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26.01.2009 um 13:46 Uhr
Epochale Ereignisse
Die Arizona Cardinals im Super Bowl. Dass ich das noch erleben darf. Ich habe den Eindruck, man müsste noch mehr betonen, wie epochal dieses Ereignis ist. Der Super Bowl-Sieg der New York Giants in der Vorsaison war eine große Überraschung, die Super Bowl-Teilnahme der Cardinals ist eine Sensation. Historisch gesehen sind die Cardinals der älteste Profi-Football-Klub der USA, gegründet 1898. 1920 wurden sie zu einem der Gründungsmitglieder der NFL. Und sie haben es geschafft, von 1920 bis heute nur einen Meistertitel zu gewinnen (einen anderen gab es unter kontroversen Umständen am grünen Tisch). Und dieser eine Titel stammt aus dem Jahr 1947. Da fällt einem doch der Spruch von Jack Brickhouse ein, seines Zeichens Radiokommentator des ebenfalls in Chicago ansässigen Baseballteams Cubs (letzter Meistertitel: 1907). Und der lautet: "Hey, jede Mannschaft kann mal ein schlechtes Jahrhundert haben."

Nachdem die Arizona Cardinals (die 1960 von Chicago nach St. Louis und 1988 von St. Louis nach Phoenix umgezogen sind) in dieser Saison mit einer nur knapp überdurchschnittlichen Bilanz ihre Division, die NFC West, gewonnen hatten, dachten viele, mit dem ersten Playoff-Einzug seit 10 Jahren sei das Team am Ende des Weges angekommen. Die Cardinals sind das schlechteste Playoffteam der letzten 10 Jahre, habe ich unter anderem bei einem amerikanischen Kollegen gelesen. Na ja, man kann ja mal knapp daneben liegen. Nun stehen sie also im Super Bowl. Die Cardinals! Sachen gibt's.

Hier soll es allerdings nun darum gehen, was uns (nach deutscher Zeit) in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar erwartet. Auf dem Platz. Wo ich ein ausgeglichenes Duell erwarte (und erhoffe).

Wenn Arizona den Ball hat:

Ein Defensive Coordinator in der NFL wird bei der Vorbereitung auf einen spezifischen Gegner immer als erstes den gegnerischen Spieler identifizieren, von dem für sein Team die meiste Gefahr ausgeht. Und, so gut wie möglich, dafür sorgen, dass der nicht zum entscheidenden Mann wird. Und der beste Spieler der Cardinals ist Wide Receiver Larry Fitzgerald. Also wird Steelers-Defensive Coordinator Dick LeBeau Fitzgerald unter besondere Bewachung stellen und vermutlich dafür sorgen, dass neben einem Cornerback auch immer noch ein Safety ein Auge auf den Superstar dieser Playoffs wirft. Zwei Probleme gibt es dabei aber. Erstens: Fitzgerald kann mit seiner Kombination aus Schnelligkeit und Athletik auch unter doppelter Bewachung noch Pässe fangen. Und zweitens: Mit Anquan Boldin und Steve Breaston haben die Cardinals noch zwei weitere Receiver, die jeden Gegner dafür bestrafen, wenn er Fitzgerald zu viel und ihnen zu wenig Aufmerksamkeit schenkt.

Ist also gar nicht so leicht, das Ausschalten der besten Angriffswaffe des Gegners. Fragt mal die Philadelphia Eagles. Nun, Fitzgerald wird wohl auch gegen die Steelers seine Pässe fangen. Aber zumindest sollte Pittsburgh verhindern, dass ihm eine Reihe von Big Plays gelingen. Boldin und Breaston sind nämlich nicht so schnell wie Fitzgerald, also für die Abwehr keine ganz so große Gefahr.

Pittsburghs nächstes Problem heißt Kurt Warner. Der 37-Jährige Routinier erlebt gerade seinen x-ten Frühling und spielt wie in seinen besten Tagen in St. Louis. Warner hat das für mich wichtigste Attribut eines NFL-Spielmachers. Nämlich Zielgenauigkeit. Und die hat den Vorteil, dass man sie auch im "hohen" Sportleralter nicht verliert. Im Gegensatz zur Wurfkraft oder der Schnelligkeit. Warner ist ein klassischer Pocket-Passer, was nichts anderes heißt, als dass er nicht so gut zu Fuß ist. Im Idealfall bekommen ihn die Steelers dazu, seine Position hinter seiner Offensive Line zu verlassen und zur Seite auszuweichen. Und schon haben sie ihn da, wo sie ihn haben wollen. Auf der Flucht, wo er viel von seiner Zielgenauigkeit verliert. Nur müssen sie ihn erst einmal dorthin bekommen. Ideal wäre dazu, ihn von vorne unter Druck zu setzen, mit dem Defensive Tackle oder mit Blitzes. Das birgt aber auch Gefahren. Kaum ein Quarterback ist schwerer unter Druck zu setzen als Warner. Weil er mit seiner Erfahrung die Pläne der Verteidigung meist schnell durchschaut und den Ball früh wirft. Das ist dann das umgekehrte Hase-und-Igel-Spiel: Bis der Verteidiger da ist, ist der Ball schon weg.

In jedem Fall muss die Offensive Line der Cardinals Warner aufrecht halten. Insgesamt hat das in dieser Saison gut geklappt. 28 zugelassene Sacks in der regulären Saison (also weniger als zwei pro Spiel) sind eine passable Quote. Drei Sacks in drei Playoffspielen sind sogar hervorragend. Zum Vergleich: Pittsburgh ließ während der Saison 49 Sacks zu, in den Playoffs fünf. Hat Warner genug Zeit, dann muss er sich seinem größten Problem widmen: Und das heißt Troy Polamalu. Der Safety ist klar der beste Passverteidiger der Steelers, mit bisher insgesamt acht Interceptions. Polamalu ist häufig der freie Mann in der Abwehr und versucht, die Augen des Quarterbacks zu lesen. Warner darf ihm auf gar keinen Fall zu früh signalisieren, wohin er wirft. Das heißt: Will Warner nach rechts werfen, dann sollte er erst mit einem Blick nach links Polamalu auf die falsche Fährte locken, bevor er zu seinem Receiver schaut.

Und natürlich wird für die Cardinals alles leichter, wenn das Laufspiel funktioniert. Immerhin hat die (in der regulären Saison) schwächste Laufattacke der Liga sich in den Playoffs zu einem ernstzunehmenden Faktor gemausert. Der Erfolg von Running Back Edgerrin James erleichtert Kurt Warner das Leben nämlich ungemein. Muss die Abwehr das gegnerische Laufspiel ernst nehmen, kann sie den Receivern weniger Aufmerksamkeit schenken. Und das bedeutet mehr Platz für Fitzgerald und Co. und mehr Zeit zum Werfen für Warner.

Die Kehrseite der Medaille: So stark der Angriff der Cardinals auch sein mag, die Defense der Steelers war die beste der regulären Saison. Kaum Lücken für das gegnerische Laufspiel, viel Druck auf gegnerische Quarterbacks, daraus resultierend eine Flut von abgefangenen Pässen, die Defense der Steelers hat kaum Schwächen gezeigt. Trotzdem: Abgesehen von Troy Polamalu ist die Passverteidigung der Steelers solide, aber nicht viel mehr. Weniger Druck an der Linie und dadurch mehr Zeit für Warner würde sicher bedeuten, dass die Cardinals Lücken finden.



Da nun der Platz knapp wird, gibt es an dieser Stelle demnächst auch noch Teil 2 der Super Bowl Vorschau.

Bis dann,
Andreas

Aufrufe: 5023 | Kommentare: 9 | Bewertungen: 5 | Erstellt:26.01.2009
ø 9.0
KOMMENTARE
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Red_7
26.01.2009 | 16:20 Uhr
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Red_7 : 
26.01.2009 | 16:20 Uhr
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Red_7 : 
Irgendwie würde es mich nicht wundern, wenn die Cardinals auch noch die Steelers packen.

Und das man in der Lage ist eine solche erste Halbzeit zu spielen wie im NFC Championship Game gegen einen solchen Defense Fuchs wie Jimmy Johnson, sollte auch den Steelers Gedanken machen...

Was allerdings zu beachten ist, das die Cardinals eine Partie mehr in den Knochen haben als die Steelers.
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Kizzle
26.01.2009 | 18:53 Uhr
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Kizzle : 
26.01.2009 | 18:53 Uhr
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Kizzle : 
Naja,das eine Spiel-ich denke sie werden gleich ausgeruht ins Spiel gehen.
Die Cardinals haben gegen die Eagles gut gespielt-nur ich erinnere mich noch an die Steelers Defense gegen die Chargers...im dritten Viertel nur 17 Sek. auf dem Feld.

Es wird wohl ein Sieg für die Steelers,sie werden aber so einige Probleme mit Fitzgerald;Boldin und Breaston haben.James nicht zu vergessen-aber zum Glück ist ja Hines Ward wieder da für die Steelers.Es wird eng-aber am Ende werden die Steelers mit 4 gewinnen ...
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midget
26.01.2009 | 20:39 Uhr
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midget : 
26.01.2009 | 20:39 Uhr
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midget : 
sehr interessanter blog, das wusste ich alles gar nicht. bin zu sehr giants und jets orientiert, liegt einfach am big apple der mich fasziniert.

nachdem die giants raus sind halte ich natürlich für warner. allein schon wegen der aufgezeigten ausgangssituation.
kann auch an der antipathie meinerseit gegen die steelers sein aber das ist ja bei jedem sportbegeisterten so.

ich finde es einfach interessant dass eine starke offensive gegen DIE herausragende Def. antritt. Das kann ja nur ein interessanter SB werden, auch wenn all meien Favoriten schon lange untergegangen sind.
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Flipps
26.01.2009 | 21:23 Uhr
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Flipps : 
26.01.2009 | 21:23 Uhr
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Flipps : 
sehr interessanter Blog.
bin schon auf Teil 2 gespannt.
Big Ben wirds schon richten
denke dass die Steellers gewinnen
+10
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Jiras
26.01.2009 | 23:37 Uhr
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Jiras : 
26.01.2009 | 23:37 Uhr
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Jiras : 
Ich freue mich schon auf das Spiel, es ist das klassische Duell - Offense gegen Defense. Ich bin gespannt wer gewinnt. Wenn die Steelers so spielen wie gegen die Ravens dann verlieren Sie, denn die Offense der Cardinals ist sehr stark.
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Einsatzverdoppler
27.01.2009 | 01:20 Uhr
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27.01.2009 | 01:20 Uhr
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nicht falsch, aber die steelers spielen eine defense, wie sie die cards noch nicht gesehen haben in dieser saison....
gegen die steelers läuft keiner, obwohl sie nur die 3.beste run defense hatten. aber: sie hatten die beste pass defense - steelers untypisch (sie waren zwar immer bei den besten dabei, aber nie DIE beste).
wenn warner in der pocket nicht zurcht kommt, hat er ein ernstes probem. zusätzlich blitzt pittsburgh weinger als in den vergangenen spielzeiten, hat man sehr gut gegen die ravens gesehen. flacco hatte teilweise sehr viel zeit, aber die reciever waren alle gecovert. die #1 pass defense als solide zu bezeichnen? etwas untertrieben.
und was den druck der defense line betrifft: der kommt, egal wie. wenns nicht die linebacker machen, dann machens die tackles
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AndreasRenner
27.01.2009 | 11:02 Uhr
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AndreasRenner : @Einsatzverdoppler
27.01.2009 | 11:02 Uhr
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AndreasRenner : @Einsatzverdoppler
Du hast Recht, Flacco hatte gegen Pittsburgh oft viel Zeit. Weil Dick LeBeau richtig vorhergesehen hatte, dass Baltimore versuchen würde, das Spiel per Pass zu gewinnen. Und deshalb genau das verhindert hat. Das kann man gegen Baltimore riskieren (Rookie-QB, nur ein gefährlicher Receiver, der aber wegen Verletzung mit einem Arm spielen musste), aber gegen die Cardinals geht das nicht.
Was die Nummer eins Passverteidigung angeht bleibe ich bei meinem Urteil. Von den drei Abwehrteilen (Defensive Line, Linebacker, Secondary) ist die Secondary das schwächste. Klar, die haben ihre Sache gut gemacht. Aber ohne die starke Arbeit der Vorderleute wäre das kaum möglich gewesen.
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overtime
27.01.2009 | 15:06 Uhr
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overtime : 
27.01.2009 | 15:06 Uhr
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Ich glaube es geht relativ deutlich an die Steelers.
Warner wird nicht noch einmal so einen Sahnetag erwischen wie gegen die Eagels.

Pittsburg mit 20.
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Red_7
27.01.2009 | 18:37 Uhr
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Red_7 : overtime
27.01.2009 | 18:37 Uhr
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Red_7 : overtime
Also nach der Sichtweise hatte Warner schon drei Sahnetage...
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