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Von: 90PLUS
24.03.2015 | 8678 Aufrufe | 10 Kommentare | 12 Bewertungen Ø 7.9
Eine Meinung
England am internationalen Abgrund?
Arsenal - raus! Chelsea - raus! ManCity - raus! Liverpool - raus! Woran liegt's?

Kürzlich wurden die Viertelfinalbegegnungen beider internationaler Wettbewerbe ausgelost. Mit dabei waren Vertreter aus fast allen europäischen Topligen, dominiert von Spanien, die alleine drei Teams in der Königsklasse stellen konnten. Auch Deutschland, Frankreich und Italien sind noch lukrativ vertreten und selbst Länder wie Belgien stellen noch einen Teilnehmer. Mannschaften aus England sucht man jedoch vergeblich. Einige mag das überraschen, doch ist das wirklich eine Besonderheit? Nein! Der Qualitätsabfall im englischen Fußball ist lange zu beobachten und viele scheinen das nicht richtig mitbekommen haben. Die Gründe sind vielschichtig und der schleichende Prozess begann bereits vor einigen Jahren.

Manchester United, FC Liverpool, Arsenal, Chelsea - diese Teams prägten den englischen Fußball jahrelang und waren in der Champions League gefürchtet. 2012 gewann Chelsea als letztes englisches Team den Titel in der Königsklasse, zuvor war Manchester United unter Sir Alex Ferguson an der Reihe - im Finale gegen Chelsea. Die Premier League bestimmte die Königsklasse mit, mithalten konnten nur wenige Klubs, schon gar nicht mehrere aus einem Land. Doch im Erfolg kann man arrogant werden und den Blick auf das Wesentliche verlieren. Man kann sich zu sehr in die eigene erfolgreiche Spielart verlieben und dadurch Prozesse und Entwicklungen im internationalen Fußball verpassen und die falschen Rückschlüsse aus etwaigen Misserfolgen ziehen. All das ist in England passiert und die Liga ist schlechter geworden. Aufregend und ereignisreich ist sie weiterhin, aber doch definitiv schlechter.

Finanziell ist die Premier League nicht nur in Absolutzahlen immer noch auf einem extrem hohen Niveau. Die Auslandsvermarktung ist großartig, man generiert eine Menge Einnahmen durch Trikotverkäufe, durch Fanshops im Ausland und vor allem durch TV-Gelder. Es will immer noch jeder die Premier League sehen, eben weil sie eine Vormachtstellung auf dem Markt hat. Doch warum eigentlich will jeder die PL sehen? Qualitativ ist der Fußball nicht mehr überragend, es wird wenig taktische Finesse geboten und ein geordnetes und strukturiertes Mittelfeld existiert kaum noch. Doch die Premier League lebt von dem Ruf, den man sich selbst erarbeitet hat. Und dieser Fußball, der heute praktiziert wird, sorgt oftmals für viel Spektakel und das Massenpublikum findet das genau richtig und dementsprechend wird die Premier League auch in Zukunft international in Sachen Bekanntheit auf einem der vordersten Plätze bleiben.

Die Entwicklung in Ergebnissen

Die Champions League ist ein gutes Beispiel für die fehlende Entwicklung in der Premier League, anhand von Ergebnissen kann man sehr gut beurteilen und deutlich machen, dass die negative Entwicklung schleichend begann und sich immer stärker manifestiert hat. Nachdem die Premier League es sich vor einigen Jahren auf dem Thron in Europa bequem gemacht hatte, dachten viele, die Dominanz wäre von großer Dauer und man hätte einen entsprechend großen Vorsprung auf die anderen Ligen und Vereine, dass man sich ausruhen" kann. Dass dem nicht so war, mussten die Teams schnell begreifen. 2009 scheiterte Manchester United im Finale an einem übermächtigen FC Barcelona, die Premier League stellte drei der vier Mannschaften im Halbfinale und dominierte Europa, bis auf den FC Barcelona. Der Zenit der englischen Liga war erreicht, zu diesem Zeitpunkt hätte man vieles richtig machen müssen, um international weiter auf diesem Niveau zu spielen. Ein im Rückspiel nach 3:0-Führung absurd arrogantes Manchester United wurde im Viertelfinale der Saison 2009/10 vom FC Bayern geschlagen, für Arsenal war gegen Barcelona ebenfalls in der Runde der letzten 8 Schluss und so standen im Halbfinale überhaupt keine englischen Teams mehr.

Was die Premier League jetzt nicht erkannte, war, dass man einige Fehler gemacht hatte. Pech, mangelnde Entschlossenheit und Zufall waren nicht die Gründe für das verhältnismäßig frühe Ausscheiden, die Mannschaften verpassten es, große Spieler zu ersetzen und frühzeitig vorausschauend zu planen. Arsenal verlor beispielsweise jedes Jahr Leistungsträger und kaufte gezwungenermaßen (Stichwort Stadionbau) keinen Ersatz, sondern junge Spieler, die in 3-4 Jahren vielleicht ihre glorreiche Phase haben. Chelsea war spielerisch nicht mehr überragend, Liverpool fehlte die Qualität in nahezu allen Mannschaftsteilen und das Manchester United unter Sir Alex Ferguson begann langsam Fehler zu machen und Spieler durchzuschleppen, die man womöglich besser langsam aussortiert hätte. Diese Spirale der Misserfolge und Fehler sollte sich nahezu unaufhaltsam weiterdrehen - mit kleinen, positiven Ausnahmen.

In der Saison 2010/11 schied Arsenal im Achtelfinale, Tottenham und Chelsea im Viertelfinale aus. Manchester United schaffte es allerdings ins Finale, schlug dabei Chelsea, Marseille und Schalke, überzeugte auch, weil die Spieler von Sir Alex Ferguson natürlich weiterhin in der Lage waren in den wichtigen Spielen Topresultate abzurufen. Mit Vidic, Ferdinand, Scholes, Giggs und Park standen extrem erfahrene Spieler auf dem Platz, aber gegen den FC Barcelona von Pep Guardiola, bei dem fast alles ineinander passte, war wie schon 2009 kein Kraut gewachsen. Die Dominanz der Premier League gab es eigentlich nicht mehr. Weiterhin waren englische Teams in der Lage eine herausragende Rolle zu spielen, aber in der Breite war die Liga nicht mehr so existent wie noch 2-3 Jahre zuvor.

Die darauffolgende Saison war eine sehr komische. Der neue Big Player" der PL, Manchester City, schied in einer Gruppe mit dem SSC Neapel und dem FC Bayern München bereits aus, konnte sich als Dritter aber immerhin noch für die Europa League qualifizieren, in der dann auch sehr schnell Schluss war. In England betrachtete man diese Tatsache nicht als problematisch, es fehle der Mannschaft schlichtweg an Erfahrung im internationalen Business. Allerdings verabschiedete sich auch Manchester United bereits in der Gruppenphase, was nicht zu entschuldigen war. United musste erkennen, dass diese Mannschaft eben nicht mehr mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie in den Jahren zuvor durch die internationalen Wettbewerbe marschiert. Während für den FC Arsenal dann im Achtelfinale Schluss war, mogelte sich der FC Chelsea gegen Neapel weiter. Chelsea schlug auch Benfica und Barcelona und gewann das Finale gegen den FC Bayern obwohl man weder spielerisch, noch sonst in irgendeiner Art unfassbar überzeugte. Man merkte, dass diese Mannschaft von Chelsea dran" war. Dran, diesen Pokal zu gewinnen und dass es nichts geben wird, was die Blues daran hindern kann. Eine Generation an sehr guten Spielern krönte sich, ohne zu überzeugen, in einer turbulenten Saison, letztlich sicherlich verdient, denn man kann diesen Wettbewerb eigentlich überhaupt nicht unverdient" gewinnen.

2012/13 dominierten Bayern München und Borussia Dortmund die Königsklasse und standen am Ende der Saison zu Recht im Finale. Chelsea und Manchester City verabschiedeten sich bereits in der Gruppenphase, City wurde sogar Tabellenletzter. Arsenal und Manchester United schieden gegen den FC Bayern und Real Madrid im Achtelfinale aus und die Situation stellt sich eben so dar, wie man sie jetzt vorfindet. Kein englisches Team ist im Viertelfinale der Königsklasse und langsam hätte man auch in England erkennen müssen, dass es an der Zeit ist, umzudenken. Chelsea holte nach der Saison Mourinho zurück, bei United hörte Sir Alex Ferguson auf, City gab noch mehr Geld aus. Doch Reaktion nur um der Reaktion willen ist kontraproduktiv, schlichtweg Verzweiflung pur. In der Vorsaison war für Arsenal und City im Achtelfinale Schluss, United schied im Viertelfinale gegen den FC Bayern aus und Chelsea war im Halbfinale gegen Atletico Madrid besonders im Heimspiel unterlegen und wurde vor allem taktisch dominiert, eine Tatsache, die auch Trainer José Mourinho sauer aufstieß. In der laufenden Saison setzt sich diese Entwicklung fort, dieser Prozess geht weiter. Chelsea, Arsenal, City schieden im Achtelfinale aus, Liverpool erreichte nicht einmal eben jenes, sondern stieg ab" in die Europa League, wo man auch schon direkt in der nächsten Runde an Besiktas scheiterte.

Taktische Fehler & das Geld

Paradoxerweise ist das Geld, das man in England einnimmt, ein Mitgrund für die Probleme, die man beklagen muss. Anfangen muss man aber mit den taktischen Missständen, die enorm sind. Womöglich waren sich die Verantwortlichen der englischen Spitzenteams trotz der nachlassenden Ergebnisse und der nicht mehr herzustellenden Dominanz so sicher, dass sie mit ihren finanziellen Mitteln jederzeit Fehler ausbessern können, dass man selbst nicht glauben konnte, kollektiv in Richtung Durchschnitt und Mittelmaß zu wanken.

Mannschaften wie das Chelsea von José Mourinho in seiner ersten Amtsphase, das Liverpool unter Benitez oder Manchester United mit Alex Ferguson - jedes dieser Teams hatte Besonderheiten im taktischen und/oder spielerischen Bereich. Ferguson setzte auf erfahrene Spieler, in den Glanzzeiten von Vidic und Ferdinand war diese Innenverteidigung unüberwindbar, die Zeiten beider Spieler waren aber an einem bestimmten Punkt einfach vorbei und genau hier wurde es knifflig. Man konnte nicht junge Spieler wie Phil Jones oder Chris Smalling verpflichten und alles so beibehalten, diese Spieler waren anders und mussten entsprechend auch anders eingesetzt werden. Ähnlich verhielt es sich im Mittelfeld, als Scholes und Giggs in die Jahre kamen und nicht adäquat ersetzt werden konnten. Es ist nicht möglich, diese Spielertypen exakt so wieder zu verpflichten, also muss man vorausschauend planen und schon während der Zeit, in der man eben jene Spieler dosierter einsetzen muss, neue Akzente setzen. Das gelang Manchester United nicht und so führte ein Problem zum nächsten.

Weil die Einkäufe nicht passten, mussten Giggs, Scholes, Ferdinand und Vidic mehr Spiele machen, als gut für sie und für die Mannschaft war. Das zentrale Mittelfeld litt unter dem Verlust von Park, der Verletzung von Fletcher und der Tatsache, dass ein Gibson nicht genug Talent mitbrachte und der immer im Hintergrund hochgelobte Anderson komplett scheiterte. Auf den Außenbahnen fehlte es vor allem Young und Nani an Spielintelligenz, doch das wurde komplett ignoriert, da man immer noch Giggs bringen konnte oder individuell insgesamt doch gut genug besetzt war. Schließlich wurde man panisch und kaufte Spieler wie Fellaini zu völlig überzogenen Preisen. Fellaini hat sicherlich gut funktioniert in Everton und ist ein guter Spieler, doch für die strategischen Anforderungen ist er nicht gut genug und die Missstände, die sich unter Ferguson schleichend entwickelt hatten, musste David Moyes alle auf einmal bewältigen - dazu hatte er weder die Lobby noch die Mittel, vor allem in personeller und finanzieller Hinsicht.

Es wurden also viele Spieler zu überzogenen Preisen geholt, damit man die Problempositionen schnell beseitigen konnte, dabei wurde aber weder auf ein System geachtet, noch hat es den Anschein, dass alle Spieler ausreichend gescoutet wurden. Dí Maria, Blind, Herrera, Shaw haben natürlich Qualität und es gibt junge Spieler, die man einsetzen kann und selbstverständlich ist Manchester United auf dem Weg der Besserung, aber zur Verfassung alter Tage fehlt einiges - vor allem Konstanz, Planungssicherheit, Ruhe und eine Entwicklung, die zielgerichtet ist.

Das lässt sich sicherlich so oder so ähnlich auch auf andere Vereine projizieren. Liverpool war sogar eine Weile ganz raus aus der internationalen Elite, spielte nicht einmal Champions League. Nachdem Alonso, Mascherano oder Torres nicht mehr für die Reds spielten, waren die Erwartungen an die Nachfolger zu groß oder es wurde schlichtweg zu wenig Qualität eingekauft, Stichwort Andy Carroll. Der war zudem noch vollkommen überteuert, was auch an den horrenden Summen liegt, die man in der PL einnimmt. Durchschnitt wird automatisch teurer, wenn ein Tabellenletzter ähnliche Umsätze generiert wie ein EL-Klub in Frankreich oder Deutschland.

Die hohen Summen, die gezahlt werden, verpesten den Markt. Plötzlich wittern Zweitligavereine das große Geschäft und kleben ein 15-Millionen-Preisschild auf ihren 19-jährigen Stürmer, der erst zweimal getroffen hat. Die Preise steigen also permanent an, auch für mittelmäßige Spieler muss man hohe Summen bezahlen, also schaut man sich im Ausland um. Doch wer leidet am Meisten unter den zahlreichen Spielern, die aus dem Ausland transferiert werden? Die eigene Jugend. Es ist kein Zufall, dass englische Nationalmannschaften immer ihre Probleme haben und nicht auf allen Positionen top besetzt sind. Potenzial wäre vorhanden, es muss aber auch gefördert werden und wenn die großen Klubs im Ausland zuschlagen, versickert dieser Markt langsam auch für die Midtable"-Klubs, die dann entweder etwas riskantere Deals eingehen oder die überteuerten Spieler aus der 2. Liga verpflichten.

Außerdem wird in England zu viel Wert auf Physis, Dynamik und eine hohe Intensität im Spiel gelegt. Kaum eine englische Mannschaft beherrscht es, das Spiel zu beruhigen und eine Führung locker über die Zeit zu bringen. Taktische Finessen sieht man ohnehin kaum, der Ball wird schnell nach vorne befördert und dann wird angegriffen. Die Mannschaften, die sich in der Defensive befinden, wollen die Angriffe beenden und selbst schnell nach vorne spielen. Strukturiertes und geordnetes Spiel sieht man selten. Das führt in der Liga teilweise zu Spielen mit atemberaubendem Tempo und Torszenen im Minutentakt. Viele assoziieren dies fälschlicherweise mit einem guten Spiel", wobei oftmals - überspitzt formuliert - der Ball von A nach B gedroschen und nach einem kurzen Dribbling abgeschlossen wird.

Dass das die Zuschauer in den Stadien und auch das Publikum am anderen Ende der Welt, also dem Konsumenten, gefällt, ist verständlich, jedoch scheint man in England bis heute nicht begriffen zu haben, dass diese Spiele vollkommen hektisch, unübersichtlich und ungeordnet ablaufen. Viele Spiele leben von Individualkünstlern, die in der gegnerischen Hälfte auf den Ball warten und ihre Klasse unter Beweis stellen, dabei wird die Defensive vernachlässigt. Spieler wie Coutinho, Dí Maria, Silva, Alexis oder Hazard machen natürlich Spaß, aber es ist erstaunlich, dass es nicht gelingt, solche Spieler so zu disziplinieren, dass sie in einem mannschaftlichen Konstrukt optimal funktionieren. Die Zahl der Scorerpunkte ist nicht ausschlaggebend für den Erfolg der Mannschaft, auch wenn man mit solchen Spielern sicherlich nichts falsch macht.

Die Frage ist also, ob das Hauptaugenmerk auf die Taktik gelegt werden muss. Ehemalige Spieler von Arsenal-Coach Arsene Wenger behaupteten, der Franzose habe keinen großen Wert auf Taktik gelegt, sondern nur seine Art des Fußballs an die Mannschaft weitergegeben. Es fehlte also an einem Plan B, wenn seine Mannschaft mit der wengerschen Spielidee nicht weiterkam, auch auf gegnerische Veränderungen konnte Wenger nur selten reagieren. Das erscheint plausibel, denn sobald eine Mannschaft kommt, die entweder individuell auf ähnlichem Niveau agiert oder taktisch herausragend agiert, scheinen die Teams aus der Premier League mitunter ratlos und überfordert zu sein.

Auffällig ist aber vor allem, dass die englischen Mannschaften offenbar die Entwicklungen im Pressing/Gegenpressing und kontrolliertem Umschaltspiel verschlafen haben. In der Premier League kann man immer wieder beobachten, wie Spieler ungehindert durch das Mittelfeld laufen können und über 20-30 Meter überhaupt nicht angegriffen werden. Das führt dazu, dass technisch gute Spieler mit einem guten Abschluss sehr wichtig im Mittelfeld sind, da sie keine organisatorischen Fähigkeiten und keine Pressingresistenz benötigen. Ein gutes Beispiel dafür ist Yaya Touré von Manchester City. Touré hatte seine beste Phase als er beim FC Barcelona spielte. In Manchester hat er in der Liga alle Freiheiten, glänzt mit seiner Technik, Ballbehandlung und Abschlussstärke, aber in der Königsklasse merkt man deutlich, dass es bei ihm nicht reicht, wenn er mit Manchester City auf ein Topteam trifft. Gegen den FC Bayern ist Touré eigentlich immer unsichtbar, gegen Barcelona kaum existent, selbst gegen Dortmund hatte er kaum Aktionen, in denen er glänzen konnte, weil es ihm ganz offensichtlich an elementaren Fähigkeiten mangelt und weil die Taktik der Mannschaft nicht dafür geschaffen ist in der europäischen Spitze zu brillieren.

In der Champions League konnte man gut beobachten, dass der FC Liverpool teilweise fassungslos und schockiert war, als der FC Basel mit aggressivem und konsequentem Pressing Ballgewinne generierte und dann strukturiert mit nur so viel Personal nach vorne spielte, dass die Hintermannschaft nie großartig gefährdet wurde. Liverpool hatte wenige Chancen gegen Basel und war taktisch unterlegen, Basel war sogar spielerisch besser, da man immer in Bewegung war. Beim FC Arsenal war die Naivität und fehlende Balance das Problem. Als man zuhause hinten lag, war man offen wie ein Scheunentor, die Absicherungen fehlten. Chelsea war nicht in der Lage ein konsequent und strukturiert verteidigendes Gebilde aus Paris zu bezwingen, zumindest nicht oft genug. Jedem Team in der Premier League scheint es an Dingen zu fehlen, die im heutigen Fußball von Wichtigkeit sind. Manche haben auf der 6, der Königsposition, zu wenig Qualität, viele sind taktisch nicht auf der Höhe, teilweise verfügt man schlichtweg über kein Umschaltspiel, es fehlt an strategischen Elementen und man spielt viel zu hektisch und übermotiviert. Die Premier League ist international am Hinterherhinken und die Vormachtstellung ist lange vorbei. Man muss endlich einsehen, dass dies der Fall ist und handeln - konsequent und kollektiv.

Mögliche Lösungsansätze

Lösungsmöglichkeiten gibt es viele - aber keine Garantie, dass diese auch funktionieren. Man muss auf jeden Fall Geduld haben und sich Zeit lassen, auch die nötige Zeit nehmen. 5-6 Jahre, die gespickt von Fehlern und einer nicht vorhandenen Entwicklung waren, holt man nicht in 1-2 Jahren wieder auf. Wichtig ist, dass man, sofern nicht vorhanden, schnell eine Basis schafft. Eine Basis, die aus Spielern besteht, mit denen man die nächsten Jahre Erfolge feiern möchte. Man muss in vielen Bereichen aufholen, das ist klar und sollte langsam bis zu den Vereinsverantwortlichen durchdringen. Es ist nicht gut, wenn man von Besitzern, Scheichs, etc. diktiert bekommt, wen man verpflichten soll/muss. Die Trainer bzw Teammanager brauchen Entscheidungsfreiheit, sie müssen den Weg vorgeben und danach muss gearbeitet werden. Das Problem liegt nicht im Scouting, die reichen Vereinsbesitzer wollen Prestigetransfers tätigen und vergessen, dass Homogenität in einem solch labilen Konstrukt wie einer Profimannschaft zu den wichtigsten Dingen zählt.

Neben der freien Hand für Teammanager ist auch wichtig, dass wieder vermehrt auf die Jugend gesetzt wird. Englische Mannschaften sind bekannt dafür, dass sie viele Spieler aus dem Ausland verpflichten und diese wieder verleihen, weil der Markt es eben verlangt, dass man sich Spieler frühzeitig sichert. Stattdessen könnte man die Jugendarbeit forcieren und mehr Wert auf die Ausbildung der Spieler legen. Die gute Ausbildung nach den Werten des Vereins gepaart mit einer besseren und intensiveren taktischen Schulung würde schon in wenigen Jahre für eine Verbesserung sorgen. Außerdem stärkt man damit die Nationalmannschaft.

Mit innovativer Methodik und guten Ideen kann man in der Premier League weit kommen. Der Ballbesitzfußball von Swansea zeigte in den letzten Jahren, dass man nicht kick and rush" spielen muss, um erfolgreich zu spielen und die Großen" zu ärgern. Auch die gute defensive Grundstabilität mit effektiven Umschaltmomenten von West Ham bis Weihnachten trug Früchte, danach wurde man inkonstant. Southampton unter Pocchettino in der letzten und Koeman in dieser Saison zeigt, dass es auch anders geht. Die Saints pressen früh, stehen stabil und schalten gut um, haben damit gegen jedes Team der Premier League eine Chance und zeigen vor allem, dass ein funktionierendes System und eine Marschroute, auf die man setzt, wichtiger sein kann als individuelle Glanzpunkte von Topspielern.

Ob die Premier League in den nächsten Jahren dazulernt und aus dem kleinen Loch" herauskommt? Die Zeit wird es zeigen.

Manuel (@talentfrei92)

Bild: "Premier League" by Source. Licensed under Fair use of
copyrighted material in the context of Premier League"
Fair use via Wikipedia

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KOMMENTARE
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Maxi_FCB
24.03.2015 | 12:25 Uhr
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Maxi_FCB : 
24.03.2015 | 12:25 Uhr
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Maxi_FCB : 
Jawoll, sehr feines Ding, klarer Zehner!

Was mich am Niedergang der PL so wundert: Es kommen ja ständig Einflüsse von außen.
Mourinho hat taktisch erwiesenermaßen einen relativ weiten Horizont, Pellegrini hat in Malaga und auch zuvor schon taktisch stets anspruchsvollen Fussball spielen lassen, von van Gaal ganz zu schweigen. Auch Pochettino, Martinez und Konsorten kommen aus dem Ausland und haben dort jeweils ganz anderen Fussball praktizieren lassen.
Aber kaum kommen sie nach England passen sie sich der taktischen Einfältigkeit an - seltsam.

Wenn ein Bruce, Hughes oder Allardyce in diesen klassischen kick-and-rush-Denkmustern verhaftet sind, kann ich das ja verstehen, denn sie kommen aus diesem System und kennen eventuell kein anderes. Aber wenn ein Pellegrini taktisch plötzlich derart eindimensional agieren lässt, ist das nicht nachzuvollziehen.
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Osm_Possum
24.03.2015 | 13:06 Uhr
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Osm_Possum : 
24.03.2015 | 13:06 Uhr
0
Osm_Possum : 
wenn man dazu Mous Aussage von neulich hernimmt, dass die Probleme hauptsächlich durch die anstrengende ausgeglichene Liga ohne Winterpause entstehen, könnt man meinen, dass es auch bei ihm mit taktischem Verständnis nicht so weit her ist. oder aber wieder nur ein Zeichen dafür, dass er am Fußball kein Interesse hat, sondern nur am Sieg mit seinem Team.

man sollte der premier league aber eh nicht helfen das ganze potential auszuschöpfen, das würde alle andern zurücklassen
1
bobby_fischer
24.03.2015 | 14:10 Uhr
2
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24.03.2015 | 14:10 Uhr
0
Bis auf den Teil mit dem "Plan B" ist das ein sehr guter Artikel. Ich habe auch einmal 10 Punkte vergeben.

Und wieder bewahrheiten sich Peps Worte: "Wenn man weniger Geld hat, braucht man bessere Ideen."

Umgekehrt führte hier das viele Geld zu schlechten Ideen.
2
Talentfrei
MODERATOR
24.03.2015 | 14:13 Uhr
0
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Talentfrei : 
24.03.2015 | 14:13 Uhr
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Talentfrei : 
Das mit dem Plan B hätte ich etwas detaillierter beschreiben können, richtig. Vielleicht widme ich mich in einem Kommentar noch dazu.


Dennoch schon einmal Danke für die Reaktionen!
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robbery47
24.03.2015 | 14:19 Uhr
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robbery47 : 
24.03.2015 | 14:19 Uhr
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robbery47 : 
Sehr schön geschrieben. 10 Punkte
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Voegi
MODERATOR
24.03.2015 | 14:47 Uhr
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Voegi : 
24.03.2015 | 14:47 Uhr
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Voegi : 
wirklich sehr starker text. sehr analytisch und konstruktiv, da du auch auswege aufzeigst. denke aber, es wird einige zeit dauern, bis der englische fußball wieder da ist, wo er einmal war.
1
ausLE
MODERATOR
24.03.2015 | 14:51 Uhr
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ausLE : 
24.03.2015 | 14:51 Uhr
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ausLE : 
Wie immer ein starker Blog TF.

Dein Lösungsansatz finde ich auch nachvollziehbar, aber wer von den Besitzern der Clubs hat 5-6 Jahre Zeit? Dazu noch der neue TV-Vertrag. Ich glaube nicht, das sich so viel ändern wird.

10 Punkte!

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Linselot
26.03.2015 | 20:23 Uhr
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Linselot : Totgesagte leben länger?!?
26.03.2015 | 20:23 Uhr
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Linselot : Totgesagte leben länger?!?
Ich kann das so nicht vollends unterschreiben. Die Endlänger waren dieses Jahr sehr schwach, ja, und auch in den letzten Jahren geht der Trend eher nach unten - das will ich auch nicht bestreiten. Was mich aber stört ist, dass sie so richtig nach unten geredet werden, und zwar pauschal und allgemein. Nicht ganz zu unrecht, aber ich weiß nicht, ob es allein ihre Schuld ist oder ob die anderen Ligen nicht einfach aufgeholt haben. Vor 2 Jahren hieß es Deutschland sei die stärkste Liga der Welt nach dem Finale von London, letztes Jahr wars dann Spanien. Dieses Jahr? Schau mer mal.

Den grundsätzlichen Trend, dass die Engländer ihre Vormachtstellung verloren haben, kann man nicht abstreiten. Trotzdem muss man jeden Klub für sich betrachten.
Liverpool: Letztes Jahr bärenstark, dann Suarezabgang. Auch davor oft gelitten durch schwerwiegende Abgänge und finanzielle Probleme (Mascherano, Alonso, Torres, jetzt Suarez) -> Etablierung in der PL notwendig bevor man da jetzt internationale Erfolge erwartet.
ManU: Probleme nach dem Ende von Ferguson, aber auch durch das Alter des Kaders. Moyes hats nicht gelöst bekommen, van Gaal braucht auch Zeit.
Chelsea: Spielt national relativ konstant, jetzt gegen Paris kann man ausscheiden.
ManCity: International noch nie überzeugt seit dem Scheicheinstieg. Aber insgesamt aufsteigende Form, nur zweimal im AF gegen Barca, ist halt suboptimal.
Arsenal: Seit Jahren am Rotieren, Wenger bekommts einfach nie ganz hin, dass es zu nem großen Wurf reicht. Die beiden letzten Jahre an Bayern gescheitert, dieses Jahr gegen Monaco natürlich enttäuschend.

In der EL spielen die Engländer ja eh nie ernsthaft, weil ihnen die PL wesentlich wichtiger ist.

Barcelona, Real und Bayern, aber eben auch Atletico, Paris und vlt Dortmund sin auf Augenhöhe bzw darüber hinaus im Vergleich zu den PL-Klubs. Trotzdem sollte man sie nicht ganz abschreiben.

Natürlich trotzdem ein grandioser Blog, schön zu lesen, 10 Punkte!
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mrpunk
27.03.2015 | 10:12 Uhr
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mrpunk : 
27.03.2015 | 10:12 Uhr
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mrpunk : 
Das erste Problem ist, dass die Spieler in der PL im Schnitt zu teuer sind. Die Liga nimmt zwar viel mehr Geld ein als andere Ligen, hat aber auch höhere Kosten.
Das nächste Problem ist, dass die Jugend kaum Einsatzzeit bekommt. Ohne eigenen Nachwuchs kann aber ein Verein nur schwer eine eigene Identität aufbauen. Dass Nachwuchsspieler weiträumig verliehen werden hilft den Vereinen da auch nicht.
Dazu passt der enorm hohe Ausländeranteil in der Liga und die Tatsache, dass kaum Engländer auf dem Festland spielen.

Trotz dem müssten die Vereine eigentlich in der Lage sein in Europa um Titel mitzuspielen. Den kleineren Clubs fehlt es aber eindeutig an Erfahrung, weil die Europa League lange beinahe ignoriert wurde. Spanische und portugiesische Teams dagegen nehmen diesen Wettbewerb sehr ernst.
Und die englischen CL Clubs haben stagniert. Manchester United hat klar von Fergusons Know-How gelebt. Chelsea lebt von Mourinho und ist wohl lange das kompakteste und geschlossenste englische Team in Europa gewesen. Die anderen Clubs gehen die CL an wie sie auch die PL angehen und laufen dann gerne ins offene Messer. Es fehlt einfach an Geschlossenheit über alle Mannschaftsteile hinweg. Das passiert Neulingen gerne in der CL, dürfte Arsenal oder Manchester City aber nicht passieren. Es fehlt Cleverness.

Dazu liegt trotz vieler Anstrengungen des Verbandes der Freizeitfußball teilweise am Boden, auch weil sich niemand verantwortlich fühlt/sieht.

Die Liga war sich über Jahre selbst genug. Obwohl die Stars der Kategorie 'potentieller' Weltfußballer schon lange mehrheitlich nicht in England spielen.
Die EPL hat zwar Stars, im Durchschnitt ist es aber einfach eine teure Suppe die dort bei den Vereinen spielt. Das Unterhaltungsprodukt mag noch stimmen, aber der Wettbewerb mit anderen Ligen sieht immer schlechter aus. Nicht nur weil andere Ligen aufgeholt haben, sondern auch weil die EPL nachgelassen hat. Gibt es ein Team in der PL das realistisch auf den CL Sieg ausgerichtet wurde?
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mrpunk
27.03.2015 | 10:27 Uhr
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mrpunk : 
27.03.2015 | 10:27 Uhr
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mrpunk : 
Wir sollten man 15 bis 20 Jahre zurück denken als in der Bundesliga und beim DFB um 2000 herum auch der Weg in die Sackgasse festgestellt wurde. Damals hatten sich viele BL-Vereine mit "günstigen" Ausländern eingedeckt und der kollektive Fußball war zum Teil irgendwo in den 80ern stecken geblieben. Den Clubs musste aber auch erst das Geld ausgehen um die Vorteile der konsequenten Jugend- und Trainerausbildung zu erkennen.

Diese Spirale kann sich immer wieder ergeben. Durch den sportlichen Druck (den wir auch in der BL haben) werden Spieler vermehrt gekauft (ob Ausländer oder Inländer ist egal; Wichtig ist ob die Spieler eine andere Fußballsprache sprechen). Damit bekommt die Jugend weniger Einsatzzeit und kann sich nicht so gut entwickeln. Man opfert also die langfristige Entwicklung für kurzfristige Maßnahmen. Der Effekt verstärkt sich noch. Denn bekommt der Nachwuchs keine Einsatzzeit, müssen immer mehr andere Spieler gekauft werden usw. usf.
(Diese Effekt kann auch heute noch in der BL auftreten.)

Durch dieses nationale Nachwuchskonzept des DFB hat man zumindest den Vorteil, dass der Nachwuchs deutschlandweit ähnlich ausgebildet wird. Damit sind Transfers oder Leihen dieser Spieler wirkungsvoller als wenn sie in eine andere "Fußballkultur" wechseln würden. Ein Vorteil, den sicher auch kleine Nationen wie die Niederlande schon lange nutzen.
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