Edition: Suche...
Von: Voegi
19.09.2013 | 39210 Aufrufe | 306 Kommentare | 61 Bewertungen Ø 5.8
Klopp und seine Ausraster
Bedauern mit Methode
Jürgen Klopp bedauert seine Ausraster regelmäßig. Doch Besserung ist nicht in Sicht.

Er hat es wieder getan. Jürgen Klopp sind erneut die Gäule durchgegangen. Im CL-Spiel in Neapel machte seiner einer Wut in gewohnt eindeutiger Mimik Luft: Mit gefletschten Zähnen positionierte er sich vor dem Vierten Offiziellen, um diesem in unmissverständlichem Gestus zu signalisieren, was er von der Arbeit des Schiedsrichtergespanns hielt. Dass man Subotic viel zu spät auf den Platz zurückgelassen und so das Gegentor ermöglicht habe, wollte Klopp nicht auf sich sitzen lassen und meldete zornigen Protest an.

Über den Grund der Empörung mag man streiten, über die Art ihrer Kundgabe nicht: Klopps Agitation ging abermals über das Maß des Erträglichen hinaus. Dies sah auch der BVB-Coach selbst ein.

So dauerte es lange nicht, bis Klopp mit den Bildern seines Ausrasters konfrontiert schamerfüllt sein Bedauern äußerte. Gegenüber den Schiedsrichtern, der Öffentlichkeit und vor allem der eigenen Mannschaft, die er mit seinem überzogenen Verhalten in eine falsche Richtung gelenkt habe. Das sei natürlich nicht in Ordnung, räumte Klopp kleinlaut ein und schlüpfte damit zum wiederholten Male in die Rolle des reuigen Sünders.

Es mag wohltuend wirken, sich in unserer Zeit selbstkritisch zu seinen eigenen Fehlern zu bekennen und ohne Umschweife das eigene Versagen einzugestehen. Doch im Falle des BVB-Trainers wird man inzwischen den Eindruck nicht los, als sei seine nachdenkliche Selbstkritik ein bloßes Bekenntnis mit Methode. Eine Masche, die einem verloren gegangene Sympathie zurückbringen oder sie bestenfalls noch mehren solle. Frei nach dem Motto: Fehler machen darf man, wenn man sich nur zu ihnen bekennt.

So richtig diese Regel auch sein mag, so falsch ist sie doch, wenn sie als Legitimation für das Begehen der immer gleichen Fehler dient. Wie oft hat Klopp nun schon öffentlich seine emotionalen Aussetzer bereut und Besserung gelobt, ohne dass sich spürbar etwas geändert hätte? Es scheint, als sei der Dortmunder Trainer zwar zur Selbsteinsicht fähig, zur Besserung aber nicht.

Die Empörung über den Wiederholungstäter Klopp hält sich dabei zumeist in Grenzen oder verhallt unter dem Verweis auf den im Fußballgeschäft vorherrschenden Druck, dessen man sich eben dann und wann mit einer emotionalen Reaktion entledigen müsse. Leidenschaft und Sport das gehöre eben zwingend zusammen. Richtig daran ist: Man wird keine Emotion einfordern können, ohne im Einzelfall auch einmal eine Überreaktion tolerieren zu müssen.

Und doch sind Klopps Eruptionen mehr als Abbau angestauten Drucks. Die Aggressivität, die sich in seinen wilden Tiraden an der Seitenlinie ausdrückt, hat trotz ihrer Skurrilität mitunter beängstigende Züge. Als beispielsgebendes Vorbild diskreditieren sie Klopp auf ganzer Linie.

Man mag den BVB-Coach mögen oder auch nicht. Sich an seinen erfrischenden Analysen erfreuen oder sein selbstgefälligen Habitus ablehnen. Dies ist wie so oft im Leben Geschmackssache. Und dennoch ist Klopp in seinem unkonventionellem Auftreten eine absolute Bereicherung für den deutschen Fußball, auf die man hierzulande nicht mehr verzichten kann und will. Klopp ist eine Persönlichkeit, eine echte Type, die der zuweilen etwas grauen Bundesliga Farbe verliehen hat.

Gleichwohl entbindet die Ausnahmestellung den Borussen-Trainer nicht von seinen Pflichten als Vorbild. Schließlich wird das, was für Woche auf den Plätzen der Bundesliga und der Champions League vorgelebt wird, nur allzu gern und mit großer Wonne auf den Spielfeldern der Kreisliga imitatorisch nachgelebt. Mit der Folge, dass die ohnehin schon gefährdeten Schiedsrichter von immer mehr Mini-Klopps attackiert werden.

Aber so schlimm ist das alles schließlich nicht. Wenn man denn nur Besserung gelobt...

KOMMENTARE
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TerryTate
19.09.2013 | 16:09 Uhr
10
-3
TerryTate : 
19.09.2013 | 16:09 Uhr
-3
TerryTate : 
Guter Blog, auch wenn bestimmt ein paar User meinen, dass du die als Bayernfan zu dem Thema mal garnicht äußern dürftest. Inahltlich voll zutreffend, besonders da Klopp ja nach den letzten Schiriaktionen immer gemeint hatte, dass alle Schiris von nun an sicher von ihm wären. Naja Konsequenzen die Klopp dazu bringen würden sich bei sowas zurückzunehmen wird es wahrscheinlich nicht geben.
10
RoyRudolphusAnton
19.09.2013 | 16:15 Uhr
9
-3
19.09.2013 | 16:15 Uhr
-3
"Es scheint, als sei der Dortmunder Trainer zwar zur Selbsteinsicht fähig, zur Besserung aber nicht."

Seh ich genauso. Eigentlich mag ich Klopps Art, aber er ist offenbar in diesem Punkt nicht lernfähig - auch wenn er (zurecht) sagt, dass es lange nicht vorgekommen ist, tut es das immer noch zu oft. Hat sich ja gestern wie ein tollwütiger Terrier benommen.

Schön geschrieben!
9
riquelminho
MODERATOR
19.09.2013 | 19:39 Uhr
6
-2
19.09.2013 | 19:39 Uhr
-2
ganz starker blog. seh ich ähnlich wie du...

super geschrieben... klar, nüchtern, abwägend und präzise...
6
Talentfrei
MODERATOR
20.09.2013 | 11:36 Uhr
18
-16
Talentfrei : 
20.09.2013 | 11:36 Uhr
-16
Talentfrei : 
Hab's gerade unter einem anderen Blog geschrieben und hoffe es stört dich nicht, wenn ich es kopiere...

Es reicht langsam, dieses Thema wurde schon in aller Peinlichkeit von verschiedensten Seiten behandelt und irgendwann muss man sich hinterfragen, worüber man sich hier eigentlich aufregt.

Daher meine Sicht der Dinge:

1. Ich bin ohnehin ein Freund von Emotionalität. Der einzige Mensch bei den Blauen, den ich immer gemocht habe, war Werner Lorant. Und warum? Diejenigen, die aus der Spätpubertät hinaus sind, werden wissen warum.

2. Jürgen Klopp ist ein guter Trainer und ein aufbrausender Charakter. Die einen sind so, die anderen so, es ist sein gutes Recht auch mal auszuflippen und die Sau an der Seitenlinie rauszulassen. Wenn er über die Stränge schlägt, muss er ja ohnehin eine Strafe bezahlen.

3. Die Vorbildgeschichte... oh gott! Wenn man sich als junger Mensch Verhaltensweisen eines Fußballtrainers abschaut, sollte man die Erziehung hinterfragen.. Vorbildfunktionen müssen in erster Linie Eltern oder Erziehungsberechtigte ausfüllen und kein Fußballtrainer, der sicherlich alles außer irgendwelche Bälger im Kopf hat. Das Argument zieht nicht, auch wenn viele es nachplappern.

4. Die Schiedsrichter - diese Herren machen es einem Trainer auch nicht leicht. Ihr arrogantes, selbstverliebtes Getue und das Ausnutzen der Macht, die man ihnen gibt, steht in keinem (!) Verhältnis zu gelegentlichen Ausrastern von Cheftrainern und Funktionären. Manche Schiedsrichter sind an Lächerlichkeit kaum zu überbieten und mindestens (!) 50 % der Referees machen es den Trainern schwerer, ihren Job durchzuführen. Von den Fehlentscheidungen mal ganz abgesehen...
18
Talentfrei
MODERATOR
20.09.2013 | 11:37 Uhr
12
-14
Talentfrei : 
20.09.2013 | 11:37 Uhr
-14
Talentfrei : 
5. Die Geldsache. Versetzt euch in die Lage eines Trainers einer Fußballmannschaft.. es geht in jedem Spiel um Bares, um Massen von Geld! Wer würde, ganz ehrlich, wenn Millionen auf dem Spiel stehen, ruhig und gelassen bleiben, wenn ein infantiler und vor Arroganz strotzender Wichtigtuer permanent peinlichen Mist zusammenpfeift? Wer? Also ich für meinen Teil würde garantieren, dass ich viel häufiger Strafe zahlen müsste und viel häufiger auf der Tribüne landen würde als die meisten Trainer heute.

Ernsthaft, diese Diskussion ist schlichtweg lächerlich... keiner blickt über den Tellerrand hinaus und alle motzen über Klopp und die Dortmunder und fordern im gleichen Atemzug dann Typen, die auch mal aus sich heraus gehen. Das ist Heuchelei und in meinen Augen extrem peinlich.

Vielleicht versucht der ein oder andere ja mal, sich in die Lage von Trainern hineinzuversetzen und erkennt dann, dass man alles etwas gelassener sehen sollte.


Auch wenn ich deinen Blog jetzt doch als sachlicher, präziser und besser sehe, als das meiste andere, aber dennoch reicht es, finde ich.

12
harakiri
20.09.2013 | 11:38 Uhr
8
-4
harakiri : 
20.09.2013 | 11:38 Uhr
-4
harakiri : 
Ziemlich gut geschrieben und analysiert, macht Spaß zu lesen.

Zum Thema selbst: Ich als BVB Fan find Klopp natürlich knorke, finde seine Pressekonfis meist sehr interessant und bin natürlich dankbar, dass er die Mannschaft dorthin gebracht hat, wo sie mittlerweile steht.

Und trotzdem musste ich mir diese Woche mal wieder wegen einer seiner Aktionen mit der Hand an den Kopf fassen... Dass man nicht mit allen Entscheidungen einverstanden ist, ist klar. Dass die Trainer dann meist das Gespräch mit dem vierten Offiziellen suchen, ist auch klar. Dass man dabei auch nicht immer locker flockig plaudern kann, sollte auch klar sein.

Aber diese regelmäßigen Ausraster... Er hat sich gar nicht im Griff, weder beim Jubel noch bei Verärgerung.

"Aus der Emotion heraus" - Wenn diese Ausraster aus der Emotion heraus geschehen, dann hat er ein Problem und zwar ein ernsthaftes, das man durchaus behandeln könnte, denn Besserung ist nicht in Aussicht!
8
Phrasenschwein
20.09.2013 | 11:54 Uhr
9
-4
20.09.2013 | 11:54 Uhr
-4
Sehr guter Blog. Der BVB ist nicht mein Verein und in der Regel verkneife ich mir auch Kommentare zu Personen anderer Clubs.

Aber hier würde ich auch als BVB-Fan schon lange eine überschrittene Grenze sehen. Jürgen Klopp hat den BVB maßgeblich in der Außendarstellung geprägt. Positiv wohlgemerkt. Allerdings sind seine komischen Robin Hood- und Chinesen-Vergleiche (das ist wiederum Ansichtssache) sowie sein aggressives Verhalten an der Seitenlinie ein Ding der Unmöglichkeit.

Er hat dem BVB zu einer gewissen Sympathie verholfen, er reißt in dieser Art alles wieder ein.

Emotionen schön und gut, dass hier ist nicht mehr tragbar. Ich glaube auch, dass es den anderen Verantwortlichen langsam aber sicher gegen den Strich geht
9
redcompletion
20.09.2013 | 11:55 Uhr
7
-12
20.09.2013 | 11:55 Uhr
-12
Das beste an dieser Anti-Diskussion ist ja : der Hinweis auf den Nachwuchs, der das ja alles kopieren wird.
Sorry, aber das kann nur von Leuten kommen die selber nie auf dem Platz standen!
Je niedriger die Liga, umso krasser das Verhalten der Angehörigen und Trainer!
Schau dir einfach mal dieses We ein Spiel in der Stadtliga an. Oder Kreisliga. Oder Verbandsliga.
Möchte euch mal sehen, wenn euer Verein durch unsportliches Verhalten eines Unparteiischen um eine Million Euro gebracht wird. Gerade wenn man das Geld braucht.
Ansonsten gut geschrieben und weitaus unvoreingenommener als die restlichen Artikel zu dem Thema in den letzten Tagen!
Hört auf Talentfrei
7
Anderson8
20.09.2013 | 12:12 Uhr
12
-18
Anderson8 : 
20.09.2013 | 12:12 Uhr
-18
Anderson8 : 
typischer voegi 0 punkte
12
PengPeng22
20.09.2013 | 12:13 Uhr
5
-6
PengPeng22 : Klopp
20.09.2013 | 12:13 Uhr
-6
PengPeng22 : Klopp
Er ist ein emotionaler Trainer, das hat zu Vorteile, und wie wir in Neapel gesehen haben auch Nachteile.

Ich glaube allerdings nicht, dass seine Reue und Scham im Nachhinein die Legitimation sein sollen. Es entspringt ihm einfach. Bei Fussballfans ist das sogar üblich. Beobachte doch mal die Leute im Stadion, die aufspringen und losbrüllen. Und ich weiss nicht, wie viele Fernseher schon draufgegangen sind, weil sie vor Wut eingetreten wurden. Frag mal diese Leute, ob sie das abstellen können!

Klopp kann das nicht abstellen. Und ich glaube nicht, dass er sich mit Psychopharmaka wie ein Zombie an die Seitenlinie setzt und einfach zuguckt.

Legitimation dafür ist seine Einsicht nicht. Deshalb musste er schon über 45.000 Euro Strafe zahlen, überleg mal wie viel Geld das ist.

Vorbild kann er meiner Meinung nach immernoch sein. Er schlägt ja niemanden, oder so.
5
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