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Von: Benbaba
16.05.2014 | 2724 Aufrufe | 3 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 10.0
Eine wahre Geschichte aus der SPOX-Redaktion
Als ein Pups uns das Krabbeln ersparte
Vier Männer, ein Tisch, ein Ball. Mehr braucht es nicht, um ein Duell epischen Charakters aufzuziehen.

Wo fange ich am besten an? Damit diese Geschichte verstanden wird, steige ich wohl am besten mit dem Beginn meiner Zeit bei SPOX ein.

Am 1. März 2013 begann ich ein Praktikum bei SPOX.com. Als Rheinländer war in Bayern vieles neu für mich. Mein Studium in Köln hatte mich an Frohsinn, kleine Gläser und eine Kioskkultur, die Deutschlandweit ihresgleichen sucht, gewöhnt. In München stellte man mir plötzlich riesige Krüge auf den Tisch, randvoll mit hellem Gerstensaft. Auch wenn das bayrische Bier meinem geliebten Kölsch zugegebener Weise in nichts nachsteht, musste man sich an die wenigen Striche auf dem Bierdeckel am Ende eines Abends erst noch gewöhnen.

Gleiches gilt auch für die Öffnungszeiten. Du willst nach 20 Uhr ein Bier kaufen? Na dann musst du dich aber schon ein bisschen auskennen. An der Reichenbach-Brücke hat ein Kiosk rund um die Uhr geöffnet, auch der Pizza-Mann am Sendlinger Tor verkauft Bier auf die Faust, weiß ich inzwischen. Allerdings muss man hier "zum Mitnehmen" sagen, sonst kostet das Bier gleich mal 70 Cent mehr - verrückt.

Was machen die da?

Was auch neu für mich war, war die ausgeprägte Tischfußball-Kultur im Freistaat. So konnte ich beobachten, dass hin und wieder eine Vierergruppe der archivierten Spoxler den Raum verließ und ca. 15 Minuten später wiederkam, meist laut und wild nachkartend. So ganz wusste ich nicht, wo die Jungs herkamen, ersparte mir aber die dämliche Frage.

Warum ich nicht wirklich mitbekam, was die Jungs da trieben, hatte den einfachen Grund, dass es nicht üblich und auch nicht gewünscht ist, dass Praktikanten in ihren ersten Wochen mitgehen sollen. Das sollte ich aber auch erst später erfahren.

Dann war er plötzlich da, der große Moment. Inzwischen war ich längst nicht mehr nur der Neue und zumindest einem Teil der Redaktion war inzwischen wohl klar, dass ich nicht der allergrößte Horst war und man mit mir schon was anfangen konnte. "Ben, gehst Du mit Kickern?" Ahh, die gehen Kickern, ja das kannst du, hast du zwischen elf und 25 locker zwei bis dreimal gemacht, kein Problem.

Trauriger Weise war meine erste Kicker-Erfahrung ein eher bescheidenes Erlebnis. Die Jungs hatten sich nämlich nicht richtig abgesprochen und so standen wir plötzlich mit fünf Spielern um den Tisch herum. Es bedarf keiner großen Erläuterung, wer zuschauen musste.

Aber ich nahm es wie ein Mann und lies mir nichts anmerken, schließlich war der Startschuss einer großen Tischfußball-Karriere geboren, so dachte ich. Und so kam es auch. Immer öfter wurde ich zum Mitkommen eingeladen - auch wenn mein Spiel als solches nicht wirklich gut war. Hinten war ich sogar eine Katastrophe, weshalb ich mich im Grunde ausschließlich an den vorderen beiden Stangen wiederfand.

Fünf links, drei rechts

Anfangs bestand das Spiel für mich aus einem einfachen Prinzip: Fünf Mann in der linken Hand, drei in der Rechten. Wann immer der Ball in Sichtweite ist, kloppe ich drauf. Mal mit, meist ohne großen Erfolg. Aber der Ehrgeiz hatte mich gepackt. Also habe ich mir abgeschaut, wie die besseren Jungs das machen - auch das ein oder andere Youtube-Video half mir zu verstehen, dass es um weit mehr geht als die pure Gewalt.

Innerhalb relativ kurzer Zeit wurde ich vom Praktikanten zum freien Mitarbeiter und anschließend zum Volontär. Mit dieser Entwicklung stieg auch die Frequenz meiner Kickerspiele und Stück für Stück wurde ich besser. Vor allem im Duo mit Flo Regelmann bildete ich ein brandgefährliches Doppel, das sich am Tisch meist Haruka Gruber und einem Mitspieler dessen Wahl gegenüber sah. Auch wenn Hari das nicht gerne hören wird, so spricht die Siegquote gefühlt relativ eindeutig für Flo und mich. Redaktionsintern werden wir sogar als "Undefeated Heavyweight Champions of the World" bezeichnet. Ok, bleiben wir ehrlich. Wir beiden sind die Einzigen, die uns so nennen.

Ach, fast vergessen: Ein kurzer Blick in das Regelwerk des SPOX-Kickerns. Schüsse aus der Mitte sind erlaubt. Ein Satz geht bis Sechs, zwei Tore vor sind Pflicht. Der Modus ist Best of Three, sprich man braucht zwei Gewinnsätze. Noch schlimmer als das Spiel zu verlieren, ist allerdings eine 0:6-Klatsche, deren Konsequenz ebenso beschämend wie frustrierend ist. Das Verlierer-Team muss nämlich unterm Kicker durchkrabbeln.

Einer geht immer, eigentlich

Zurück zur Geschichte. Mittlerweile war ich zwar nicht der Gabriel Batistuta des Kickerns, aber ein Großteil der Redaktion würde mich wohl zu den besseren Offensivspielern zählen. Auch an das Krabbeln verschwende ich meist nur dann einen Gedanken, wenn das gegnerische Team mit 0:3 zurückliegt. Einen mache ich schon irgendwie immer rein, denke ich.

Vielleicht ist es nicht unwichtig zu erwähnen, dass es auch in der Redaktion Kickern und KICKERN gibt. Kickern, das bedeutet, dass vier Jungs in der Spätschicht mal ein Ründchen Kickern gehen, wenn die Luft etwas raus ist und nicht mehr viel los ist. KICKERN wiederum bedeutet, dass sich vier Jungs zunächst drei bis 13 Hassmails zuschicken und schon vorher klar stellen, wer gleich mit wem den Boden unterm Tisch aufwischen wird. Entsprechend angestachelt sind die Gemüter schon, bevor auch nur ein Ball im Tor eingeschlagen ist.

Um ein solches Duell handelt es sich auch bei meiner Geschichte. Die Protagonisten: Flo Schimak als mein Mitspieler, David Kreisl und Max Marbeiter als die Gegner. Alles Jungs, die ähnlich lange dabei sind wie ich und die sich untereinander wohl auch privat als Freunde bezeichnen würden.

Es ist angerichtet

Zurück zum Match. Flo Schimak hat schon lange nicht mehr gespielt, schwer einzuschätzen, wie stark er an diesem Tag ist. Klar ist, dass er mit Links eine unfassbare Klebe hat, mit Rechts allerdings höchstens rausschieben kann. Blockt sein Gegenspieler den Torwart gut und aggressiv, stellt das hin und wieder ein Problem da, vor allem wenn Flo die Winkel nicht einstreut.

Leichter fällt es da schon, die Form und Spielweise der Gegner zu analysieren. Marbeiter spielt hinten. Er baut in Ruhe auf, schießt eigentlich nur mit dem rechten Verteidiger. Allerdings trifft er den Moment, an dem der blockende Offensivspieler gewechselt werden muss, oft so exakt, dass er in jedem Spiel den ein oder anderen versenkt. Sagte ich in Ruhe aufbauen? Verzeih mir, Max, aber das stimmt nicht ganz. Er braucht Ewigkeiten. Ob es wirklich sein Ziel ist, die gegnerische Mannschaft einzuschläfern, ist ein heiß diskutiertes Thema.

Wie im echten Leben ist David Kreisl auch am Kickertisch ein Unikat. Nervig ist sein Mittelfeldknaller, der sein Team schon des Öfteren vor Niederlagen bewahrt hat. Außerdem verfügt er über ein Repertoire von gefährlichen Schrägschüssen über die Außen.

Mein Spiel ist relativ klassisch. Ich schieße selten bis fast nie mit der Mitte, sondern versuche, den Ball durchzustecken, was mir meist ganz gut gelingt. Wenn ich den Ball im Sturm habe, lege ich ihn meist auf die Mitte, täusche zwei- bis dreimal, ziehe dann hoch oder runter und schließe ab.

Einwurf. Das Spiel beginnt.

Einwurf. Das Spiel beginnt. Kreisl trifft sofort mit der Mitte. Dafür hasse ich ihn. Flo wirft ein, Kreisl trifft sofort wieder mit der Fünferreihe. Dabei bin ich mir sicher, dass er unmöglich an meiner Verteidigungsstellung hätte vorbeischießen können. Aber er kann. Ich vergeige einige gute Chancen. Man könnte auch sagen, Marbeiter hält gut. Fackel Marbeiter. Ein kurzer Blick zwischen allen Spielern reicht.

Jeder weiß, was angesagt ist. Die halbe Miete ist da. Flo und ich spüren den ersten Druck. Ich vergebe erneut, Marbeiter trifft im direkten Gegenzug. Der Druck steigt. Für Schimak ist er schon zu groß, Eigentor, 0:5. Fuck, ich bin seit Ewigkeiten nicht mehr gekrabbelt. Und wenn es passiert, dann sollte das gegen Typen wie Götz und Petri sein, auf keinen Fall gegen diese beiden Casper, die es uns anschließend wochenlang unter die Nase reiben würden.

Ich vergebe erneut die Chance zum Anschluss, der Ball ist wieder bei Marbeiter, der sein gewohnt einschläferndes Aufbauspiel aufzieht. Die Spannung ist greifbar, der Druck auf beiden Seiten so immens, dass keiner mehr ein Wort spricht. Marbeiter legt den Ball auf Rechts, verpasst aber den Abschluss. Neuer Versuch. Ich zittere wie verrückt mit meiner Angriffsreihe, um Max klar zu machen, dass ich ihm das Ding auf jeden Fall reinblocke.

David hält seine Reihen oben und starrt wie gefesselt auf das Duell zwischen Max und mir. Flo macht je nach Ball-Position in Max' Spiel die kurze und lange Ecke im Wechsel zu. Das Momentum liegt klar auf der gegenüberliegenden Seite. Flo kann nach seinem Eigentor nur konsterniert sein, ich strotze nach den vielen vergebenen Chancen auch nicht gerade vor Selbstvertrauen.

This is when the magic happened

Max hält die Kugel für gefühlt drei Minuten. Nie passt ihm die Chance zum Schuss. Und dann passiert es. Ein lautes Geräusch dringt durch die Stille und zerschneidet die Spannung wie ein Buttermesser. Es dauert ein bis zwei Sekunden, bis alle realisieren, was gerade passiert ist. "Ich hab den Druck einfach nicht mehr ausgehalten", lautet die Entschuldigung des Übeltäters, die, kaum ausgesprochen, zu einem Lachanfall bei allen Spielern führt, der sich über mehrere Minuten ziehen sollte und sich auf dem Boden krümmende Redakteure zur Folge hatte.

Nachdem sich alle zumindest ein wenig beruhigt hatten, ging es zurück an den Tisch. Aber der Druck war plötzlich vollkommen weg. Sollen sie uns doch drunter durch schicken, von diesem Erlebnis kannst du all deinen Kumpels erzählen. Marbeiters Schuss landet im Block. Ich lege den Ball auf den rechten Außenspieler, täusche den Pass in die Mitte an, switche aber im letzten Moment und versenke das Spielgerät in der kurzen Ecke. Schimak und ich feiern, liegen uns in den Armen.

Wer das Spiel im Endeffekt gewonnen hat, kann ich gar nicht mehr sagen. Aber eins werde ich wohl mein Leben lang nicht vergessen: Wie ein Pups uns das Krabbeln ersparte.

KOMMENTARE
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RoyRudolphusAnton
16.05.2014 | 20:08 Uhr
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16.05.2014 | 20:08 Uhr
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Da wird man durch einen Blog in die Geheimnisse des SPOX`schen Kickerns eingeführt. Sehr interessant - vor allem, wenn angesprochener Kreisl gegenüber sitzt, angesprochener Marbeiter im Rücken und angesprochener Götz zur Linken...Verbessert die visuelle Vorstellungskraft erheblich

Grüße aus der Redaktion!

PS: Etwa zur Hälfte wusste ich, wer hier schreibt. Ungefähr an diesem Punkt, als der Name "Ben" fiel. Zusammen mit dem Gladbach-Avatar, der rheinischen Herkunft und dem Volontariat ergab das ein stimmiges Gemälde. Ganz wichtiger Tipp noch: Es heißt bayErisch. Nicht bayrisch. Auf das "e" legen wir großen Wert
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ausLE
MODERATOR
16.05.2014 | 20:19 Uhr
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ausLE : 
16.05.2014 | 20:19 Uhr
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ausLE : 
Klasse Geschichte aus der Zentrale!
Aber das mit dem Pubs musst Du uns noch erklären


Ich hätte nähmlich eine Idee

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bignax
17.05.2014 | 23:13 Uhr
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bignax : 
17.05.2014 | 23:13 Uhr
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bignax : 
Klasse geschrieben! :D und sagen wir mal ein interessanter Einblick in dir Gepflogenheiten der Redaktion.
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