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30.09.2009 um 15:08 Uhr
Favre der Schuldige?
Lucien Favre und die vermeintlich alleinige Verantwortung:

Am frühen Montagabend war es schließlich soweit: Hertha BSC Berlin trennte sich vom zuletzt erfolglosen Trainer Lucien Favre. Die 1:5-Pleite gegen Hoffenheim brachte das nach 5 Niederlagen in Folge ohnehin schon volle Fass zum Überlaufen. In der Liga stand Berlin bereits auf Platz 18 und der letzte Versuch eines Befreiungsschlages war nach nur 4 Minuten, also nach dem 2:0 für Hoffenheim durch Vedad Ibisevic, gescheitert und endete schließlich in einem Desaster. Der Rauswurf des verantwortlichen Trainers bei einer Serie von Misserfolgen ist zwar meist die logische Konsequenz, jedoch behielt weder Favre die alleinige Schuld am zuletzt unterirdischen Abschneiden seiner Mannschaft, noch wird der kommende, bisher nicht gefundene Trainer das Team von Hertha BSC Berlin nun sofort wieder auf die Erfolgsspur des letzten Jahres führen können.

Der aktuelle Misserfolg der Hertha hat seine Wurzeln schon in der Transferpolitik in der zurückliegenden Sommerpause und in der Zeit davor. Wichtige Leistungsträger wie Simunic, Voronin und sogar Pantelic wurden abgegeben. Auch wenn letzterer gegen Ende der Saison eine ständige Unruhequelle darstellte, traf er immerhin 7 mal in der Bundesliga. Ganz zu schweigen vom Stürmerkollegen Voronin, der gar 11 mal einnetzte und so zum Tor- und Siegesgaranten für die Hertha avancierte. Ähnlich schwerwiegend war der Abgang von Josip Simunic, einem der besten Verteidiger der Liga, der regelmäßig bis zu 80% seiner Zweikämpfe gewann, eine Top-Quote! Nun profitiert Hoffenheim von seiner Zweikampfstärke und letzten Sonntag brachte er seine Ex-Kollegen zum verzweifeln; bezeichnenderweise fiel das zwischenzeitliche 1:3 für Berlin durch einen direkten Freistoß. Neben diesen geplanten Abgängen kamen auch noch unerhoffte Ausfälle hinzu: Herthas Keeper Jaroslav Drobny, der eine überragende letzte Saison spielte und somit den Berlinern wichtige Punkte rettete, kann seinem Verein seit dem 6. Spieltag aufgrund eines Muskelfaserrisses nicht mehr helfen und wird noch weiterhin ausfallen. Hinzu kamen zwischenzeitliche Ausfälle wichtiger Leistungsträger wie z.B. bei Gojko Kacar, der in den ersten Bundesliga-Partien der Hertha noch als einziger echte Torgefahr ausstrahlte.

Nun ist es zwar im Tagesgeschäft der Bundesliga üblich, dass Leistungsträger sich verletzen oder die Vereine wechseln, doch die Hertha-Führungsetage, zu der wahrlich nicht nur Lucien Favre gehörte, verpasste es, rechtzeitig für gleichwertigen Ersatz beziehungsweise Verstärkungen zu sorgen. Beispielsweise Rasmus Bengtsson, der Simunic vergessen lassen sollte, zeigte bislang miserable Leistungen auf der Verteidiger-Position und brachte sein Team letzte Woche im DFB-Pokal mit einem unglücklichen Eigentor auf die Verlierer-Straße. Um letztendlich doch noch mehr oder minder hochkarätige Neuzugänge präsentieren zu können, verpflichtete Hertha BSC Berlin kurz vor Transferschluss noch die Mittelfeldspieler Kringe und Cesar sowie Stürmer Adrian Ramos. Weder Cesar noch Ramos ließen in ihren bisherigen (Kurz-)Einsätzen ihre gewünschte Klasse erkennen und Florian Kringe wurde als Pechvogel zum Ebenbild der momentanen Situation. In seinem Debüt für die Hertha zog er sich nach nur 10 Minuten einen Mittelfußbruch zu und wird noch mehrere Wochen verletzt ausfallen. Wenn man kein Glück hat, kommt eben manchmal auch noch Pech hinzu. Verdeutlicht wurde dieses Pech der Berliner auch im DFB-Pokal-Spiel bei 1860 München. Zu einem Eigentor kamen noch Pfostenschüsse und einige vergebene Chancen hinzu; auf diesem Gebiet ist ein Trainer schlicht und ergreifend machtlos. Als ebenso schwer erwies es sich für Hertha-Coach Favre, seinem Team das individuelle Selbstvertrauen und die Entschlossenheit der letzten Saison wiederzugeben. Wer auch immer demnächst von Sport-Geschäftsführer Michael Preetz als neuer Coach vorgestellt wird, er dürfte es ähnlich schwer haben, seinem Team wieder Mut einzuflößen.

Ein weiteres Problem der aktuellen Misere stellt meiner Meinung nach die falsche Einschätzung der letzten Saison dar. Meist gewann die Hertha nur knapp und oft auch glücklich mit einem Tor Unterschied. Klare Siege hatten Seltenheitswert in Berlin. Ein 4:0 gegen Karlsruhe war der höchste Saisonsieg und zudem ein Einzelfall; des Weiteren gewann Favres Team auch nur einmal mit 3:0, ansonsten wurden ganze 14 von 19 gewonnen Spielen mit nur einem Tor Vorsprung über die Zeit gerettet. Diese Statistik zeigt, dass Berlin auch von durchaus mit Cleverness gepaartem Glück profitierte und in der Tabelle wohl besser aussah, als es die Realität im Normalfall hätte bieten können. Mit der Tabellenplatzierung stiegen auch die Ansprüche der Fans, des Trainer-Umfelds und der Berliner Medienlandschaft. In der Ostkurve des Berliner Olympiastadions sang man in der Rückrunde regelmäßig vom Erreichen der Meisterschaft, doch auf der Zielgeraden ging den Akteuren von Lucien Fave die Luft und eben auch das Glück aus. Nach einem trotz allem überaus zufriedenstellenden 4. Tabellenplatz in der Abschlusstabelle und der knappen aber erfolgreichen Qualifikation für die Europa-League, wollte man sich in der anstehenden Saison nochmals steigern, hatte man ja im letzten Jahr einige Zeit auf Platz 1 der Bundesliga verbracht.

Doch die selbstverständliche Haltung gegenüber dem sportlichen Erfolg sollte sich aufgrund der bereits erwähnten, mangelnden Verstärkung bzw. Ersatz-Suche für verlorene Leistungsträger rächen. Der gefeierte Erfolgscoach Favre, dessen Vertrag noch in der vergangenen Sommerpause eigentlich bis 2013 verlängert werden sollte, stand zuletzt allein in der Verantwortung für den Misserfolg, am 28. September 2009 teilte der Verein letztendlich seine Entlassung mit. Natürlich ist Favre nicht unbeteiligt an den sich zuletzt häufenden Niederlagen seines Teams, trotzdem schien er mir in schlechten Zeiten von beispielsweise Sport-Geschäftsführer Michael Preetz allein gelassen. Indes bleibt Preetz' Verantwortung im Bereich der Transfer- und Personalpolitik im Dunkeln, er will nun bald einen neuen Trainer vorstellen, der Hertha wieder in die Erfolgsspur der letzten Saison bringen soll. Sei es Slomka oder Meyer, Hecking oder Funkel, der neue Hertha-Coach wird es schwer haben. Ein uneingespieltes Team, Verletzungspech, mangelnde Klasse von der Ersatzbank, fehlendes Selbstvertrauen und jede Menge Erwartungsdruck dürften die Arbeit erschweren. Dennoch wünsche ich viel Glück!
Aufrufe: 2259 | Kommentare: 3 | Bewertungen: 7 | Erstellt:30.09.2009
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herthachelseafan
30.09.2009 | 19:43 Uhr
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30.09.2009 | 19:43 Uhr
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schöner blog. aber der hauptgrund für seine entlassung war eigentlich das negative verhältnis zum team.
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Daniel_R
01.10.2009 | 12:57 Uhr
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Daniel_R : @herthachelseafan:
01.10.2009 | 12:57 Uhr
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Daniel_R : @herthachelseafan:
Dass das Verhältnis zum Team nach nur einem Sieg aus 10 Spielen nicht das Beste sein kann, versteht sich von selbst. Ich glaube jedoch nicht, dass Lucien Favre auf beispielsweise einem guten einstelligen Tabellenplatz trotz einem ähnlichen Verhältnis zu seinen Spielern entlassen worden wäre.
Des Weiteren liegen sportlicher Erfolg und gute Atmosphäre im Fußball meist sehr nah beinander.
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Rumo
01.10.2009 | 13:26 Uhr
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Rumo : 
01.10.2009 | 13:26 Uhr
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Rumo : 
Als erstes einmal ein Kompliment. Der Text liest sich gut, und das ist hier bei den Blogs auf spox wahrlich nicht immer der Fall.

Inhaltlich hätte ich aus meiner persönlichen Sicht einige Dinge etwas anders dargestellt bzw. gewichtet.

Favre bzw. der Hertha wird - wie auch in diesem Blog - immer wieder eine schlechte Transferperiode zum Vorwurf gemacht. Dabei verkennen diejenigen, die das äußern, meiner Meinung nach, dass diese Transferperiode den finanziellen Gegebenheiten bei der Hertha geschuldet war und nicht etwa fehlerhaften Personalentscheidungen. Die Ursachen der finanziell als prekär zu bezeichnenden Lage der Hrtha haben ihre Ursprünge weit vor der zeit von Favre und Preetz. Die beiden können bzw. konnten nichts für diese Umstände.

Ein Hauptproblem war das zerüttete Verhältnis zwischen LF und der Mannschaft; das sehe ich genauso wie herthachealseafan. Dort die Ursachen herauszufinden dürfte fast unmöglich sein, da es sich alles im zwischenmenschlichen Bereich abgespielt hat
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