Gerson scheint das nächste brasilianische Supertalent zu sein, dass den Sprung aus brasilianischen Heimat nach Europa wagt. Geht es nach dem 18-Jährigen, schnürt er seine Schuhe schon bald im Camp Nou beim FC Barcelona. Auch die Blaugrana sehen in Gerson ein Schlüsselspieler für die Zukunft. Vermutlich auch, weil sie durch ihn viel Geld sparen.
Den Anfang machte Ariedo Braida. Der Italiener, der seit Februar den internationalen Bereich der Sportkommission des FC Barcelona leitet, bestätigte gegenüber der "Gazzetta dello Sport" das Interesse an den brasilianischen Talenten Gerson und Kenedy. Beide spielen bei Fluminense in Rio de Janeiro, beide sind keine 20 Jahre alt, beide sind unfassbar talentiert. "Einer unserer Verbindungsmänner in Brasilien arbeitet daran. Es gibt die Option beide zu verpflichten", erklärte der Italiener Mitte Juni. Besonders bei Gerson schien das Interesse groß. Der 18-Jährige wurde am liebsten im Camp Nou auflaufen und hätte bereits eine Vereinbarung mit den Katalanen über einen Wechsel im Januar. Bis dahin dürfen die Katalanen bekanntlich aufgrund ihrer Transfersperre keine neuen Spieler einsetzen. Auch Gersons Vater bestätigte gegenüber der spanischen "Mundo Deportivo", dass sein Sohn künftig für die Blaugrana aufläuft: "Gerson wechselt im Januar nach Barcelona. Wir freuen uns über das Interesse anderer Teams, aber die Entscheidung ist gefallen: Sein Traum ist es, bei Barca zu spielen."
Soweit so gut. Blöd nur, dass der AS Rom dazwischenfunkte. Ironischerweise wenige Tage vor dem traditionsreichen Vorbereitungsturnier Torneig Gamper, bei dem die Römer gegen Barca antreten. 16 Millionen plus Bonuszahlungen, so soll das offizielle Angebot der Italiener für das Offensiv-Talent von Fluminense lauten. Wie spanische Medien übereinstimmend berichten, hat Barca nun bis Freitag Zeit, um das eigene Angebot nachzubessern - ansonsten bekommen die Römer den Zuschlag. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass Barca im Rennen um das brasilianische Talent den Kürzeren zieht. Denn Gerson will nach, Barcelona und nicht nach Rom. Selbst wenn der Klub aus Rio de Janeiro also lieber das Angebot aus Italiens Hauptstadt annehmen würde, unterschreiben muss der 18-Jährige immer noch selbst. Und wenn er nicht will, dann können die Verantwortlichen wenig machen. Allerdings darf "Flu" hoffen, dass Barca noch ein paar Millionen drauflegt - denn Gerson scheint fest in den Planungen der Katalanen eingebunden. Auch wenn zuletzt Gerüchte laut wurden, dass Präsident Josep Maria Bertomeu wenig Interesse an der Verpflichtung des Youngster aus Südamerika habe.
Doch damit dürfte der Präsident bei den Blaugrana ziemlich alleine dastehen. Denn im Gegensatz zu Kenedy, der als Stürmer angesichts der Konkurrenz um Neymar, Luis Suarez und Lionel Messi eh kaum Einsatzzeit bekommen würde, passt Gerson als flexibler Offensivspieler nicht nur perfekt in die Philosophie der Blaugrana, sondern auch ins System von Trainer Luis Enrique. Denn der 18-Jährige wirkt zwar auf den ersten Blick schmächtig, zeigte sich in seinen 15 Einsätzen in der brasilianischen Serie A in Zweikämpfen äußerst robust und lässt sich nicht herumschubsen. Bei den diesjährigen U20-Südamerikameisterschaften, wo er mit Brasilien Vierter wurde, bestätigte er diesen Eindruck. Und nicht nur das: Trotz seines Alters verfügt Gerson schon über ein herausragendes Spielverständnis und spielt teilweise lange Bälle mit einer Präzision, die an Barca-Ikone Xavi erinnern. Angesichts dieser Anlagen agierte Gerson in der Jugend vornehmlich auf der Zehn, bei Fluminense spielte er bisher größtenteils auf den Flügelpositionen. Der Grund: Gerson spurtet teilweise mit einer Geschwindigkeit, die selbst Usain Bolt, Gareth Bale und Co. vor Neid erblassen lassen würde. Auch strahlt er von außerhalb des Strafraums große Gefahr aus und kann schon mal sehenswert per Freistoß netzten, obwohl ihm in der Serie A bisher noch kein Treffer gelang. Angesichts der vielen Rochaden im Spiel der Katalanen, könnte sich Gerson aber problemlos an einen Positionswechsel anpassen und im Spiel zwischen Zentrum und Außenbahnen hin und her wechseln.
Pogba = Gerson?
Wer sich jetzt an Paul Pogba erinnert fühlt, der liegt richtig. Denn der 18-Jährige zeigt tatsächlich ähnliche Anlagen wie der Star von Juventus Turin im selben Alter. Nachdem das Versprechen von Gerson an Barcelona bekannt wurde, trat die alte Dame sogar an die Katalanen heran und bot an, einem Pogba-Transfer zuzustimmen. Die Bedingung: Gerson müsste im Gegenzug zu Juve wechseln. Barca lehnte dankend ab. Wohl auch mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass Pogba in Barcelona in Zukunft gar nicht mehr so dringend gebraucht werden könnte. Denn Gerson besitzt nicht nur ähnliche Anlagen wie der Franzose, er könnte sich auch zu einem ähnlich guten Spieler entwickeln. Und: Er wäre obendrein deutlich preiswerter. Zwar spekulierte Fluminense nach Angaben von "ESPN" mit einer Ablöse von rund 30 Millionen Euro, selbst diese liegt aber deutlich unter den 80, die Barca angeblich für Pogba bot. Dass Juve wohl wenn überhaupt bei einem dreistelligen Millionenbetrag zugestimmt hätte, spricht für sich. Wenn Gerson tatsächlich zu einem Spieler auf Pogba-Level reicht, hätten die Katalanen also 80 bis 90 Millionen Euro gespart.
Bis Gerson dieses Niveau erreichen wird, sollten aber mindestens noch anderthalb Jahre vergehen. Denn noch ist der Brasilianer nicht konstant genug in seinen Leistungen, immer wieder taucht er nach einer starken Phase im Spiel vollkommen ab. Gut möglich, dass die Katalanen ihn im Januar direkt wieder verleihen, damit er Spielpraxis sammeln kann. Um sicherzustellen, dass sich ihr Rohdiamant auch tatsächlich zu einem Zehner von Weltformat entwickelt. Denn der soll Gerson einmal werden. Denn in diesem Jahr ist er definitiv noch nicht Barca Top-Transfer. Eher ein Königstransfer in Ausbildung.
