Edition: Suche...
Gruppen
Videos
Favoriten
10.12.2012 um 23:58 Uhr
Wie ein gefallener Engel
Das letzte Spiel vor Weihnachten könnte bei Hertha BSC zum Abschiedsspiel werden. Denn wie so oft wird mit einem Wechsel von Adrian Ramos gerechnet. Der Verein braucht Geld und hätte genug Qualität in der Hinterhand. So heißt es. Aber sind die Berliner im Sturm tatsächlich so gut aufgestellt, dass sie ohne Ramos den Aufstieg sichern können?

Adrian Ramos durchlebt momentan eine schwierige Zeit. Sein schneller Aufstieg zum Heilsbringer mündete in einen nicht minder schnellen Abstieg zum Verantwortlichen für alles Negative, das Hertha BSC in den letzten anderthalb Jahren widerfahren ist. Die Geschichte eines gefallenen Engels:

Gustavo Adrian Ramos Vasquez kam mit 23 Jahren an die Spree. Damals, Saison 09/10, stand Hertha das Wasser bis zum Hals. Nach 8 Niederlagen am Stück musste Lucien Favre gehen, seine letzte Handlung aber war ein Glücksgriff für Hertha - Die Verpflichtung von Adrian Ramos.
Ein großer und dennoch agiler Stürmer, der, gerne auch mal trickreich, seine Gegenspieler zu Statisten degradierte. Am Ende dieser verkorksten Saison standen für Ramos zehn Tore und fünf Vorlagen zu Buche. Nach dem Abstieg wusste man also wenigstens einen ganz großen Hoffnungsträger auf seiner Seite.

In der Zweitligasaison dann sein endgültiger Durchbruch. Mit 15 Toren und zehn Vorlagen hatte Ramos großen Anteil am Aufstieg der Hertha.
Sein Pech: In der Öffentlichkeit lief ihm ein gewisser Pierre-Michel Lasogga den Rang ab. Ein A-Jugendlicher, der mit der Empfehlung von 25 Toren aus 25 Spielen nach Berlin wechselte und schnell zum Publikumsliebling avancierte.

Ein kongeniales Sturmduo Ramos/Lasogga sollte es in der Folgesaison aber nicht geben. Denn unter Markus Babbel sollte moderner Fußball gespielt werden: Zwei Stürmer? Nicht mehr zeitgemäß!
Babbel setzte im 4-2-3-1 also lieber auf den "Brecher" Lasogga als Sturmspitze. Ramos durfte größtenteils auf dem für ihn ungeliebten Flügel spielen, mal links, mal rechts. Das behagte ihm nicht.
Ramos blieb unter seinen Möglichkeiten. Das war einerseits seiner Position im Spiel geschuldet, andererseits aber auch seiner Mentalität. Ramos ist ein Sensibelchen. Und so typisch diese Eigenschaft für Spieler aus dem südamerikanischen Raum ist, so problematisch kann sie manchmal werden.
Das Leistungstief von Ramos nahmen ihm die Fans übel. Arbeitsverweigerung wurde ihm unterstellt, er würde den Verein lieber verlassen wollen. Sowohl in der Winter- als auch in der Sommerpause rechnete man eigentlich mit einem Wechsel von Ramos. Doch plötzlich blieben die Angebote aus. Die TSG Hoffenheim, die Ramos schon nach der Aufstiegssaison liebend gerne verpflichtet hätte, blieb damals deutlich unter der Schmerzgrenze von Hertha. Im Winter nahmen sie wieder Abstand von einem Transfer.

Ramos also blieb in Berlin - Und sank weiter im Ansehen bei den Fans. Am Ende der Saison stand der Abstieg und Ramos war der Sündenbock.
Merkwürdig eigentlich, betrachtet man die Statistiken von Ramos und Lasogga, der sich nahezu keiner Kritik stellen musste: Ramos konnte in 31 Spielen immerhin sechs Tore und vier Vorlagen verbuchen. Lasogga traf achtmal und bereitete drei Treffer vor - in 32 Spielen.
Der Unterschied zwischen beiden Spielern: Ramos ist ein introvertierter Spieler, der zwar mit Technik und Torriecher ausgestattet ist, aber in schwierigen Phasen allzu gerne als Schönwetterfußballer gesehen wird.
Lasogga dagegen genießt ein unendlich hohes Ansehen bei den Fans. Er ist ein Malocher, der immer für das Team arbeitet und vor dem Tor eiskalt ist.
Hertha setzte also lieber auf Lasogga als auf Ramos, der zudem einer der Großverdiener beim verschuldeten Fußballklub ist.
Dann die Sommerpause nach dem Abstieg. Lasogga sollte mit einem Kreuzbandriss für die gesamte Hinrunde ausfallen, bei einem Verkauf von Ramos müsse man nun auch adäquaten Ersatz holen. Trotz der Verpflichtungen von Sandro Wagner, Ben Sahar, Elias Kachunga und Sami Allagui ließ Hertha Adrian Ramos aber doch nicht nach Mainz ziehen.
Der ungeliebte Ramos bleibt also (fürs Erste) in Berlin. Das sollte sich auszahlen. Mit sechs Toren und vier Vorlagen ist Ramos mal wieder erfolgreichster Stürmer bei Hertha.

Nun stehen wir aber wieder vor einer Transferperiode und in der Gerüchteküche herrscht Hochbetrieb. Natürlich spielt Hertha wieder mit dem Gedanken, Ramos endlich von der Gehaltsliste zu streichen. Aber das würde auch bedeuten, den bisher erfolgreichsten Stürmer der Saison zu verkaufen. Ersatz für Ramos steht bereit. Aber wie groß ist der Qualitätsverlust, wenn man Ramos ziehen lässt?

Lasogga soll zur Rückrunde wieder zur Verfügung stehen. In meinen Augen kann er einem Adrian Ramos aber in keinster Weise das Wasser reichen. Zwar ist er tatsächlich eiskalt vor dem Tor, im Aufbauspiel versagt er allerdings kläglich. Er ist technisch ähnlich stark limitiert wie Andre Mijatovic, keine Ballannahme, keine Ballverarbeitung. Außerdem kann noch niemand prophezeien, in welcher Form sich Lasogga nach seiner Verletzung befinden wird. Ähnlich wie Lasogga ist Sandro Wagner einzuschätzen:
Ein Spieler für die letzten zehn Minuten, wenn mal wieder die "Brechstange" von Nöten ist. Jemand, den du in einem gescheiten Offensivspiel nicht gebrauchen kannst. Mit Leuten wie Lasogga und Wagner fehlt stets ein Spieler im Aufbauspiel, Kombinationen scheitern an dieser Sorte Stürmern.

Der ausgeliehen Kachunga hätte wohl die Qualität, Zweit- und auch Erstligastürmer zu sein, genießt aber mitnichten das Vertrauen des Trainers. In der Liga noch nie in der Startelf, allzu häufig nicht mal auf der Bank. Er kann erstmal nicht als Ramos-Ersatz betrachtet werden.

Der Israeli Sahar ist ein begnadeter Linksfuß, der aber eher auf der Außenposition zu Hause ist. Für die Position als einzige Sturmspitze fehlt im die Kopfballstärke, seine Spritzigkeit und Laufstärke werden mehr auf dem Flügel gebraucht.

Bleibt noch Allagui. Der tunesische Nationalspieler wurde für geschätzte 1,8 Mio. Euro von Mainz geholt und wäre wohl die einzige echte Alternative zu Ramos. Allagui selbst fühlt sich aber auch auf dem Flügel wohler als vorne in der Zentrale. Momentan spielt er durch die Verletzung von Peter Pekarik auf exakt jener Position und weiß durchaus zu überzeugen.

Warum also einen Adrian Ramos verkaufen und dadurch den Aufstieg gefährden? Klar, momentan schießen auch die Mittelfeldspieler gerne mal das ein oder andere Tor, aber ohne echten Stürmer wird es ungemein schwierig für Hertha.
Und sollte Berlin den Aufstieg verpassen, werden auch die 4-7 Millionen für Adrian Ramos nicht helfen, dann wird es düster für die "Alte Dame".
Das Gros der Fans würde einen Wechsel von Ramos begrüßen, weil er bei ihnen in Ungnade gefallen ist. Man darf nur nicht vergessen: Adrian Ramos war zwei Saisons hintereinander der erfolgreichste Torschütze der Hertha und findet gerade jetzt wieder zur alten Form zurück.
Der gefallene Engel könnte durchaus wieder der Hoffnungsträger aus alten Tagen werden. Wenn man ihn nur lässt.
Aufrufe: 3595 | Kommentare: 3 | Bewertungen: 7 | Erstellt:10.12.2012
ø 8.7
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
mehrfussball
12.12.2012 | 14:07 Uhr
0
-3
12.12.2012 | 14:07 Uhr
-3
Zitat: 'Und sollte Berlin den Aufstieg verpassen, werden auch die 4-7 Millionen für Adrian Ramos nicht helfen, dann wird es düster für die "Alte Dame". '
---------------------------
Wenn das stimmt, dann haben die Kontrollen des DFB versagt. Es kann und darf nicht sein, dass Vereine Vabanque spielen und alles auf einen Aufstieg setzen nach dem Motto: Jackpot oder Pleite. (Man muss sich nur vorstellen, was passiert, wenn das mehrere Vereine machen - dann verschwinden jede Saison ein paar Vereine von der Bildfläche.)
Wenn Hertha also finanziell wirklich so klamm ist, dann sollte der DFB sie dazu zwingen, Ramos zu verkaufen.
0
luebecker
12.12.2012 | 18:21 Uhr
2
0
luebecker : 
12.12.2012 | 18:21 Uhr
0
luebecker : 
Guter Blog!

Man sollte das finanzielle Risiko wirklich gut abwägen, allerdings auch den sportlichen Aspekt nicht vernachlässigen. Ramos ist einfach der beste Stürmer und eventuell ist es klüger ihn zu halten und Ersatz zu suchen um ihn vielleicht nach ner guten Rückrunde für mehr als 4,7 zu verkaufen.

Preetz hat jetzt allerdings auch schon gesagt das er ihn wohl lieber halten will.
http://www.kicker.de/news/fussball/2bundesliga/startseite/578985/artikel_preetz-hofft-auf-ramos.html
2
EdHardy22
14.12.2012 | 08:49 Uhr
0
0
EdHardy22 : 
14.12.2012 | 08:49 Uhr
0
EdHardy22 : 
Toller Blog, auch gut formuliert - handwerklich und inhaltlich wirklich echt top.

Ich hatte lange Zeit ein Fable für die Hertha, das hat damals mit Deisler angefangen. Ramos habe ich immer sehr stark gesehen, bis ich ihn dann im DFB-Pokal live gegen in Berlin gegen Gladbach sah. Ich habe noch nie einen so unkonzentrierten Profisportler gesehen wie Ramos an diesem Tag - der hätte Gladbach im Alleingang abschießen können. Stattdessen hat er jeden Schuss über den Kasten gesetzt. In der Nachbetrachtung bilde ich mir ein, dass er wirklich ein bisschen zu lässig auf dem Platz wirkt, das kann aber nun auch subjektiv sein. Wenn er für sich noch diesen unbedingten Willen entdeckt, wie es nun die Bayern beispielsweise tun, dann wäre er für mich auch in der ersten Liga einer der interessantesten Offensivspieler. Diesen Entwicklungschritt traue ich ihm aber leider nicht mehr zu - da würde auch kein verlorenes Champions League Finale helfen.

@luebecker: So viel würde ich auf solche Aussagen nicht geben. Das ist doch die normale Vorgehensweise in beiden Fällen, egal ob er gehen soll oder bleiben soll. Entweder er meint das ernst oder er will nach Außen hin demonstrieren, dass man auf Ramos setzt und die Angebote dementsprechend ausfallen sollten.
0
COMMUNITY LOGIN
Du bist nicht angemeldet. Willst Du das ändern?
Benutzername:
Passwort:
 

Wir aktualisieren unsere Nutzungsbedingungen und unsere Datenschutzrichtlinie. Wir haben neue Community-Richtlinien zur Inhaltsnutzung - Verhaltenskodex eingeführt und mehr Informationen darüber bereitgestellt, wie wir Ihre Daten erheben und nutzen. Indem Sie unsere Website und unsere Dienste weiterhin nutzen, stimmen Sie diesen Aktualisierungen zu.
Neueste Kommentare
Kniescheibenbruch
Artikel:
Toni Kroos trägt den Adidas 11 Pro. Kostet beim Fachhändler 280 .
28.03.2024, 19:17 Uhr - 15 Kommentare
Texmex1320
Artikel:
Muero42.. warum sollten sie mehr zahlen, da besteht ne abmachung so um 18- 2
28.03.2024, 19:16 Uhr - 37 Kommentare
Jameson343
Artikel:
Never change a winning Team - enough Said
28.03.2024, 19:15 Uhr - 28 Kommentare
Barcenal
Artikel:
@sudden Los Angeles, Phoenix, alle Teams in Texas, Florida,Es ist immer Somm
28.03.2024, 19:10 Uhr - 14 Kommentare
FCB_Jimmy_MS
Artikel:
Und hübscher ist sie auf jeden Fall
28.03.2024, 19:06 Uhr - 2 Kommentare
Heinz_M
Artikel:
Geld, Geld und dann heißt es: Bodenständig geblieben ist. Einfach nur Krank
28.03.2024, 19:04 Uhr - 14 Kommentare
EmiliaFCB
Artikel:
Oh oh :D
28.03.2024, 19:02 Uhr - 0 Kommentare
Heinz_M
Artikel:
Wenn die Kaderplanung anders verlaufen wäre und Tuchel seine Spieler bekomme
28.03.2024, 19:01 Uhr - 6 Kommentare
Borsigger
Artikel:
Ein echter Typ verlässt die Bundesliga. Fand seine Leistung mit dem "kleinen
28.03.2024, 18:57 Uhr - 6 Kommentare
Slash_59
Artikel:
Die Pause für James war ja sinnvoll gewählt: Man spielt gegen einen eigentli
28.03.2024, 18:45 Uhr - 6 Kommentare