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12.10.2016 | 10684 Aufrufe | 5 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 9.5
Neue Euphorie im Schwabenland
Hannes' Wolfsrudel im Anmarsch
Der klassische Trainereffekt oder steckt mehr dahinter?

Der neue VfB- Hannes' Wolfsrudel im Anmarsch


Vier Punkte aus den ersten beiden Spielen lassen einen Hannes Wolf zu einem geglückten Start in Stuttgart beglückwünschen.

Ohne vorige Referenzen im Profifussball ausgestattet, war es sowohl von Vereinsseite als auch von Hannes Wolf selbst eine mutige Entscheidung und einen Schritt ins Ungewisse. Ungewiss vielleicht, aber gleichwohl waren sich beide Seiten bewusst, dass sich mit dieser Entscheidung auch eine glorreiche Zukunft auftun kann.

Zweifellos ist ein Zwischenfazit und eine fundierte Beurteilung seines Wirkens nach drei Wochen Amtszeit verfrüht aber dennoch ist unverkennbar eine neue Aufbruchsstimmung in Cannstatt zu spüren. Das Offensivspektakel letzten Montag hat da zum großen Teil beigetragen, als man die Fürther mit 4:0 abfertigte und sich einige Fans im Stadion gefragt haben dürften: Ist das wirklich unser VfB?


Das letzte Mal als man vier Tore in einem Pflichtspiel schoss, war das 5:1 am 5. März gegen Hoffenheim, was gleichbedeutend mit dem letzten Sieg in Liga 1 war, bevor man einen katastrophalen Saisonendspurt hinlegte, der verdientermaßen den Klassenerhalt kostete. Sieben Monate später findet man sich nun eine Liga tiefer auf Platz drei der Tabelle wieder und hat trotz der noch jungen Saison bereits den ersten Trainerwechsel hinter sich. Doch sportlich ist schon zwei Wochen später von Krise oder unruhigen Zeiten nichts mehr zu spüren.


Der Grund dafür ist einfach. Das Gespann von Hannes Wolf und Jan Schindelmeiser sorgt für einen Stimmungswandel und die dringend benötigte Einigkeit in der sportlichen Leitung. Doch wer ist Hannes Wolf überhaupt und für was für eine Art von Fussball steht er?

Als Spieler waren RW Essen und die Amateurmannschaft des FC Nürnberg das höchste der Gefühle und Wolf muss den Traum vom Profifussballer früh ad acta legen. Er beginnt ein Sportwissenschaftsstudium und wird Spielertrainer beim ASC Dortmund. Als er 2009 zu Dortmunds Amateurfußballer des Jahres gekürt wird, wird der bei der Preisverleihung anwesende Jürgen Klopp auf ihn aufmerksam und ist von der Rede des Preisträgers so beeindruckt, dass er den Kontakt zu Wolf sucht und ihn später zum BVB holt. Dort machte Wolf in den letzten Jahren durch große Erfolge in der Juniorenabteilung von sich reden. In den letzten 3 Spielzeiten errang er zweimal mit der U17 und einmal mit der U19 die Meisterschaft.

Neben seinen Titeln, überzeugt er durch seine Persönlichkeit und Kommunikation. Lob erntet Wolf auch von höchster Ebene. DFB-Ausbilder Frank Wormuth bescheinigte Wolf eine hohe Fachkompetenz. Des Weiteren sei er "sehr akribisch, kann Inhalte sehr gut vermitteln und hat eine sehr gute Ansprache". Auch wenn er Vergleiche mit seinen Förderern Jürgen Klopp und Thomas Tuchel ablehnt, sind Parallelen unverkennbar. Wolf verkörpert ein sehr laufintensives System mit aktivem Verteidigen. Man darf sich also auf Pressing und dynamisches Offensivspiel freuen. Er ist ein moderner Trainer, der viel Wert auf Kommunikation legt. Obwohl er sagt, sein Fussball sei schnell, intensiv und emotional, ist er kein Vulkan, der den Platz zusammenschreit. Er bevorzugt Gespräche auf Augenhöhe und fordert ein harmonisches Miteinander. Diese Art kam bei den jungen Spielern in der BVB-Jugend sehr gut an und wirkt hoffentlich auch bei Routiniers wie Gentner und Großkreutz. Andersrum betrachtet, ist es auf Grund seines jungen Alters auch eine Art von Respekt gegenüber den bewährten Kräften, sie miteinzubinden und sich nicht über sie zu stellen.

Bei Interviews mit Wolf wurde zudem deutlich, dass er weder sich selbst, noch den Erfolg seiner Teams als One-Man-Show betrachtet. Er fordert und fördert den Teamgeist und sorgt dafür, dass eine echte Mannschaft auf dem Platz steht. Diese Eigenschaft ist für den VfB in der aktuellen Situation eminent wichtig. Man mag sich nicht vorstellen, wie sich die Neuzugänge Pavard, Asano und Mane gefühlt haben, nachdem Luhukay sie öffentlich demontierte und klarstellte, dass er sie nicht im Team haben wollte. Bis mindestens zur Winterpause hätten sie unter Luhukay kaum Spielzeit gesehen und wären so auch nicht ins Team aufgenommen und integriert worden. Daher war es für die drei Jungs ein absoluter Segen, dass ein neuer Trainer kommt, der dazu noch sehr gut mit jungen Spielern arbeiten kann und sie fördert. So belohnte er auch Pavard und Mane mit ihren Startelf-Debüts und diese dankten es ihm in Form von hervorragenden Leistungen zurück. Natürlich kann man solche Leistungen nicht in jedem Spiel von ihnen erwarten, schließlich sind junge Spieler oft noch sehr inkonstant und haben Formschwankungen. Sie wissen aber auch, dass sie nun von einem Mann trainiert werden, der auf sie baut und als vollständige Mitglieder des Teams sieht und sie nicht ausschließt. Dieses Vertrauen ist für junge Spieler in einem fremden Land und neuer Sprache extrem wichtig. In dieser Hinsicht dürfte sich Wolf als absoluter Glücksfall für den VfB herausstellen, denn dass Pavard, Asano und Mane eine Menge Potential besitzen ist nicht zu übersehen.


Die aktuelle Länderspielpause kam zeitlich auch nicht ungelegen, da er nun Zeit hatte, die Mannschaft besser kennenzulernen und ihr seine Spielidee einzuimpfen. Da war es ganz geschickt, dass man nun in Ruhe arbeiten konnte und erstmal keinen Druck hatte, sich auf das nächste Spiel vorbereiten zu müssen.

Man darf gespannt sein wie der VfB auftritt, wenn Wolf und seine Taktikvollständig in Stuttgart angekommen sind. Ich bin zuversichtlich, dass man einen temporeichen Offensivfussball sehen wird, der gepaart mit der individuellen Klasse der Spieler für den Aufstieg sorgen wird. Vor allem aber sollte die Arbeit gegen den Ball besser funktionieren als unter Luhukay, Kramny, Zorniger. Gerade Zorniger hatte eine ähnliche Spielidee, die aber (zu) extrem aus frühem Attackieren und Pressing bestand. Wenn Wolf es schafft ein aggressives Pressing zu installieren, wird man jede Zweitligamannschaft vor Probleme stellen, überhaupt einen geordneten Spielaufbau hinzubekommen.


Jede frühe Balleroberung bewirkt dann, dass man selbst relativ nah am gegnerischen Tor in Ballbesitz gelangt und seine Offensivstärke ausspielen kann. Diese Art von intensivem Fussball wird man brauchen um in Liga zwei bestehen. Schließlich geht der VfB in nahezu jedem Spiel als Favorit ins Spiel und die Gegner mauern sich erstmal hinten ein und machen die Räume vor dem eigenen Strafraum sehr eng. Mit langsamem und einfallslosem Ballbesitzgeschiebe kann man da nicht viel erreichen. Genau hier setzt Wolfs Spielidee an, der schnelle Balleroberungen fordert und den Gegner so in einer ungeordneten Formation erwischen will. Wenn alle Spieler mitziehen wird man bald eine VfB Mannschaft sehen, die wie ein hungriges Rudel dem Ball nachjagt und erobert.

Diese neuen Impulse und deutlich intensivere Spielweise tun den Spielern gut. Die Mannschaft ist auch prädestiniert dafür. Man hat viele läuferisch starke Spieler wie Gentner, Großkreutz und Werner und dazusind viele junge Spieler im Kader, die mit dieser Spielidee und Taktik ausgebildet worden sind. So kann man einen deutlich ansehnlicheren und aggressiveren Fussball spielen. Das Risiko dieser Auffassung liegt in einer konteranfälligen Defensive. Im Abwehrzentrum sind Baumgartl und Pavard zwar noch jung, aber für den Spielaufbau und Unterbinden der Konter die beste Lösung. Technisch sind sie deutlich besser ausgebildet als Sunjic und Sama. Sunjic findet sich nun endlich auf dem Platz wieder, um den er sich seit langem beworben hat- dem Stammplatz auf der Ersatzbank. Besonders wenn man vorne aggressiv attackiert und die Verteidigung dann dementsprechend auch hoch steht, ist es wichtig relativ schnelle Verteidiger zu haben. Da war Sunjic mit seiner Behäbigkeit und seinem unerklärlichen Hang zu Leichtsinnsfehlern nicht mehr tragbar. Es spricht für Wolf, dass er hier keine Rücksicht auf den größeren Namen und die Erfahrung setzt, sondern Spieler aufstellt, die in sein System passen und der Mannschaft so mehr helfen können.

Es ist auch ein gutes Zeichen für die Harmonie zwischen Trainer und Sportdirektor, indem er sofort auf die Neuzugänge setzt und so Schindelmeiser aus der Schusslinie nimmt. Bestätigen sie ihren bisherigen Eindruck steht Schindelmeiser als Transferguru da, der gute und junge Spieler zum VfB gelotst hat und Luhukay als Sündenbock, der sie verkannte und lieber ältere und teure Spieler mit großem Namen ohne Spielpraxis wie Marin und Ronny wollte.

Das Duo Hannes Wolf und Jan Schindelmeiser steht auch sinnbildlich für den Umbruch, der im Verein stattfindet.

Der große Fehler des Sommers wurde schon bereinigt. Man hat jetzt einen Trainer, der von dem Sportdirektor ausgesucht wurde und seine Transfers auch einsetzt. Während Luhukay noch als Schnellschuss des sportlich inkompetenten Aufsichtsrates verpflichtet wurde, hat man nun (endlich) einen starken Mann, der für die sportlichen Geschicke des Vereins zuständig ist. Schindelmeiser geht mit starker Hand voran und gab bereits eine Kostprobe seines Handlungsvermögens. Er verpflichtete einige vielversprechende und begehrte Talente aus europäischen Ligen und demonstrierte Durchsetzungsvermögen, indem er sie trotz Widerstand des Trainers nach Stuttgart holte. Auch den anschließenden Machtkampf entschied er für sich und Luhukay warf mehr oder weniger freiwillig das Handtuch. Für diesen Mut zu unbekannten Spielern und einem unerfahrenen Trainer muss man Schindelmeiser danken. Denn in der aktuellen Situation des VfB kann man nur mit mutigen Entscheidungen nachhaltig Erfolg haben und Konstanz reinbringen. Sie waren die Art von kreativen Transfers, die man sich von ihm versprochen hatte. Nun liegt es an Wolf die Mannschaft zu einem verschworenen Haufen zu formen, der diese intensive Spielidee annimmt, die Gegner regelrecht attackiert und die Spiele dominiert und siegt. Dann wird es schwer, den VfB auf dem Weg zum Wiederaufstieg aufzuhalten. Ob schlussendlich der erste oder zweite Platz herausspringt ist zweitrangig, es zählt lediglich der Aufstieg. Wenn auch eine Liga tiefer, bin ich überzeugt, dass man in Stuttgart im Mai nächsten Jahres und 10 Jahre nach dem letzten Meistertitel, erneut eine Meisterschaft bejubeln können wird. Denn Hannes Wolfsrudel macht jetzt Jagd in Liga zwei!


Weiß-rote Grüße.

KOMMENTARE
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Sveski
12.10.2016 | 14:48 Uhr
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Sveski : 
12.10.2016 | 14:48 Uhr
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Sveski : 
Sehr guter Artikel.
Zu Hannes Wolf: ich freue mich unheimlich für den VfB dass er so einen jungen Trainer verpflichtet hat, man erkennt mit dem Sportvorstand nur einen richtigen Plan auf den konsequent gebaut wird. Nicht zu vergessen auch Jan Schindelmeiser, der meines Erachtens der Königstransfer des VfB ist. Man hat auf der PK und VfB im Dialog gemerkt dass der Mann Ahnung hat und er voll und ganz hinter Wolf steht. Nur so kann das ganze auch nur funktionieren, umso glücklicher bin auch dass das Missverständnis Luhukay so schnell beendet wurde.
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AchimBalotelli45
13.10.2016 | 05:51 Uhr
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AchimBalotelli45 : @Sveski
13.10.2016 | 05:51 Uhr
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AchimBalotelli45 : @Sveski
Danke für das Lob.

genau so seh ich das auch. Dieses Duo kann für den VfB Gold wert sein. Sie bringen frischen Wind rein. Da hilft auch, dass sie eben keinen Stallgeruch haben und die Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten.
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praesidinho
14.10.2016 | 09:28 Uhr
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14.10.2016 | 09:28 Uhr
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So traurig ich auch bin, dass Wolf den BVB verlassen hat, ich freu mich trotzdem für ihn - obwohl ich ihn gar nicht persönlich kenne - dass er diese Chance erhält.

Hatte ihn immer als Tuchel-Nachfolger gesehen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Besonders wenn er jetzt Erfahrungen im Profibereich sammelt, gerade was Ballbesitz angeht, wie du es ja geschrieben hast.

Schöner Blog, gut geschrieben.
Viel Erfolg euch, bis nächstes Jahr wieder in Liga 1.

P. S. Ihr wolltet echt Marin?
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AchimBalotelli45
14.10.2016 | 09:38 Uhr
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14.10.2016 | 09:38 Uhr
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Danke erstmal SchwabenHH und praesidinho

kann mich euch da auch nur anschließen. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns und noch vieles zu verbessern. Aber auf der anderen Seite stimmen eben auch die Voraussetzungen um guten Fussball zu spielen.

Wird schon werden. Bis in Liga 1 Praesidinho
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AchimBalotelli45
14.10.2016 | 09:38 Uhr
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14.10.2016 | 09:38 Uhr
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und ja Luhukay wollte Marin
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