01.04.2011 um 12:29 Uhr
Viele Versprechen – keine Knete
In der Regionalliga geht das große Vereinssterben um. Zahlreiche Insolvenzen bedrohen die Existenz des Amateurfußballs in Deutschland. Schon lange schlagen die Regionalligisten Alarm. Und sie wurden erhört. Im Oktober 2010 stellten DFB und DFL die Weichen für eine erneute Regionalligareform. Während sich die Verantwortlichen als die Retter der Einheit des deutschen Fußballs wähnen, können Deutschlands Top-Fußballamateure nur noch mit dem Kopf schütteln. Für sie ist die Reform ein weiterer Sargnagel für den Amateurfußball.
Schon heute wird die Regionalliga als „tote Liga" oder „Pleiteliga" bezeichnet. Zuletzt mussten die beiden insolventen Regionalligisten SpVgg Weiden und SSV Ulm 1846 den Spielbetrieb einstellen. Sie stehen bereits als erste Absteiger aus der Regionalliga Süd fest.
Allein in der letzten Saison erhielten sieben Regionalligisten keine Lizenz für die kommende Spielzeit. Bilanzen überholten da sportliche Ergebnisse: Eintracht Trier landete im Westen auf dem letzten Platz – drei Klubs erhielten aber keine Lizenz, so war die Eintracht doch noch gerettet.
Untergangsszenarien wurden gezeichnet, Reformen gefordert. Alle Hoffnungen ruhten auf dem DFB-Bundestag in Essen. Hier sollte über die Zukunft des deutschen Amateurfußballs verhandelt und abgestimmt werden.
Es wurde eine Kampfabstimmung erwartet. Am Ende war es dann ein deutliches Ergebnis. Mit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit wurde auf dem DFB-Bundestag im Oktober letzten Jahres für die Regionalliga-Reform gestimmt. 223 von 255 Delegierten waren für den von Liga-Boss Reinhard Rauball initiierten "5-Punkte-Solidarpakt-Regionalliga".
Die Reform stellt einen Kompromiss dar. DFB und DFL haben versucht, zwischen Profivereinen, aufstrebenden Regionalligavereinen und Oberligavereinen zu vermitteln.
Das Ergebnis: Ab der Saison 2012/13 wird es fünf Regionalligen geben. In Trägerschaft der Regionalverbände werden die Staffeln Nord, Nordost, West, Südwest und Bayern eingeführt. Künftig ermitteln die fünf Regionalliga-Meister und der Vizemeister der Staffel Südwest die Drittliga-Aufsteiger in einer Qualifikationsrunde.
Nur noch sieben zweite Mannschaften der Profivereine dürfen dann pro Staffel teilnehmen, zudem werden die Stadion-Auflagen gesenkt. Gute Nachrichten für die Amateure, doch der Schock folgte sogleich: Fernsehgeld gibt es keines mehr. Bislang kassierte jeder Verein 90.000 Euro pro Saison – überlebenswichtig für die meisten.
Aus Sicht der DFL und des DFB ist der Streit zwischen Profis und Amateuren mit der Reform beigelegt. Sie stellten klar, dass die Zweitvertretungen der Profi-Klubs nicht für die schlechte finanzielle Lage einiger Regionalligavereine verantwortlich sind. Rauball sagte: "Die Amateure müssen sich natürlich auch selbstkritisch hinterfragen. Wenn man die Berichte über so unschöne Ergebnisse wie Insolvenzen liest, dann muss in den Regionalligen auch ein Selbstreinigungsprozess stattfinden, der die Lage verbessert."
Carsten Gockel, Geschäftsführer von Preußen Münster, ist ob des neuen Anlaufs jedoch skeptisch: „Die Grundprobleme der Regionalligen werden mit dem Rauball-Plan nicht aus der Welt geschafft."
DFB-Präsident Zwanziger und Liga-Präsident Rauball sind hingegen zufrieden. Ihnen war es wichtig, die Einheit des Fußballs zu erhalten und einen Bruch zwischen Profis und Amateuren zu verhindern. Amateure und Talente sollen sich in einer sportlich interessanten Liga messen können. Doch anstatt einer Einheit erkennen Kritiker eine wachsende Kluft zwischen Profiklubs und Amateurvereinen. Aus ihrer Sicht ging es vor allem um die Interessen der Bundesligavereine.
Denn die vielschichtigen Probleme der höchsten deutschen Amateurspielklasse wurden kaum gelöst: Sie ist sportlich wenig attraktiv und für viele Vereine kaum bezahlbar. Es kommen zu wenig Zuschauer und es gibt kaum Fernsehgelder, die außerdem ständig gekürzt werden. Zudem müssen sich die Amateure mit den finanziell oft besser gestellten zweiten Mannschaften der Bundesligisten messen.
Aktuell sind 25 von 72 teilnehmenden Regionalliga-Mannschaften Reserve-Teams. In der Weststaffel stellen die so genannten U23-Mannschaften mit 10 von 18 Mannschaften sogar die Mehrheit. Doch die Reservemannschaften sind vielen ein Dorn im Auge. Sie bringen kaum Zuschauer zu Auswärtsspielen mit und sorgen für Wettbewerbsverzerrung, wenn Spieler aus dem Profikader eingesetzt werden.
Deshalb hatte der Westfälische Fußballverband das Zwei-plus-eins-Modell als Reformantrag zur Diskussion gestellt. Das Modell sieht vor, dass die zweiten Mannschaften in einer eigenen Liga spielen und der Rest in eine Nord- und Südliga aufgeteilt werden. Letztlich setzte sich dieser Vorschlag genau so wenig durch wie der des Bayerischen Fußballverbands. Der BFV hatte sogar eine Abschaffung der Regionalliga gefordert – sie sollte durch acht Oberligen ersetzt werden.
Doch auch die Erhöhung der Staffeln von drei auf fünf kann nicht alle Sorgen und Nöte hinwegspülen. Es werden einige Oberligisten die Regionalligen auffüllen; diese werden das Niveau nach unten ziehen. Außerdem bekommt nicht einmal der jeweilige Meister einen sicheren Aufstiegsplatz. Zuschauer und Sponsoren laufen bei diesen Aussichten davon, so die Befürchtung.
Darüber hinaus ist das wirtschaftliche Risiko in der Regionalliga weiterhin hoch. Die Streichung der Fernsehgelder stellt knapp haushaltende Klubs vor eine große Herausforderung. Ambitionierte Oberligisten werden vor die Entscheidung gestellt, ob sie das Aufstiegsrecht wahrnehmen und einen finanziellen Kraftakt wagen sollen.
Die aktuelle Lage in den Regionalligen ist düster, dabei liegt die letzte Reform noch gar nicht lange zurück: Im Jahr 2008 wurde die Regionalliga durch Einführung der dritten Liga zur vierthöchsten Spielklasse und in drei Staffeln (Nord, West, Süd) aufgeteilt.
Es sieht jedoch so aus, als könnte zumindest Carsten Gockel wieder ein Licht am Ende des Tunnels erkennen. Preußen Münster führt im Moment die Regionalliga West an. Dank des Auswegs Aufstieg könnten die Münsteraner bald die Tristesse des deutschen Amateurfußballs hinter sich lassen.
Schon heute wird die Regionalliga als „tote Liga" oder „Pleiteliga" bezeichnet. Zuletzt mussten die beiden insolventen Regionalligisten SpVgg Weiden und SSV Ulm 1846 den Spielbetrieb einstellen. Sie stehen bereits als erste Absteiger aus der Regionalliga Süd fest.
Allein in der letzten Saison erhielten sieben Regionalligisten keine Lizenz für die kommende Spielzeit. Bilanzen überholten da sportliche Ergebnisse: Eintracht Trier landete im Westen auf dem letzten Platz – drei Klubs erhielten aber keine Lizenz, so war die Eintracht doch noch gerettet.
Untergangsszenarien wurden gezeichnet, Reformen gefordert. Alle Hoffnungen ruhten auf dem DFB-Bundestag in Essen. Hier sollte über die Zukunft des deutschen Amateurfußballs verhandelt und abgestimmt werden.
Es wurde eine Kampfabstimmung erwartet. Am Ende war es dann ein deutliches Ergebnis. Mit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit wurde auf dem DFB-Bundestag im Oktober letzten Jahres für die Regionalliga-Reform gestimmt. 223 von 255 Delegierten waren für den von Liga-Boss Reinhard Rauball initiierten "5-Punkte-Solidarpakt-Regionalliga".
Die Reform stellt einen Kompromiss dar. DFB und DFL haben versucht, zwischen Profivereinen, aufstrebenden Regionalligavereinen und Oberligavereinen zu vermitteln.
Das Ergebnis: Ab der Saison 2012/13 wird es fünf Regionalligen geben. In Trägerschaft der Regionalverbände werden die Staffeln Nord, Nordost, West, Südwest und Bayern eingeführt. Künftig ermitteln die fünf Regionalliga-Meister und der Vizemeister der Staffel Südwest die Drittliga-Aufsteiger in einer Qualifikationsrunde.
Nur noch sieben zweite Mannschaften der Profivereine dürfen dann pro Staffel teilnehmen, zudem werden die Stadion-Auflagen gesenkt. Gute Nachrichten für die Amateure, doch der Schock folgte sogleich: Fernsehgeld gibt es keines mehr. Bislang kassierte jeder Verein 90.000 Euro pro Saison – überlebenswichtig für die meisten.
Aus Sicht der DFL und des DFB ist der Streit zwischen Profis und Amateuren mit der Reform beigelegt. Sie stellten klar, dass die Zweitvertretungen der Profi-Klubs nicht für die schlechte finanzielle Lage einiger Regionalligavereine verantwortlich sind. Rauball sagte: "Die Amateure müssen sich natürlich auch selbstkritisch hinterfragen. Wenn man die Berichte über so unschöne Ergebnisse wie Insolvenzen liest, dann muss in den Regionalligen auch ein Selbstreinigungsprozess stattfinden, der die Lage verbessert."
Carsten Gockel, Geschäftsführer von Preußen Münster, ist ob des neuen Anlaufs jedoch skeptisch: „Die Grundprobleme der Regionalligen werden mit dem Rauball-Plan nicht aus der Welt geschafft."
DFB-Präsident Zwanziger und Liga-Präsident Rauball sind hingegen zufrieden. Ihnen war es wichtig, die Einheit des Fußballs zu erhalten und einen Bruch zwischen Profis und Amateuren zu verhindern. Amateure und Talente sollen sich in einer sportlich interessanten Liga messen können. Doch anstatt einer Einheit erkennen Kritiker eine wachsende Kluft zwischen Profiklubs und Amateurvereinen. Aus ihrer Sicht ging es vor allem um die Interessen der Bundesligavereine.
Denn die vielschichtigen Probleme der höchsten deutschen Amateurspielklasse wurden kaum gelöst: Sie ist sportlich wenig attraktiv und für viele Vereine kaum bezahlbar. Es kommen zu wenig Zuschauer und es gibt kaum Fernsehgelder, die außerdem ständig gekürzt werden. Zudem müssen sich die Amateure mit den finanziell oft besser gestellten zweiten Mannschaften der Bundesligisten messen.
Aktuell sind 25 von 72 teilnehmenden Regionalliga-Mannschaften Reserve-Teams. In der Weststaffel stellen die so genannten U23-Mannschaften mit 10 von 18 Mannschaften sogar die Mehrheit. Doch die Reservemannschaften sind vielen ein Dorn im Auge. Sie bringen kaum Zuschauer zu Auswärtsspielen mit und sorgen für Wettbewerbsverzerrung, wenn Spieler aus dem Profikader eingesetzt werden.
Deshalb hatte der Westfälische Fußballverband das Zwei-plus-eins-Modell als Reformantrag zur Diskussion gestellt. Das Modell sieht vor, dass die zweiten Mannschaften in einer eigenen Liga spielen und der Rest in eine Nord- und Südliga aufgeteilt werden. Letztlich setzte sich dieser Vorschlag genau so wenig durch wie der des Bayerischen Fußballverbands. Der BFV hatte sogar eine Abschaffung der Regionalliga gefordert – sie sollte durch acht Oberligen ersetzt werden.
Doch auch die Erhöhung der Staffeln von drei auf fünf kann nicht alle Sorgen und Nöte hinwegspülen. Es werden einige Oberligisten die Regionalligen auffüllen; diese werden das Niveau nach unten ziehen. Außerdem bekommt nicht einmal der jeweilige Meister einen sicheren Aufstiegsplatz. Zuschauer und Sponsoren laufen bei diesen Aussichten davon, so die Befürchtung.
Darüber hinaus ist das wirtschaftliche Risiko in der Regionalliga weiterhin hoch. Die Streichung der Fernsehgelder stellt knapp haushaltende Klubs vor eine große Herausforderung. Ambitionierte Oberligisten werden vor die Entscheidung gestellt, ob sie das Aufstiegsrecht wahrnehmen und einen finanziellen Kraftakt wagen sollen.
Die aktuelle Lage in den Regionalligen ist düster, dabei liegt die letzte Reform noch gar nicht lange zurück: Im Jahr 2008 wurde die Regionalliga durch Einführung der dritten Liga zur vierthöchsten Spielklasse und in drei Staffeln (Nord, West, Süd) aufgeteilt.
Es sieht jedoch so aus, als könnte zumindest Carsten Gockel wieder ein Licht am Ende des Tunnels erkennen. Preußen Münster führt im Moment die Regionalliga West an. Dank des Auswegs Aufstieg könnten die Münsteraner bald die Tristesse des deutschen Amateurfußballs hinter sich lassen.
Aufrufe: 6820 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 9 | Erstellt:01.04.2011
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KOMMENTARE
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01.04.2011 | 13:14 Uhr
-1
mamö99 :
Schön, sehr interessant zu lesen! Toll ausgearbeitet. Die Probleme sind echt haarsträubend, lange kannst du es auf finanzielle Sicht da nicht überleben.
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01.04.2011 | 14:46 Uhr
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AUFWACHEN DFB!
http://www.pro-regionalliga-reform-2012.de/
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01.04.2011 | 15:06 Uhr
-1
da hör ich irgendwie nichts drüber
doppelmoral
kennts es ja
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01.04.2011 | 15:19 Uhr
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Gut das der KSV mehrere Millionen in seine 2. stecken kann - ach warte, das können wir nicht, wir sind froh ein paar Millionen in der Regionalliga zu haben.
Und der FCB? Schickt einfach mal einen Breno, Contento oder damals einen Toni in die Regionalliga (3.Liga).
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01.04.2011 | 16:01 Uhr
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manu1 :
pro regionalligareform auch wenn der SCP nächstes jahr inner 3ten loga spielt
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03.04.2011 | 14:08 Uhr
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Was man dennoch in Angriff nehmen sollte, ist es keine Profis mehr bei den U-Mannschaften zuzulassen. Sodass dort ausschließlich Talente spielen dürfen. Das würde zumindest den Punkt der Wettbewerbsverzerrung wegfallen lassen. Was die Zuschauer angeht, so muss man eben sehen wann die Spiele angesetzt werden. Wenn eine U23 am gleichen Tag spielt wie die profis, dann ist es doch sonnenklar wo die Fans hingehen. Auch ist es eben so, dass Profispiele nunmal interessanter sind als das was viele immernoch als "Dorfkick" abtun. Da sollten auch die Bundesligisten mal ein bisschen mehr die Werbetrommel rühren.
Was ich nicht verstehen und gutheißen kann sind die abgeschafften Fernsehgelder. Was soll das? Damit fehlenden den kleinen Vereinen sehr viele Einnahmen auf die sie bitternötig angewiesen sind. Da hat man beim DFB und der DFL wohl wirklich nicht gut genug nachgedacht oder eben nur das Sparen im Sinn gehabt. Das geht einfach nicht und da sollte schnell noch einmal darüber nachgedacht werden in den Gremien. So macht ihr den Amateurfußball jedenfalls kaputt.
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04.04.2011 | 08:47 Uhr
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Lorchen :
U23 setzt Spieler aus der 1. ein? macht es doch wie in den unteren Ligen zu Sasion Ende, wer dort in den letzten 3 Spielen auch nur 1x in der 1. gespielt hat darf zB nicht an einem Relegationsmatch der 2. mitspielen.Die Fernsehgelder von 90k für die Regionalligisten zu streichen erscheint mir wie ein ganz schlechter Aprilscherz, aber beim zweiten Hinsehen leider auch wieder (ein bisschen) verständlich... aus 3 mach 5 Ligen = 36 neue Vereine denen dieses Geld zustehen würde, aber wieso der Pool nicht einfach auf dann 5 statt eben 3 Ligen aufgeteilt wird, ist mir einfach unklar.
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