Eine Entrüstung geht durch die Fussball-Welt. Und mal wieder ist die WM in Katar das Hauptthema. Doch diesmal sind die Vorzeichen eine Andere: Es geht nicht wie sonst um die WM-Vergabe, sondern um was viel heikleres. Es geht um die Toten Sklavenarbeiter, die im Zuge der WM-Bauten ihr Leben ließen und lassen werden.
Natürlich ist die Entrüstung berechtigt. Allerdings ist sie nicht ganz ehrlich. Denn: Nimmt man die Golfstaaten genauer unter die Lupe, dann stellt man fest, dass bereits der Aufschwung der letzten 15 Jahre nur durch Schweiß und Blut der Billigarbeiter aus Nepal, Pakistan, Sri Lanka und Indien möglich war. Und selbstverständlich wird auch die WM in Katar so zu einem "Erfolg".
Ich selbst war einige Male Zeuge dieser Methoden. Ich sah Arbeiter in Dubai, die zu 12. in einem Zimmer hausten. Ich sah McDonalds-Belegschaft in Bahrain, die für weniger als 1 Dollar die Stunde schufteten. Ganz zu schweigen von den Hygienischen Standards auf einer Baustelle der deutschen Bank in Abu Dhabi, wo für 40 Mann nur eine Toilette vorgesehen war. Und natürlich gab es bereits vor Katar unzählige Tote Sklavenarbeiter in diesen Ländern, doch interessiert hat es niemanden.
Also warum jetzt plötzlich diese Wut in der Fussball-Welt? Geht es wirklich um die Arbeitsmethoden dieser Sklaven oder wittern einige die Chance, mal wieder gegen die WM 2022 zu stänkern? Sollten wir uns nicht lieber die Frage stellen, weshalb im 21 Jhd. Menschen bereit sind, unter diesen Umständen überhaupt zu "arbeiten"?
Wir Leben im Kapitalismus. Und Katar macht aktuell nichts anderes, was der Rest der Welt auch nicht tut: Denjenigen, der nichts hat, ausbeuten. Im Kapitalismus entscheidet das Kapital die Spielregeln. Hast du Kapital, Glückwunsch, jetzt suchst du dir Humankapital und lässt sie arbeiten und tauscht sie aus, wenn sie aufsässig werden. Es gilt die Maxime: Eine Schicht muss leiden, damit die Andere in Saus und Braus leben kann. Nichts anderes geschieht in Katar. Kapitalismus in seiner reinsten Form.
Wir im Westen sind doch die Nutzniesser dieses Systems. Wir laufen mit Apple Handys rum, die in Taiwan unter skandalösen Umständen hergestellt werden. Wir laufen mit Nike-Schuhen rum, die von Kindern in Thailand zusammen geschustert werden. Wir ziehen T-Shirts an, die in Bangladesch in Fabriken hergestellt, wo die Fluchtwege zugesperrt sind mit Müll. Von den Löhnen mal ganz zu schweigen.
Wir müssen uns die Systemfrage stellen, wenn unsere Entrüstung echt sein sollte. Doch davon gehe ich nicht aus. Warum denn auch? Uns gehts doch prima hier im Westen. Unsere Unternehmen beuten die dort halt aus, so what, Hauptsache uns gehts gut. Nicht wahr?
Über die Gepflogenheiten hier weiß ich nichts, ist mein erster Blog. ;)
Im Grunde hast du Recht...einer beutet den anderen aus bzw. einer muss sich ausbeuten lassen. Je nachdem von welchem Standpunkt man das betrachtet.
Die andere Sache ist natürlich die, dass du dich auch frei entscheiden kannst, welche Produkte du kaufst und von wo die dann kommen.
Wenn man wirklich Wert darauflegt, dann kaufst man auch die Sachen, die nicht in Asien hergestellt sind. Gerade gestern, musste Kleber kaufen...2 Marken zur Auswahl..."Made in China" oder "Made in USA"...Preisunterschied waren 50 Cents...ich habe mich da für "Made in USA" entschieden.
Kann sich ja aber jeder selber aussuchen
ich glaube, die entrüstung rührt auch daher, dass die meisten menschen wirklich nur sehr oberflächlich informiert sind und ich kann es ihnen auch nicht verübeln. wer informiert sein will braucht viel zeit und muss die fähigkeit zum differenzierten denken erlernt haben.
um sich vor manipulation zu schützen muss man möglichst viele und möglichst unterschiedliche zeitungen/blogs lesen; zwei oder drei reichen da nicht aus. diese zeit sich zu nehmen, zusätzlich zum beruf und zur familie, würde bedeuten, dass man immer wieder seine gesamte freizeit dafür einsetzt.
tut man dies, sieht man sich schon mit den nächsten problemen konfrontiert: was und wo kann ich eigentlich noch kaufen? das erfordert wiederum viel zeit der recherche.
schafft man dies auch, stellt sich die frage, wie man nun bei seinen freunden oder arbeitskollegen argumentiert, ohne gleich als querulant belächelt zu werden.
wer sich wirklich informieren und mit den fakten auseinandersetzen möchte ist erstmal für einige zeit (monate? jahre?) damit beschäftigt. möchte er ein gutes gewissen haben, muss er oft seine ganze lebensweise ändern. jeder, zu dem mal ein paar fakten vordringen erahnt, was es für eine beträchtlichen aufwand erfordert, dem nachzugehen und deswegen schrecken die meisten davor zurück. schade, denn es gäbe auch viel an geistigen und charakterlichen errungenschaften dabei zu gewinnen, welche die lebensqualität deutlich steigern.
@mammuth
Sehr richtig. Es ist einfach verdammt schwer, sich vor Manipulationen zu schützen, vor allem weil die Werkzeuge der Manipulierer immer schärfer und tückischer werden. Man muss dann wirklich sehr sehr genau recherchieren und suchen um richtige Quellen zu finden. Egal um welche Themen es sich handelt. Ob es um Kriege geht, wo für die Profite unserer Unternehmen gelogen wird ohne Ende oder um die sog. Finanzkrise, wo die Verursacher weiterhin ungeschoren ihren zu Unrecht erworbenen Reichtum genießen und wir, das Volk, für ihre (bewusste) Fehler in Form von "Rettungspaketen" zahlen.
Der erste Schritt ist: TV ausschalten und die Printmedien ignorieren. Das mache ich schon seit Jahren, und es geht mir damit deutlich besser --> Weniger Wutanfälle
mutiger blog. mir gefällts.