Vor der Saison war ich ein großer Fan des Videobeweises. Endlich nimmt auch der Fußball die Möglichkeiten der modernen Technologie wahr und macht einen Fortschritt in Sachen Fairness. Die Angst um ausbleibende Diskussionen hatte ich nie, wichtiger war mir das Ausbleiben von Fehlentscheidungen, die entweder die Freude über den Sieg des eigenen Teams schmälern oder aber den Ärger über eine Niederlage um ein vielfaches vergrößern. Zudem nimmt es den Druck von den Schiedsrichtern, nimmt sie aus der Schusslinie, da strittige Szenen nun noch einmal betrachtet und beurteilt werden können.
Nun, nach wenigen Wochen im Einsatz, muss man konstatieren: der Videobeweis hat den Fußball nicht einfacher, nicht besser, nicht fairer gemacht. Er hat ihn verkompliziert. Dabei ist der Ansatz nicht schlecht, dass spielentscheidende Entscheidungen sicherheitshalber überwacht werden. Dazu gibt es mehr oder weniger klar formulierte Regeln von der DFL. Nur ist, wie so häufig im Fußball, die Auslegung und Umsetzung dieser Regeln das, woran sich die Geister scheiden und der Grund, warum es jeden Spieltag in jedem Spiel zu Diskussionen zwischen Spielern, Trainern und Schiedsrichtern kommt. Leidtragende sind mal wieder die Referees, die zumindest meinem Empfinden nach noch härter in der Kritik stehen. Immerhin haben Spieler und Trainer nun die Chance, durch vehementes Fordern und Reklamieren eine Entscheidung doch noch zu kippen, indem sie die Schiedsrichter zum Videobeweis nötigen. Dabei wirken die Schiedsrichter oftmals etwas unsicher, teilweise hilflos. Soll ich den Videobeweis anfordern? Immerhin beschweren sich 11 Spieler. Darf ich meinen Pfiff zurück nehmen? Genau an diesem Punkt MUSS die Deutsche Fußball Liga ansetzen!
Andere Sportarten machen es vor. Beim Tennis hat ein Spieler pro Satz eine bestimmte Anzahl an Challenges. Beim American Football gibt es zudem klare Regularien, wie und wann die Coaches ihre zwei Challenges pro Spiel einsetzen können. Für den Fußball eignet sich meiner Meinung nach das Modell aus dem Hockey am besten: Dort kann eine Mannschaft die Entscheidung eines Schiedsrichters per Videobeweis überprüfen lassen. Behält die Mannschaft recht, bleibt das Recht auf einen Videobeweis erhalten. Liegt sie falsch, erlischt es. Diese Regelung hat mehrere Vorteile. Zum einen kann der Videobeweis nicht missbraucht werden, um in einem engen Spiel Zeit von der Uhr zu nehmen oder den Spielfluss des Gegners dauerhaft zu unterbrechen. Zum anderen nimmt es die Spieler bzw. den Trainer in die Pflicht, einen Videobeweis zu fordern. Das nimmt den Druck von den Schiedsrichtern und regelt zudem klar, wann ein Videobeweis eingesetzt wird: nämlich dann, wenn eine der Mannschaften dafür einen Versuch aufgeben will. Durch diese Begrenzung würde nicht mehr bei jeder Abseitsstellung, bei jedem Halten diskutiert und gefordert werden, sondern nur noch bei wirklich spielentscheidenden Situationen, bei denen sich eine Mannschaft sicher ist, benachteiligt worden zu sein.
Egal, wie die Limitationen letztendlich aussehen, so zeigen die letzten Wochen doch deutlich, dass der Videobeweis überarbeitet werden muss. Entscheidend ist dabei meiner Meinung nach, dass der Videobeweis nicht vom Schiedsrichter (mit einer Ausnahme vielleicht: er ist sich selber so unsicher, dass er keine Entscheidung treffen kann) angefordert wird, sondern nur auf Kosten eines Versuches von der fordernden Mannschaft. Den Videobeweis ganz abschaffen sollte man jedoch nicht, denn er ist meiner Meinung nach immer noch ein Schritt in die richtige Richtung - nur steht dieser aktuell auf sehr wackeligen Beinen.
Deine Vorschläge sind zwar gut gemeint aber in der Praxis kaum durchführbar.
Es soll weiterhin JEDE kritische Situation untersucht werden.
Der Videobeweis hat in dieser Saison schon zahlreiche Situationen richtig geklärt und ist ein großer Vorteil für den Fußball. Was ohne Videobeweis passiert hat man ja letzte Woche in London gesehen. Viele Entscheidungen im Fußball sind nicht 100% mit ja oder nein zu beantworten und dementsprechend Auslegungssache. Das sich Klubs benachteiligt fühlen ist verständlich.