"Ich plädiere für klare Regeln zu einem Financial Fairplay auch in der Bundesliga." Mit diesem Zitat sorgte Werder Bremens Aufsichtsratsvorsitzender Marco Bode für einen weiteren Denkanstoß in einer Debatte, die bereits seit einigen Jahren emotional geführt wird. Es geht um Fairness, aber auch um Nachhaltigkeit. Es geht um das Einführen neuer Regularien, oder das Fortbestehen der aktuellen 50+1 und Financial Fairplay Regelungen. Es geht darum, wie der Fußball die Herausforderungen der Kommerzialisierung bewältigen soll. Und es geht nicht zu guter Letzt um die viel grundsätzlichere Frage, wer bestimmt in welche Richtung sich der Fußball entwickeln sollte und mögliche Entwicklungen final bewertet.
Fans gegen Investoren
Ein abgetrennter Bullenkopf als Protest gegen RB Leipzig, Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp im Fadenkreuz auf Plakaten Dortmunder Fans. Diese Aktionen sind die wohl deutlichsten Ausuferungen einer emotionalen Debatte über zunehmende Investitionen von Konzernen, bzw. Privatpersonen im deutschen Profifußball. Die Deutlichkeit der Proteste zeigt, wenn auch überspitzt, dass viele Fans gegen die zunehmende Einflussnahme von Investoren und externen Geldgebern im Fußball sind. Gleichzeitig nimmt jedoch der Einfluss von Investoren in allen Ligen und Vereinen des Profigeschäfts sukzessive zu. Die geschieht meist in rechtlichen Grauzonen und ist in der Regel (zumindest formal) legal. Unabhängig davon protestieren vor allem Fans zunehmend gegen diese, mitunter als "finanzielles Doping" beschriebene Entwicklung.
Fußballvereine als abhängige "Junkies"
In verschiedenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wird dabei auf eine Parallele zwischen klassischem, physischen Doping und dem im Fußball praktizierten "Finanzdoping" hingewiesen. Zentrale Aspekte die gegen das klassische Doping sprechen (z.B. Wettbewerbsverzerrung, Vorbildfunktion, Natürlichkeit, Gesundheit) können annähernd eins zu eins auf den finanziellen Kontext übertragen werden. Das wohl plakativste Beispiel sind hierbei Vereine, die sich durch die Unterstützung eines Investors in eine gefährliche finanzielle Abhängigkeit begeben. Die Vereine agieren dabei wie "Junkies", die abhängig von (finanziellen) Injektionen ihrer Unterstützer sind. Dabei werden sie mit zunehmenden "Finanzspritzen" immer abhängiger und erhöhen damit die Gefahr eines wirtschaftlichen Totalschadens. Das prominenteste Beispiel in Deutschland ist dabei wohl der TSV 1860 München und dessen schwierige Beziehung zu Investor Hassan Ismaik.
Wem gehört der Fußball?
Klar ist allerdings, dass es sich bei der beschriebenen Thematik nicht nur wie beim klassischen Doping um eine Frage der (finanziellen) Gesundheit handelt. Es geht auch darum, wer letztlich die Rechtmäßigkeit verschiedener Entwicklungen im Leistungssport zumindest mitzubestimmen hat. Während die Meinungen zur zunehmenden Kommerzialisierung von Seiten von Funktionären, Politikern oder mitunter auch Spielern meist Gehör finden haben die Fans nur ein eingeschränktes Mitspracherecht. Das Bild der Fans wird (meist negativ) geprägt durch eingangs beschriebene Protestaktionen; ein zielführender, meinungsabbildender Prozess findet nicht statt. Das ist sowohl schade als auch problematisch, da die Fans sowohl als relevante Zielgruppe als auch als stimmungsbildende Kulisse entscheidend am "Produkt" Profifußball beteiligt sind. Was unter dem Strich bleibt sind einige offene Fragen: Wie wird Fußball-Deutschland in Zukunft mit der immer stärker voranschreitenden Kommerzialisierung umgehen? Welche Mittel und Wege einen Fußballverein zu finanzieren sehen Fußballfans als legitim an? Welche Werte sind den deutschen Fußballfans wichtig und wie könnten diese beispielsweise in zukünftigen Regulierungsmaßnahmen umgesetzt werden?
Auf der Suche nach Antworten bietet sich Ihnen und allen Fußballfans in Deutschland die Möglichkeit im Rahmen einer Umfrage Ihre persönliche Meinung kundzutun und damit einen Beitrag zur Beantwortung der beschriebenen Fragen zu leisten.