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24.02.2017 | 11396 Aufrufe | 0 Kommentare | 0 Bewertungen Ø 0.0
Eine Ode an den Amateurfußball
Smells like Rostbratwurst
Von Bratwürste, Flutlichtmasten, Maulwurfshügeln, Träumen und echtem Fußball.

Es riecht nach Bratwurst. Nicht nach der Massenware, die neben Pommes Rot-Weiß und dem halben Liter Bier in hundert-, gar tausendfacher Ausfertigung in die Hände zigtausender, hungriger und durstiger Zuschauer wandert. Es riecht nach einer anderen Bratwurst. Nach richtig resch gebratener Bratwurst, die vor Fett trieft, da sie sich in selbigem seit Stunden die Pelle runzlig wartet, bis sich doch ein Zuschauer erbarmt, sie zu kaufen, in eine viel zu harte Semmel legen zu lassen, den guten Ketchup aus der Flasche noch selbst darüber zu geben und sich kurz darauf mit dem Fett das neue T-Shirt zu verkleckern.

So ist das im Amateurfußball. Hier ist alles nicht nur eine, sondern sieben bis zehn Nummern kleiner.

Hier braucht es keine Superliga, damit die Klubbosse glücklich sind und die finanzielle Zukunft gesichert sehen. Da brauchen die Trainer keine Coaching Zone, denn wo ick bin, bin ick, Schiri. Hier, wo der Abwehrmann den Ball noch auf die Tribüne bolzen darf und dafür Applaus kriegt und sich nicht erklären muss wieso er den gegnerischen Stürmer nicht mit einer Finte ins Leere hat laufen lassen. Weil hier keiner erwartet, dass alles mit der Sohle oder dem feinen Füßchen gelöst wird. Einfach und schlicht. Und vor allem effizient, darauf wird hier Wert gelegt. Hauptsache Einsatz. Hauptsache bei der Sache.

Genauso wie beim jungen Mittelfeldmotor, der den Ball aus 35 Metern in den Winkel drischt. Weil er kaum mehr laufen konnte und sich sowieso keiner im Sturm bewegt. Und obwohl er damit Wochen später vielleicht die Auszeichnung für das Tor des Monats bekommen wird, werden danach weder große Ablösesummen noch ein Wechsel auf die Ersatzbänke in England oder Spanien in den Raum gestellt. Denn schon im nächsten Spiel, leitet er mit einem Fehlpass die Niederlage ein und vergibt auf der Gegenseite wenigstens auch noch den Ausgleich von Elfmeterpunkt. Doch nach dem Spiel, klatschen die Fans ihn ab. Die Journalisten so denn heute welche gekommen sind klatschen ihn ab und auch die eigenen Kollegen machen noch Späße. Denn am nächsten Tag gibt es in der Tagespresse keine schlechte Bewertung, kein Online-Manager-Spieler meckert über eine schlechte Note und auf keiner Social-Media-Plattform wird er in den Kommentaren als schlechtester Spieler der Vereinsgeschichte betitelt und auch nicht in die Wüste gewünscht. Nein, hier kann jeder Spieler noch nach Hause gehen und sich dort auch zu Hause fühlen. Ist ja nur Fußball.

Zuhause träumt er dann vielleicht von der Bundesliga. Vom Leben als Star. Von großen Werbeverträgen. Vom Europapokal. Und dann schießt er nächste Woche wieder ein Traumtor, nur um eine Woche später wieder der Depp zu sein. Ein ewiger Kreislauf. Aber hey, ist nicht schlimm. Ist ja nur Fußball.

So ist das im Amateurfußball. Hier ist alles nicht nur eine, sondern sieben bis zehn Nummern kleiner.

Nicht besser, nur echter. Und näher am Grundgedanken. Elf gegen elf. Ohne viel Tamtam. Ohne große Pressekonferenzen. Ohne neonfarbene Schuhe. Ohne Choreo-Anleitungen für Modefans. Ohne fancy Muster im Rasen. Hier kennt man sich noch, zumindest ein wenig.

Ach, du bist doch der Huber! Na, I bin da Meier!

Meier, Huber egal, Hauptsache Fußball. Elf gegen Elf. Einfach und simpel. Das Runde muss ins Eckige hat mal einer gesagt. Keine Ahnung mehr, wer, muss ein Wichtiger gewesen sein.

Natürlich ist Amateurfußball grausam anzusehen und manchmal einfach nicht auszuhalten. Ein bisschen wie die Ehefrau nach 40 Jahren Ehe. Immer da, wenn man sie braucht. Aber eben auch, wenn man sie nicht braucht. Und wer braucht Live-Amateurfußball auf einem selbstinszenierenden Sport-Sender, der sonst das Wort Sport nur in einem Fernsehquiz mit halbangezogenen oder halbintelligenten Moderatorinnen nutzt? Die gleichen Leute, die Marktwerte der Spiele analysieren und vergleichen und damit Quartett spielen. Niemand also, der den Fußball liebt.

Und darum geht es doch. Hier auf dem Platz, der auch schon mal bessere Zeiten erlebt hat. So wie die Tribüne, die eigentlich nur Steintreppen sind. Wie die Flutlichtmasten, wie der Stadionsprecher, der seit zwanzig Jahren mit der gleichen Trainingsjacke hier jeden Samstag steht und jeden Zuschauer bei der Lieblingsbiermarke kennt. Sie alle haben bessere Zeiten erlebt. Die kleinen Maulwurfshügel auf dem Rasen befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den tiefen Gräben. Solche, die man früher bei Takeshis Castle überspringen musste, ohne sich die Klamotten schmutzig zu machen. Doch wer hier nach 96 Minuten mit einem sauberen Trikot in die Kabine kommt, bekommt wirkliche Häme zu spüren. Dass er die Trikots der anderen, die mit Schlamm, Gras und bestenfalls Blut beschmiert sind, waschen muss, ist Ehrensache. Im nächsten Spiel wird er gleich nach 98 Sekunden seinen Gegner umgrätschen, sich aufrappeln, an sich herunter sehen und große Flecken Gras und Schlamm an seiner Hose sehen. Und er wird lächeln, während die Mitspieler ihm stolz auf die Schulter klopfen.

Darum geht es hier. Um Einsatz, um Leidenschaft, um Kameradschaft, um das Wir. Um elf Spieler, einen Ball und elf Gegner, die doch eigentlich auch ganz nette Kerle sind, nur halt nicht für 90 Minuten. Hier riecht es nicht nach großer Fußballwelt, höchstens nach Jauche vom nahegelegenen Bauernhof. Die Luft ist erst wieder rein im Vereinsheim. Eine Stunde nach dem Spiel, abends bei der Sportschau. Dann sitzen da 22 Mann plus Trainer und Betreuer, prosten sich zu und bewundern am Bildschirm die Stars auf den anderen Plätzen. Auch da Elf gegen Elf. Auch hier liegt Rasen, vielleicht etwas grüner. Auch hier stehen Flutlicht-Masten, vielleicht scheinen sie etwas heller. Der Stadionsprecher ist genauso alt, vielleicht hat er nur eine neue Jacke an. Nur die Bratwurst schmeckt nicht so gut, die schmeckt hier eindeutig noch am besten. Und das Spiel? Es ist immer noch das Spiel. Kein Firlefanz, einfach nur ein Spiel.

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