Sharapova-Comeback: Sturm über Stuttgart

Maria Sharapova profitiert bei ihrem Comeback von einer umstrittenen Wild Card
© getty

Maria Sharapova gibt ausgerechnet beim Heimturnier eines Ihrer Sponsoren, dem WTA GP in Stuttgart (ab Dienstag 12 Uhr live auf DAZN), das Comeback nach 15 monatiger Dopingsperre - dank einer umstrittenen Wildcard. Dafür kritisieren Berufskollegen den Turnierdirektor und die Russin gleichermaßen. Dabei ist Sharapova nicht die Einzige im Tenniszirkus mit einem Dopingmakel.

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Eigentlich war Händereiben angesagt bei den Verantwortlichen der Women's Tennis Association (WTA). Maria Sharapova kurz vor ihrem Comeback, Victoria Azarenka nach Babypause eifrig am Arbeiten für selbiges und Serena Williams nach ihrem Australian-Open-Titel, der anschließenden üblichen Auszeit und einigen Wehwechen bestimmt bald zurück im Turnierzirkus.

Zwei ehemalige Weltranglistenerste und die aktuelle Nummer eins als Booster, um der Damentour mit einer strauchelnden Angelique Kerber und ihren zumeist wenig polarisierenden Kontrahentinnen schon zeitnah neuen (oder alten?) Glanz zu verleihen. Sportlich, aber vor allem marketingtechnisch ein sicherlich gutes Rezept, ohne, dass die Offiziellen großartig an den Zutaten hätten feilen müssen - ein günstiges Szenario.

Mit einem eindeutigen Snapchatfoto verabschiedete sich Serena Williams am vergangenen Mittwoch jedoch mit 35 Jahren und 23 Grand-Slam-Titeln im Gepäck als erfolgreichste Tennisspielerin aller Zeiten in ihre erste Babypause. Der US-Star peilt für 2018 zwar ein Comeback an. Doch die Wucht einer Rückkehr darf ob des dann für eine Leistungssportlerin mehr als respektablen Alters zumindest mal in Frage gestellt werden.

So ist ein erfolgreiches Comeback von Maria Sharapova beim Turnier diese Woche in Stuttgart für die WTA ein ganzes Stück wichtiger geworden. Dabei waren die Nebengeräusche um die Vergabe einer der beiden Wildcards für das unter den Spielerinnen so beliebte, weil toporganisierte Turnier auf Sand, an Sharapova schon vor Williams' Krachermeldung hoch umstritten.

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Positive Probe: Die Pressekonferenz, die alles veränderte

Die zweimalige Paris-Siegerin war bei den Australian Open 2016 positiv auf das Herz- und Kreislaufanimierende Mittel Meldonium getestet worden. Das Mittel stand lange Zeit auf der Beobachtungsliste der Weltantidopingagentur (WADA), seit Januar 2016 war der Gebrauch offiziell verboten.

Sharapova gab im März vergangenen Jahres auf einer Pressekonferenz, die ein mittelschweres Medienbeben auslöste, den jahrelangen Gebrauch Meldoniums aus gesundheitlichen Gründen zu und verzichtete auf die Öffnung der B-Probe. Die fünffache Grand-Slam-Siegerin wurde anschließend von der ITF zunächst für zwei Jahre gesperrt. Sie legte Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) ein und erwirkte eine Reduzierung um neun Monate.

Turnierchefin Huber: "Für Maria wird es nicht leicht"

Nun neigt sich die 15-monatige Sperre dem Ende entgegen. Die Damen-Tour ist mehr denn je auf die bestverdienende Sportlerin der Welt angewiesen. Denn im Gegensatz zu Sharapovas desaströser Einzelbilanz gegen Serena (2:19) ist der Markenwert der Russin ein ganzes Stück höher als der der US-Amerikanerin.

Aufmerksamkeit garantiert: Für Masha hagelt es Wildcards

Dass die Sperre in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, ausgerechnet während jenem Turnier abläuft, bei dem einer ihrer größten Sponsoren der Hauptgeldgeber ist und für den sie zeitgleich Markenbotschafterin ist, bleibt Zufall.

Denn auch bei den kommenden Turnieren wird Sharapova der Hof gemacht. Für Madrid wie auch Rom wurden der 30-Jährigen bereits Wildcards zugesagt. Von den Verantwortlichen der French Open wird dasselbe Vorgehen erwartet. Der Name Sharapova garantiert Glamour, sportlichen Anreiz und jede Menge Aufmerksamkeit.

Alleine in Stuttgart haben sich mit 250 doppelt so viele Journalisten wie in den Vorjahren akkreditiert. Der Turnierdirektor Markus Günthardt spricht nicht erst in diesem Jahr von Sharapova als Publikumsanreiz und Ticketbeschleuniger. Doch eben jener Günthardt wird für die Vergabe der Wildcard in diesen Tagen kritisiert.

"Kann mich nicht mal an Sharapova erinnern"

Angelique Kerber, die Vorjahressiegerin von Stuttgart, fand die Vergabe "etwas seltsam". Andy Murray erklärte, Dopingsünder wie Sharapova dürften keine Hauptfeld-Garantie für die Grand Slams erhalten: "Sie sollten sich das im Vorfeld wirklich erarbeiten müssen." Die French-Open-Siegerin von 2010, Francesca Schiavone, klagte öffentlich mit Blick auf das Prozedere bis zu den French Open an: "Einige Leute bekommen Wildcards. Aber ich habe wohl nicht so ein Gewicht. Ich zähle nichts."

Spielerinnen wie die ehemalige Nummer eins Caroline Wozniacki oder French-Open-Champ Garbine Muguruza ätzen ohnehin in schöner Regelmäßigkeit gegen Sharapova. "Ich persönlich kann mich nicht einmal an Sharapova erinnern", erklärte die Spanierin, die auch in Stuttgart aufschlägt. Und als die WTA den Tweet "Das Tennis braucht Maria!" absetzte, liefen einige Profis prompt dagegen Sturm. Alice Cornet retweetete vielsagend: "Excuse me?". Beide Tweets wurden im Anschluss wieder gelöscht.

Fakt ist: Masha, der aufgrund ihrer unnahbaren Art von den Kolleginnen schon vor dem Dopingskandal nicht unbedingt gerade die Herzen zuflogen, erhält nun ordentlich Gegenwind. Im Stern äußerte sich Sharapova unlängst zu den Anfeindungen. "Das ist meine geringste Sorge. Daran habe ich keinen einzigen Gedanken vergeudet. Ich weiß, dass ich in meinem Bereich respektiert werde. Ich sehe es, wie sie gegen mich spielen."

Mehr Spieler nahmen Meldonium

Im Times Magazin fragte Sharapova diese Woche dennoch: "Ich habe meine Strafe abgesessen. Also warum lassen sie nicht locker? Gibt es einen Grund, mich weiter zu bestrafen?"

Als der Fall und die Details noch ein bisschen unklarer gewesen seien, habe sich jeder das Recht genommen, sie zu verurteilen. "Aber jetzt, da ich vom CAS, das neutral ist, verurteilt wurde, sage ich stopp. Wenn die Spieler mich weiter kritisieren, dann ist das nicht korrekt."