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Von: nkranjcar
17.11.2014 | 4307 Aufrufe | 3 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 9.0
Quo vadis kroatische Fußball-Fanszene?
Wenn der Fußball zur Geisel wird
Rassistische Sprechgesänge und gewaltbereite Hooligans bestimmen seit geraumer Zeit das Bild der kroatischen Fußball-Fans.

Fliegende Leuchtraketen, rassistische Sprechgesänge und gewaltbereite Hooligans bestimmen seit geraumer Zeit das Bild der kroatischen Fußball-Fans in Europa. Auch beim EM-Qualifikationsspiel zwischen Italien und Kroatien haben es wenige hundert Idioten wieder mal geschafft eine ganze Sportart als Geisel zu nehmen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und verstrickt, nur mit Fußball haben sie wenig zu tun.

Knapp 7.000 kroatische Fans waren gestern Abend, offiziellen Angaben zu Folge, im Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion. Aus ganz Europa waren die Anhänger der Feurigen angereist, viele auch aus Deutschland. Dass über 90 Prozent davon vor, während und nach dem Spiel friedlich und stimmungsvoll ihre Mannschaft unterstützt haben interessiert einen Tag nach den Ausschreitungen kaum jemanden. Die mediale Aufmerksamkeit erhalten jene 10 Prozent die Bengalos gezündet haben und gewaltsam mit der Polizei aneinander geraten sind.

Bereits im Oktober endete das EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien nach dem Fahnen-Skandal im Chaos und mit einem vorzeitigen Spielabbruch. Auch gestern stand der niederländische Schiedsrichter Björn Kuipers kurz davor die Begegnung in der 75. Minute endgültig abzubrechen, nach dem in der ersten Halbzeit schon zahlreiche Leuchtraketen auf den Platz flogen. Doch in der knapp zehnminütigen Unterbrechung schaffte es die Polizei den kroatischen Block mit den Übeltätern zu räumen und die Partie wurde zu Ende gebracht.

Zdravko Mamic, der kroatische Sepp Blatter

Für Außenstehende entsteht derzeit das Bild, dass der Fußball auf dem Balkan immer mehr aus den Fugen gerät. Ausgerechnet in einer Region, in der der Fußball mit Abstand die populärste Sportart ist und die bereits so viele Weltklasse Fußballer hervorgebracht hat.

Auch in Kroatien hat sich der Fußball bzw. das Stadion bereits seit geraumer Zeit zu einer Plattform entwickelt auf der unterschiedlichste gesellschaftliche Themen ausgetragen werden. In einem Land mit einer Arbeitslosenrate von über 16 Prozent, mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und vielen sozialen Missständen wird der Fußball missbraucht um unterschiedlichsten Anliegen Gehör zu verschaffen, koste es was es wolle.

Während für viele Hooligans der Staat oder andere Institutionen als Feindbild herhalten müssen, ist es in Kroatien Zdravko Mamic. Der Präsident des kroatischen Rekordmeisters Dinamo Zagreb ist das personifizierte Feindbild kroatischer Hooligans, kurioserweise auch der eigenen Ultras, der Bad Blue Boys. Mamic ist für viele so etwas wie der kroatische Sepp Blatter. Der Hass gegenüber dem exzentrischen 55-jährigen geht sogar so weit, dass große Teile der Dinamo-Fans seit nun mehr fast zwei Jahren die Heimspiele ihrer eigenen Mannschaft boykottieren, egal ob Champions League oder nationale Liga. Der Zuschauerschnitt im Maksimir-Stadion in Zagreb lag vergangene Saison nicht mal bei 5.000 Zuschauern.

Mamic gilt als machtbesessener Funktionär, der bis in die kroatische Politik hinein bestens vernetzt ist. Darüber hinaus ist er seit den 80er Jahren als Geschäftsmann umtriebig, von einer eigenen Styroporfirma, die selbstredend Sitzunterlagen für Fußball-Stadien herstellt und vor dem Maksimir-Stadion verkauft, bis hin zur Holzverarbeitung besitzt er unterschiedliche Unternehmen. Auch in Sachen Spielerberatung/-vermittlung ist Mamic aktiv, früher selbst, heute indirekt über seinen Sohn Mario der mittlerweile die Spieleragentur vor seinem Vater übernommen hat. Jene Agentur die Transfers weit über dem dreistelligen Millionen-Bereich abgewickelt hat. Auch die Transfers von Spielern wie Mario Mandzukic, Luka Modric, Eduardo oder Alen Halilovic wurden durch den Mamic-Clan eingefädelt. Interessant dabei ist vor allem die Tatsache, dass dem Verein von diesen Millionen-Deals nur einen Bruchteil der Ablösesummen zu Gute kommt, der Großteil wandert aufgrund von Verträgen mit den Spielern in eine der vielen Mamic-Taschen.

Aber nicht nur in Zagreb hält Mamic die Zügel fest in der Hand, sein Einfluss reicht auch weit bis in den kroatischen Fußballverband hinein. Es ist ein offenes Geheimnis in Kroatien, dass ohne den Segen von Mamic Davor Suker nicht neuer Verbandspräsident geworden wäre und auch Nationaltrainer Niko Kovac gilt als Mamic-gewollte Lösung nach der Entlassung von Igor Stimac vor knapp einem Jahr. Während sich die Ultra-Gruppierungen in Kroatien, wie überall in Europa, während der Saison untereinander anfeinden, findet man auf internationaler Ebene stets zusammen. Bei Spielen der kroatischen Nationalmannschaft, egal ob zu Hause oder auswärts, kämpft man gemeinsam gegen das Böse, den Verband mit all seinen korrupten Funktionären und Zdravko Mamic an der Spitze. Das Fußball dabei immer mehr zur Nebensache gerät belegt auch die Tatsache, dass im Oktober beim 6:0-Kantersieg Kroatiens gegen Aserbaidschan in Osijek plötzliche wieder Schmähgesänge gegen den Verband und einzelne Personen lautstark zu hören waren, während auf dem Platz ein Tor nach dem anderen fiel. Auch in Mailand gestern Abend richtete sich der Hass, mal wieder, gegen Zdravko Mamic. Zahlreiche T-Shirts mit einem durchgestrichenen Aufdruck Mamics waren zu sehen und die entsprechenden Gesänge ließen nicht lange auf sich warten.

Kurios ist auch der Umstand, dass bereits eine Woche vor dem Spiel in der kroatischen Ultra-Szene Gerüchte die Runde machten, dass die Begegnung zwischen Italien und Serbien zum Abbruch geführt werden soll, mit dem konkreten Ziel dem kroatischen Fußballverband HNS zu schädigen. Da die Eintrittskarten für kroatische Auswärtsspiele seit geraumer Zeit wegen anhaltender Probleme nur noch über die offizielle Fan-Organisation Uvijek Vjerni zu erhalten sind, griffen die Hooligans auf ihre Kontakte in Italien zurück und besorgten sich Tickets über Mittelsmänner. Auch das Schmuggeln von zahlreichen Leuchtraketen war keine Aktion die spontan umgesetzt wurde und ohne lokale Unterstützung vor Ort möglich gewesen wäre.

Hooliganismus ist kein regionales Phänomen und lässt sich daher auch nicht auf bestimmte Länder reduzieren. Während die Szenen in Deutschland, Italien oder England ihre Hochzeiten hinter sich haben, gibt es leider immer wieder neue Kandidaten die zu einem ernstzunehmenden Problem werden. Hierzu zählen mittlerweile leider auch die Szenen in Serbien oder Kroatien.

KOMMENTARE
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7Giants7
20.11.2014 | 15:13 Uhr
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7Giants7 : 
20.11.2014 | 15:13 Uhr
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7Giants7 : 
Sehr guter Blog

Du hast unsere Probleme perfekt auf den Punkt gebracht.

Mamic und seine Marionetten lachen sich jetzt schön ins Fäustchen, weil bei den normalen Bürgern mittlerweile die Hooligans als Feindbild Nr.1 gelten, weil sie Kroatien in der Außendarstellung sehr sehr schlecht darstehen lassen

So kann der Kaspar mit seinen Leuten weiter seine volle Macht in alle Richtungen ausspielen
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Wettmafioso
20.11.2014 | 16:15 Uhr
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0
20.11.2014 | 16:15 Uhr
0
Bravo. Die Problematik relativ gut beschrieben. Wobei die Verschwörungstheorien in Kroatien manchmal etwas zu weit gehen. Was Niko Kovac z.B. teilweise vorgeworfen wird ist zu großen Teilen völlig hanebüchen.
Mamic wird man nicht loswerden so lange die Gerichte ihre Arbeit nicht machen. Diese machen sie aber grundsätzlich schlecht und langwierig. Nicht nur in diesem Fall.
Zudem haben die Fangruppierungen mit der Aktion in Mailand wohl auch die wenigen Sympathien bei den Otto-Normal-Fans verspielt die sie sich in den letzten Jahren mühsam erarbeitet haben. Für den Protest vor Mamic Haus gab es ja durchaus Anerkennung. Das hat man jetzt doppelt und dreifach wieder verspielt. Ohne die normalen Fans wird ein Umsturz aber zum Ding der Unmöglichkeit. Auch eine Sperre Kroatiens für Turniere und Qualifikationen würde die Verbandsoberen und Mamic m.E. nicht stürzen. Hat man ja auch gesehen als Dinamo für internationale Spiele gesperrt war. Mamic ist dennoch geblieben.
Die einzigen die durch eine komplette Sperre gestraft wären wären die normalen Fans und die Spieler. Für mich ist das der absolut falsche Weg.
Leider ist der legitime Weg ein langer und schwieriger. Aber m.E. bleibt einem nix übrig als diesen steinigen Weg zu gehen und die Leute durch alle möglichen Aktionen wie Transparente, Flugblätter, Vorträge usw. auf die Problematik aufmerksam zu machen. Aber eben nicht durch geworfenen Bengalos und Co. Das transportiert nämlich keinerlei Botschaft bzw. nur eine die dem eigentlichen Ziel abträglich ist.
Mamic lacht sich jetzt doch ins Fäustchen und kann seine Gegner weiterhin als Hooligans brandmarken. Nach Mailand werden ihm immer weniger widersprechen...
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7Giants7
20.11.2014 | 17:31 Uhr
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7Giants7 : 
20.11.2014 | 17:31 Uhr
0
7Giants7 : 
Völlig korrekt

Wie ich bereits sagte. Der große Sieger sind Mamic und seine Leute
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