz, Kuranysi Wohlabseitstor und die Phrase "Im Zweifel für den Stürmer" (in dubio pro Bavariam).
Zwei Linienrichter pro Hälfte, die ihre gewohnte Arbeit leisten: Auf Höhe der Abwehr bleiben und das Fähnchen heben. Neu wäre nur, dass sie einen kleinen Knopf im Griff betätigen, um ein Signal auszulösen - geschieht dies innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, piepst es im Ohr des Schiedsrichters und es ist Abseits.
Ist die Verzögerung größer als die Angabe, eben nicht (um so ein Abgucken zu verhindern) - der Zweifel lebt.

Überhaupt, welchen Schiri brauchen wir? Den sanftmütigen Romantiker, der Lucios Ellbogenschlag (der zufällig einen Konter unterbindet) als europäische Härte wertet, oder den medizinballliebenden Ordenus Maximus, der auch nur bei unbeliebter Schusshaltung das kleine Rote ausführt?
Ich bin für Einweisungen vor dem Spiel, so wie es im Rennsport üblich ist: Die Schiedsrichter nehmen sich 10-15 Minuten Zeit, um den Spielern ihre eigene Regelauslegung zu erklären, die per Definition über 90 respektive 120 Minuten nicht zu sehr abweichen darf - sonst können Einsprüche gegen Platzverweise eingelegt werden. Diese Regelauslegung darf er von Spiel zu Spiel anpassen, ein Derby kleinlich zu pfeifen wie ein Duell zwischen Hinz FC und VfB Kunz wäre ohnehin Unsinn - so bleibt Raum für das so gewollte Fingerspitzengefühl.

Während des Spiels kann ein jeder Offizielle einen kleinen Knopf betätigen, der auf einer zigarettenschachtelgroßen Box thront: Der Erinnerungskasten - nein, sagen wir es auf Deutsch: Memorybox.
So merken sich die Zuschauer mit den besten Plätzen im Stadion Situationen, die sie nicht direkt beurteilen möchten oder nicht sahen, was sie Anhand einer Reaktion festmachen.
Oder sie machen per Sprachaufnahme Notizen zu Situationen. Diese Memorybox geht dann an den Verband, der alle darin vorhandenen Anmerkungen für Nachermittlungen verwenden darf - Tätlichkeit oder rauer Umgang?
Tore dürfen nicht anerkannt oder aberkannt werden, denn schließlich hätte das Spiel ja einen ganz anderen.......

Hat der Verband das grüne Licht gegeben, ist das Spiel unumstößlich gewertet, Bestrafungen nicht mehr möglich, die Gastmannschaft steigt niedergeschlagen in den RB Richtung Zweitklassigkeit.

So bleibt dann die Vergleichbarkeit über eine Saison hinweg - das lästige Thema - unter dem Teppich.
Generell finde ich, ist ein Fußballfeld für drei Offizielle - denn, mal ehrlich, der Typ zwischen den Trainern ist nur eine Puppe oder? - zu groß.
Leute, die so gerne vortragen, Cristiano Ronaldos Generation ein ICE verglichen mit Pele, müssten dann sofort erahnen, dass ich mich dem Basketball annähere: Einstudierte Laufwege für Schiedsrichter, denn durch zwei Schiedsrichter (grob gesagt: einer pro Spielfeldhälfte) verringern sich Laufwege, dadurch Erschöpfung und dadurch bleibt die Konzentration über die gesamte Spieldauer konstanter.
Übrigens: Warum sollten ehemalige Profifußballer nicht Schiedsrichter werden oder ausbilden? Seit Äonen streiten wir uns "Jaja, du hast ja nie auf dem Niveau selbst gespielt" - "Aber ich kenne die Regeln.". Die Kondition dürfte ein Matthäus noch heute haben.

Torrichter hin, Chip im Ball her, irgendwie ist Fußball eine dreckige Angelegenheit und das macht sie sympathisch und liebenswert. Ein vollvernetzter Fußballer, dessen Schuh jeden Ballkontakt und Muskelkontraktion identifiziert und meldet - also die Frage nach absichtlichem Rückpass abschafft - ist füchterlich für mich, ein Cyborg als Leiter die blanke Hölle. Mal abgesehen von all den Fehlern im Autopiloten.
Aber Kommunikation über ein Headset zwischen den Offiziellen, die dann mindestens zu sechst sein werden, äußerst wünschenswert.
Ganz randläufig bemerkt, bedeuten sechs Offizielle auch eine Verbesserung der Produktqualiät für FIFA und UEFA, schließlich ist so ein Sieger klarer als Sieger zu vermarkten.

Warum also gleich das Spiel und die Regeln ändern, wenn man Spiel und Regel mit kleinen Änderungen aufwerten kann.
Die Ideen von Louis in allen Ehren, Überzahlsituationen und Taktiken wie im Eishockey passen mir nicht in den Kram, der in einer Kiste mit meiner Liebe Fußball ruhen soll. Visionär und ansehnlich sind sie dennoch, wie damals, als irgendein blöder Barbar auf die Idee kam, so einen Klumpen nicht zu werfen, sondern mit dem Fuß weit übers Feld zu befördern.

Und ja, ich weiß, dass ich mich damit weit aus dem Fenster eines fahrenden ICEs lege, aber was soll mir passieren? Im schlimmsten Fall knalle ich mit der Fresse gegen eine Tunneleinfahrt - oder den Tunnelblick meiner Zeitgenossen.
Aufrufe: 2165 | Kommentare: 4 | Bewertungen: 3 | Erstellt:08.03.2010
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KOMMENTARE
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Realmadrio
08.03.2010 | 19:26 Uhr
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Realmadrio : 
08.03.2010 | 19:26 Uhr
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Realmadrio : 
Die Zugmetaphern und Schachtelsätze sind mir immo ein bisschen zu hoch (gerade trainiert und müde), daher verstehe ich nur: Bahnhof

Nette Diskussion die du da führst, regt zum Nachdenken an. Ich bin selber nicht sicher was ich lieber habe: ein absolut korrektes und durchsichtiges Spiel oder eben ein menschlicher Sport MIT Fehlern..

Naja aber die FIFA wird die technik auch weiter ablehnen. warum? Guckt euch das Halbfinale in der CL an Barca vs Chelsea... ABGEKARTETES SPIEL!!!
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MarcelPutz
08.03.2010 | 21:15 Uhr
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MarcelPutz : 
08.03.2010 | 21:15 Uhr
-3
MarcelPutz : 
Schöner Blog, 10 Pkt.
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kikipedia
08.03.2010 | 22:59 Uhr
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kikipedia : FIFA WM 2002
08.03.2010 | 22:59 Uhr
0
kikipedia : FIFA WM 2002
Vielen Dank für die Rückmeldungen!

Südkorea in Manier des Nordens bis ins Halbfinale oder? Das war ähnlich abgekartert.

Realmadrio:
Ja, das kann ich gut nachvollziehen, hat nichts mit Höhe zu tun, sondern mit Länge der Sätze :D
Ich bin ja auch für Sport mit Fehlern, aber eben mit der Absicht, diese Fehler weniger werden zu lassen, gerade, wenn die scheinbare Lösung so nahe liegt.

MarcelPutz:
Danke :) Würde mich noch freuen zu erfahren, wofür ich die 10 Punkte bekomme, abgesehen vom tollen Titel :D

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FabianPramel
12.03.2010 | 16:41 Uhr
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12.03.2010 | 16:41 Uhr
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von mir 10 punkte für die ehrlichkeit in deinem blog. einfach mal freiraus erzählt was du so denkst. ohne an den mainstream zu denken... finde ich gut!
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