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27.01.2017 | 1233 Aufrufe | 0 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 10.0
Fifa-Ideen
"Durch Änderung attraktiv geworden"
Der Wissenschaftler Michael Meyen äußert sich zu den geplanten Regeländerungen der Fifa und die Rolle der Medien dabei.

Spiel, Satz und Tor: Am vergangenen Freitag ging die Bundesliga wieder los. Traditionell wurde das erste Spiel nach der Winterpause live im Free-TV durch die ARD übertragen. Genauso traditionell gab es freitags im ZDF parallel einen Krimi. Der Staatsanwalt hat dabei mehr Zuschauer vor den Fernseher gelockt als das Spiel SC Freiburg gegen Bayern München. War das ein Ausrutscher oder kann aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht mit Blick auf Fußball im Fernsehen eine beginnende Marktsättigung beobachtet werden?

Michael Meyen: Ich begründe die schwächere Quote eher mit dem Konkurrenzprogramm. Sport und Krimis: Das ist das, was im deutschen Fernsehen schon in den 1950er und 1960er Jahren am meisten gezogen hat, im Westen genauso wie im Osten. Fernsehen ist außerdem habitualisiert. Die Vor-Netflix-Generationen haben Serien oder Filme einfach in ihren Wochenrhythmus eingebaut. Freitagabend Bundesliga ohne Pay-TV: das gibt es nur zweimal im Jahr. Und dann Freiburg gegen Bayern auf dem Papier nicht gerade ein Brüller, auch wenn es im Stadion und auf dem Platz dann anders aussah.

SSUT: Die Fifa hat in der vorvergangenen Woche beschlossen, die Weltmeisterschaften ab dem Turnier 2026 von 32 auf 48 Mannschaften aufzustocken. Ist davon auszugehen, dass ein Großteil der dann 80 Partien auch live im Free-TV übertragen wird? Sind die Rezipienten mit dem bisherigen Umfang noch nicht beziehungsweise nicht mehr zufrieden?

M.M.: Um uns Fans alleine hier in Deutschland geht es ja nicht. Wir bekommen weiter sieben Spiele mit der eigenen Mannschaft wenn es denn gut läuft. Ob dann aber tatsächlich beispielsweise Mali gegen Peru zur Primetime übertragen wird, werden wir sehen. Sicherlich wird eine solche Begegnung nicht in einem Hauptprogramm sein.

SSUT: Neben der Weltmeisterschafts-Aufstockung beschäftigt sich die Fifa auch mit Regeländerungen, was das eigentliche Spiel betrifft. Beispielsweise sollen das Abseits abgeschafft, Zeitstrafen sowie Shoot-outs eingeführt und die letzten zehn Minuten in absoluter Spielzeit absolviert werden. Der Fußball müsse stetig schauen, so attraktiv wie möglich zu sein, erklärte dazu der technische Direktor der Fifa, Marco van Basten. Ist der Fußball in seiner jetzigen Form für die Zuschauer inzwischen so unattraktiv geworden, dass solch gravierende Regeländerungen nötig sind?

M.M.: Die Fifa hat den Fußball in der Vergangenheit ständig verändert. Wenn man die Liste der Regeländerungen anschaut, die das Spiel für das Fernsehen attraktiver gemacht hat: unglaublich. Gelbe und rote Karten, Einwechslungen, Elfmeterschießen, Nachspielzeit, die Rückpassregel. Das kann endlos fortgesetzt werden. Immer ging es darum, das Spiel schneller zu machen, dramatischer, ästhetisch anspruchsvoller vor allem auch für die Medien und die Übertragungen. Und: Es funktioniert. Schauen Sie sich im Vergleich zu heutigen Spielen einfach nochmal die beiden deutschen Finalspiele gegen Argentinien 1986 und 1990 an. Grauenvoll.

SSUT: Die bislang letzten gravierenden Regeländerungen sind aber mehr oder weniger kläglich gescheitert. Von der Einführung des Freistoß-Sprays abgesehen, fanden der verspätete Abseitspfiff, das Silver Goal oder dessen Vorgänger, das Golden Goal, wenig Akzeptanz bei den Konsumenten und ein jeweils schnelles Ende. Sind van Bastens neue Ideen nun erfolgsversprechender, falls sie denn umgesetzt werden?

M.M.: Geben wir den Ideen doch einfach Zeit, falls sie tatsächlich kommen. Warum sollen sie denn nicht gut sein? Man kann aus der Vergangenheit natürlich die paar Sachen herauspicken, die nicht so gut angekommen sind. Niemand wird aber bestreiten, dass der Fußball attraktiver geworden ist auch und gerade wegen den Regeländerungen durch die Fifa.

SSUT: Inwieweit hat sich das Fußballspiel in den vergangenen Jahren auch zugunsten der Übertragungen und der Fernsehzuschauer verändert und wie wurden diese Veränderungen auch durch Verbände und Rundfunkanstalten erzwungen?

M.M.: Wenn man böse ist, könnte man sagen: Die Fifa und das kommerzielle Fernsehen haben den Fußball erschaffen, den wir heute fast jeden Tag erleben. Damit geht es ja schon los: Es wird fast durchgängig gespielt. Wenn Sie dann noch wissen, was gutes Fernsehen ist, dann sind Sie schnell bei der Art des Spiels, die heute vorherrscht. Letztlich ist das ganz einfach: Auf der Fernbedienung konkurriert der Fußball mit Serien und Filmen, mit Netflix und Hollywood. Also brauche ich auch auf dem Rasen schöne Menschen, gut frisiert, eloquent. Ich brauche Geschichten und Dramen. Die Aufstellung zum Beispiel: Spielt Mario Götze? Wann wird er eingewechselt? Warum bleibt er auf der Bank? Und ich brauche Spannung. Ein Spiel, in dem es hin und her geht.

SSUT: Die Moderne Fünfkämpferin und Olympiasiegerin von 2008, Lena Schöneborn, hat 2012 mit Blick auf die Regeländerungen in ihrer Sportart zugunsten der Übertragungen sinngemäß gesagt, es sei die Frage, wie weit sich eine Sportart für die Medien verbiegen dürfe. Wie weit darf sich der Fußball noch verbiegen?

M.M.: Das Dürfen ist ja keine Frage. Am Ende müssen wir Fans uns fragen, was wir wollen. Solange die Einschaltquoten und die Abonnentenzahlen bei Sky stimmen, ist das im Sinne der Vereine und Verbände.

SSUT: Fußball ist der absolute Volkssport. Inwieweit hat er das auch den Medien zu verdanken? Wird zu viel Fußball und zu wenig anderer Sport gezeigt?

M.M.: Fußball bringt einfach schon vieles von dem mit, was wir von Mediengeschichten erwarten. Fußball ist leicht verständlich und trotzdem komplex. Es gibt Streit und Hierarchien, und der Ausgang hängt manchmal buchstäblich an ein paar Zentimetern. Pfosten oder Tor. Da mussten die Fifa und die Klubs gar nicht mehr so viel tun. Dass sich andere Sportarten aber darüber beklagen, zu wenig Sendezeiten zu bekommen, kann man auch verstehen. Ohne Fernsehpräsenz gibt es weder Sponsoren noch politische Unterstützung. Aber letztlich entscheiden wir mit der Fernbedienung oder per Mausklick, was wie lange gezeigt wird.

Zur Person:

Michael Meyen ist seit 2002 Professor für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Gegenstand seiner Forschung ist unter anderem die Wirkung von (Massen)Medien auf den Spitzensport.

Meyen ist Mitbegründer der 'Ad-hoc-Gruppe' Mediensport und Sportkommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationsiwssenschaft.

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