Es ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her, als meine Leidensfähigkeit zum wiederholten Male geprüft wurde. "Eintracht Trier verpflichtet Mario Basler als Chefcoach", las ich da in diversen regionalen und überregionalen Gazetten, bei Spiegel Online und sogar in der BILD. Ausgerechnet Basler! Diesen ketterauchenden Wichtigtuer, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Der vorläufige Tiefpunkt einer Entwicklung, die ihren Anfang in der Saison 2004/2005 hatte.

Es ist nicht einfach, Fan von Eintracht Trier zu sein. Obwohl große Teile des Umfelds immer wieder gerne vom "Traditionsverein von der Mosel" sprechen, sieht die Titelbilanz doch eher düster aus: Ein paar mal südwestdeutscher Meister in grauer Fussball-Vorzeit, zweimal Amateurmeister Ende der 1980er Jahre. Und sonst? Seit Mitte der 1990er Jahre eine stabile Regionalligamannschaft, deren größter Erfolg im Jahre 1997 die sensationellen Pokalsiege gegen den amtierenden UEFA-Cup-Sieger Schalke 04 (1:0) und den amtierenden Champions League-Sieger Borussia Dortmund (2:1) waren. Erst im Halbfinale, für das mit Spenden aus der Bevölkerung (!) eine Flutlichtanlage im maroden Moselstadion errichtet wurde, war gegen den MSV Duisburg mit 9:10 im Elfmeterschießen Schluss. Wäre die Eintracht tatsächlich ins Finale gegen den übergroßen FC Bayern vorgerrückt, der sich später für die Champions League qualifiziert hätte, hätte Trier in der folgenden Saison UEFA-Cup gespielt. Als Drittligist. Doch bekanntermaßen kam es soweit nicht, die erste verpasste Chance auf finanzielle Konsolidierung des damals schon so finanzschwachen Vereins.

Ende der 1990er Jahre dann kam die Affäre Doerfert. Wie 1999 heraus kam, hatte der damalige Präsident Hans-Joachim Doerfert, der zugleich Vorsitzender der Caritas-Trägergesellschaft Trier (ctt) war, Gelder in Millionenhöhe veruntreut und neben dem FSV Salmrohr und dem 1. FC Saarbrücken auch Eintracht Trier zugeschleust. In Folge des Prozesses stand Trier vor der Insolvenz. In dieser schwierigen Situation schaffte es der neue Präsident, der Bundestagsabgeordnete Peter Rauen, mit Paul Linz einen "Trierer Jung'" und gleichzeitig etablierten Zweitligatrainer zu verpflichten. Mit einer Mischung aus Talenten, ehemaligen Bundesligaspielern und dem eigenen Nachwuchs schaffte Linz 2002 sensationell den Aufstieg in die Zweite Liga.

Es waren drei herrliche Jahre für den Verein und die Fans! Platz 7 in der ersten Zweitligasaison, ein Mittelfeldplatz in der zweiten Saison. Und dann kam die verflixte dritte Saison. Eigentlich hatte sie gut angefangen. Die Feierlichkeiten für die 100-Jahr-Feier standen an, und die Landesregierung um Kurt Beck hatten signalisiert, einen Stadionneubau zu unterstützen. Die Spielstätte, das Moselstadion, war und ist eine echte Bruchbude. Es wurde ein Neubau an gleicher Stelle und eine Lösung an anderer Stelle leidenschaftlich diskutiert, doch alle Signale waren gut. Oberbürgermeister Helmut Schröer signalisierte schließlich: Der Stadionneubau kommt - vorausgesetzt, der Klassenerhalt wird geschafft. Und das sah nach der Hinrunde und Platz 10 gar nicht schlecht aus.

Aber wie so oft in Trier, kam alles anders. Am Ende stieg man wegen eines einzigen Tores Differenz ab (und ich selbst erinnere mich leidvoll an insgesamt drei (!) verschossene Elfmeter im eigenen Stadion in jener Saison) und die Verantwortlichen hatten keinen Plan B in der Tasche. Klar war nur: Es kommt kein Stadion, der Etat muss zurückgefahren werden, und Paul Linz war nach einer Prügelei in der Vereinskneipe am Abstiegstag auch nicht länger als Chefcoach haltbar.

Also ging man eigentlich einen vernünftigen Weg: Mit Michael Prus verpflichtete man einen Trainer, der die Trierer A-Jugend gerade in die Bundesliga geführt hatte und setzte auf Eigengewächse. Trier, in einer strukturschwachen Region gelegen, hatte plötzlich kein Geld mehr. Der Hauptsponsor zahlte weniger, und die wenigen, lokal ansässigen Großkonzerne durften nicht werben (wie JTI/Reynolds) oder hatten kein Interesse an lokaler Förderung (wie die Bitburger Brauerei). Der Start in die Saison verkorkste völlig, und der Vorstand um Herrmann Gläsener, den es später zu höheren Aufgaben nach Koblenz zog (und dort gerade einen Millionenprozess gegen die TuS führt) zauberte einen neuen Trainer aus dem Hut: Eugen Hach. Genug gesagt.

Wie immer, kam es noch schlimmer: Direkter Abstieg in die Oberliga, der neue Trainer Roland Seitz nach erfolgreichem Saisonstart von Paderborn weggekauft, Marco Pezzaiuoli, mittlerweile U16-Nationaltrainer beim DFB grandios gescheitert, Adnan Kevric, sportlicher Leiter und Trainer in Personalunion zurückgetreten, sodass man mit Herbert Herres den Trainer der A-Jugend verpflichtete. Später kam dann noch Werner Kartz, der 6. Trainer in einer Saison. Rekord!

Dennoch wurde in der Folgesaison die Qualifikation für die neue Regionalliga geschafft. Geblendet von diesem Erfolg entzog man dem bis dahin solide und erfolgreich arbeitenden Werner Weiss das Traineramt und steckte das Geld in Mario Basler. Einen erfolgreichen Trainer, unter dem die Mannschaft eine mehr als positive Entwicklung nahm, abgesägt, Dummschwätzer Basler als neuen Trainer. Man kann sich sicherlich vorstellen, wie ungläubig ich auf diese Neuigkeiten reagierte. Ehrlich gesagt: Ich hätte kotzen können.

Am Ende der Saison stand Platz 13 zu Buche, und ich sah mich bestätigt. Doch mittlerweile hege ich eine leise Hoffnung auf Besserung. Basler hat eigenverantwortlich neue Spieler geholt (die meisten von seinem Schwäger, dem Spielerberater Roger Wittmann - ein Schelm, wer böses dabei denkt), die tatsächlich einschlagen. Trotz aller Plattitüden, die er von sich gibt, trotz sämtlichen dämlichen Interviews (Das hier muss man gelesen haben!) - durch Super-Mario ist Eintracht Trier plötzlich wieder bundesweit präsent. Der Pokalsieg gegen Hannover 96 war da so etwas wie das Tüpfelchen auf dem i, eine bundesweite Präsenz macht Trier auch für Sponsoren wieder interessant. Die Mannschaft, eine gesunde Mischung aus Routiniers, Ex-Bundesligaspielern und (auch regionalen) Talenten ist intakt und die Fans identifizieren sich mit ihr.

Bleibt zu hoffen, dass auch der sportliche Erfolg zurückkehrt. Der Saisonstart verlief äußerst gelungen, und vielleicht habe ich Mario Basler auch unterschätzt. Wir wollen in die dritte Liga, Basler will sich als Trainer profilieren - vielleicht klappt es ja. Und wenn nicht: Leid sind wir in Trier ja gewöhnt. Zu Genüge.