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Von: Whittard
22.08.2017 | 2346 Aufrufe | 0 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 8.0
Rupp der Freigeist
Hoffenheim vs. Liverpool 2017/18
Wie Nagelsmann ohne Mittelfeld Klopps Mittelfeld schlagen wollte

Zum ersten Mal hieß es: Europapokal in Sinsheim. Gegen Liverpool. Gegen Klopp. Gegen eine Mannschaft, die stark kontern kann. Eine Mannschaft, die bärenstarke Dribbler im Sturm hat und ein Mittelfeld, das zweikampfstark, laufstark und taktisch auf hohem Niveau spielt. Wie knackt man so eine Mannschaft, wie gewinnt man die wichtigen Duelle im Mittelfeld? Gar nicht! Man verweigert ganz einfach das Duell um das Mittelfeld und konzentriert sich auf die Bereiche davor bzw. dahinter. Doch der Reihe nach.

Rupp der Freigeist

Hoffenheim startete aus einer 3-4-3 Grundordnung, das bei Ballbesitz in ein 3-3-4 / 3-3-2-2 mit Rupp und Kramaric als (eingerückte) Link- bzw. Rechtsaußen, Gnabry und Wagner als Sturmspitze überging. Die Defensivgrundordnung bestand aus einem 5-3-2. Liverpool spielte mit ihrem gewohnten 4-3-3. Das interessante an Hoffenheims System war Rupps besondere Rolle: Er sollte bei eigenem Ballbesitzt als Linksaußen vorrücken (oft sogar in einer Linie mit Wagner und Gnabry, der sich aber auch oft zwischen den Linien bewegte), um so im Idealfall zwei Verteidiger (Arnold und Matip) zu binden. Rupp sollte sich gar nicht am Spielaufbau aktiv beteiligen, sondern durch seine Präsenz und Bewegungsabläufe Raum für seine Mitspieler schaffen. In der Defensivordnung reihte er sich dann wiederum neben Demirbay auf der Sechs ein.

Hoffenheims Grundordnng im Angriff

Die Mittelfeldunterbesetzung führte zu folgenden, interessanten Konstellationen:

  1. Mit 4 Spielern in vorderster Front ergab dies gegen Liverpools Viererabwehrkette eine Eins gegen Eins Situation, welches für Liverpool riskant war, da die Verteidiger ohne Backup gegen ihren Gegenspieler verteidigen mussten.
  2. Der Verteidiger muss beim Zurückfallen eines Stürmers entscheiden, ob er seine Position behält ODER den Stürmer verfolgt und dadurch die Abstände innerhalb der Kette größer werden lässt. Nun ist es so, dass im Normalfall der Verteidiger den Stürmer einige Meter verfolgen wird, um ihn bei der Ballannahme größtmöglich zu stören, außerdem ist ja da noch der Mittelfeldspieler, der den Stürmer aufnehmen und bei der Ballannahme von vorne attackieren kann. Daher ist es auch so wichtig, dass die Abstände zwischen den einzelnen Ketten nicht zu groß werden und genau das wollte Hoffenheim erreichen! Sie wollten die Ketten auseinanderziehen und die Liverpooler Spieler vor dem Dilemma stellen Hinterherlaufen (was zu einer 3-gegen-3 Situation in der Abwehrlinie führt) oder Position behalten (frei anspielbarer Stürmer, der mit einer 4-gegen-4 Situation auf einen zuläuft). Des Weiteren kann eine solche 4-gegen-4 Situationen zu Verwirrung der Defensivreihe führen, wenn die Stürmer geschickt die Positionen tauschen, kreuzen oder sich zurückfallen insbesondere, wenn diese Komponenten gleichzeitig zum Einsatz kommen!

Durch die breite Staffelung Hoffenheims Außenverteidiger war Liverpools Dreiermittelfeld gezwungen, ihre Kompaktheit aufzugeben, da die äußeren Mittelfeldspieler (Can und Wijnaldum) diese anlaufen bzw. verteidigen mussten resultierend aus dem Umstand, dass Liverpools Außenverteidiger durch Hoffenheims Außenstürmer gebunden waren. Besonders Gnabry versuchte dies oft auszunutzen und bewegte sich gut zwischen den Linien, doch Liverpools Mittelfeldspieler konnten durch geschicktes Anlaufen (Deckungsschatten), hoher Laufleistung und gutes Verschieben diese Situationen weitestgehend vermeiden. Auf Links konnte Mane auf Kaderabek auch besser Druck ausüben als auf der anderen Seite Salah, weshalb in Halbzeit Eins vermehrt die Angriffe bzw. der Spielaufbau über Zuber lief.

Hoffenheim versuchte Liverpool herauszulocken, worauf sie sich natürlich nur selten einließen. Hoffenheim spielte dadurch oft den Ball ohne Raumgewinn innerhalb der eigenen Dreierkette hin und her und wartete auf Liverpools Anlaufversuche. Sie zogen das Spielfeld in die Breite (Außenverteidiger) und in die Länge (Vier Stürmer), das Liverpool unbedingt durch disziplinierte Kompaktheit verteidigen musste.

Hoffenheimer Anlockversuche

In Minute 19 schaffte es Hoffenheim zum ersten Mal Liverpool zum Pressing zu locken, woraufhin der Effekt der Vier Stürmer deutlich zu erkennen war: Hoffenheims Dreierkette spielte sich einige Mal von links nach rechts den Ball zu ohne Gegendruck von Liverpool zu erfahren. Als Bicakcic den Ball erhielt, lief auf einmal Firmino diesen an (Mane und Salah stellten Vogt und Hübner zu) woraufhin sich schon der Abstand zu der Mittelfeldreihe vergrößerte (sie hatten Bicakcic wohl als technisch schwächsten in der Dreierkette ausgemacht und wollten wohl häufiger ihn unter Druck setzen). Diesem gelang es jedoch Firmino zu narren: Er ließ ihn ins Leere laufen und konnte so den Ball auf Kaderabek spielen. Dadurch musste Liverpools linker Achter Can Kaderabek anlaufen, während Henderson und Wijnaldum entsprechend nachschuben. Der Abstand der Abwehrkette zur Mittelfeldreihe wuchs an, da die Drei Stürmer ihre Positionen behielten bzw. sich für einen Sprint nach vorne vorbereiteten und dadurch die Verteidiger zum Nachschieben verhinderten (Gnabry positionierte sich bereits zwischen Abwehr- und Mittelfeldreihe). Während Kramaric sich nach vorne bewegte, lief Wagner den umgekehrten Weg und ließ sich fallen und konnte von Kaderabek angespielt werden. Er konnte den neben sich befindenden Gnabry anspielen, dessen etwas unsaubere Ballannahme und -weitergabe führte jedoch dazu, dass der gewonnene Raumgewinn wieder verloren ging.

Vorrückverhalten mit passivem Stellungsspiel

In der 6. Minute konnte man das Risiko sehen, was ein Vorrücken eines einzelnen Verteidigers auslösen kann: Kaderabek erhielt auf rechts den Ball und wurde von Wijnaldum nur zaghaft angegriffen bzw. angelaufen, auch Mane machte von hinten nur wenig Druck und lief fast auf diesen lediglich zu. Dadurch, dass Kramaric sich etwas fallen gelassen hatte und Moreno diesem hinterhergelaufen war, verließ dieser seine Position aus der Abwehrkette. Da Wijnaldum keinen Druck auf Kaderabek ausübte und Moreno Kramaric aus den Augen verlor und lediglich die Seite zumachte, konnte Kaderabek den sich zurückfallenden Wagner diagonal anspielen, der wiederum direkt per Hacke den Ball auf den startenden Kramaric (wiederum diagonal) weiterleitete. Dieser konnte auf der Seitenlinie das Duell gegen Lovren gewinnen, die nachfolgende Hereingabe konnte Gnabry jedoch nicht erreichen. Doch diese Szene macht deutlich, wie wichtig es ist, dass Liverpool die Abstände so gering wie möglich halten muss: Morenos Lösen (und Vorrücken) von der Kette und bloßes Zustellen der Linie zwang Lovren wiederum seine Position zu verlassen.

Weitere Auffälligkeiten

Rupp und Kramaric tauschten nach 23 Minuten die Positionen nach Nagelsmann Anweisung (Lukas! Lukas! Tausch mal mit Andre!), da bis dato Kramaric sich auf der rechten Seite kaum gegen Moreno durchsetzen konnte. Des Weiteren war zu beobachten, dass Gnabry und Wagner noch nicht so gut harmonierten, die Laufwege müssen besser werden und sie standen sich teilweise auf den Füßen. Hoffenheim wirkte manchmal etwas überhastet und suchte oft den langen Ball aus dem Halbraum nach vorne um Wagner zu finden, damit dieser auf seine Sturmpartner ablegen konnte. Lovren hatte ihn jedoch gut im Griff und auch ansonsten bewegte sich Liverpools Abwehrreihe sehr geschickt, Lovren war diesbezüglich ein guter Dirigent. Liverpool versuchte oft nach Ballgewinn direkt den langen Ball auf ihre Außenstürmer zu suchen, Mane fand gegen Bicakcik immer besser ins Spiel und konnte sich auf Links öfter mal gut durchsetzen (ein Foul von Bicakcic an Mane führte auch zum Freistoß, das zum Tor resultierte). Mit Nordtveit wurde es ein wenig besser. Hoffenheim fehlten Süles gute Spieleröffnung und Diagonalverlagerungen, Nordtveit zeigte jedoch gute Ansätze (Torvorbereitung für Uth), aufgrund seiner besseren Qualitäten im Spielaufbau wird er wohl im Rückspiel starten.

Rückspiel

Hoffenheim zeigte gute Ansätze, wie sie Liverpool gefährlich werden können. Wenn sie geduldig den Ball in den eigenen Reihen spielten (Fünf Abwehrspieler + Demirbay) und die restlichen Spieler vorne durch kreuzende oder gegenläufige Läufe die Abwehrreihe verwirrten, konnten Lücken entstehen, die Hoffenheim leider nicht effizient nutzen konnte. Doch prinzipiell sollte dies auch die Marschroute für das Rückspiel sein: Mit großer Ruhe Ball (und Gegner) kontrollieren und durch kluge Bewegungen Lücken erzeugen bzw. Diagonalverlagerungen Raum schaffen. Sie sollten nicht überhastet volles Kommando stürmen, denn dann laufen sie Liverpool ins offene Messer.

Sollte Nagelsmann seine Taktik mit Rupp als vorstoßenden Stürmer beibehalten oder gar an einen Systemwechsel denken? Unabhängig von der Wahl sollte nicht an Rupps feinen, technischen Fähigkeiten (insbesondere auf engem Raum) gezweifelt werden. Amiri bspw. hat zwar in seinen Aktionen mehr Zielstrebigkeit gen gegnerisches Tor und eine höher Explosivität entscheidet sich Nagelsmann jedoch für (mehr) Ballkontrolle, sollte ein Rupp nicht fehlen.

Zwei Schwächen von Liverpools Spielern bzw. System könnten hier attackiert werden. Zum einen die zu passive Defensivarbeit der Stürmer (insbesondere Salah), als auch das auf Kompaktheit angestrebte Mittelfeld. Hoffenheim könnte sich entscheiden, gezielt auf Salahs Seite Überzahl zu erzeugen, da er seine Gegenspieler lediglich zustellt und sie nicht unter Druck setzt. Das machen zwar Can bzw. Wijnaldum wieder wett, doch entstehen dann Räume, die genutzt werden können (z.B. für Seitenverlagerungen oder zentrale Angriffsmöglichkeiten durch aufrückende Sechser). Gerade im Hinblick auf kluge Verlagerungen zeigte Nordtveit gute Ansätze, er sollte daher den Vorzug vor Bicakcik erhalten. Vorstellbar ist jedoch auch, dass er als defensiver Sechser neben Demirbay aufläuft.

Eine weitere Möglichkeit wäre, in einem 4-5-1 das Mittelfeld zu dominieren. In der Grafik unten ist zu sehen, dass eine Seitenverlagerung auf Kaderabek einen großen Raumgewinn bedeuten würde. Entscheidet sich Henderson jedoch dafür, Rupp zu verfolgen, kann zwar Moreno dadurch sich Kaderabek widmen, im Mittelfeld entstünde dann jedoch eine große Überzahl für Hoffenheim und sie könnten sich dem Tor über die Mitte nähern.

Alle Systemvarianten bedingen jedoch, dass Hoffenheim:

  • in keine Panik verfällt,
  • den Ball gut durch die eigenen Reihen spielt, um sich gute Ausgangspositionen für einen Angriff zu verschaffen und
  • dem Spiel Breite gibt (entweder durch ihre Außenverteidiger oder stürmer) um Liverpools Mittelfeld auseinander zu ziehen.

Zu guter Letzt wäre es von Vorteil, wenn Salah und/oder Mane weiterhin ihre Defensivschwächen aufweisen, da dadurch die beiden Achter gezwungen sind, lange Wege zu bestreiten und sich dadurch Räume für Hoffenheim entwickeln.

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