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Von: Seb_Blah
27.10.2014 | 5174 Aufrufe | 3 Kommentare | 3 Bewertungen Ø 6.7
Blatters letzter Streich
"Fragt doch die Amerikaner"
Sepp Blatter eckte mit seinen Entscheidungen oft an. Seine letzte entsetzt und verzückt die Sportwelt zugleich.

Genauso hatte er es sich vorgestellt. Da saß er, namentlich Sepp Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA in seinem Haus am Genfer See. Im extra eingerichteten Presseraum (An dieser Stelle herzliche Grüße nach Katar und Russland) blitzten schon die ersten Kameralichter, Blatter selbst schaute ruhig auf seinen Zettel, wo eigentlich alle Antworten für die Fragen der Journalisten schon abgetippt waren. Sie mochte er am wenigsten, immerhin waren sie verantwortlich für einige unangenehme Skandale, die während seiner "Herrschaft" aufgedeckt wurden. Warum mussten sie überhaupt überall herumschnüffeln? Warum muss eine WM eigentlich immer in irgendeinem G8-Land stattfinden, wo man mit den Stadien auch planmäßig fertig wird? Fußball wird überall auf der Welt gespielt, also kann auch überall eine WM stattfinden - wenn der Verband entsprechend zahlt. Aber das versteht sich eigentlich von selbst. Auch jetzt wollten sie wissen, warum er die Grundregeln in zahlreichen Ligen so einschneidend verändert hatte. Noch einmal nippte der mittlerweile 81-Jährige an seinem Wasserglas. "Warum wir die Playoffs eingeführt haben? Da fragen sie am besten die Amerikaner, die kennen sich da aus".

Juni 2014

Im Grunde waren ja auch die Amerikaner schuld an allem. Da reicht eine WM, bei der man diese von Skandalnudeln überhäufte ghanaische Mannschaft mit Ach und Krach schlug und ins Achtelfinale einzog, und schon sind sie am anderen Ende vom Pazifik total im Fußballfieber. Aber vor dem Turnier noch diesem Klinsmann seine Fähigkeiten als Trainer absprechen. Verrückt ist das! Und hatte er den eine Wahl? Die FIFA-Präsidentschaftswahl stand an und mit Geld ließ sich die nun einmal einfacher gewinnen. Da konnten auch noch so viele neunmalkluge Anzugträger rumkrakeelen, dass er doch eigentlich nicht mehr antreten wollte. Wann kapierten die es es endlich? Alles, was er aussprach, war eigentlich nicht länger als fünf Minuten gültig - es sei denn, jemand winkte mit den Dollar-Scheinen am Ende vom Saal.

Und so war es auch nach der WM. Kurz nach dem Finale klingelte sein Telefon, am anderen Ende standen die Entscheider von "ESPN". Ob man nicht auch im Fußball die Playoffs einführen könnte, um den Amerikanern den Sport noch schmackhafter zu machen. Im Gegenzug würde der FIFA ein Riesen-TV-Deal winken, dazu natürlich das übliche Handgeld. Wie konnte er da nein sagen? Man einigte sich zunächst auf eine geheime Partnerschaft für den Wahlkampf, bevor man im Anschluss den Fußball revolutionieren sollte. Wen kümmern schon diese dusseligen Tor-Kameras? Wenn er als Präsident der FIFA abtreten wollte, dann mit einem Knall. Und nicht mit der Einführung von Rasierschaum-Dosen...

Mai 2015

Schritt eins war geschafft. Natürlich hatte er, Blatter, der Revolutionär, sich gegen diesen irren Jerome Champagne durchgesetzt. Platini hatte er in seinen Plan mit dem US-Sender eingeweiht und dem Franzosen und der UEFA einen großen Teil vom Kuchen versprochen. Immerhin redete man von mehreren Milliarden! Und vom Handgeld wusste außer ihm eh niemand was. Und wer wollte schon einen Franzosen als Präsidenten, wenn der nicht gerade Platini hieß. Ein paar Geldscheine waren natürlich schon vonnöten, aber Korruption war ja mittlerweile an der Tagesordnung. Und am Ende hatten ja alle etwas davon.

Nach der Wiederwahl informierte Platini dann zunächst die Liga-Chefs in Deutschland, Spanien, England, Italien und Frankreich, die fester Bestandteil des Deals mit "ESPN" waren. Zur Saison 2015/2016 sollten die Playoffs Realität werden. Bis März spielten die Europäer in ihrem gewohnten Ligasystem, dann qualifizierten sich die besten Acht für die Playoffs, wo man dann in Best-of-Five-Serien um den Einzug in die nächste Runde kämpfte. Natürlich mussten für die Postseason Unentschieden abgeschafft werden, dementsprechend ging es nach 90 Minuten direkt ins Elfmeterschießen. Die Fans hatten mehr Spiele anzuschauen, die Vereine mehr Geld - also sollten doch eigentlich alle glücklich sein...

Juli 2016

Eigentlich verlief alles nach Plan. Klar, vor allem in Deutschland verliefen die Playoffs nicht wie gewünscht, aber das sollte ihm egal sein. "ESPN" zahlte ja schließlich für das System und nicht für Spielmanipulation. Na ja... noch nicht. Konnte ja keiner ahnen, dass Augsburg die vogelwild experimentierenden Bayern in Runde eins rauskickt und am Ende im Finale nur knapp gegen Borussia Mönchengladbach verliert. Dass Deutschlands Rekordmeister damit auch den Europapokal verpasste, war natürlich ärgerlich. Da fiel ihm ein: Er sollte eigentlich mal den guten Uli im Gefängnis besuchen. Als Zeichen des guten Willens und vor allem, um einen Anruf von Kalle zu vermeiden. Die Playoffs sollten nach außen als von allen unterstütztes System wirken. Von daher war ihm vor allem dieser Watzke ein Dorn im Auge.

Empört über die "Amerikanisierung des Sports" forderte er einen Salary Cap. Hat der eigentlich nicht mehr alle Latten am Zaun? Wie sollen die Vereine dann noch entsprechend für die Umstellung des Systems entschädigt werden? Außerdem war dieser schwarz-gelber Vogel doch nur sauer, dass RB Leipzig, insgeheim Blatters Lieblingsklub, seine Borussia in der ersten Runde rausgekegelt hatte. Nein, finanzielle Grenzen würde es unter ihm nicht geben, wobei "Amerikanisierung" eigentlich gar kein schlechtes Wort war.

August 2016

Aus Spaß ließ er seinen Generalsekretär (der eigentlich den Status einer studentischen Hilfskraft hatte) Jerome Valcke bei "ESPN" anrufen, was sie von einem neuen, aerodynamisch geformten Ball halten würden. Fünf Minuten später kam ein neues, um 200 Millionen Dollar aufgebessertes Angebot aus dem Drucker. Damit konnte man arbeiten. Nachdem Valcke auch Platini von der neuen Idee überzeugt hatte, grübelte Blatter schon über die Präsentation des neuen Spielgeräts. Wembley sollte es werden. Mit Messi, Ronaldo und Co..

Also traf man sich eine Woche später in London, 22 Top-Spieler begutachteten den Ball und sollten den ersten Testkick austragen. Ein Werbespot für Ballsponsor "adidas" sollte ebenfalls gedreht werden. In Gedanken hörte Blatter schon wieder das beruhigende Geräusch, wenn man den Jackpot an einem Spielautomaten geknackt hatte. Im Nachhinein waren die Wembley-Aufnahmen eine Katastrophe. Starspieler Messi riss sich bei einem Freistoß mit dem "New Football" getauften Gerät das Kreuzband, ein Schuss von Bastian Schweinsteiger knallte gegen Blatters Kopf - eine Platzwunde war die Folge. Der Ball war zudem absolut unberechenbar. Eigentlich logisch, denn er sah ja auch genauso aus wie ein Football. Die einzigen, die damit wirklich umgehen konnten, waren Lukas Podolski und Kevin Großkreutz. Sie schienen irgendwie Gedankengänge zu haben, die die anderen nich hatten.

Juli 2017

Die Kasse war so voll wie lange nicht mehr! Auch wenn der neue Ball bei fast allen zunächst auf Skepsis stieß, waren zum Saisonende alle von der Idee begeistert. Außer Watzke natürlich, der das Wort Amerikanisierung mittlerweile so inflationär gebrauchte, dass selbst die Medien schon reichlich genervt waren. Meister in Deutschland wurde zu Blatters Freude RB Leipzig, die vor der Saison das Duo Großkreutz-Podolski zu sich locken konnten. Allein 80 Buden gingen auf das Konto der beiden. In Spanien stieg der FC Barcelona aufgrund der Messi-Verletzung zwar sportlich ab, Blatter verhinderte aber einen Eklat mit dem Management, indem er Platini einfach einem Provinzklub die Lizenz entziehen ließ. "Sag was von wegen Financial Fair Play", hatte er ihm noch geraten. Bisher lief wirklich alles nach Plan.

"ESPN" drängte zur kommenden Saison auf die Einführung von Best-of-Seven-Serien, andere TV-Netzwerke wie "FOX" oder "Warner Cable" waren bereits eingestiegen und wollten ebenfalls eigene Deals abschließen. Im Hintergrund plante Blatter bereits den letzten großen Streich: Die Einführung einer europäischen Top-Liga. Dort sollten nur die Teams mit dem großen Geld spielen, alles andere wollte doch eh keiner sehen. Und es war schlicht und einfach nicht lukrativ. Dann sollten die doch lieber als Farm-Teams für den Rest spielen. Ach was würde dieser Watzke toben, wenn seine Borussia als Entwicklungsteam für die Leipziger herhalten müsste.

Oktober 2017

Da saß er also im Presseraum und stellte das Konzept vor, dass sein letztes großes Werk sein sollte. 32 Teams sollte die Liga aufnehmen, aus ganz Europa. Jede Stadt konnte sich bewerben, insgeheim würden natürlich die Städte den Zuschlag bekommen, die am besten zahlen. Eine Draft würde es nicht geben, dazu wären die Teams in den Entwicklungsligen gut. Außerdem hatte man ja auch noch den eigenen Nachwuchs. Ähnlich verhielt es sich beim Salary Cap. Keine Gehaltsobergrenze bedeutete auch mehr Einnahmen für die Teams und die Liga. Der Vorteil: Die UEFA und die FIFA müssten sich das Geld nicht mehr mit den Verbänden aufteilen, deren Wert rapide sinken würde.

Natürlich hatte er die Reaktionen der Journalisten vorausgesehen. Eine Revolution solchen Ausmaßes würde auf Widerstand treffen, aber dass sollte ihm egal sein. Denn hier begann der eigentlich geniale Teil des Plans, den er mit "ESPN" 2014 schon vereinbart hatte. "Herr Blatter, ist dieses Konzept überhaupt sinnvoll? Ist das noch Fußball?", fragte einer dieser Medienvertreter. Blatter dachte an das Handgeld von rund fünf Millionen Dollar pro Monat, dass er noch bis zu seinem Tod erhalten würde. "Das dürfen Sie ab morgen jemand anders fragen. Denn ich trete als Präsident der FIFA mit sofortiger Wirkung aus Altersgründen zurück. Ihnen allen noch einen schönen Tag." Als er in seinem Büro angekommen war, ballte er diabolisch die Faust. Ihm doch egal, was mit dem Fußball passieren würde. Er hatte sein Geld. Und Schuld waren ja die Amerikaner...

KOMMENTARE
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Evrykind
29.10.2014 | 11:16 Uhr
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-1
Evrykind : TOP
29.10.2014 | 11:16 Uhr
-1
Evrykind : TOP
Geiler Artikel! Auf so einen Scheißhaufen kann man nur mit Polemik reagieren. Weiter so!
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Canadapat
29.10.2014 | 13:14 Uhr
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-1
Canadapat : Sehr guter Blog...
29.10.2014 | 13:14 Uhr
-1
Canadapat : Sehr guter Blog...
...nur eine Sache verstehe ich nicht:

Ein Salary Cap, also Gehaltsobergrenze, wie er im US-Sport normal ist, begrenzt die Summe der Gehälter. Somit bliebe also mehr Geld für Vereine und Liga / Verband. Bestes Beispiel ist Dirk Nowitzki, der freiwillig ein geringeres Gehalt akzeptiert, damit sein Team sich mehr gut bezahlte Spieler erlauben kann, ohne diese Grenze zu überschreiten. Ohne Salary Cap hätte er das wohl kaum getan. Deshalb verstehe ich deine Argumentation hier nicht ganz.

Von dieser einen Sache aber mal abgesehen finde ich den Blog sehr gut geschrieben, kurzweilig und kreativ, wobei letztlich leider auch gar nicht so unrealistisch.
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mehrfussball
31.10.2014 | 13:10 Uhr
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31.10.2014 | 13:10 Uhr
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Salary Caps machen den Wettbewerb zur Farce indem sie Versagen belohnen. Das ist als würde man einem Usain Bolt etc. ein Gewicht ans Bein binden, damit auch Läufer aus Lettland o.ä. eine Chance haben.
In Amerika herrscht eine Oligarchie der Milliardäre, zu der auch die typischen Club-Eigentümer gehören. Für die ist ein Salary Cap - verbunden mit dem Fehlen einer Relegation - natürlich das Paradies: garantierte Einnahmen, die sie für sich behalten können und nicht wie in Europa zum größten Teil an die Spieler weitergeben müssen. Für die Zuschauer wird es nicht billiger, denn die Eigentümer gehen bei den Preisen naturgemäß wie auch in Europa immer an die Grenze dessen, was die Kunden zu zahlen bereit sind.
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