Sie will doch nur spielen

Wieder um Stuttgarter Viertelfinale: Laura Siegemund
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Mehr als zwei Stunden brauchte es für das 6:4, 6:3 - das Match zwischen Laura Siegemund gegen Svetlana Kuznetsova war dennoch äußerst kurzweilig. Ein Grund dafür: Siegemunds Stopps.

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Von Florian Goosmann aus Stuttgart

Den wichtigsten ihrer dreimilliardenfünfhundertsiebentausend Stoppbälle schlug sie ganz am Ende. Gegnerin Svetlana Kuznetsova, mit dem Rücken zur Wand, packte ausnahmsweise selbst mal den Dropshot aus, beim 3:5 in Satz zwei und Vorteil. Es war ein guter Ball, kurz auf die Rückhandseite von Siegemund, die gerade noch dranzukommen schien. Kuznetsova hatte sich ihrerseits vorne aufgebaut, wollte Siegemund das Feld eng machen, die Winkel abdecken, um den erwarteten Notschlag der Filderstädterin ins freie Feld zu setzen.

Siegemund aber roch den Braten, sie sprintete ans Netz, es gelang ihr, das Lauftempo nicht ins den Schlag mitzunehmen, sich unter den Ball zu graben - und sie servierte Kuznetsova einen fiesen Gegenstopp, der Zentimeter hinter dem Netz aufkam, nach links wegdriftete und der nur drei Schritte entfernten Russin keine Chance ließ. Einstand. Zwei Punkte später war das Match zu Ende.

Stopp, Lob, Siegemund

Das Ding hätte genau an diesem Punkt noch gut kippen können. 6:4, 4:0 hatte Siegemund bereits geführt, kurz später dann 5:2 und 30:0, als sie etwas zu hektisch agierte, den Sieg zu sehr wollte, auf schnelle Punkte ging statt den Ballwechsel aufzubauen. Und als Svetlana Kuznetsova noch mal aufrehte. Dass sie, die Siegerin 2009, noch mal alles reinlegen und sich nach dem 0:4 nicht abschlachten lassen würde, "das war zu erwarten von solch einer Spielerin", sagte Siegemund im Anschluss und machte für ihren starken Auftritt das Gesamtbild verantwortlich. Das Publikum, der Platz, das Wissen darum, wie sie hier spielen müsse - eine Mischung, deren Ergebnis der erneute Viertelfinaleinzug war.

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Siegemund begeisterte mal wieder mit Tennis aus dem Lehrbuch, mit der ganzen Palette an Schlägen, die hierin abgebildet sind - nicht nur mit denen der ersten zwei Seiten, Vorhand und Rückhand also, nach denen manch andere Kolleginnen scheinbar nicht mehr weitergeblättert haben. Eindrucksvoll vor allem: Siegemunds Stopps. Es waren vielleicht 20, gefühlt 30 oder mehr, immer wieder gegen den Lauf von Kuznetsova, die Siegemund immer längere (und bösere?) Blicke zuwarf - und in Satz zwei schließlich keinen Nerv mehr zu haben schien, kein Gegenmittel. Bis sie dann doch noch mal ihren Kampfgeist entdeckte.

Siegemund erneut im Viertelfinale - geht da noch mehr?

Zwei Stunden und vier Minuten dauerte das dennoch kurzweilige Match, besonders der Beginn und das Ende waren umkämpft, alleine das zweite Spiel ging sieben Mal über Einstand, das letzte fünf Mal, bevor Siegemund jubelte und wie gewohnt nach dem Handshake ihre Box abklatschte. "Eins nach dem anderen", beschwichtigte sie Heinz Günthardt im On-Court-Interview, als dieser nach der Möglichkeit fragte, ob das Vorjahresergebnis, das Finale also, noch mal zu toppen sei.

Zu recht, wartet im Viertelfinale am Freitag doch die Siegerin aus dem Match Karolina Pliskova und CoCo Vandeweghe, zwei Hardhitterinnen, Spielerinnen also, die Siegemund von Natur aus nicht sehr liegen - die allerdings auch keine Spezialistinnen auf Sand sind. Der Stopp könnte auch hier wieder zu Siegemunds Geheimwaffe werden - wenn sie denn dazu kommt, ihn zu spielen.

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