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Von: NickyNail
06.03.2014 | 2271 Aufrufe | 2 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 8.0
Stuttgart pfeift - Ansprüche zu hoch
Einfach mal die Luft anhalten
Unsere DFB-Team gewinnt 1:0 gegen Chile und was macht das Publikum? Es pfeift - die eigenen Spieler aus. Warum?

Einfach mal die Luft anhalten

Sicher war das kein Fußball-Spektakel gestern Abend in Stuttgart und auch keine Glanz-Gala-Vorstellung, die die deutsche Fußballnationalmannschaft darbot. Doch, dass das schwäbische Publikum in der Mercedes-Benz Arena sich doch tatsächlich erdreistet, bei einem kurz bevorstehenden 1:0-Erfolg über eines der aktuell heißesten Teams der Fußballweltkarte zu pfeifen, zeigt einmal mehr, dass der Anspruch, den Fußball-Deutschland von seinem Vorzeige-Nationalteam aktuell hat, deutlich zu hoch ist. Einen Anspruch, den Jogi Löw mit seiner Druck-Rede unter der Woche unnötig weiter befeuert hat. Doch woher kommt dieser Anspruch und vor allem ist er gerechtfertigt?

Die deutsche Nationalmannschaft ist weder Bayern München, noch Borussia Dortmund. Nur weil der selbsternannte Stern des Südens eine brillante Fußball-Show nach der anderen auf den Rasen zaubert, heißt das noch lange nicht, dass wir das von unserem Nationalteam auch erwarten können. Denn, auch wenn die Bayern mit einer zufriedenstellend hohen Anzahl an qualitativ sensationell guten, deutschen Spielern agieren, so spielen neben Neuer, Lahm, Schweini, Kroos, Müller und Götze eben auch noch ein Ribery, ein Robben, Dante, Alaba oder Mandzukic um nur ein paar Namen zu nennen, die aktuell aus sechs Deutschen die beste Klubelf der Welt macht. Um jeden einzelnen wären Jogi & Co. mehr als froh, wenn sie mal kurz eben einen deutschen Pass ausstellen könnten. Gleiches gilt wohl auch für Shaqiri, Rafinha, Martinez und THIAGO. So stolz Fußball-Deutschland also gerade auf seinen besten Klub sein kann, Bayern ist nicht Deutschland und damit müssen wir leben können. Dass es, um Weltmeister werden zu können, nicht reicht, die besten Vereine im Land zu haben, können uns unsere Inselfreunde aus dem Mutterland des Fußballs nur bestätigen und ich erinnere gerne daran, dass der FC Barcelona und Real Madrid auch schon recht gute Klubs waren, bevor die Furia Roja 2008 anfing das Monopol auf internationale Titel für sich zu beanspruchen.

Wenn jetzt Kritiker dieser Argumentation einsetzen mit ja aber, wir haben doch die zwei besten Teams der Welt in Deutschland, da Borussia Dortmund doch auch im CL-Finale stand letztes Jahr, dann ist der Fakt des Finales sicher richtig, doch Herr Watzke und Herr Zorc und Herr Klopp werden nur verdutzt den Kopf schütteln. Schauen wir auf die Startelf der Borussia der letzten Wochen, dann hat man hier so seine Probleme ernsthafte Kandidaten für die Startelf der Nationalmannschaft zu finden. Weidenfeller muss sich hinter Neuer anstellen, Manuel Friedrich und Sebastian Kehl sind zwar deutsch, aber entweder froh nicht arbeitslos zu sein und / oder froh über jeden schmerzfreien Tag, Marcel Schmelzer und Kevin Großkreutz hatten ihren Platz im Team am Mittwoch. Gündogan und Bender verletzt, Reus nicht immer fit und Hummels hat auch mehr mit Verletzungen als mit gegnerischen Spielern zu kämpfen.

Ziehen wir also unseren Anspruch aus den letzten Nationalmannschaftsauftritten? Wenn der Anspruch daher kommt, dass wir unsere WM-Quali-Gruppe souverän als erster ohne Niederlage gewonnen haben, gegen internationale Fußballgrößen wie Färoer, Kasachstan oder Österreich, dann werden dieses Jahr wieder viele Mannschaften Weltmeister. Wenn sich ein kommender Weltmeister dadurch auszeichnet, dass er in zwei Spielen 7 Gegentore von den mehrmaligen Welt- und Europameistern aus Schweden ach richtig, doch nicht kassiert, bitteschön. 4:0-Führungen im heimischen Stadion zu verspielen gehört, dann sicher auch dazu und 3:3s gegen Paraguay, wenn die Devise lautet Auf die Abwehrarbeit konzentrieren sind ebenfalls festeingeplant. Nicht die Ergebnisse aus denen man den Anspruch Weltmeister zu werden ableitet.

Doch da waren auch noch seit der EM 2012 ein paar Freundschaftsspiele gegen hochklassige Gegner, gegen die wir dann ja sicher immer gewonnen haben Argentinien, Frankreich, Italien, England. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, wir haben aus diesen vier Spielen, vier Punkte geholt und jeweils ein einziges Tor erzielt zum Fürchten, oder?

Wenn wir dann also Zuhause gegen Chile, die sich in der WM-Qualifikation in Südamerika recht locker qualifizierten und Größen wie Uruguay hinter sich ließen, in Freundschaftsspielen 2013 in Brasilien 2:2 und 1:2 spielten, Welt- und Europameister Spanien bei einem 2:2 zur Verzweiflung brachten und am Rande einer Niederlage hatten (wann haben wir zuletzt gegen Spanien auch nur ein Tor geschossen 2003 durch Fredi Bobic) und in Wembley souverän mit 2:0 gewannen, wenn wir gegen dieses Chile vielleicht unverdient, vielleicht mit Mühe und Not, aber ohne Hummels, Khedira, Gündogan, Müller, Reus & Co. mit 1:0 gewinnen, dann sollte wirklich kein einziger im Publikum, auch kein geiziger Schwabe (was wäre ein Blog ohne Vorurteile) pfeifen.

Wenn unser Anspruch also nicht aus unseren Klubmannschaften kommen soll und auch nicht aus unseren letzten Nationalmannschaftsauftritten, dann wahrscheinlich aus den letzten großen Turnieren. Nach dem Motto jetzt waren wir so oft so nah dran, jetzt sind wir aber mal an der Reihe. Erstens geht sich so eine Überlegung nicht aus (mal in Gelsenkirchen oder Vizekusen nachfragen), weil die Wahrscheinlichkeit auf Teufel komm raus nicht größer werden will und zweitens weil wir einfach tatsächlich seit 2006 nicht einmal wirklich nah dran waren. Wer sich an das EM-Finale 2008 erinnern kann, weiß wie chancenlos wir gegen die Spanier trotz einer vermeintlich knappen Niederlage (1:0) im Finale waren. Zwei Jahre später spielten wir eine furchtbar bescheidene Vorrunde in Südafrika (1:0 gegen Ghana, 0:1 gegen Serbien), schlagen England dank des nicht gegebenen Wembley-Tores und liefern dann eine Fußball-Show gegen Argentinien ab, bei der sogar Arne Friedrich treffen darf, von der wir bis heute zehren (da kommen unsere Ansprüche her). Von all der Euphorie war im Halbfinale erneut gegen Spanien nichts mehr zu sehen und wir verloren erneut verdient mit 0:1. Einer glanzlosen Vorstellung in der Gruppenphase, folgt 2012 ein Viertelfinale gegen nicht EM-taugliche Griechen, mit denen wir mehr Not hatten als uns lieb war und ein desaströses Ausscheiden im Halbfinale gegen bessere Italiener, die ihrerseits keine Chance hatten gegen ein übermächtiges Spanien.

Zu all diesen Tatsachen, aus denen eigentlich schon sowieso zurückgeschraubte Ansprüche resultieren sollten, gesellt sich nun auch noch der Fakt, dass wichtige Schlüsselspieler verletzt, nicht fit oder einfach chronisch außer Form sind. Also bitte, bitte Jogi und bitte liebes Fußball-Deutschland träumen ist auch bei dieser WM erlaubt, wohl und vor allem, ob der Tatsache, dass unsere Einzelspieler, sollten sie alle fit sein, ein in Deutschland noch selten zuvor gesehenes Potential aufweisen, aber bitte bitte einfach mal die Luft rausnehmen. Druck darf gerne intern aufgebaut werden, aber nicht in aller Öffentlichkeit.

Lehren können wir aus dem Chile-Spiel dennoch genügend ziehen. Wir wussten es vorher, aber wir werden immer wieder daran erinnert, wir haben den weltbesten Torhüter und daher auch keine Torhüterdiskussion. Jerome Boateng profitiert bei Bayern von seinem spielstärkeren Nebenmann Dante, dürfte aber ob seiner Schnelligkeit und Zweikampfstärke gesetzt sein. Wenn Hummels wieder fit ist, sollte er der Mann neben Boateng sein, aufgrund Mertes Schnelligkeits-Defizit und Hummels` Spielstärke, die für unser System so wichtig ist. (Ja Hummels hat Fehler gemacht in der DFB-Elf, aber wir können nicht auf so einen Weltklasse Innenverteidiger verzichten.) Früher war die Rede davon Philipp Lahm klonen zu wollen, für beide Außenverteidigerpositionen. Aktuell wäre zweimal klonen (mindestens!) wohl deutlich besser. Ob unseres chronischen Außenverteidigerproblems kann und darf Philipps Position nur hinten rechts sein. Wir können es uns im modernen Fußball einfach nicht leisten zwei derart fußballerisch limitierte Außenverteidiger der Marke Schmelzer, Jansen, Großkreutz, Höwedes gleichzeitig auflaufen zu lassen. Schmelzer und Großkreutz mag im Kloppschen Hochgeschwindigkeitsgegenpressing funktionieren, für die ballbesitzorientiertere Nationalelf taugt die Lösung nicht. In Abwesenheit von Khedira und Gündogan kommt im zentralen Mittelfeld also alles auf Schweini und Toni Kroos, aber auch auf die Stuttgarter Fans werden es nicht gerne hören Mesut Özil. Für ihn gilt es die Formkrise zeitnah zu überwinden, sich auf seine fußballerischen Fähigkeiten zurückzubesinnen und neben dem Erlernen der deutschen Nationalhymne, ehemals deutschen Fußballtugenden laufen und kämpfen sich anzueignen. Das ist das mindeste was man erwarten kann und dann pfeift einen auch keiner aus.

Zeit bis zur WM ist noch genug und die direkte Vorbereitung im Trainingslager lange genug. Sollten unsere rekonvaleszenten dann in den nächsten Wochen alle wieder ins Training einsteigen können, könnte sich das Verletzungspech noch in unseren größten Vorteil beim kräfteraubenden Turnier in Brasilien erweisen. Überspielt sind die Gündogans, Hummels, Khediras, Podolskis, Benders sicher nicht. Für Fußball-Deutschland gilt also einfach mal die Ansprüche zurückschrauben und die Luft anhalten. Luft brauchen unsere Jungs in Südamerika noch genug. Wenn wir dann in einem der KO-Spiele trotz schwacher Leistung 1:0 gewinnen, pfeift hier sicher keiner mehr. Dann gibts wieder Autokorsos, Oh wie ist das schön-Gesänge und Weltmeistersongs.

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Andee121
07.03.2014 | 18:14 Uhr
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Andee121 : 
07.03.2014 | 18:14 Uhr
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Andee121 : 
Schönes Teil Herr Nagel. Stimm dir voll und ganz zu dass zu viele derzeit die Bayern sehen und dabei denken Deutschland müsste eben genauso alles dominieren. Auch die Versetzung von Lahm ins Mittelfeld reisst für mich eine größere Lücke als das eine geschlossen wird. Wobei ich auch sagen muss dass ich das Spiel schrecklich fand aber seine gewinnende Nationalmannschaft auszupfeiffen is ein no go da muss ich auch dem Herrn Boateng zustimmen. Ich hoff ma du schreibst noch paar nette Blogs das animiert mal wieder zum lesen í83DíE09
wegen der Linksverteidiger Position hätte ich aber die Lösung. In der Domstadt spielt ein junger Hector í83DíE09
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vanGaalsNase
10.03.2014 | 14:00 Uhr
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10.03.2014 | 14:00 Uhr
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Man sollte auch die Frage stellen, ob der Respekt gegenüber anderen Nationen nicht viel zu gering ist. Man hört bspw. viel zu selten, wie herausragend die Leistung von Chile war, dieses Tempo und den daraus entstehenden Druck über die gesamte Spiellänge aufrecht zu erhalten.

Als ob wir das einzige Team auf der Erde wären, dass ernsthafte Chancen auf den Titel hat... Spanien und Italien sind auf einem überragenden Niveau und Brasilien vereinigt neben der spielerisch positiven Entwicklung in den letzten Monaten noch den Heimvorteil und die Gewöhnung an die klimatischen Verhältnisse.

Alles in allem gehört die dt. N1 natürlich zum Kreis der Favoriten. Mehr aber auch nicht.
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