Betthupferl aus Stuttgart: Gedanken und Beobachtungen vom Porsche Tennis Grand Prix

CoCo Vandeweghe
© getty

Zum Turnier-Abschluss: Beobachtungen und persönliche Gedanken nach einer Woche Stuttgart.

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Von Florian Goosmann aus Stuttgart

  • Siegerin Karolina Pliskova hatte nach Matchende ein kleines Problem: keinen Führerschein. Oder wie Heinz Günthardt bei der Siegerehrung meinte, als Pliskova "nur" als Beifahrerin auf den Platz durfte: "Die Motivation, den Führerschein zeitnah zu machen, ist im Moment um einiges gestiegen."
  • Finalistin CoCo Vandeweghe ist ja nicht jedermanns Sache. In Stuttgart hat sie einige Fans gewonnen: Beim Tiebreak-Event am Montag sorgte sie für Show- und Gesprächseinlagen mit dem Publikum (und traf keine Kugel), auch im Finale erfreute sie nach einem Schlägerwurf einen Fan. Zwar betonte Vandeweghe immer wieder, es nicht so sehr mit dem Sand zu haben und Stuttgart als Bonus mitzunehmen; wie sehr CoCo sich doch über einen Sieg gefreut hätte, zeigte sich nach dem Matchball: Zunächst saß sie weinend auf ihrer Bank, dann trottete sie zu Coach Pat Cash und verharrte tief enttäuscht 30, 40 Sekunden in dessen Armen. Bewegende Szenen, die ihr, der sonst so toughen Kalifornierin, sicher noch ein paar Fans mehr beschert haben. Vandeweghe begründete ihren Gefühlsausbruch mit dem Fed-Cup-Wochenende und der anschließend harten Woche: "Das hat sich alles aufgestaut, da kam alles zusammen." Und damit, dass ihr nach dem unerwarteten Finaleinzug ein Sieg doch viel bedeutet hätte, "denn normalerweise bin ich keine, die immer heult."
  • Apropos Vandeweghe: Ihre Urgroßmutter kommt aus Deutschland, wie in dieser Woche bekannt wurde. Konkret aus Pforzheim, wie Vandeweghe umständlich buchstabierte. Der Glücklichste ob dieser Nachricht: der Kollege der Pforzheimer Zeitung, der ihr am Sonntag direkt eine Ausgabe in die Hand drückte. Ein digitales Jahres-Abo sollte da künftig in die USA gehen.
  • Und noch mal Vandeweghe: CoCo und der Sand - es war fast täglich Thema in den Pressekonferenzen. Gott sei Dank hat sich keiner an das traurige Wortspiel getraut, sie in "CoCo Sandeweghe" umzubenennen. Bis eben zumindest.
  • Statt eines Legendenspiels feierte am Montagabend das "Turkish Airlines Tiebreak"-Turnier Premiere. Fazit: kurzweilig, unterhaltsam und vom Publikum gut angenommen. Lustig, wie CoCo Vandeweghe und Kiki Mladenovic zwischendrin Angie Kerber im Duell gegen Jule Görges anfeuerten (warum eigentlich?). Görges schien es egal: Sie siegte mit Power pur und wusste nur mit den 1.000.000 Bonusmeilen des Sponsors nicht so recht was anzufangen. "Noch mehr fliegen", grübelte Görges zunächst - kam aber dann auf die Idee, einfach mal die Familie mitzunehmen. Und im nächsten Urlaub auf die Maldediven zu fliegen, "denn da wollte ich immer schon mal hin".
  • Apropos Urlaub: Görges hätte ihn direkt in dieser Woche gut brauchen können. Am Dienstag flog sie bereits aus dem Turnier - zum einen, weil Gegnerin Vondrousova stark spielte, zum anderen, weil Görges' Beine nicht wollten. "Ich war fertig", gab Görges unumwunden zu. Gründe, unter anderem: das Fed-Cup-Wochenende (mit entsprechendem Druck in der Woche zuvor), aber auch Verpflichtungen außerhalb des Platzes, die sie als neue Topspielerin mittlerweile hat. Aber Görges, und das ist schön, wollte dies keineswegs als Beschwerde oder Ausrede abtun. All dies sei ein Privileg, sagte sie. Eben eines, das Kraft koste. Und an das man sich erst gewöhnen muss.
  • Was ist los mit Maria Sharapova? Beim rein ergebnis-orientierten Blick auf die erneut frühe Niederlage gegen Caroline Garcia wird man keine Fortschritte finden. Schaut man genauer hin, dann doch: Sharapova spielte einen starken ersten Satz, vielleicht ihren stärksten in diesem Jahr. Sie schlug mehr Winner, machte genauso viele Fehler wie ihre Gegnerin und gewann insgesamt mehr Punkte - die Zählweise im Tennis ist halt manchmal unfair. Wichtig: Sharapova scheint endlich verletzungsfrei. Was sie braucht: Matches, Matches, Matches. Der Neubeginn mit Thomas Hogstedt jedenfalls macht Mut!
  • Titelverteidigerin Laura Siegemund war nach ihrer Zweitrundenniederlage gegen CoCo Vandeweghe natürlich enttäuscht - setzte ihren Auftritt aber schnell in Relation. Zurecht: zweites WTA-Turnier nach fast einem Jahr außer Gefecht (den verletzungsbedingten Aufgabe-Auftritt in Lugano ausgenommen), dabei ein Match gegen Barbora Strycova gewonnen - passt. Oder wie Siegemund sagte: "Wenn ich mir anschaue, wo ich herkomme, muss ich mit so was bombig zufrieden sein." Aber, und das ist auch schön zu hören: "Man will trotzdem gewinnen. Und das ist auch ein gutes Zeichen. Dass ich nicht sage: Super Match, ich bin froh, dass ich dabei sein darf." Ehrgeizige Worte, die man sich im Verlaufe der Jahre bei manchen deutschen Herren öfter gewünscht hätte.
  • Und noch mal Laura Siegemund: Auch in diesem Jahr durften die Damen wieder schnell einparken - und Siegemund zeigte ihre Expertise als Porsche-Fahrerin. "Ich bin das Auto vielleicht ein bisschen mehr gewöhnt als letztes Jahr...", sagte sie im Anschluss augenzwinkernd.
  • Zusammen mit RADO hatte tennisnet am Montag vier Gewinner begleitet, die begeistert über das Turnier bloggten. Tipp für einen Einblick aus Fan-Sicht: Lest doch mal rein!
  • Der Porsche Tennis Grand Prix wurde im Vorjahr erneut zum beliebtesten Turnier gewählt - von den Teilnehmerinnen persönlich. Kein Wunder, es fällt wirklich schwer, sich hier nicht wohlzufühlen. Und wenn man das schon als Journalist sagen darf, wie wird es erst den Spielerinnen gehen? Der entspechend gut gemeinte Tipp an alle, die noch nie hier waren: nächstes Jahr Tickets sichern! Oder zumindest schon mal den Termin freihalten: 20. bis 28. April 2019!
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