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29.04.2016 | 5834 Aufrufe | 5 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 10.0
Wenn 48. Mio. den Ball ins Tor schießen wollen
Die Cafeteros
Wenn 48. Mio Kolumbianer den Ball ins Tor schießen wollen

Hallo liebe Spoxler,

ich lebe zurzeit aufgrund eines Auslandsjahres in Kolumbien und habe beschlossen, dass die Zeit für den ersten Blog nun mal gekommen ist. Ich habe mich mit im folgenden Text mit dem Thema Fußball in Kolumbien auseinandergesetzt. Gerade auch aus dem Grund, da die Kolumbianer bei der letzten WM wieder auf sich aufmerksam machen konnten und mir persönlich viel Spaß gemacht haben.

Si era gol de Yepes

Fortaleza (Brasilien), 4.07.2014, 18:16 Ortszeit, es läuft die zweite Halbzeit des WM-Viertelfinales zwischen dem Gastgeber Brasilien und dem Nachbarn Kolumbien. Die Heimmannschaft liegt mit 1:0 in Führung. James Rodriguez, dessen Stern bei dieser Weltmeisterschaft aufgeht und der nach der WM für 80 Millionen Euro zu Real Madrid wechselt, tritt einen Freistoß in den brasilianischen Strafraum, Kolumbiens Kapitän/Nationalheld und Fußballegende Mario Yepes zu diesem Zeitpunkt 38 Jahre alt stochert den Ball irgendwie ins Netz und sticht damit ins Herz der Nation, die unbedingt ihren sechsten WM-Titel gewinnen will. 48 Millionen Kolumbianer im Ausnahmezustand. Klappt es doch noch mit dem Halbfinale, wo die deutsche Nationalmannschaft warten würde, die zuvor Frankreich 1:0 besiegt hatte? So groß der Jubel doch ist, die Ernüchterung wenige Sekunden später ist viel, sehr viel größer, denn einer spielt nicht mit. Der spanische Schiedsrichter Carlos Velasco Carballo signalisiert Abseits, das Tor zählt nicht (wohl eine Fehlentscheidung).Brasilien erzielt den zweiten Treffer und Kolumbien kann nur noch den Anschlusstreffer erzielen. Eine ganze Nation fühlt sich hintergangen und um die Möglichkeit betrogen erstmals in der Geschichte ins WM-Halbfinale einzuziehen. Da tröstet es auch nicht, dass Jungstar James Rodriguez zum Torschützenkönig der Weltmeisterschaft gewählt wird.

Si era gol de Yepes bedeutet übersetzt Ja, es war ein Tor von Yepes. Spricht man einen X-beliebigen Kolumbianer zu diesem Thema an, merkt man schnell, dass dieses fußballbesessene Land noch einige Zeit brauchen wird, um dieses Trauma komplett zu verarbeiten.

Rollt der Ball, sitzt eine ganze Nation vor dem Fernsehen. Auf der Straße sind kaum Menschen und kaum Autos anzutreffen. Außerhalb des Hauses hört man von überall aus den Kommentator. Die Kolumbianer versammeln sich in Bars, Tiendas (kleine Läden, die an jeder Straßenecke anzutreffen sind und wo das Bier deutlich billiger ist, als in einer Bar) oder einfach zu Hause. Wer nicht die Möglichkeit hat, das Spiel auf der Mattscheibe zu sehen, verfolgt das Geschehen im Radio. Es ist nach dem Spiel nicht wirklich schwierig festzustellen, ob man gewonnen hat oder nicht. Man kann es den Gesichtern auf der Straße ablesen.

Eigentlich muss man auch gar nicht wissen, wann die Nationalmannschaft spielt, es reicht ein bisschen die Augen aufzuhalten. Ist Spieltag, dann trifft man sehr viele Kolumbianer an, die morgens im Trikot der Cafeteros das Haus verlassen es ist zutiefst beindruckend und schön anzusehen, wie doch ein ganzes Land mitfiebert und genauso trauert, wenn der Ball dann nicht ins gegnerische Tor rollt diese Hingabe ist wirklich nicht zu vergleichen mit der unseren für die Nationalelf.

Ich bin nun schon etwas länger in Kolumbien und was einem immer wieder auffällt, ist dass Fußball hier viel mehr ein Teil des täglichen Lebens ist, so trifft man immer auf jemanden der mit einem Fußballtrikot rumläuft, ohne dass er gerade ein Team anfeuern will oder selber Sport machen geht das Trikot ersetzt schlicht und ergreifend das T-Shirt.

Meine persönliche Bestätigung, dass was Fußball angeht, hier alles etwas anderes abläuft bekam ich auf einer Geburtstagsfeier. Ich wurde vorher drum gebeten, bitte ein Fußballtrikot anzuziehen (verwunderte mich, aber nun gut). 150 Gäste zu einem 46. Geburtstag und 150 Gäste in Fußballtrikots. Es gab eine Mottoparty und die verschiedenen Fangruppen hatten Trommeln; Trillerpfeifen; Vuvuzelas etc. mitgebracht. Der Animateur hat dann alle regelmäßig dazu angefeuert aus dem Saal ein Fußballstadion zu machen, was dankend von allen ausgeführt wurde. Skuriller ging es nicht mehr, ein wirklich piekfeiner Saal mit Kellnern, einem mehrgängigen Menü, Kolumbianer aus gehobenen Schichten und dann das komplette Fußballdurcheinander. Interessanterweise steht eine Familie hier meistens nicht hinter einem Fußballclub, sondern es werde ganz verschiedene Teams von den einzelnen Familienmitgliedern unterstützt. Es ist nichts Ungewöhnliches aus einem Wohnzimmer den Jubelschrei eines Familienmitgliedes zu hören, während jemand anderes den Torwart, die Abwehr oder wen auch immer beschimpft.

Pekermanns Elf

Kommen wir wieder zurück zu den Cafeteros. Fast 2 Jahre ist nun her, dass die Südamerikaner trainiert von José Pekerman ( der Ein oder Andere erinnert sich vielleicht noch, Pekerman war 2006 Nationaltrainer Argentiniens und trat nach einem denkwürdigen Elfmeterschießen zurück) nach 16 Jahren sich wieder auf der großen internationalen Fußballbühne präsentieren durften. Im Vorfeld des Turnieres drückte eine ganze Nation ihrem damaligen Nationalhelden Falcao El Tigre die Daumen. Dieser hatte sich zuvor im Januar das Kreuzband gerissen und man hoffte auf eine Wunderheilung. Verständlich, dass die Enttäuschung entsprechen groß war, als die definitive Absage kam. Falcao hatte zuvor in zwei Jahren bei Atletico Madrid und einem halben Jahr beim AS Monaco alles kurz und klein geschossen und insgesamt 81 Tore erzielt und 10 Vorlagen gegeben in 108 Spielen.

Die Weltmeisterschaft in Brasilien war die fünfte Weltmeisterschaft, an der Kolumbien teilnahm. 1962, 1994 (hier wurde der Nationalspieler Andrés Escobar, der gegen die USA ein Eigentor erzielte, wenige Tage später in einer Bar in Medellín erschossen) und 1998 schied man bereits nach der Vorrunde aus. 1990 konnte man ein 1:1 gegen den damaligen Weltmeister Deutschland erzielen und schied im Achtelfinale gegen Kamerun aus. Mit anderen Worten, das Erreichen des Viertelfinales 2014 war der größte Erfolg einer kolumbianischen Nationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft. Nach Siegen in der Vorrunde gegen Griechenland, die Elfenbeinküste und Japan und einem sehr überzeugenden Sieg gegen Urugay im Achtelfinale schien der Geheimfavorit eine ernsthafte Gefahr für die Heimmannschaft zu werden. Man kann festhalten, dass die Jungs in den gelben Trikots angeführt von James Rodriguez -nach 16 Jahren Abstinenz der Fußballwelt klar machten, dass mit ihnen wieder zu rechnen ist.

Copa America und WM-Quali

Doch wie schaut es heute aus? Wie stehen die Cafeteros zurzeit dar und welche noch unbekannten Spieler könnten uns bald im gelben Trikot überzeugen?

Im letzten Jahre fand die Copa America in Chile statt und die Heimmannschaft konnte mit furiosem Fußball den Pokal im eigenen Land behalten. Kolumbien konnte in diesem Turnier nicht wirklich glänzen. Ein Punkt gegen Peru, drei gegen Brasilien und eine Niederlage gegen Venezuela reichten zwar um ins Viertelfinale vorzudringen, aber nachdem Elfmeterschießen in der Partie gegen Argentinien war dann auch Schluss (1 geschossenes Tor im Turnierverlauf). Natürlich ernüchternd für eine Mannschaft, die sich deutlich mehr ausgerechnet hatte.

Die derzeitige Qualifikation für die WM 2018 in Russland lief zurzeit ganz anders ab, als die Fußballwelt erwartet hätte. Nach sechs Spieltagen führen Ecuador und Uruguay mit jeweils 13 Punkten die Tabelle an. Von den großen Favoriten konnte so richtig noch keiner überzeugen, aber da alle ihre Punkte liegen lassen, sieht es zurzeit nach einer extrem spannenden Qualifikation aus ( 6 von 18 Spieltagen sind erst gespielt). Der Tabellensiebte Paraguay hat gerade mal 4 Punkte Rückstand auf Platz eins (Platz eins bis vier qualifiziert sich direkt, Platz fünf muss in die Playoffs).

Nach mageren vier Punkten aus vier Spielen und fußballerischen Armutszeugnissen (z.B. gegen Argentinien, ein echt ganz scheußlicher Kick) war die Stimmung im Lager der Kolumbianer eher bescheiden. So richtig konnte man sich die Leistungen bis dahin nicht erklären und am letzten Doppelspieltag standen nun die Partien gegen Bolivien (3 Punkte) und den Tabellenführer Ecuador an. Nach einer gespielten Halbzeit in den Höhen von Bolivien wollte eine Fußballnation gerne aufatmen. James und Milans Carlos Bacca hatten die Kolumbianer mit 2:0 in Führung gebracht, doch es sollte nochmal spannend werden (2:2) und erst Edwin Cardona ließ die ganze Nation nach seinem Treffer in der Nachspielzeit aufatmen. Eine Halbzeit durchaus sehenswerter Fußball und eine Halbzeit zum Vergessen. Immerhin ein kleiner Fortschritt zu den vorangegangenen Spielen und vor allem drei Punkte. Doch der bis dahin ungeschlagene Tabellenführer aus Ecuador war nun zu Gast in Barranquilla (hier finden alle Länderlspiele statt) und die Kolumbianer schienen den Spaß am Fußball wieder gefunden zu haben. Der 3:1 war nie gefährdet und gerade die drei Offensiven Carlos Bacca, Juan Cuadrado und James Rodriguez konnten überzeugen und führten ihr Land zum Sieg.

Nun steht die nächste Copa America im Juni an (Jubiläumsturnier, da 100 jähriges Bestehen des südamerikanischen Fußballverbandes). Kolumbien trifft in der Vorrunde auf die USA, Costa Rica und Paraguay. Das Überstehen der Gruppenphase ist hier natürlich Pflicht und wenn die Kolumbianer es schaffen die Leistung auf dem Rasen zu zeigen, die sie gegen Ecuador gezeigt haben, dann gehören sie meiner Meinung nach definitiv zu den Favoriten.

Gerade die Offensive hat sehr viel Spaß gemacht und es gibt einige Spieler, die Hoffnung für die Zukunft machen.

Interessante Spieler:

Über alle Schlüsselspieler zu schreiben würde wohl etwas ausarten. Dass der Tiger (Falcao) inzwischen zu einer zahmen schnurrenden Katze geworden ist, dass sich Fredy Guarin und Jackson Martinez auf den Weg ins Reich der Mitte gemacht haben (und damit wohl ihre Zeit im gelben Trikot beendet ist), dass Stammtorhüter Ospina (Arsenal) zurzeit nur ran darf, da Petr Cech verletzt ist oder James Rodriguez bisher eine Saison mit mehr Tiefen als Höhen hinter sich hat, bekommen die, die das internationale Fußballgeschehen verfolgen, dann ja doch mit. Ich will nach dieser Aufzählung natürlich nicht unter den Tisch kehren, dass ein Carlos Bacca eine überaus erfolgreiche Saison für Milan spielt oder sich Juan Cuadrado diese Saison wieder stark formverbessert zeigt.

Aber kommen wir zu den Kolumbianern, die aktuell noch nicht im Vordergrund des europäischen Balltretens stehen.

Jeison Murillo (Inter Mailand):

Dass Jeison Murillo noch nicht allen bekannt ist, liegt wohl daran, dass die Nerazzurri sich in letzter Zeit vom ganz großen europäischen Ballett verabschiedet hatten. Die ersten Schritte auf europäischem Boden gelangen ihm in Spanien (seit 2010, Las Palmas, Cadiz, Granada). Murillos Stern ging dann aber bei der Copa America im letzten Jahr auf. Der damals 22 Jährige, mit vorher wenig Erfahrung im Nationaltrikot, war einer der wenigen Kolumbianer, die überzeugen konnten. Die Norditaliener erkannten das Potential des 1.82m großen Innenverteidigers und kauften ihn für 8 Mio. Euro aus seinem Vertrag in Granada heraus. Nun macht Murillo in Italien durch Schnelligkeit, gutes Stellungsspiel, starke Physis und die Fähigkeit, das Spiel lesen zu können, auf sich aufmerksam. Kaum verwunderlich, dass inzwischen die ganz Großen (Bayern, Real, Barca, United) auf den Verteidiger aufmerksam geworden sind, der nicht von wenigen inzwischen zu den besten Verteidigern der Serie A gezählt wird. Zurzeit scheint aber weder der Spieler noch Inter an einem Abgang interessiert zu sein. Man kann davon ausgehen, dass Jeison Murillo nicht nur für die Nationalmannschaft eine wichtige Stütze in nächster Zeit sein könnte.

Edwin Cardona (CF Monterrey):

Carlos Bacca in vorderster Front. Juan Cuadrado und James Rodriguez dahinter. Das kolumbianische Offensivtrio lässt sich durchaus sehen. Doch einer macht sich zurzeit auf aus dem Trio ein Quartett zu machen. Die Rede ist von Edwin Cardona. Der 23 Jährige spielt seit Januar 2015 für CF Monterrey in Mexiko. Für etwa 4 Mio. Euro wurde er von Atletico Nacional (Medellín/Kolumbien) losgeeist, nachdem er bereits vorher mehrere Leihvereine hatte. Dass bei Cardona ein riesen Potential vorhanden ist, bewies er immer wieder (z.B. in den Jugendnationalmannschaften), doch der große gewachsenen (1,86m) Mittelfeldspieler schien sich dann doch immer wieder selbst im Weg zu stehen. Ein aufbrausendes Temperament, unangemessene Reaktionen, unnötige Fahrscheine, Disziplinprobleme, schlechte Trainingsleistung oder Übergewicht sind hier die Stichworte. Doch der Schritt nach Mexiko scheint genau das richtige gewesen zu sein. 6 Tore und 3 Vorlagen in 15 Spielen war die Bilanz nach einem halben Jahr. Seit letztem Sommer hat Cardona in 28 Spielen 16 Tore und 7 Tore vorzuweisen. Nur die Anzahl der Karten hinterlässt einen schlechten Eindruck (15 gelbe Karten und 1 gelb-rote Karte im gleichen Zeitraum). Starke Technik, ein unglaublicher Zug zum Tor, Spielverständnis und Einsatz sind Stärken des Edwin Cardonas. Doch was ihn so unglaublich wertvoll für seine Mannschaft macht (wofür ihn auch Pekermann sehr schätzt) ist seine unglaubliche Polyvalenz. Cardonas Hauptposition ist die Zehn, aber er ist auch in der Lage beide Flügelpositionen zu bekleiden, als hängende Spitze zu spielen, oder ins zentrale oder defensive Mittelfeld auszuweichen. Es wundert kaum, dass mehrere europäische Klubs ihn wohl diesen Sommer locken wollen, doch es muss tief in die Tasche gegriffen werden, denn Cardona hat noch einen Vertrag bis 2020

Santos Borre (Deportivo Cali):

Der junge Stürmer (20) gilt als eines der größten Talente des kolumbianischen Fußballs. Er wurde letzten Sommer von Atletico Madrid mit einem sechs Jahres Vertrag ausgestattet (angeblich 5.5 Mio. Ablöse) und erstmal wieder nach Kolumbien ausgeliehen. Wohin der Weg diesen Sommer geht ist noch offen. Eine weitere Leihe nach Kolumbien oder innerhalb Spaniens sind Alternativen zum direkten Sprung nach Madrid. Man darf gespannt sein, wie der Weg des jungen Mannes weiter gehen wird. Seit letztem Sommer konnte er in 19 Spielen 11 Tore und 3 Vorlagen beisteuern. Ob er sich in Europa durchsetzen können wird, können wir vielleicht demnächst beobachten.

Marlos Moreno (Atletico Nacional):

Dass es manchmal im Fußball sehr schnell gehen kann beweist in Kolumbien aktuell der Fall Marlos Moreno. Mit 17 Jahren debütierte er für Atletico Nacional, doch letztes Jahr schien es nicht mehr weiterzugehen. Die Vereinsführung konnte ihn überzeugen, zu bleiben und seit Herbst letzten Jahres ist der 19 Jährige Stammspieler und zeigt immer wieder, dass er weiß, wo der Kasten steht. Der pfeilschnelle Flügelspieler oder Mittelstürmer konnte dieses Jahr besonders bei den Copa Libertadores überzeugen (6 Spiele 3 Tore) und hinterließ auch bei der Nationalmannschaft einen guten Eindruck. Der FC Santos soll bereit sein 3 Mio. nach Medellín zu überweisen, Paris gar 7 Mio., aber auch Leverkusen und beobachten den jungen Mann.

Sebastian Perez (Atletico Nacional):

Ein anderer, der das Interesse europäischer Schwergewichte geweckt hat, ist Sebastian Perez, der ebenfalls bei Atletico Nacional in Medellin spielt. Der 23 Jährige ist im zentralen Mittelfeld beheimatet, kann aber auch die defensivere oder offensivere Rolle ausfüllen. Ein zweikampfstarker Mittelfeldspieler, der aber auch technisch hochwertigen Fußball spielt und stark von Defensive auf Offensive umschalten kann. Das Jahr 2016 war bisher seins. Er wurde als bester Spieler der Gruppenphase der Copa Libertadores ausgezeichnet und durfte sein Debüt für die Cafeteros geben. Zwei bärenstarke Partien im zentralen Mittelfeld und ein Tor krönten dann alles. Perez wird als das bisher fehlende Puzzlestück gehandelt, dass die Offensive und Defensive der Südamerikaner verknüpfen kann.

Man kann festhalten, dass es definitiv Spieler gibt, die in Zukunft auf sich aufmerksam machen könnten und das Potential haben, wichtige Stützen für die Nationalmannschaft werden können. Mit den Kolumbianern ist in Zukunft weiterhin zu rechnen. Doch zurzeit ist sehr viel von der Tagesform abhängig und besonders von der Tagesform einzelner Spitzenspieler (besonders von James Rodriguez).

Die Jugendförderung in Kolumbien ist sicherlich ein Problem. Dass es Fußballvereine gibt, in denen die Kinder nachmittags trainieren können und so schon früh gefördert werden können gibt es hier nicht. Es wird viel Fußball in der Schule gespielt, auf Bolzplätzen oder auch in Fußballschulen (sehr teuer, entsprechend wohlhabende Kinder). Aber ein System, dass es erlaubt Talente früh zu entdecken und möglichst nicht durchs Raster fallen zu lassen, ist hier noch nicht so ausgeprägt.

Zum Schluss noch ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit des kolumbianischen Vereinsfußballs.

Die dunkle Geschichte des kolumbianischen Fußballs

Vorurteile über Kolumbien ? Gibt es wenige, aber die sind dafür umso hässlicher.Was habe ich nicht zu hören bekommen, bevor ich geflogen bin. Kolumbien? wirklich? ist das nicht viel zu gefährlich? wird man da nicht als Ausländer entführt? da nehmen doch alle Drogen! da ist doch Drogenkrieg, willst du das wirklich? Kokain! Lass dir da ja nichts unterjubeln!

So oder so ähnlich war die Stimmungslage bei vielen (unwissenden) bevor ich geflogen bin. Dass die oben genannten Vorurteile nicht mal ansatzweise der Realität entsprechen, können sich hoffentlich alle vorstellen. Dass das Thema Drogen-Gewalt allerdings einen sehr wichtigen Teil der kolumbianischen Vergangenheit und leider auch der Gegenwart und Zukunft darstellt ist Realität. Ein überaus interessantes Thema und enorm wichtig um die kolumbianische Gesellschaft und Kultur ein bisschen verstehen zu können.

Warum ich jetzt überhaupt damit angefangen habe und was das Thema mit Fußball zu tun hat ?

Relativ simple Antwort. Kolumbien 80er Jahre im 20.Jh.. Ein Land in der Krise. Drogenkartelle, Guerilla, Staat. Bloß drei der Akteure in einer sehr blutigen Zeit. Viele Drogenbosse haben unglaublich viel Macht und auch Geld. So z.B. auch Pablo Escobar, der vom Wirtschaftsmagazin Forbes 1989 zum 7. Reichsten Mensch der Welt erklärt wird. Die kriminellen Machenschaften der Kartelle haben Auswirkungen auf alle möglichen Bereiche. Die großen Drogenbosse besitzen ihre eigenen Fußballteams. So war Pablo Escobar Chef des Vereins Atletico Nacional aus seiner Heimatstadt Medellin und pumpte kräftig Geld in den Sport. Ein anderes Beispiel ist Millonarios FC, der von dem Drogenboss Gancha El Mexicano geleitet wurde. Fast alle erfolgreichen Teams waren in diesen Zeiten in Händen von Drogengeld. Viele Spieler wurden verpflichtet, die sich die Vereine sonst nie hätten leisten können. Ein Fußballverein, praktisch um Geld zu waschen, sehr viel Geld, sich bei der Bevölkerung beliebt zu machen indem sonst unbezahlbare Stars verpflichtet wurden -, praktisch um Erfolge gegen andere Kartelle zu erzielen oder auch einfach seiner Leidenschaft nachzugehen. Diese Epoche im Sport wurde begleitet durch Bestechungen, Entführungen und Bedrohungen von Spielern und Schiedsrichtern. Viele Vereine leiden heute noch, denn das Geld wurde nicht nachhaltig investiert und es wurde viel missgewirtschaftet, so dass heute viele Clubs finanzielle Probleme haben. Für mich irgendwie schon sehr skurril und kaum vorstellbar, dass der Nationalsport eines Landes, die Leidenschaft vieler Menschen einfach in der Hand einiger Kriminellen lag, die das gemacht haben, was ihnen gefallen hat.

Aber mit anderen Worten, die Scheichs und andere Oligarchen waren nicht die erste, die auf die Idee kamen, aus Fußball ein großes Monopolyspiel zu machen.

KOMMENTARE
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DunkingDonut
30.04.2016 | 13:45 Uhr
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30.04.2016 | 13:45 Uhr
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Sehr cooler Blog, danke dafür!
Die vorgestellten Spieler kannte ich außer Murillo auch alle noch nicht.
Der letzte Absatz ist natürlich besonders interessant. So grob weiß man das ja, aber kannst du da noch mehr zu sagen? da läuft doch heute sicherlich immer noch nicht alles sauber ab oder?

Und schreib doch auch mal einen Blog über einen Stadionbesuch in Kolumbien. Fände ich interessant, ist ja nicht wirklich vergleichbar mit einem Stadionbesuch in Deutschland.

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sevkan23
05.05.2016 | 16:14 Uhr
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sevkan23 : Blog
05.05.2016 | 16:14 Uhr
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sevkan23 : Blog
Danke für den Blog, wirklich interessant!
Ne Mannschaft mit viel Potential.
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Blues_89
06.05.2016 | 15:26 Uhr
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Blues_89 : 
06.05.2016 | 15:26 Uhr
0
Blues_89 : 
Klasse Blog!!
Habe mich auch während der WM 2014 in diese Mannschaft verliebt.
Die Idee mit dem Stadionbesuch finde ich auch ganz gut.

Murillo wird ein Biest da bin ich ganz sicher!

Immer weiter so!
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ausLE
MODERATOR
06.05.2016 | 15:36 Uhr
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ausLE : 
06.05.2016 | 15:36 Uhr
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ausLE : 
Da haben wir auf MySpox in letzter Zeit, so wenig gute Blögge und dann zack, kommt einer nach dem anderen.

Sehr schönes Ding!
Und ich bin auch bei DunkungDonut, sprich so ein Stadionbesuchsblog.
10/10
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simonlustig
26.05.2016 | 18:08 Uhr
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26.05.2016 | 18:08 Uhr
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Moin Leute,

vielen Dank für die positive Rückmeldung. Da ist man motiviert, bald mal wieder in die Tasten zu kloppen.

@DunkingDonut ja dieses Thema ist sehr interessant. Leider ist es aber auch relativ schwierig verlässliche Informationen darüber zu finden... Viele der kolubmianischen Vereine leiden noch heute sehr darunter, dass nachdem die Drogenbarone abgesprungen sind, sehr viel missgewirtschaftet wurde. Noch heute haben einige Vereine starke finanzielle Problemem deswegen. Inwiefern Drogen und Fußball heute noch im Zusammenhang stehen kann ich nicht sagen. Allerdings ist der Drogenmarkt heute in Kolumbien nicht mehr unter einigen wenigen aufgeteilt, sondern viele kleine Gruppen haben sich ihr Stück vom Kuchen gesichert.

Stadionsbesuchstechnisch muss ich euch leider enttäuschen. Ich lebe in der Nähe von Bogota. Es gibt hier zwar in meiner Nähe zwei Erstlgaklubs, aber das ist wohl einfach nicht lohneswert da ins Stadion zu gehen (geringe Zuschauerzahlen, neue Teams-also keine Fankultur). Ich wäre gerne mal zu einem Copa Libertadoresspiel gegangen. Allerdings muss ich unter der Woche arbeiten und daher klappt das nicht...

Gibt aber zurzeit ein kolumbianisches Vorzeigeteam. Atletico Nacional hat zurzeit ein sehr interessantes Team mit vielen Talenten (heute wurde der Wechsel eines IVs nach Barcelona vermeldet) und steht zurzeit im Halbfinale der Copa Libertadores.

Beste Grüße aus Kolumbien
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