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05.09.2018 | 3252 Aufrufe | 0 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 10.0
Der seltsame Fall des Ulrich H.
Rote Karte wegen Meckerns
Uli Hoeneß war schon immer ein Grenzgänger - seit ein paar Wochen stellt er sich aber selbst ins Abseits

Man muss Uli Hoeneß nicht mögen. Beileibe nicht. Das war auch nie der Anspruch des heute 66-Jährigen. Man muss anerkennen, was er für den Deutschen Fußball vor allem für den FC Bayern München getan hat. Mit 27 Jahren wurde er Manager bei den Münchenern und machte aus dem FCB den größten deutschen Verein. Einen der größten Vereine der Welt. Auf allen Ebenen. Sportlich und finanziell, aber auch und sogar vor allem vom Ansehen her. Das ist Hoeneß' Lebenswerk. Das bleibt bestehen. Nur er selbst schießt sich immer mehr ins Abseits.

Uli Hoeneß ist ein Mann großer Worte, großer Sprüche. Das weiß in Deutschland jedes Kind. Und weil Hoeneß' Lebenslauf als einer der Topmanager im Deutschen Fußball weit zurückreicht, wissen das auch viele Erwachsene. Die Sprüche des gebürtigen Ulmers sind legendär. Lothar Matthäus wird dank Hoeneß für immer als möglicher Greenkeeper gebrandmarkt sein. Die Unterstützung der Fans auf der eigenen Jahreshauptversammlung als "Scheißstimmung" abzukanzeln - auch das konnte nur Hoeneß. Mehr noch: Ganze Fehden von ihm gehören zur Deutschen Fußballgeschichte. Die besondere Verbindung zu Bremens Manager Willi Lemke und die Hassliebe mit Leverkusens Trainer Christoph Daum gibt genügend Stoff für viele weitere Geschichten und Anekdoten.

Hoeneß war immer Grenzgänger, immer Großmaul, immer ganz oder gar nicht. Ich bin kein Besserwisser, ich bin ein Bessermacher, hat er mal gesagt. In dem Wissen, dass er viel richtig gemacht hat. Und dass er polarisiert. Und eben auch in der festen Überzeugung, es doch meist auch wirklich besser zu wissen. Mit den Jahren hat sich dieses Selbstverständnis bei Uli Hoeneß nicht eingeschlichen, es ist mit der Tür ins Haus gefallen.

Seit Monaten arbeitet Hoeneß sich auf - jedoch nicht in Kleinkriegen als Bayern-Präsident gegen Liga-Konkurrenten, sondern als Weltverbesserer. Und genau das ist das Problem am neuen Hoeneß. Er ist nicht mehr der, der sein eigenes Heim beschützt. Nicht mehr der große Schutzpatron des FCB, als er beispielsweise einst die versammelte Presse nach dem ersten Champions League-Spiel von Toni Kroos zur Schnecke machte. Niemand sollte seinen Jungstar zu früh in den Himmel heben. Er brachte seine Schützlinge in Deckung, in dem er jemand anderes in die Schusslinie warf. Doch aus dieser Warte heraus agiert Hoeneß nicht mehr.

Der 66-Jährige ist angreifbar geworden. Der Steuer-Skandal, die Konten, das jahrelange Vabanquespiel, das Doppelleben - all das hat ihn als Person in ein trübes Licht gerückt. Mit Aussagen wie "Kriminelle haben im Fußball nichts verloren" oder "Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern." hat er den Mund im Nachhinein zu voll genommen. Dass er wieder Präsident des FC Bayern ist, zeigt, welchen Status er bei einem Großteil der Fans hat. Ein Heiliger, dem man sogar eine solche Sache nicht wirklich übel nimmt. Viel schlimmer ist aber, dass sich Hoeneß keinesfalls geläutert zeigt.

Hoeneß agiert von oben herab, als Herrscher über alle. Sein Anruf bei Löw und Bierhoff während der WM zeugt davon. Er setzt sich über den Bundestrainer und den Teammanager hinweg. Besserwissen statt besser machen lassen. Im Nachhinein fühlte sich der FCB-Präsident bestätigt, und keilt gegen den nächsten aus: Mesut Özil. Nicht einmal, nein, gleich mehrere Male giftet er gegen den Weltmeister. Ohne jegliche Rücksicht, ohne Grund, ohne, dass er irgendetwas Sinnvolles zu diesem Thema beizutragen hätte. Die Art und Weise ist erschreckend.

Fußballsendungen tun gut daran, Hoeneß einzuladen. Er ballert Möchtegern-Weisheiten und große Sprüche mittlerweile im Sekundentakt heraus. Es ist, als wollte der große Uli Hoeneß sich selbst präsentieren. Hier, seht mich an. Ich bin immer noch der Alte, immer noch der, den ihr geliebt habt. Immer noch der, der immer noch einen draufsetzt. Hoeneß, der Grenzgänger eben. Nur, dass er die Grenze überschritten hat - nicht mit einer Zehenspitze, sondern schon meilenweit.

Der Höhepunkt ist nun die Schelte gegen Antero Henrique. Bis vor wenigen Tagen in Deutschland ein relativ unbekannter Mann. Und wenn es nach Hoeneß geht, bleibt das auch so. Henrique ist Sportdirektor bei Paris Saint-Germain. Einer der absoluten Top-Clubs im Europäischen Fußball. Ein Wechsel von Bayerns Verteidiger Jerome Boateng nach Paris stand im Raum, scheiterte aber letztlich. Woran ist nicht klar. Zeitungen schreiben davon, dass Paris plötzlich weniger zahlen wollte, andere Blätter meinen, die Bayern haben den Preis kurzfristig doch noch höher angesetzt. Beides unnötiges und unschönes Verhalten. Hoeneß aber setzt dem Ganzen die Krone auf: "Ich würde Paris Saint-Germain raten, seinen Sportdirektor auszutauschen. Dieser Mann ist kein Aushängeschild für diesen Verein. Wenn PSG ein Weltklub sein will, kann sich der Verein einen solchen Sportdirektor nicht leisten."

Ein Fußball-Präsident eines Deutschen Vereins nimmt es sich also heraus, ein vernichtendes Urteil über einen Sportdirektor eines französischen Vereins zu fällen. Es zeigt deutlich: Hoeneß übertreibt seine Rolle. Er ist nicht der Rächer der Enterbten, nicht der Oberbefehlshaber des Deutschen oder Europäischen Fußballs, nicht der Allwissende. Auch, wenn er das wohl gerne wäre - diesen Eindruck haben die letzten Wochen vermittelt. Uli Hoeneß' Selbstverständnis hat nicht gelitten, seine Selbstbewusstsein aber anscheinend schon. Hoeneß wirkt wie ein bockiges Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hat und mit dem man ganz doll geschimpft hat und das jetzt zeigen will, wie toll und großartig es doch eigentlich ist. Vielleicht ist es nur der verzweifelte Ruf eines mittlerweile gar nicht mehr so großen Mannes nach Anerkennung, nach Wertschätzung, nach Öffentlichkeit.

Hoeneß sollte sich ganz schnell darauf besinnen, was sein Job ist. Präsident beim FC Bayern. Nicht weniger, aber auch sicher nicht mehr. Und auch wenn es für den FCB in der Bundesliga schon fast langweilig gut läuft, darf sich Hoeneß nicht das Recht rausnehmen, jeden und alles zu diskreditieren und zu maßregeln. Man möge sich einmal die Reaktion von Uli Hoeneß vorstellen, wenn ein Florentino Perez, Präsident von Real Madrid, sagen würde: "Ich würde dem FC Bayern raten, seinen Sportdirektor auszutauschen. Dieser Mann ist kein Aushängeschild für diesen Verein. Wenn der FCB wirklich ein Weltklub sein will, kann sich der Verein einen solchen Sportdirektor nicht leisten." Uli Hoeneß würde einen hochroten Kopf bekommen. Und vermutlich nicht nur das. Vielleicht sollte es aber auch einfach mal jemand tun und Hoeneß in die Schranken weisen. Ihm würde das vermutlich nur gut tun.

"Er ist ein Selbstdarsteller mit einem außergewöhnlichen Hang zum Größenwahn." Das sagte Hoeneß einst über Christoph Daum. Wie schnell sich der Wind doch dreht.

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