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Von: 90PLUS
17.09.2014 | 4935 Aufrufe | 2 Kommentare | 6 Bewertungen Ø 9.5
Heraus aus dem Schatten des FC Liverpool
FC Everton
Martinez Premierensaison war ein voller Erfolg. Doch wo positionieren sich die Toffees in der neuen Spielzeit?

An welche Mannschaft denken wohl die meisten, wenn sie nach einem Verein aus Liverpool gefragt werden? Der LFC oder die Toffees? Nicht mal eine volle Meile sind es von der Heimstätte des FC Everton, den Goodison Park an der gleichnamigen Goodison Road, bis zur Anfield Road, dem weltbekanntem Stadion des Erzrivalen Liverpool Football Club.

Die hitzigen Derbys sind legendär. Doch obwohl die geografische Distanz so gering ist, könnte die Diskrepanz in der öffentlichen Wahrnehmung nicht größer sein. Auf der einen Seite, die Roten, der fünfmalige Gewinner der Champions League und auf der anderen Seite, die von einer methodistischen Kirchengemeinde gegründete Blauen, die zwar schon neun Meisterschaften gewinnen konnten (die meisten davon aber noch vor dem zweiten Weltkrieg), aber nicht an der Strahlkraft des berühmten Nachbarn vorbeikommen.

Doch schon in der letzten Saison gehörte das Team zu den Überraschungsmannschaften in der Premier League. Auch dieses Jahr könnten sie die großen Fünf Manchester United & City, Liverpool, Arsenal und Chelsea ärgern.

Eine fast perfekte Transferpolitik


Auch Everton musste sich den vergangenen Jahren damit abfinden, immer wieder wichtige Stützen an die finanziell stärkere Konkurrenz abzugeben und verloren Leistungsträger wie Wayne Rooney, Jack Rodwell, Marouane Fellaini oder das langjährige Gesicht des Clubs Mikel Arteta. Doch ab 2012 machte Everton eine Reihe cleverer Transfers, von denen der Club heute noch profitiert. Talentierte Spieler wie Kevin Mirallas, Romelu Lukaku oder erfahrene Spieler wie Steven Pienaar, Aiden McGeady und Gareth Barry wurden verpflichtet. Gleichzeitig konnten die Toffees dem starken internationalen Interesse an Außenverteidiger Leighton Baines wiederstehen, der bei allen europäischen Clubs großes Begehren weckte.

In diesem Transferfenster gelang dann sogar der endgültige Transfer von Romelu Lukaku. Der bullige Mittelstürmer, der in der vergangenen Saison mit 15 Toren und 8 Assists erheblich am Erfolg der Toffees beteiligt war, kostete geschätzte 35 Millionen Euro um ihn vom FC Chelsea aus seinem Vertrag loszueisen. Der Transfer ist ein Meilenstein in der Geschichte des FC Everton. Lang war es Everton unmöglich hochtalentierte Spieler fest zu verpflichten. Meistens konnten die Spieler nur geliehen werden, oder talentierte Spieler wurden weg gekauft. Auch mit dem ablösefreien Transfer von Gareth Barry konnte ein wichtiger Leistungsträger der Vorsaison gehalten werden. Barry ist zwar schon 33 Jahre, verleiht aber der ohnehin schon sehr erfahrenen Abwehr die nötige Stabilität als Abräumer vor der Viererkette mit seinen über 530 Spielen in der Premier League und ist als erste Anspielstation in der Offensive extrem wichtig.

Doch die endgültige Verpflichtung von Lukaku hat auch negative Auswirkungen auf den Kader. Durch die immens hohe Ablösesumme für das Mittelstürmertalent, waren Roberto Martinez die Hände gebunden, um an der Tiefe des Kaders zu arbeiten. Mit dem ehemaligen HSVler Muhamed Besic kam zwar ein weiteres Talent für das defensive Mittelfeld, mit Samuel Etoo ein erfahrener Mittelstürmer der Lukaku einige Kniffe sicherlich noch beibringen kann, aber die Bank bleibt weiterhin die große Schwachstelle. Mit Christian Atsu vom FC Chelsea wurde zwar eine weitere Alternative für die Außenbahn geliehen, doch auch er muss seine Premier League Tauglichkeit erst noch vollends unter Beweis stellen. Vor allem durch die zusätzliche Belastung in der Europa League, dürfte die Personaldecke zu schwach sein. Auch mögliche längerfristige Verletzungen können die Toffees nicht auffangen.

Der Wechsel auf der Trainerbank hat geklappt


Oft wird nur von dem schwierigen Erbe gesprochen, dass David Moyes bei Manchester United antreten musste. Doch auch beim Ex-Verein des Schotten, dem FC Everton, musste ein geeigneter Nachfolger gefunden werden. Moyes führte den FC Everton in 11 Jahren aus dem Mittelmaß in die obere Tabellenhälfte und zu konstanten Teilnahmen im internationalen Wettbewerb.

Doch Martinez schaffte einen sanften Übergang. Anders als bei seinem Amtskollegen bei den Red Devils, glückte der Übergang in Everton mit Roberto Martinez. Dieser war nur drei Tage nach dem Gewinn des FA Cups gegen Manchester City (1:0 in der 91. Minute durch Ben Watson) mit Wigan Athletic aus der Premier League abgestiegen und durfte zum FC Everton wechseln. Während die Verantwortlichen von Wigan Athletic dem Spanier den sofortigen Wiederaufstieg nicht zutrauten, verpflichtete Everton Martinez mit einem Vierjahresvertrag. 1,5 Millionen Euro sollen dafür an Entschädigung nach Wigan geflossen sein.

Roberto Martinez wechselte nahezu den kompletten Trainerstab aus und feierte sein Ligadebüt mit einem Unentschieden gegen Norwich City. Der Club blieb zum ersten Mal in seiner Geschichte in den ersten sechs Saisonspielen ungeschlagen und legte damit den Grundstein für eine erfolgreiche Saison. Mit dem 1:0 Sieg im Stadium of Light in Sunderland gelang ihm ein weiterer Klub Rekord. Mit sieben gewonnen Spielen hintereinander stellte der Verein eine neue Bestmarke auf und rückte vorrübergehend auf Platz 4 vor.

Die Toffees beendeten die Saison mit 72 Punkten, wieder einem Klub Rekord. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, gewann Martinez beide Spiele gegen das von David Moyes trainierte Manchester United zwei Mal- zuletzt gelang das Everton in der Saison 1969-1970. David Moyes wurde ausgerechnet nur einen Tag nach dem Spiel gegen seinen Ex-Verein nach nur 10 Monaten entlassen.

Doch Martinez fiel nicht nur sportlich mit dem FC Everton auf. Als Vertreter der Toffees hielt er bei der Gedenkfeier des Hillsborough Unglücks, bei den Erzrivalen an der Anfield Road, eine beeindruckende Rede und erinnert uns alle, dass es sich bei aller sportlicher Rivalität, es sich nur um Fußball handelt. Das berühmte Merseyside Derby gilt ohnehin als friendly derby. Anders als bei anderen Rivalitäten, gibt es zwischen den beiden Vereinen keine politischen, sozialen oder religiösen Unterschiede und man teilte sich zwischen 1902 bis 1932 sogar den Platz an der Anfield Road.

Eine riskante Verpflichtung


Einen Trainer zu verpflichten der gerade mit seiner Mannschaft aus der Premier League abgestiegen ist, der dazu noch die hohen Erwartungen erfüllen soll, war eine gewagte Entscheidung. Doch die Verantwortlichen schauten nicht nur auf die Ergebnisse von Wigan Athletic, sondern auch auf das wofür Martinez steht. Für attraktiven Angriffsfußball.

Martinez etablierte letzte Saison eine stabile Verteidigung und erlaubte es so, seine Mannschaft einen dynamischen Angriffsfußball spielen zu lassen, da eine Absicherung nach hinten immer da war. Noch vor Manchester United und Tottenham beendeten die Toffees die Saison auf Platz 5. Drei Niederlagen aus den letzten Sechs spielen kosteten den vierten Platz, der lange Zeit möglich war. Doch die stabile Verteidigung des Vorjahres, bekam dieses Jahr ihre ersten Risse. 10 Tore kassierten die Toffees in den ersten drei Saisonspielen (davon zwei Spiele gegen zwei absolute Spitzenteams mit Arsenal und Chelsea). Vor allem die 3:6 Niederlage gegen Chelsea offenbarten die Schwächen in der Verteidigung. Die beiden Innenverteidiger Jagielka und Distin sind mit ihren 32, beziehungsweise 36 Jahren schon im Herbst ihrer Karriere und zeigten ein miserables Spiel. Klar ist es nicht fair die Gegentore allein an den beiden Routiniers fest zu machen, vielmehr war es ein kollektives defensives Versagen der Mannschaft. Doch es fehlt an Alternativen. Youngster John Stones dürfte der zukünftige Innenverteidiger in Everton sein und auch Neuzugang Brendan Galloway von Manchester United Schreck MK Dons, ist zweifellos talentiert. Doch Roberto Martinez wird schon seine Gründe haben, warum er auf seine erfahrene Achse setzt. Viele Everton Anhänger hofften auf einen weiteren Center Back noch vor dem Transferschluss, doch Martinez konnte diesen Wunsch nicht erfüllen.

Spielt mit einem Lächeln


Doch viel wichtiger als die Defensive scheint Martinez die Offensive. Mittelfeldspieler Steven Pienaar bringt die Philosophie seines Trainers auf den Punkt. Wenn du den Ball hast, musst du weniger arbeiten als der Gegner. Everton dominiert in den meisten Begegnungen die Ballbesitzzahlen, dass sich in viele Torchancen ummünzt. Laut whoscored.com hatte der FC Everton durchschnittlich 55.6 % Ballbesitz, Platz 6 in der kompletten Premier League und mit 14.8 Schüssen pro Spiel ebenfalls Platz 6. In den durchgeführten Dribblings führen sie sogar die Statistik an und verdeutlichen das gestiegene Selbstvertrauen der Spieler. Der ehemalige Dortmunder Steven Pienaar schwärmt von seinem aktuellen Coach: Er kam zu uns und sagte wir sollen das Spiel genießen. Geht raus und genießt das Spiel. Ihr sollt den Moment genießen und mit einem Lächeln spielen. Er ist so positiv und entspannt. Das überträgt sich auf die ganze Mannschaft. Hinter dem Ballbesitz steckt harte Arbeit. Die Spieler müssen alle topfit sein und dazu noch über die nötige Ruhe am Ball verfügen, um zu dominieren. Er fordert von seinen Spielern mutig zu sein, auch wenn dabei Fehler passieren. Spiel weiter und lern von deinen Fehlern, sagt sein früherer Spieler und heutige Swansea Manager Garry Monk.

Martinez etablierte diese Philosophie bereits bei seiner ersten Trainerstation. Mit nur 33 Jahren übernahm er 2007 Swansea, gewann dort den League One Titel. Doch vielmehr etablierte er bei den Walisern eine Philosophie die noch heute dort praktiziert wird und auch dem FC Everton will er damit prägen.

Eine der Schwächen bleibt aber die mangelnde Chancenverwertung. Lukaku hat zwar seine Gefährlichkeit unter Beweis gestellt, kann aber noch sicherer vor dem Tor einnetzen. Doch mit weiterer Spielzeit und der damit verbundenen Erfahrung, sollte auch er immer besser werden. Ob Etoo eine mögliche Verletzung Lukakus auffangen kann, ist ebenfalls fraglich.

Wieder in die Europa Leauge?


Ein Vorstoßen unter die ersten vier Plätzte dürfte für den FC Everton ausgeschlossen sein. Zu stark ist die Konkurrenz aus FC Liverpool, FC Arsenal, Manchester City und dem Titelfavoriten FC Chelsea. Auch Tottenham und vor allem Manchester United haben in der Transferperiode extrem aufgerüstet und dürften noch vor dem FC Everton landen. Außerdem wird es interessant sein, wie die Toffees die zusätzliche Belastung in der Europa League, vor allem mit dem dünnen Kader, wegstecken können. Mit dem OSC Lille, dem VfL Wolfsburg und dem FK Krasnodar erwischten sie zudem, die sogar schwerste Gruppe im ehemaligen Uefa Cup. Mit Wolfsburg und Lille haben wir zwei Mannschaften in unserer Gruppe, die definitiv Champions League Potenzial haben. Wir werden extrem gefordert werden und freuen uns darauf, sagt Manager Roberto Martinez.

Der FC Everton möchte eines Tages in die Königsklasse und daher ist die Gruppe genau das was sie brauchen. Sie können sich mit den besseren Teams in Europa messen und können Europa zeigen, dass mit dem FC Everton in den nächsten Jahren zu rechnen sein wird und es in Liverpool zwei bedeutende Mannschaften gibt. Die Qualifikation für das internationale Geschäft muss das Ziel sein und es wäre auch ein großer Erfolg.

90PLUS dankt @Phillyland

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KOMMENTARE
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Celtics_Pride_
18.09.2014 | 15:54 Uhr
4
0
18.09.2014 | 15:54 Uhr
0
Guter Blog über einen mMn sehr interessanten Verein!

Hoffe Everton gelingt diese Saison was und hoffe noch mehr das Lukaku mal ein großer wird!
4
AbraKagawa
18.09.2014 | 16:00 Uhr
3
0
AbraKagawa : 
18.09.2014 | 16:00 Uhr
0
AbraKagawa : 
Ganz starker Artikel. Die Entwicklung in den letzten Jahren auf den Punkt gebracht und schön beschrieben. Auch wenn ich es auf der Insel eher mit Liverpool halte, muss ich zugeben: Everton ist einfach toll anzuschauen! Eins der größten Sturmtalente vorne drin und dahinter eine gute Mischung an Erfahrung und Talent. Aber das wichtige ist, wie im Artikel beschrieben, man lebt die Philosophie des Trainers.

Da sich viele Mannschaften in der Premier League neu finden müssen, was bis jetzt nur dem FC Chelsea mit Bravour gelungen ist, traue ich Everton durchaus zu sich wieder für den europäischen Wettbewerb zu qualifizieren, solange man jetzt genug Punkte sammelt. In Europa sind sie für mich eine Wundertüte. Ich denke sie haben die stärkste Stammelf dieser Gruppe, aber es wird zu sehen sein, ob sich Everton auf den Wettbewerb einlässt. Ist ja nicht immer so bei den Engländern. Aber steht ja dieses Jahr ein CL-Startplatz auf dem Spiel.
3
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