05.07.2010 um 15:57 Uhr
Der Einstein aus Weilheim
Ein Mesut Özil beeindruckt die Welt mit eleganter, enger Ballführung und einem unglaublichen Gefühl für den tödlichen Pass. Ein Schweinsteiger strahlt eine fast schon beängstigende Sicherheit aus, am und ohne Ball. Ein Podolski verfügt in Form über den wohl weltweit härtesten und präzisesten Schuss mit dem linken Fuß. Doch all diese herausragenden Leistungen der neuen Weltstars am Fußballhorizont werden von einem Mann in den Schatten gestellt. Er ist gerade mal 20, bereits verheiratet und schießt mit einer unfassbaren Selbstverständlichkeit mal eben vier WM-Tore und bereitet derer noch drei vor. Die Rede ist vom spitzbübischen, stets schief lächelnden und um einen lockeren Spruch bemühten Thomas Müller aus München.
Der Stern des gerade einmal der A-Jugend entwachsenen Müller ging zu Beginn der abgelaufenen Bundesligasaison auf. Plötzlich stand er einfach so da. Kein Klose, kein Gomez, kein Olic, kein Toni. Nein, es war dieser unscheinbare junge Thomas Müller, der bereits am vierten Spieltag von Louis van Gaal zum Stammspieler befördert wurde, was kurze Zeit später durch eine Liebeserklärung an den Offensivallrounder und einer entsprechenden Einsatzgarantie durch den holländischen Fußballfachmann seinen Höhepunkt fand. Der gemeine Zuschauer rieb sich verwundert die Augen. Inmitten der muskulösen, bis zur letzten Faser austrainierten menschlichen Maschinen steht dieser extrem schlaksige Müller mit zwei Beinen, die man eigentlichen niemandem zuordnen würde, dessen Hauptbeschäftigung seit Jahren der Fußball ist. Gedanken über seine Außenwirkung scheint sich dieser Musterschüler und Trainerliebling nicht zu machen. Wie ein Amateurkicker beim wöchentlichen Kick gegen den Nachbarort bedecken Müllers Stutzen gerade mal seine halben, mageren Beine. Eine gelungene Abwechslung zu den unnatürlich anmutenden Modekickern der neuen Generation, die sich mehr mit ihrer Frisur als mit ihren Gegenspielern beschäftigen.
So ganz geklärt ist das Rätsel auch nach einer ganzen Saison als Stammspieler nicht. Was findet dieser Louis van Gaal bloß so berauschend an diesem jungen Mann, dass er ihn selbst in den großen Spielen der Champions-League stets durchspielen lässt und ihm als ziemlich einzigem keine Pause gönnt? Sein Schuss ist gut, doch aufgrund seiner fehlenden Beinmuskulatur nicht besonders hart. Seine Technik ist ganz ordentlich, doch Tempodribbling liegt ihm nicht. Direkte Duelle gewinnt er ab und zu, aber besonders oft kommt er nicht an seinen Gegenspielern vorbei. Schnell ist er, doch fällt sein Antritt oder seine Endgeschwindigkeit jetzt nicht extrem auf. Effektiv – Ja, das ist er. 13 Tore und 11 Vorlagen hat dieser Müller in der Bundesligasaison produziert. Aber er kann nicht passen wie Kroos, nicht dribbeln wie Marin und ist nicht so ungeheuer elegant wie Özil. Profitiert er nur von Ribery und Robben? Von der Qualität seiner Mitspieler? Ist er einfach nur der Arbeiter mit Defensivauge in der Künstleransammlung des FCB?
All diese Thesen lassen sich nach drei Wochen Weltmeisterschaft in Südafrika uneingeschränkt verwerfen. Vier Tore, drei Vorlagen. Unzählige gute Aktionen, auch gegen Weltklasseteams aus England und Argentinien. Auch gegen renommierte Außenverteidiger wie Gabriel Heinze oder Ashley Cole bringt dieser Müller sein Spiel durch. Die Erklärung für sein stets erfolgreiches, effektives Spiel findet sich in seiner Genialität. In seiner Art Fußball zu spielen, ihn zu verstehen und immer schneller, immer anders zu denken als seine Gegenspieler. Er hat eine grandiose Übersicht, ein ungeheures Auge für den freien Raum und Mitspieler. Er stößt in Lücken, er schafft seinen Mitspielern Platz und hält den Ball selten länger als unbedingt nötig. Direkt, schnörkellos, und so ungeheuer schwer zu verteidigen. Will man den Erfolg Müllers begreifen, muss man Spieler neu, muss man sie anders bewerten. Die Qualitäten eines Özil, eines Podolski oder eines Klose sieht auch das ungeschulte Auge. Die Gründe dafür, dass Müller sich mittlerweile konstant auf Weltniveau bewegt sieht ein van Gaal oder ein Löw. Das Erkennen der Freiräume, das Gefühl für den richtigen Pass – All dies sind unsichtbare Qualitäten des Thomas Müller. Sein Erfolg beruht auf seiner Genialität. Der Genialität den eigentlich so einfachen Fußball neu zu verstehen. Der Einstein aus Weilheim.
Der Stern des gerade einmal der A-Jugend entwachsenen Müller ging zu Beginn der abgelaufenen Bundesligasaison auf. Plötzlich stand er einfach so da. Kein Klose, kein Gomez, kein Olic, kein Toni. Nein, es war dieser unscheinbare junge Thomas Müller, der bereits am vierten Spieltag von Louis van Gaal zum Stammspieler befördert wurde, was kurze Zeit später durch eine Liebeserklärung an den Offensivallrounder und einer entsprechenden Einsatzgarantie durch den holländischen Fußballfachmann seinen Höhepunkt fand. Der gemeine Zuschauer rieb sich verwundert die Augen. Inmitten der muskulösen, bis zur letzten Faser austrainierten menschlichen Maschinen steht dieser extrem schlaksige Müller mit zwei Beinen, die man eigentlichen niemandem zuordnen würde, dessen Hauptbeschäftigung seit Jahren der Fußball ist. Gedanken über seine Außenwirkung scheint sich dieser Musterschüler und Trainerliebling nicht zu machen. Wie ein Amateurkicker beim wöchentlichen Kick gegen den Nachbarort bedecken Müllers Stutzen gerade mal seine halben, mageren Beine. Eine gelungene Abwechslung zu den unnatürlich anmutenden Modekickern der neuen Generation, die sich mehr mit ihrer Frisur als mit ihren Gegenspielern beschäftigen.
So ganz geklärt ist das Rätsel auch nach einer ganzen Saison als Stammspieler nicht. Was findet dieser Louis van Gaal bloß so berauschend an diesem jungen Mann, dass er ihn selbst in den großen Spielen der Champions-League stets durchspielen lässt und ihm als ziemlich einzigem keine Pause gönnt? Sein Schuss ist gut, doch aufgrund seiner fehlenden Beinmuskulatur nicht besonders hart. Seine Technik ist ganz ordentlich, doch Tempodribbling liegt ihm nicht. Direkte Duelle gewinnt er ab und zu, aber besonders oft kommt er nicht an seinen Gegenspielern vorbei. Schnell ist er, doch fällt sein Antritt oder seine Endgeschwindigkeit jetzt nicht extrem auf. Effektiv – Ja, das ist er. 13 Tore und 11 Vorlagen hat dieser Müller in der Bundesligasaison produziert. Aber er kann nicht passen wie Kroos, nicht dribbeln wie Marin und ist nicht so ungeheuer elegant wie Özil. Profitiert er nur von Ribery und Robben? Von der Qualität seiner Mitspieler? Ist er einfach nur der Arbeiter mit Defensivauge in der Künstleransammlung des FCB?
All diese Thesen lassen sich nach drei Wochen Weltmeisterschaft in Südafrika uneingeschränkt verwerfen. Vier Tore, drei Vorlagen. Unzählige gute Aktionen, auch gegen Weltklasseteams aus England und Argentinien. Auch gegen renommierte Außenverteidiger wie Gabriel Heinze oder Ashley Cole bringt dieser Müller sein Spiel durch. Die Erklärung für sein stets erfolgreiches, effektives Spiel findet sich in seiner Genialität. In seiner Art Fußball zu spielen, ihn zu verstehen und immer schneller, immer anders zu denken als seine Gegenspieler. Er hat eine grandiose Übersicht, ein ungeheures Auge für den freien Raum und Mitspieler. Er stößt in Lücken, er schafft seinen Mitspielern Platz und hält den Ball selten länger als unbedingt nötig. Direkt, schnörkellos, und so ungeheuer schwer zu verteidigen. Will man den Erfolg Müllers begreifen, muss man Spieler neu, muss man sie anders bewerten. Die Qualitäten eines Özil, eines Podolski oder eines Klose sieht auch das ungeschulte Auge. Die Gründe dafür, dass Müller sich mittlerweile konstant auf Weltniveau bewegt sieht ein van Gaal oder ein Löw. Das Erkennen der Freiräume, das Gefühl für den richtigen Pass – All dies sind unsichtbare Qualitäten des Thomas Müller. Sein Erfolg beruht auf seiner Genialität. Der Genialität den eigentlich so einfachen Fußball neu zu verstehen. Der Einstein aus Weilheim.
Aufrufe: 6339 | Kommentare: 13 | Bewertungen: 22 | Erstellt:05.07.2010
ø 9.0
KOMMENTARE
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05.07.2010 | 18:23 Uhr
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GNetzer :
Schönes Ding! Ich mag ja fein formulierte Blogs. Ergo finde ich deinen klasse.
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05.07.2010 | 19:02 Uhr
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Voegi :
mir gefällt das blog auch ganz ausgezeichnet. wegen seines sprachlichen stils, aber auch wegen seiner aussage. du hast das phänomen müller durchaus treffend auf den punkt gebracht.ich selbst würde noch das wörtchen "auffassungsgabe" mit einbringen, die müller in besonderem maße auszeichnet. er ist körperlich und gedanklich sehr schnell und besitzt - wie es im fußball-neudeutsch heißt - eine ungemein hohe handlungsschnelligkeit. in jeglicher hinsicht sehr beweglich, erfrischend locker, mit viel herzblut und immer mit dem auge für den freien raum. das ist müller.
1
05.07.2010 | 20:17 Uhr
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"Weltmeisterlich? Unbedingt, weil er nach abgesessener Gelbsperre im Finale wieder jene Kombination aus Anarchie und Konzeptkunst auf den Platz bringen wird, die kein Gegner auch nur im Ansatz versteht."
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06.07.2010 | 12:41 Uhr
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Boggler :
Sehr guter Blog. 10 P
Es werden sich wohl noch ganze Studiengänge mit Müller's Spiel beschäftigen müssen weil seine große Stärke einfach ein Aspekt ist den man nicht messen oder beschreiben kann.
Sein Spiel kann man nicht auf eine Formel bringen sondern er passt sich an Situationen an während andere nur in bestimmten Situationen funktionieren.
Jetzt hab ich mich auch schon daran versucht Müller zu beschreiben...Impossible.
Guter Junge
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07.07.2010 | 00:50 Uhr
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drlove : hut ab
vorgestern hatte ich mit einem text angefangen der ganau diese außergewöhnliche gabe des thomas müller (die ich genau so interpretiere wie du) beschreiben sollte. habe es verworfen weil ich es einfach nicht in worte fassen konnte. sehr gut gemacht von dir! 10 von 10
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07.07.2010 | 12:20 Uhr
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07.07.2010 | 12:33 Uhr
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riesery :
Auf jedem Portal liest man inzwischen Müller Portraits wie toll dieser Junge doch sei.Man möchte meinen dass die Leute keine BL schauen denn in der BL hatte Mueller die gleichen Stärken und komischerweise erkannte keiner seiner ungeheure Klasse.Damals musste sich ja Löw noch Vorwürfe gefallen lassen von wegen Bayernbonus usw dass er überhaupt mitdarf."Eine gelungene Abwechslung zu den unnatürlich anmutenden Modekickern der neuen Generation, die sich mehr mit ihrer Frisur als mit ihren Gegenspielern"
Solche oberflächerlichen Passagen hast du schon bei dem Messi Portrait gebraucht.Mit solchen Allgemeinerungen kann ich wenig mit anfangen.Jaja die böse neue Ipod Generation wie Frank Rost immer redet.^^
"Ein Podolski verfügt in Form über den wohl weltweit härtesten und präzisesten Schuss mit dem linken Fuß"
Podolksi und präzise?Der war gut : D.Kaum einer hat eine größere Streuung in seine Schüssen als Podolksi.
Blog ist gut geschrieben aber diese bieden Passagen gefallen mir gar nicht 8 P
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07.07.2010 | 12:39 Uhr
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Oh Gott, wie peinlich!
"Ein Podolski verfügt in Form über den wohl weltweit härtesten und präzisesten Schuss mit dem linken Fuß."
Das heißt alle zwei Jahre für 3-4 Wochen oder wie?
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