11 Siege - 3 Remis - 3 Niederlagen - 36 Punkte und ein Torverhältnis von 31:15. Das sind die Zahlen der besten Rückrunde der Vereinsgeschichte des FC Schalke 04.
Das sind die Zahlen, die Jens Keller wohl noch länger da sitzen lassen, wo er momentan noch sitzen darf - auf der Trainerbank.
Seit Beginn seines Amtsantritts am 16.12.2012 war er als Person umstritten. Kein Charakter der zum Kumpel- und Malocherclub passt, kein Konzept im Spiel erkennbar. Und doch führte er Schalke in der Rückrunde seiner Debütsaison von Platz 7 auf Platz 4 und anschließend über Thessaloniki in die Champions League.
Die Hinrunde der darauffolgenden Saison endet erneut mit Platz 7, doch anders als Huub Stevens darf Keller bleiben. Vielleicht auch, weil es keine bessere Alternative auf dem Trainermarkt gibt. Vielleicht um die, in den Jahren zuvor fehlende Konstanz zu erzwingen. Die Verantwortlichen jedenfalls setzen weiter auf Keller, der bei Anhängern als Sündenbock für jegliche sportliche Misserfolge dient.
Es folgt die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte und am Ende der Saison die direkte Qualifikation für die Champions League auf Platz 3 mit 64 Punkten. Und das trotz zahlreicher Verletzungssorgen.
Das desaströse 1:6 in der heimischen Arena gegen das weiße Ballett aus Madrid im Achtelfinale der CL sollte danach keinen mehr interessieren.
Dennoch ist Keller's Kredit bei den Fans nicht so hoch wie man vermuten könnte und schon nach 4 Spielen der neuen Saison gänzlich verspielt.
Das Pokalaus in der ersten Runde bei Dynamo Dresden war der erneute Anfang der Diskussion um den Trainer. Planlos wirkte die Vorstellung des FC Schalke 04 beim Drittligisten.
Auch der erste Spieltag der neuen Bundesligasaison sollte zum Kanonenfutter für die Keller-Kritiker werden.
Gegen die heimstarken Hannoveraner verspielte man eine 1:0 Führung innerhalb von 3 Minuten und so ging man mit einer nüchternen Erwartungshaltung in das kommende Heimspiel gegen den FC Bayern München.
Und die ersten 15-20 Minuten ließen nichts Gutes für die Schalker ahnen. In der 10. Spielminute markierte Robert Lewandowski mit seinem ersten Bundesligatreffer für seinen neuen Arbeitgeber das 1:0 und es sah so aus, als würden die nächsten Treffer nicht lange auf sich warten lassen.
Doch es kam anders. Schalke bäumte sich auf und kämpfte sich regelrecht in das Spiel, sodass die knappe Pausenführung der Münchner nicht glücklich allerdings auch nicht wirklich verdient war.
Auch nach der Pause präsentierten sich die Knappen als Kollektiv und Weltmeister Benedikt Höwedes sorgte mit einer Willensleistung in der 62. Minute für den Ausgleich.
1:1 hieß es am Ende gegen die Überbayern.
Fans zufrieden. Verantwortliche zufrieden. Trainerposition unkommentiert.
Eine Seltenheit in der Ära des Jens Keller beim FC Schalke 04.
Die Ruhe sollte sich nach diesem Wochende auch schnell wieder verflüchtigen.
1:4 hieß es aus Schalker Sicht gegen überlegene und clevere Gladbacher.
Ideenlos wirkte das Offensivspiel der Mannschaft von Jens Keller und die einzigen zwei bis drei gefährlichen Aktionen kamen von Choupo-Moting, dem es für einen Mittelstürmer augescheinlich an Kaltschnäuzigkeit fehlt.
Der misslungene Hackentrick K.P. Boatengs in die Füße von Christoph Kramer, der den Konter zum 1:0 für Gladbach einleitete war symptomatisch für den fehlenden Offensivdrang der Gäste.
Ein zu großes Loch im Mittelfeld und keiner der aufgerückt war um die Ablage Boatengs zu verwerten oder zumindest einen Konter zu unterbinden.
Der Shitstorm auf Keller seitens der Anhänger war wieder einmal vorprogrammiert.
Zurecht?
Das Offensivspiel der Schalker gegen Gladbach wirkte wenig einstudiert. Gefährliche Situationen entstanden eher durch Zufall, als durch im Training erlernte Spielzüge. Und zwei hundertprozentige Torchancen wurden nicht genutzt.
Auch über die beiden offensiven Außenposten Christian Fuchs (gelernter Verteidiger) und Sidney Sam konnte nur wenig bis garkeine Gefahr erzeugt werden.
So muss man fragen, ob nicht Spieler wie Julian Draxler, Max Meyer oder Klaas-Jan Huntelaar ihren Platz am Samstagabend auf der Bank zurecht einnehmen mussten oder ob diese Spieler nicht genau das, was Schalke fehlte hätten bringen können - Kreativität, Offensivdrang, Schnelligkeit, Torgefahr.
Dieser Kritik muss sich Jens Keller auf jeden Fall annehmen.
Vergleicht man die Anfangsformationen beider Teams, so standen sich zwei gleichwertige Mannschaften gegenüber ( Marktwert Schalke 83,5 Mio - MW Gladbach 80,5 Mio.).
Am Ende hat die besser eingespielte und eingestellte Mannschaft verdient gewonnen.
Auch dieser Punkt ist nur kontra Keller auszulegen.
Es ist schwer in dieser Zeit im Schalker Spiel etwas zu finden, was man pro Keller auslegen könnte und so geht die Kritik und Unruhe der Fans um seine Person weiter.
Horst Heldt mahnt jedoch die "Ruhe zu bewahren" und stellt sich hinter seinen Trainer. Wie aufrichtig diese Treuebekundung ist, und wie lange Jens Kellers Schild der besten Rückrunde der Vereinsgeschichte ihn noch vor der scharfen Kritik von Außen bewahrt ist allerdings ungewiss.