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02.11.2016 | 3226 Aufrufe | 1 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 10.0
In den Farben getrennt, in der Sache vereint
Wie Phönix aus der Asche
AFC Wimbledon, FC United of Manchester und der SV Austria Salzburg, von Fans gegründete Fußballvereine.

Das Fußballgeschäft hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Trotz weltweiter Finanzkrise steigen Spielergehälter und Transfersummen in schwindelerregende Höhen. Während die Vermarktung von Spieltagen und TV-Rechten unaufhaltsam vorangetrieben wird, scheinen Tickets für den Stadionbesuch vielerorts nur noch für die obere Mittelschicht erschwinglich zu sein. So schreitet die Kommerzialisierung des geliebten, ehemaligen Volkssports immer weiter voran und Fußballvereine mutieren mehr und mehr zu Wirtschaftsunternehmen.

An potente Investoren hat man sich im Fußballgeschäft längst gewöhnt - seien es milliardenschwere Oligarchen, Scheichs oder internationale Unternehmen. Die Fans und ihre Anliegen scheinen angesichts wirtschaftlicher Interessen immer weiter in den Hintergrund zu rücken.

In verschiedenen Fanszenen, in ganz Europa, formierten sich deshalb über Jahre Protestbewegungen gegen diese zunehmende Kommerzialisierung. Oft waren es rücksichtslos agierende Investoren, die Vereine radikal umstrukturiert haben, ohne dabei Fans einzubeziehen oder Tradition und Historie zu respektieren und damit das Fass zum Überlaufen brachten. Dabei ist Austria Salzburg nicht der einzige Verein, der von seinen Fans neu gegründet wurde. Die zwei prominentesten Beispiele, die auch der Salzburger Austria als Vorbilder dienten, finden sich in England, dem Mutterland des Fußballs. Phoenix Clubs werden diese von Fans wiedergeborenen Vereine dort genannt.

AFC Wimbledon

Das Vorbild aller Fanvereine. Im Jahr 2002 ist der FC Wimbledon aus dem Süden Londons ins 100 Kilometer nördlich gelegene Milton Keynes umgezogen, weil sich die Vereinsbosse dort größere Erfolge versprachen. Die Hin- und Rückfahrt hätte somit länger gedauert als das tatsächliche Heimspiel. Die Fans nahmen das nicht hin und entschieden sich ihren Verein unter dem Namen AFC Wimbledon neu zu gründen.

Der AFC Wimbledon startete in der neunten englischen Spielklasse und brach dort aufgrund seiner von Beginn an großen Beliebtheit alle bisherigen Zuschauerrekorde. In den ersten neun Jahren stiegen sie fünfmal auf und blieben dabei zwischen 2003 und 2004 in 78 aufeinanderfolgenden Ligaspielen ohne Niederlage bis heute englischer Rekord.

Die Rückkehr in den professionellen Fußball gelang schließlich in der Saison 2015/2016. Den entscheidenden Elfmeter in der Nachspielzeit zum 2:0 Endstand im Playoff Spiel gegen Plymouth Argyle im Wembley Stadion verwandelte Kultspieler Adebayo Akinfenwa in seinem letzten Spiel für den AFC Wimbledon. Der Publikumsliebling bringt, bei einer Körpergröße von 1,80 Meter, 102 Kilogramm auf die Waage, weshalb er von den Fans nur The Beast genannt wird.

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Im Gegensatz zur Erfolgsstory des AFC Wimbledon lief es beim umgezogenen Ursprungsverein, der sich seit 2004 Milton Keynes Dons nennt, weniger rund. In dieser Saison treten die beiden Vereine zum ersten mal in derselben Liga an der drittklassigen Football League One. Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte der AFC Wimbledon am 9. Oktober 2016, als man den Ex-Verein MK Dons in der Tabelle überholte. Das nächste Highlight steht am 10. Dezember an, wenn sich die beiden Rivalen zum ersten mal in Wimbledon im direkten Duell gegenüberstehen werden. Die märchenhafte Story des AFC Wimbledon soll sogar in die Kinos kommen. Die Produktion eines Films wurde bereits angekündigt.

FC United of Manchester

Im Jahr 2005 übernahm der amerikanische Geschäftsmann und Milliardär Malcolm Glazer den englischen Fußballverein Manchester United. Daraufhin haben sich einige traditionsbewusste Fans von den Red Devils abgewendet und gründeten nur wenige Wochen später den Verein FC United of Manchester. Das Maß war voll, die Gründung eines eigenen Vereins Ausdruck der Unzufriedenheit gegenüber der Entwicklung von Manchester United und ein unmissverständliches Zeichen gegen die Kommerzialisierung des Fußballs.

Auch die Red Rebels mussten ganz unten in der 10. Liga starten, kämpften sich aber dank der überragenden Unterstützung ihrer leidenschaftlichen Fans nach oben und spielen seit der Saison 2015/16 in der sechstklassigen National League North. Im immer schneller werdenden Fußballgeschäft zeigt sich am Trainer beispielhaft wie ruhig beim FC United gearbeitet wird. Vom allerersten Spiel an bis heute stand Coach Karl Marginson jedes mal an der Seitenlinie.

Besonders stolz ist man beim FC United auf das neu gebaute Stadion Broadhurst Park, das 2015 eröffnet wurde und 4.400 Zuschauern Platz bietet. Die Mitglieder des Vereins, die einen Großteil der Kosten durch Spenden selbst finanziert haben, sind die Eigentümer des Stadions und auch der Name ging aus einer Abstimmung unter ihnen hervor. Neben Sympathien von Fanclubs aus ganz Europa, ist auch die Unterstützung im Broadhurst Park bei einem mehr als beachtlichen Zuschauerschnitt von über 2.800 Fans pro Heimspiel fantastisch.

Während Manchester United seit Glazers Übernahme finanziell in immer höhere Sphären vordringt, seit Jahren der umsatzstärkste Verein der Premier League ist und im Sommer 2016 die höchste Transfersumme aller Zeiten für einen einzelnen Spieler zahlte, besinnt man sich beim FC United of Manchester auf die eigene Fußballkultur, traditionelle Werte und demokratische Strukturen. Im Manifest des Clubs ist festgehalten, dass die Kommerzialisierung des Vereins vermieden werden soll. Natürlich akzeptiert auch der FC United Sponsoren, seine Trikots werden aber zum Beispiel für Werbung nicht zur Verfügung gestellt. In einem beliebten Fangesang heißt es: "Glazer, wherever you may be: youve bought Old Trafford, but you cant buy me!".

SV Austria Salzburg

Austria Salzburg war einer der erfolgreichsten Fußballvereine Österreichs, stand 1994 im Finale des UEFA Cups gegen Inter Mailand. 2005 folgte die Übernahme durch Red Bull, der Verein wurde radikal umstrukturiert, die Tradition und Vereinsgeschichte der Austria nicht respektiert. Der Streit um die Vereinsfarben wurde zum Symbol des Protests, doch letztlich wurden die Traditionsfarben violett-weiß gänzlich durch die rot-weißen Farben des Getränkekonzerns ersetzt. In Österreich und ganz Europa solidarisierten sich Fanclubs und Ultras mit den traditionsbewussten Fans der Austria; auch das Medienecho war gewaltig.

Am Ende sahen die wahren Fans der Austria nur einen Ausweg und gründeten ihren Verein unter dem Namen SV Austria Salzburg neu. Sie wollen damit die Tradition des 1933 gegründeten Ursprungsvereins wiederbeleben, bewahren und weiterführen. Die Austria startete mit violett-weißen Trikots und einigen Spielern aus der eigenen Fankurve zur Saison 2006/07 in der untersten österreichischen Liga. Hunderte eingefleischte Fans unterstützten die Viola dabei nicht nur bei Heimspielen sondern auch auf sämtlichen Sportplätzen im Salzburger Umland und der tiefsten österreichischen Provinz. Die neu gegründete Austria war der erste Verein aus dem Bundesland Salzburg, dem vier Aufstiege in Serie gelangen. Zur Saison 2015/16 war der SVAS zurück im professionellen österreichischen Fußball, der Ersten Liga.

Doch die mit dem Aufstieg in den Profifußball verbundenen Auflagen stellten die Austria vor große Probleme. Schulden plagten den Verein, Insolvenz musste angemeldet werden und einem Sanierungsplan wurde zugestimmt. Nach dem Zwangsabstieg folgte ein Neuanfang in der drittklassigen Regionalliga West. Das Hauptaugenmerk des Vereins liegt nun auf der finanziellen Konsolidierung. Wenn das geschafft ist, soll es auch sportlich wieder nach oben gehen.

Währenddessen kaufte sich Red Bull nach Salzburg weitere Vereine als Werbeträger auf der ganzen Welt zusammen und baute sich Standbeine in New York, Ghana, Brasilien und Deutschland auf, wo RB Leipzig in die erste Liga geführt wurde. Was man sich allerdings nicht kaufen kann sind Seele, Tradition und die Leidenschaft der Fans, wie sie etwa Austria Salzburg besitzt.

AFC Wimbledon, FC United of Manchester und der SV Austria Salzburg von Fans gegründete Vereine mit einer einzigartigen Identität in denen Tradition, Leidenschaft, Fußballkultur und Zusammenhalt gelebt wird. Diese Clubs beweisen, dass Fans zusammen arbeiten und etwas bewegen können ganz egal, wer oder was sich ihnen in den Weg stellt. In den Farben getrennt in der Sache vereint.

Dieser Artikel ist zuerst auf www.kickrs.net erschienen.

KOMMENTARE
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mr189
02.11.2016 | 11:29 Uhr
1
0
mr189 : Interessanter Artikel!
02.11.2016 | 11:29 Uhr
0
mr189 : Interessanter Artikel!
Bin mal gespannt was bei Wimbledon passiert...geile Geschichte, dass die jetzt so gut sind!
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