Lieber Mario,
ich bin sicherlich kein riesengroßer Fan von dir persönlich, das kann ich auch nicht sein, weil wir uns nicht kennen. Das muss ich aber auch nicht sein, denn ich bin Fußballfan und als solcher kann man dich als Fußballer nur gut finden.
Zugegeben, ich wollte dir schon längst schreiben und jetzt hast du tatsächlich im letzten Spiel wieder gespielt. Als ich das am Bildschirm gesehen habe, hatten wir eins gemeinsam: Wir beide mussten lächeln. Und dann hast du auch noch getroffen. Du spinnst doch. Am Ende war es nicht die große Pointe, nicht das große Thema nach dem Spiel und dass, obwohl du das große Thema bist. In den vergangenen Wochen und eigentlich schon seit Jahren.
Aber du warst nur ein Spieler, der eingewechselt wurde und der mal wieder getroffen hat. Ganz gewöhnlich im Bundesliga-Geschäft. Für dich ist es das große Lob. Es muss das angenehmste Gefühl sein.
Und das ist neu.
Seit du das erste Mal auf einem Bundesliga-Spielfeld Fuß gefasst hast, war alles immer besonders. Götze, das Wunderkind . Götze, das Supertalent. Götze hier, Götze da. Super-Mario, zweifacher Deutscher Meister. Götze, der Superlativ. Es gab nie Normalität.
Gut, dafür hast du selbst genug getan, glaube mir. #faith
Als ich in einer Nacht 2013 von deinem Wechsel zu den Bayern gehört habe, war das mehr als ein Gerücht. Ich hatte einen dicken Kloß im Hals. Das war besonders, alles war in Aufruhr. Das Champions-League-Halbfinale stand in deinem Schatten. Ein Halbfinale, gegen Real Madrid! Alles, nur nicht normal. Typisch Götze eben.
Du gingst zu den Bayern, Peps Bayern. Und doch warst es immer du, der unter besonderer Beobachtung stand. Und dann schießt du ein Jahr nach deinem Wechsel auch noch das Tor. Nicht ein Tor, sondern das Tor. WM-Finale, Verlängerung, die größte Bühne. Die Brustannahme, der Volley aus spitzem Winkel, technisch brillant, der Goldpokal. Nicht irgendwer, sondern du. Goldjunge, Wunderkind, Götze. Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi.
Wie soll da jemals etwas normal sein? Die Frage, die dich beziehungsweise deine Karriere auf den Boden holte, war eher: Wie soll jemals wieder etwas gut genug sein? 39 Torbeteiligungen in 73 Bundesligaspielen waren es nicht. Neun Treffer und vier Asissts in 26 Champions-League-Spielen auch nicht. Natürlich nicht. Die Maßstäbe, mit denen gemessen wurden, hatten keine normale Größe mehr. Das war Ronaldo-Level, das war Messi-Level. Dabei war das Götze-Level doch immer schon gut, meist herausragend. Nur eben nie genug.
Also gingst du wieder aus München weg. Und nicht den einfachen Weg, sondern den nach Canossa. Zurück zum BVB. Der Judas, der Verräter, und doch wolltest du doch nur Normalität, Heimat, Wohlfühlen. Ein anderer Weg wäre vielleicht einfacher gewesen.
Und jetzt? Jetzt ist immer noch nichts normal. Weil du nicht spielst, ist Deutschland wieder in Aufruhr. Der Goldjunge schon wieder draußen, der Finaltorschütze nicht im Kader. Gar-nicht-mehr-so-Super-Mario. Abgesänge zu Beginn einer Saison, Forderungen nach einem Wechsel. Ein Spieler sitzt bei seinem Verein auf der Bank, weil er vielleicht nicht so fit ist, oder nicht in Form, oder andere gerade ihre Leistung bringen. Ein im Fußball ganz gewöhnlicher Vorgang. Nur nicht bei Mario Götze. Natürlich nicht.
Alles, nur nicht normal.
Lieber Mario, ich hoffe es geht dir gut. Wirklich. Weil das, was in der Presse und überall geschrieben wird, sicher nicht an einem vorbeigehen kann. Und das seit Jahren. Ich wünsche dir ein dickes Fell. Und ich hoffe, du kannst bald wieder mehr spielen, denn es ist schön, dich spielen zu sehen. Das war es immer, auch im Bayern-Trikot. Obwohl es sich irgendwie nicht richtig angefühlt hat.
Deswegen habe ich mich so gefreut letzte Woche. Weil du ein Tor geschossen hast. Kein FInaltor, kein Zaubertor. Ein technisch sauberes, schönes Tor. Ein ganz normales Bundesligator von einem nicht ganz normalen, sondern besonderen Bundesligaprofi.
Mario, zeig der Welt, dass du ein normaler Junge bist. Einer, der nur Spaß und den Ball haben will. Weil es für dich das gleiche ist.
Sportliche Grüße
Ein Fan.
Irgendwie ja doch.