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05.09.2011 um 22:36 Uhr
3-3-3-1: Taktik-Zukunftsmodell?
Liebe Leserinnen und Leser,

Bevor ich mit dem eigentlichen Thema beginne, möchte ich euch kurz einen Verein vorstellen, der dieses System schon ein paar Jahre erfolgreich praktiziert:

Vorerst möchte ich klarstellen, dass ich kein Fan diesse Vereins bin, sondern einfach nur die Vereinsphilosophie toll finde (zu vergleichen mit Mainz).

Die SV Ried, ein Fußballverein der sich seit 2-3 Jahren in der oberen Tabellenhälfte der österreichischen Bundesliga befindet. Einer der wesentlichen Gründe ist der Trainer: Paul Gludovatz, der vor seinem Amtsantritt 2008 das ÖFB U20 Team trainierte und bei der U20-WM 2007 auf den sensationellen 4ten Platz führte.
Der Verein schaffte es unter ihm als einziges Team der österreichischen Bundesliga, kein einziges Heimspiel der Saison 2008/09 zu verlieren. In der Saison 2010/11 wurde die SV Ried 4ter, konnte aber lange Zeit mit den vordersten 3 mithalten. Zudem wurden sie in diesem Jahr Cupsieger und stiegen somit ins internationale Geschäft ein.

Obwohl die SV Ried einen vergleichbar kleinen und "schlechten" Kader hat bzw. ein weitaus geringereres Budget als Red Bull Salzburg, Austria Wien und Sturm Graz besitzt, schafft es Gludovatz Jahr für Jahr, trotz zahlreicher Abgänge, eine schlagkräftige Truppe zu formen, die um den Titel mitspielen kann. Prominente Abgänge: Samuel Radlinger (Hannover), Thomas Schrammel (Rapid), Daniel Royer (Hannover), Florian Mader (Austria)

Noch sind die Rieder nicht ganz angekommen in der heurigen Saison, doch international machten sie mit einem Weiterkommen gegen Bröndby auf sich aufmerksam. Nach einem weiteren sensationellen Ergebnis (0:0 gegen Eindoven in Ried) zollten sie dann beim Rückspiel der letzten Runde vor der Gruppenphase der Europa League der Klasse Eindhovens Tribut (5:0). Doch im Vergleich: Der Wert der Mannschaft der Rieder beträgt 8 Mio., der des Einhovener Teams 76 Mio. und der von Brondby 25 Mio. Ich weiß natürlich, dass Geld alleine nicht Fußball spielt, doch trotzdem ist es meiner Meinung nach eine beachtliche Leistung der Rieder.

Jetzt habe ich euch lange genug auf die Folter gespannt und deshalb werde ich nun versuchen die Taktik bzw. Aufstellung so gut es geht zu erklären:

Aufstellung:

Die Rieder spielen ein sehr unorthodoxes System mit 3 Dreierketten und davor einem Stürmer. Jedoch verändert sich diese Aufstellung je nach Ausrichtung:

System in der Defensive:
In der Defensive verwandelt sich die Aufstellung in ein 5-4-1 um, indem die beiden Außenspieler der zweiten Dreierreihe die Außenverteidgung übernehmen, die dritte Dreierreihe zurückschiebt und somit ein Vierermittelfeld bildet. Die einzige Spitze versucht im Zentrum zu bleiben und Löcher zu stopfen um Pässe durchs Zentrum zu verhindern.

Vorteile:
Die Vorteile liegen klar darin, dass man mit einer 5er Abwehrkette sehr gut doppeln kann und somit dem Gegner über die Seiten kaum eine Chance gewährt wird, durchzudringen. Im Mittelfeld agiert man abwartend mit 2 Sechsern und auf der Seite mit schnellen, giftigen Spielern, die ebenfalls gut von den Außenverteidigern abgesichert werden, welche wiederum von den beiden äußeren Innenverteidigern abgesichert werden, welche wiederum von dem im Zentrum stehenden Innenverteidiger agesichert werden. Somit entsteht in die Tiefe eine 3 fache Absicherung, bei der es schwer ist, in den Rieder Strafraum einzudringen.

Nachteile:
Man darf nicht zu tief stehen, da ansonsten der zentrale Innenverteidiger zu weit hinten steht und sich dadurch viele Räume in gefährlicher Nähe des Rieder Tores für die gegnerischen Angreifer ergeben. Außerdem ist es durch die vielen Absicherungen fast nicht möglich, bei dieser Formation auf Abseits zu spielen.


System in der Offensive:
In der Offensive verwandelt sich das System in ein 3-1-3-3. Der zentrale Mittelfeldspieler der zweiten Dreierreihe bildet den Sechser. Die Außenspieler der zweiten Dreierreihe schieben eins nach vor, ebenfalls die Außenspieler der dritten Dreierreihe - somit entsteht ein Dreier-Sturm. Im Zentrum des Sturms steht ein großgewachsener, kopfballstarker Spieler, der die Bälle gut halten und verteilen kann. Auf den Außen jeweils schnelle, trickreiche Spieler die lange Wege in die Tiefe gehen und den Stürmer mit Flanken von der Grundlinie bedinen. Unterstützt vom Mittelfeld schalten sich insgesamt 6 Spieler in die Offensive ein, die Dreier-Abwehrkette sowie der Sechser dienen als Anspielstationen und Absicherung.

Vorteile:
Dadurch, dass über die Seite eine Überzahl geschaffen wird, fällt es Ried offensiv oft leicht, den Gegner über die Seite zu überwinden, v.a. dann, wenn sich der Verteidiger auch noch einschaltet. Dann nämlich schafft man mit 3 Spielern auf der Seite eine Überzahl, spielen die anderen Teams nur mit 1 oder 2 Spielern auf der Seite. Der zentrale Mittelfeldspieler beschränkt sich auf die Ballverteilung auf die Außen - fast jeder Angriff wird über die Seite angetragen. Die schnellen Spieler werden meist durch steile Diagonalpässe geschickt und flanken dann scharf (oft flach) in den 16er, wo die 2 Außenspieler der anderen Seite, der Stürmer sowie der zentrale Mittelfeldspieler warten.

Nachteile:
Ballverluste sind in der Vorwärtsbewegung immer fatal. Bei diesem System noch viel mehr, da man im Zentrum des SV Ried oft eine Unterzahlsituation vorfindet. Dadurch, dass man hinten mit einer Dreierkette spielt und sich die Außenverteidiger ab und zu auch offensiv einschalten, bleibt nur noch der zentrale Innenverteidiger (Libero) und der Sechser übrig, was viele gegnerische Mannschaften bei Kontern natürlich ausnützen und diese sehr oft über das Zentrum antragen. Mit diesem System kann man sowohl den Gegner beherrschen, als auch - bei unnötigen Ballverlusten - ins offene Messer laufen. Außerdem erfordert das System, sowohl für die Außenspieler als auch für die zentral agierenden ein enorm hohes Laufpensum.

Alles in allem ist es für mich ein Zukunftsmodell, das früher schon unter Rehagel (Griechenland) zum Erfolg geführt hat. Damals allerdings beschränkte sich das System auf die Defensive Ordnung und Stabilität. Ried hingegen versucht nicht nur hinten gut zu stehen, sondern auch frech und schnell nach vorne zu spielen und eine Überzahl in der gegnerischen Hälfte zu schaffen (ähnlich wie Barcelona, auch wenn selbstverständlich nicht alles so gelingt).

Ich denke, dass sich in nächster Zeit viele Mannschaften an ein ähnliches, wenn nicht sogar das gleiche System orientieren werden. Und vergleicht man das der Rieder und das von Barcelona, so findet man erstaunlich viele Ähnlichkeiten!
Aufrufe: 28747 | Kommentare: 5 | Bewertungen: 10 | Erstellt:05.09.2011
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KOMMENTARE
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Antimadrista92
06.09.2011 | 01:09 Uhr
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06.09.2011 | 01:09 Uhr
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gelungener blog, 10P

ich würde dir noch empfehlen die wörter "nachteile", "vorteile", etc. vlt. fettzuschreiben, macht das ganze optisch vlt. noch ein bisschen schicker.

inhaltlich sehr informativ der blog.

ob man das system in zukunft öfter sehen wird lasse ich mal dahingestellt, denn dafür braucht man auch die richtigen spieler im kader.

jedoch entwickelt sich der fussball immer weiter und während einem spiel ändert sich die grundformation immer öfter. die formationen gehen fließend ineinander über. daher muss man flexibel sein, als trainer und auch als spieler. gerade bei barcelona hat guardiola viele spieler, die sehr variabel einsetzbar sind, wodurch er noch leichter mal andere formationen spielen lassen kann und besser rotieren kann.

man muss aber immer aufpassen, dass man sich mit dieser aufstellung kein eigentor schießt. gegen ein 4-4-2 ist sie sehr wirkungsvoll, weil man im mittelfeld 4 spieler gegen 4 spielen lassen kann, jedoch kann es gegen einen 3-mann sturm schnell nach hinten losgehen.

aber wie gesagt, die aufstellung ist interessant und hat ihren reiz. ich gehe auch davon aus, dass wir diese formation auch bei barcelona noch öfter sehen werden.

edit:
viele sagen, dass pep mit dem villarreal-spiel die dreierkette wieder zurückgebracht hat, doch auch letzte saison verwendete pep schon dieses system, aber das nur am rande.^^

dein vergleich zu barca passt auch, vor allem wenn man sich das letzte spiel gegen villarreal ansieht, wo barca auch im 3-4-3 spielte.

war eine sehr interessante variante:

http://www.zonalmarking.net/2011/08/29/barcelona-5-0-villarreal-tactics/

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seas
06.09.2011 | 09:25 Uhr
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seas : 
06.09.2011 | 09:25 Uhr
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seas : 
@antimadrista92:

danke ;)

ja natürlich kann man noch nicht sagen in welche richtung sich der fußball entwickelt, aber ich denke es wird sicher für mehrere vereine in nächster zeit eine interessante variante werden, wieder auf eine dreierkette umzustellen. ich denke da v.a. an barca, real, manu, bayern, dortmund und konsorten, die auch das nötige spielermaterial besitzen.

natürlich ist das system einerseits riskant, andererseits kann es sehr wirkunsvoll sein, solange jeder seinen part erfüllt!

ja dadurch, dass im fußball eine enorme flexibilität gefordert wird, gibt es viele vereine, die v.a. im rückstand auf eine dreierkette umstellen, doch von beginn an sieht man es doch noch selten.

mal schauen was die zukunft so bringt, ich für meinen teil würde als trainer dieses system durchaus öfter im training ausprobieren...

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Antimadrista92
06.09.2011 | 14:13 Uhr
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06.09.2011 | 14:13 Uhr
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ich denke auch, dass man das system sicherlich öfter sehen wird in zukunft.

bei dem spiel barca vs. villarreal konnte man gut sehen, wie barca durch ihr unglaubliches pressing kurz nach ballverlust den ball wieder zurückerobert hat. und wenn man den ball hatte hat man den mit einer unglaublichen sicherheit in den eigenen reihen gehalten.

dadurch, dass villarreal ebenfalls 4 mittelfeldspieler hatte waren diese gezwungen sich defensiv zu orientieren, während barca den ball hatte, was ja fast die gnaze zeit der fall war.
dadurch konnten vor allem die außenspieler von villarreal wenig für das offensivspiel tun, und die stürmer bekamen sehr wenig bälle.

spielt man aber gegen einen 3er sturm hat man zwar eine überzahl im mittelfeld, aber bei einem ballverlust kann der gegner den ball schon von hinten schnell nach vorne spielen, wo eine 3 vs. 3 situation herrscht, was dann zum nachteil der verteidigenden mannschaft ist.

normal sagt man ja immer bei topteams wie barca, dass man sich nicht zu sehr dem gegner anpassen sollte, sondern sein spiel einfach durchziehen sollte. beim 4-3-3 geht das auch, aber beim 3-4-3 muss man auch darauf achten, dass man sich kein eigentor schießt, weil der gegner die perfekte taktik gegen eine 3er kette beherrscht.

aber die formation hat sicherlich eine zukunft, es haben sie jetzt ja schon barca, udinese, neapel und inter ausprobiert, bzw. werden sie jetzt kontinuirlich verwenden.
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RedSka
07.09.2011 | 10:58 Uhr
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RedSka : 
07.09.2011 | 10:58 Uhr
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RedSka : 
Toller Blog, 10 Punkte.

Zu ewähnen ist vielleicht, dass neben der SV Ried auch der japanische Verein Nagoya Grampus Eight unter Trainer Dragan Stojkovià107 dieses System (wenn auch nicht durchgehend) praktiziert.
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CoverS
07.09.2011 | 12:58 Uhr
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CoverS : grandios
07.09.2011 | 12:58 Uhr
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CoverS : grandios
grandioser blog... ich hoffe auf eine fortsetzung, dann vielleicht bisserl auf taktische einzelheiten wie mögliches pressing, vorteile gegen defensive gegner, offensive gegner... etc...
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