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21.08.2018 | 20524 Aufrufe | 2 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 10.0
Casemiro alles eine Frage der Balance
Der neue Makélélé
Der beste Spieler der Welt ist weg, den wichtigsten hat Real Madrid aber behalten - nur nimmt das kaum einer wahr.

Warum sollte man eine weitere Goldschicht auf seinen Bentley auftragen, wenn man dafür den kompletten Motor verliert? Wenn ein Zinédine Zidane einen Spieler derart huldigt, dann muss es sich um einen besonderen Spieler handeln. Einen Weltstar. Diesen Satz sagte Zidane als damals wohl bester Fußballer der Welt, und lobte damit einen Mann, der gar nicht mehr für Zidanes Real Madrid spielte. Claude Makélélé, der Motor, den Zidane meinte, war gerade zu Chelsea abgeschoben worden. Das war vor 15 Jahren, im August 2003. Die Goldschicht war David Beckham, den die Königlichen verpflichteten. Endgültig galaktisch, nur eben schwach motorisiert.

Beckham verkaufte mehr Trikots, die großen Titel aber fuhr man letztlich mit Makélélé ein. Zidane wusste das. Ein kreativerMann, ein Freigeist, ein offensiv denkender Spieler, ein Genie in allem, was er tut all das war Zidane. Und Luis Figo. Und Guti. Und eben auch Beckham. Makélélé war das alles nicht. Und genau das machte ihn zum so wichtigen Spieler. Makélélé ging, und mit ihm der Erfolg.

Das Ganze ist 15 Jahre her. In dieser Transferphase hat Real Madrid mit Cristiano Ronaldo den besten Spieler der Welt abgegeben. Ohne Frage ein einschneidendes Erlebnis. Und doch möchte man Real gratulieren: Wenigstens habt ihr diesmal verstanden, wenigstens habt ihr euren Motor behalten. Denn seit einigen Jahren beackert mit Casemiro ein Spieler den Raum zwischen Reals Mittelfeld und Abwehr mit einer Abgeklärtheit, als hätte Makélélé ihn selbst jahrelang angelernt. Als wäre er Makélélés Sohn. Als hätte er nie etwas anderes getan.

Mit Ronaldo ist die größte Schicht goldener Lack weg, nach neun Jahren abgeschliffen. Und zu ersetzen ist die eingebaute Torgarantie sowieso nicht. Egal ob die Madrilenen noch einen Ersatz holen oder nicht: Auseinander fallen dürfte das Konstrukt Real Madrid aber nicht. Genau das ist die Aufgabe Casemiros. Das ist das, was ihn so wertvoll macht.

Die Erfolge kommen nicht von ungefähr: Vier Saison hat Casemiro bei Real gespielt, viermal hat er die Champions League gewonnen. Casemiro hat seinen Anteil dazu beigetragen. Und zwar auf vielen Ebenen. Dass die WM für Brasilien frühzeitig beendet war, lag auch an Casemiros Fehlen gegen konterstarke Belgier. Die Balance fehlte, was heißt: Casemiro fehlte. Vor allem aber bei Real glänzt der junge Casemiro.

Mit Toni Kroos und Luka Modric sowie den drei Offensiven egal wie sie denn 2018/19 heißen wollen hat Casemiro eine Bandbreite an Weltklasse vor sich. Aber sie alle wissen: Ohne Casemiro kriegen sie ihre PS nicht auf die Straße. Denn erst durch Kettenhund Casemiro werden die Passmaschinen Kroos und Modric von der Leine gelassen. Modric nennen sie El pony, das Pferd. Casemiro aber hat die Zügel in der Hand.

Auch für die Verteidigung ist er wichtig: Gehen die Außenverteidiger nach vorne, ist Casemiro da. Geht Ramos auf einen seiner Ausflüge nach vorne, Casemiro ist da. Er sichert ab, passt auf. Ist Türsteher, Babysitter für die Stürmer, Kettenhund. Casemiro ist nicht nur Motor, sondern auch Stoßdämpfer, Airbag und Handbremse. Der Brasilianer ist nicht weniger als das Pendel zischen Defensive und Offensive, das auch entscheidet, in welche Richtung es geht.

Es liegt in der DNA dieser Mannschaft, der vielleicht erfolgreichsten des Jahrtausends, dass es keinen alles überstrahlenden Stil braucht. Kein lang durchdachtes Passkunstwerk wie es Guardiola prägte, kein Vollgas-Überfallfußball in Kloppscher Manier. Dieses Real Madrid kann alles, zu jeder Zeit. Die Stärke dieser Mannschaft liegt darin, in jeder Situation eine Lösung zu finden. In jedem Moment des Spiels die Kontrolle zu bewahren. Auch wenn sie Real vielleicht nicht selbst hat der Gegner kriegt sie nie. Keiner verkörpert das so sehr wie Casemiro.

Dabei ist es eine Crux, dass ausgerechnet der Brasilianer im Mittelfeld des weißen Balletts nicht der große Maestro, das Aufregendste am Spiel sind. Casemiro ist der Anti-Brasilianer. Nicht der, der für Unruhe, der Freiheiten braucht. Casemiro tritt auf den Ball wenn es sein muss, und er steigt auf das Gas, wenn er den Vorderen Beine machen will. Sein Spielstil ist untypisch für einen Brasilianer. Er macht nämlich das, was er die andere nicht können oder nicht wollen: Er kratzt, er geht in Zweikämpfe, er stopft Löcher. Wie Pattex hält er die Mannschaftsteile zusammen.

Und er ist kein Lautsprecher. Casemiro glänzt durch seine Ruhe, Abgeklärtheit, Cleverness. Wichtige Attribute für einen Mann der immer in einer gefährlichen Zone für den eigenen Kasten ist. Oft ist Casemiros Spiel eine Grätsche, ein Tackling, ein taktisches Foul auf der Rasierklinge vom Platz geflogen ist er allerdings noch nie. In 287 Pflichtspielen gab es nicht eine gelb-rote oder rote Karte Auch weil er seine Sohle nicht nur einsetzt, um sie offen auf die Schienbeine der Gegner zu jagen, sondern um mit ihr auch mal den Ball zu streicheln. Ein wenig Brasilianer ist er eben doch. Was er selbst in der Vorbereitung gleich wiederlegte: Nach der WM kam Casemiro sogar extra früher aus dem Urlaub, um eher ins Training einzusteigen.

Kein anderer Sechser dieser Welt vereint defensive Kontrolle, Abgeklärtheit und technische Brillanz und all das in fast angsteinflößender Konstanz. Casemiro ist kein reiner Zerstörer, sondern weitaus mehr. Alles eine Frage der Balance. Casemiro ist aktuell der beste auf seiner Position, einer der besten dieser Welt. Im Vergleich mit Sergio Busquets, dem großgewachsenen Schlacks auf der Sechs des FC Barcelona, spricht die Statistik für den Brasilianer: In der Saison 2017/18 gelangen Casemiro im Schnitt in LaLiga 3,6 Tackles pro Spiel (Busquets: 2,8 ), 1,5 Klärungen (Busquets: 0,4) und 2,1 abgefangene Bälle (Busquets: 1,6). In der Gruppenphase und der K.O.-Phase der vergangenen Champions League-Saison sind die Werte ähnlich. Klar, die nackten Zahlen sind eine schwierige Grundlage. Aber eine Zahl ist ausschlaggebend: Casemiro hat in den vergangenen drei Jahren als Stammspieler die Champions League gewonnen. Nicht als Mitläufer, sondern als Macher.

Nur so richtig kriegt das keiner mit. Es interessieren sich eben doch nur alle für den Lack. Oder für den, der hinterm Steuer sitzt. Wenn man in wenigen Jahren über das Real Madrid dieses Jahrzehnts spricht, wird man von einer der größten Ären aller Zeiten reden. Von den wirklich Galaktischen. Von der Aura des Trainers Zidane, von Tormaschine Ronaldo, von Mentalitätsmonster Sergio Ramos, vom genialen Mittelfeld-Metronomen-Duo Modric und Kroos, vom Badelatschen-Strandbar-esken Marcelo.

Es ist das Los des Defensiven Mittelfeldspielers, dass man über sie nicht spricht, solange sie keine Fehler machen. Casemiro, das wissen sie in Madrid, wirds schon schaffen, auch in dieser Saison. Er erledigt das. Zuverlässig, wie immer.

Und irgendwo sitzen Claude Makélélé und Zinédine Zidane. Und sie lächeln. Denn sie genießen den Klang des Motors.

KOMMENTARE
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Meinchi
22.08.2018 | 14:04 Uhr
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Meinchi : 
22.08.2018 | 14:04 Uhr
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Meinchi : 
Ich finde zwar, dass bei dir Real ein kleines bisschen zu gut weg kommt - da in meinen Augen auch viel Glück bzw gegnerische Fehler zu den CL-Triumphen geführt hat. Aber ohne wenn und Aber ist er der am meisten unterschätzte Spieler dieser Mannschaft.

Großes Lob - sehr schön geschrieben!

Vor allem den Schluss finde ich überragend und zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen.
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Edelreservist
24.08.2018 | 10:04 Uhr
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24.08.2018 | 10:04 Uhr
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@Meinchi Danke für das Lob.

Natürlich hatte Real auch Glück, aber dieser Faktor gehört immer dazu. Im letzten Jahr war er vielleicht ein wenig grö0ßer, aber man hat gegen Bayern und Liverpool eben auch weniger entscheidende Fehler gemacht oder die des Gegners einfach konsequenter bestraft. Das ist am Ende auch eine Qualität.

Bezeichnend für die Real-Ära ist für mich das Duell gegen Neapel 2016/17. Neapel kam mit einer sehr breiten Brust und vielen enthusiastischen Fans nach Madrid, geht früh in Führung. Und Real? raeagiert abgewichst, spielt das eiskalt, nüchtern runter und gewinnt 3:1. Im Rückspiel geht Neapel wieder früh in Führung, wieder Euphorie, wieder brodelt der Kessel - wieder ist Real abgewichst genug und macht drei Buden.

Das war ja auch im Rückspiel gegen die Bayern so: Da schießt Kimich ein frühes Tor, das schlechteste was Real passieren konnte. Und Real hat vor dem 1:1 nur wenige Minuten später gefühlt 90 Sekunden Ballbesitz.

Aber ja, natürlich gehören Glück und Last-Minute-Tore (Juve, Atletico 2014) dazu.
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