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09.09.2013 | 2998 Aufrufe | 0 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 10.0
"Mein Stadion" auf Sky
Das Stottern der Halbstarken
Weder Verarsche noch Sarkasmus noch Anmache

Zwei Wochen keine Bundesliga am Freitag. Da hat man etwas vermisst. Nein, nicht etwa die mittelprächtigen Neunzigminüter vor Millionenpublikum. Sondern die redselige Kneipentour in geschlossener Gesellschaft.



Freitagabend in der Bundesliga ist Anpfiff. Und Freitagabend nach der Bundesliga noch einmal. Ulli Potofski kennt das schon, also das mit dem Anpfiff, lange her und für uns heute nicht relevant. Wobei: Irgendwie doch, denn in den vergangenen beiden Wochen war kein schrilles Startsignal des Schiedsrichters zu vernehmen. Kein Unparteiischer hat die Backen aufgeblasen und mit Verve in sein Arbeitsgerät gepustet. Einmal funkte der FC Bayern dazwischen, Supercup, einmal der Jogi, Superhemd. Im Endeffekt verhinderte zweimal der Terminplan, dass in der Liga eine rassige Kugel geschoben wird. Die Schiri-Pfeifen blieben stumm, und Ulli Potofski somit ebenfalls. War früher doch alles besser?


Eine philosophische Frage. Früher gab es jedenfalls kein "Mein Stadion". Das entkräftet diese Unterstellung.


Wird jetzt freitags in der Bundesliga gekickt, ist da Esther Sedlaczek, die es nicht lustig findet, nur die Tochter des Clowns zu sein. Die nicht so oft Chucks tragen sollte, weil lange Beine hohe Schuhe implizieren (und umgekehrt). Die größer ist als alles, was verschwitzte Fußballprofis nach einem Spiel je konfrontiert hat. Das kann hilfreich sein, aber manchmal auch eindimensional, was manchmal zu etwas absurden Einordnungen führt: Auf die Größe minimiert zu werden.


Zur Seite (Untertan) steht ihr Ulli Potofski. Der hat Hörbücher produziert und Dominosteine purzeln sehen. Einer trifft den anderen, plack, plack, plack, Kettenreaktion. Zum Umfallen komisch. Und das ist nicht plakativ gemeint. Potofski hat viel durchgemacht, Kinder, Pferde, Sensationen, Champions League und Kreisklasse. Aber er ist Schalke-Fan mit RTL-Vergangenheit - da kann einen nichts mehr erschüttern.



Kleinhirn an Zunge: Bitte sprechen!



Ulli und Esther geben ein putziges Gespann ab. Sie sind reifer als Adam und Eva, ungekünstelter als Barbie und Ken, dynamischer als Cindy und Bert. Sie necken sich und triezen einander, scherzen und sticheln und lenken die Sendung doch in professionellen Bahnen. Kein uriger Stammtisch ist vor der einnehmenden Präsenz des ungleichen Duos gefeit, keine ältere Dame vor der Andrea-Berg-Plattensammlung eines Ulli Potofski, keine biertrunkene Männerrunde vor dem weiblichen Charme einer Esther Sedlaczek. Halbstarke mit Unterarmtattoos zücken zusammen, wenn sich die Moderatorin nähert, in ihren Chucks. Simpel strukturierte Sätze enden dann rasch in stotternden Worthülsen, vorgefertigte Argumentationen verheddern sich im Gestrüpp des schwarzen Zopfes.


Kleinhirn an Zunge: Bitte sprechen! Zunge an Kleinhirn: An error occured! Nervosität in Reinkultur.


Sobald sich die Scheu auf ein erträgliches Maß eingependelt hat, wird das getan, was im Fußball zur inflationären Hauptbeschäftigung verkommen ist: Reden. "Mein Stadion" redet auch, aber sie reden anders. Nämlich locker-flockig in einer gemütlichen Runde, die meistens so wirkt, als klappere Ulli Potofski jeden Freitag eine andere Gaststätte ab, um alte Kameraden wiederzutreffen, die er Jahrzehnte nicht gesehen hat.


Sky hat Potofski (61) über Jahre in tristen Zweitligapartien geparkt und 2011 plötzlich aus der Versenkung befördert. Sie experimentierten in einem neuen Probierfeld, einer Spieltagsvorschau nah am Fan. Ohne steriles Studio-Flair, ohne Analyse-Tools, ohne Anzug und Krawatte. Die ungezwungene Attitüde ist wie leibgeschneidert für die Spontaneität Potofskis. Wenn er in legerem Ambiente plaudern darf, ist er nach wie vor für ein paar Kalauer gut. In seinem Windschatten entwickelte sich Sedlaczek (27) nach Anfangsschwierigkeiten längst über den Status des optischen Anhaltspunktes hinaus. Womit sie gleichwohl nicht unattraktiver wird. "Einmal Ulli Potofski sein" ist ein vielmals geäußerter Wunsch, den sich Männer aller Altersschichten nie auszumalen gedachten. Heute ist er Realität...


Der Alkohol fließt in Strömen. Welche Sendung darf das schon von sich behaupten? Lebendig gehts zu, die Hütte ist immer ausverkauft, egal, wie bieder der Gast sein mag. Somit ist "Mein Stadion" sozusagen der VfL Wolfsburg unter den TV-Konzepten. Und hinsichtlich der geölten Stimmbänder des Publikums ein atmosphärischer Abklatsch des FC Bayern. Ein Trip(le), der sich lohnt.



Abendunterhaltung pur



Ein Jahr führte diese Reise tatsächlich nach München, in die Schleißheimer Straße, dieser Kult-Kneipe mit Museums-Anstrich. Immer wieder donnerstags wuchs das Format an seinen Aufgaben, nur die Höhenmeter von Esther Sedlaczek erreichte sie nie - weil diese mitwuchs. Im übertragenen Sinn. Klar.


Aber Quotendruck ist ein gnadenloses Selektionsverfahren. Anfang 2012 wurde die kuschelige Einrichtung auf den Freitag verschoben, in eine Lokalität des jeweiligen Austragungsortes. Seitdem laufen Potofski und Sedlaczek im Sieben-Tage-Rhythmus durch ein anderes Spalier angetrunkener Fußballfans, vereinen Potofski mit vergessen geglaubten Bekannten und erraten Wortwitze, die sich als Fußballbegriffe tarnen. Abendunterhaltung pur. Und während Hobby-Taxler Sebastian Hellmann in semi-prominenter Begleitung die bildschönen Altstädte von Hamburg oder Gelsenkirchen erkundet, schleicht Esther Sedlaczek durch die Gänge und macht Männer willenlos. Eine ausgefeilte Übertragungsmaxime.


Dass ein (Groß -)Teil nur wegen der Moderatorin zuschaut, ist eine Mär, die dem Eifer der Sendeverantwortlichen nicht gerecht würde. Dass ein (Groß -)Teil nur wegen der Moderatorin zuschaut, ist sicherlich nichts als die Wahrheit.



Auch erschienen bei: Planet of Sports


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